4. Leitprinzipien, Design, Methoden und ausgewählte Tools/ Instrumente (analog/digital)
4.2 Design und Methoden der Beteiligung
Das Design von Beteiligungsverfahren muss die Fragen klären, wann und in welcher Form und mit welcher regionalen Abgrenzung die Partizipation erfolgen soll und dabei die Kosten der Beteiligung und die dafür notwendigen Ressourcen einbeziehen. Ausgehend von der Definition der Zielgruppe für den Prozess, ist zu klären, welchen Einfluss die Einbindung auf die
Entscheidungspfade hat.
Ein integratives Design nutzt die unterschiedlichen Prozessdynamiken bei analogen und digitalen Prozessen und kombiniert diese Beteiligungsformen bestmöglich. Zum Beispiel primär analog mit digitaler Ergänzung bei regional stark eingeschränkten Themen oder bei
überregionalen Themen primär digital mit analogen Formaten (wie Foren, Open Spaces, …) zur Unterstützung. Dabei führen die unterschiedlichen Prozessdynamiken bei analoger und digitaler Beteiligung zu unterschiedlichen Anforderungen an Organisation und Moderation. Die Qualität des Beteiligungsprozesses hängt insbesondere bei den digitalen Formaten davon ab, wie sehr eine Manipulation verhindert werden kann.
Eine tiefgreifende politische Entscheidung ist die Einführung von „Beteiligung by Default“.
Dieser Ansatz sieht eine Beteiligung bei allen Entscheidungen vor, sofern keine taxativ
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aufgelisteten Einschränkungen hierzu bestehen. Um Beteiligung by Default umzusetzen, muss im Vorfeld geklärt werden, wann Beteiligung überhaupt möglich ist.
Ein gutes Design beachtet die gesonderte Abwicklung von Sonderfällen beispielweise in Krisenfällen. Diese stellen Ausnahmefälle der Kommunikation dar und benötigen verstärkt die Einbindung der politischen Büros und einen transparenten Diskurs. Besonders bei Sonderfällen werden die Grenzen von Beteiligung klar: wo befinden sich die Grenzen der Legitimation, wo bestehen Möglichkeiten der Manipulation und wo endet die Privatsphäre.
4.2.2 Methoden und Instrumente
Wichtige Faktoren für die Auswahl von Methoden, also analogen oder digitalen Techniken zur Durchführung eines Beteiligungsprojektes, sind deren Funktionalitäten, Reichweiten und Qualitätskriterien sowie Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren für deren Einsatz, welche in den Workshops gemeinsam ausgearbeitet wurden.
Allgemein werden mehr Instrumente im Bereich der Kollaboration benötigt, um partizipative Prozesse zu gestalten. Online-Instrumente sind dabei nur eine Möglichkeit der Beteiligung. Die Auswahl der Instrumente (Tools) ist entscheidend, da die gewählten Instrumente den zentralen Kontaktpunkt für viele darstellen. Unabhängig vom gewählten Instrument ist für sämtliche Methoden eine Moderation erforderlich, die vorhandene Themen aufnimmt und
Entscheidungspfade aufzeigt. Die Themen können top-down und/oder bottom-up durch ein Crowd Sourcing gefunden werden.
Eine Verwendung von Methoden sollte nicht dem Selbstzweck dienen, sondern evaluiert
werden, was der Einsatz der Methode im jeweiligen Kontext/Thema bringt. Dabei ist die Auswahl wichtig, denn unterschiedliche Kontexte/Themen benötigen unterschiedliche Methoden und Instrumente. Der Anwendungsbereich sollte daher vorab abgesteckt sein und die Auswahl die einfache Benutzbarkeit berücksichtigen.
Die Methoden der digitalen Beteiligung und Kommunikation sind vielfältig und reichen von sozialen Medien, über Online-Diskussionen, Online-Umfragen bis hin zur Verwendung von Apps. Auch bei der primären Verwendung von digitalen Tools könnte ein analoger Brief als Informations-und Einladungsinstrument für die Beteiligten dienen, und dann graduell durch IT-Kommunikationstools für spontanere zeitgemäße Kommunikationsmöglichkeiten ersetzt werden.
Bei der Verwendung von sozialen Medien ist darauf zu achten, dass vertrauenswürdige, attraktive und zugängliche Plattformen verwendet werden. In der Praxis sind unterschiedliche Erfahrungen mit der Akzeptanz sozialer Medien in Beteiligungsprozessen gemacht worden.
Online-Umfragen erlauben ein hohes Maß an Standardisierung und schnelle Umfragen, die auch in Bürgercockpits integriert werden können. Ergänzende Informationen können auf Gemeindewebseiten oder FAQ Listen platziert werden. In der Praxis werden oft Lösungen genutzt, die die Verwaltung selbst nicht einsetzt, wie z.B. bestimmte soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste.
Apps sollten so entwickelt werden, dass diese von anderen öffentlichen Partnern genutzt werden können. Das kann erreicht werden, wenn Apps als Plattform nicht für einen Single-Use Case entwickelt werden, sondern einen Multi-Use Case vorsehen und als Open Source Apps anderen Verwaltungen zur Verfügung gestellt werden. Der dargestellte Ansatz würde einerseits die Menge an Apps reduzieren, die in der Menge den einzelnen User überfordert, anderseits attraktiv für insbesondere kleine Kommunen sein, die durch die gemeinsame Entwicklung Erfahrungen auf kommunaler Ebene austauschen können. Wünschenswert wäre es, wenn das Front End entsprechend angepasst werden kann, um individuellen Unterschiede zwischen den Angeboten zu ermöglichen.
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4.2.2 Methoden digitaler Partizipation
Wichtige Faktoren für die Auswahl
Vorgehen: In den Workshops wurden auf der Ebene von Brainstormings und Diskussionen Methoden digitaler Partizipation gesammelt/zusammengetragen und in Bezug auf
Qualitätskriterien, Chancen, Herausforderungen und Einsatzpotentiale diskutiert. Die Ergebnisse der Diskussion werden hier wiedergegeben.
Wir laden Sie ein, die unten gennannten Methoden und Faktoren zu kommentieren und zu ergänzen.
Methode Aussendung (Elektronisch)
Intensität Information
Qualitätskriterien Zielgruppenorientierung;
Nachweisbarkeit (AdressatInnen, Empfang, digitale Signatur, Zeit)
Chancen
Herausforderungen Grenzen der Technologien und nonverbale Teile der Kommunikation berücksichtigen; (nur) eindirektional;
Kenntnis EmpfängerInnen;
verwendete Sprache
Einsatzpotenziale
Methode Digitale politische Arena (Online) Intensität Information/ Konsultativ
Qualitätskriterien Moderation; Beteiligungsgrad; Schutz der TeilnehmerInnen; Klare
Spielregeln, Definition; Freiwilligkeit Chancen zeitnahe und aktuelle Ergebnisse
möglich; offen für alle;
ortsungebunden; neue Themen/Anliegen können eingeworfen werden
Herausforderungen Inklusion (wann gewinnt man/ wann verliert man); erfordert Moderation;
Verifikation der NutzerInnen (klar oder anonym)
Einsatzpotenziale ähnlich einer Online-Diskussion (mehr Moderationsbedarf, ev. sensibler)
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Methode E-Mail Kommentierung
Intensität Konsultativ
Qualitätskriterien Nachvollziehbarkeit (von Änderungen) und Transparenz
Chancen
Herausforderungen Gewichtung der Akteure (mit
vorheriger Klärung); Redaktionsteam muss Änderungen begründen und transparent machen (Wer hat was geschrieben? Was wurde geändert?);
Datenschutz (z.B. Namen anonymisieren); nicht zeitgemäß/keine Qualität Einsatzpotenziale z.B. im Parlament (erweitertes
Begutachtungsverfahren)
Methode Interview (Online)
Intensität Information/ Konsultativ
Qualitätskriterien schriftliche und parallel bildliche Dokumentation; Knowledge Transfer
Chancen Einbindung sozialer Medien
Herausforderungen
Einsatzpotenziale
Methode Livestream
Intensität Information/ Konsultativ
Qualitätskriterien Feedbackmöglichkeit; Bereitstellung einer Aufnahme; Zugang;
Übersetzung
Chancen Interessanter als Online-Interview;
Dokumentationsfunktion Herausforderungen Zugang der Zielgruppe
Einsatzpotenziale
Methode Online-Abstimmung
Intensität Konsultativ
Qualitätskriterien
Chancen Mobiltelefon als Universalzugang?
Herausforderungen
Einsatzpotenziale z.B. Auswahlwahlprozess (Heubergbrücke Scheibbs)
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Methode Online-Befragung
Intensität Konsultativ
Qualitätskriterien
Chancen Mobiltelefon als Universalzugang?
Herausforderungen
Einsatzpotenziale
Methode Online-Diskussion
Intensität Konsultativ/Kooperativ
Qualitätskriterien Barrierefreiheit, Moderation, Zugang und Zugänglichkeit (passendes Anmeldesystem),
Vertrauenswürdigkeit (sozialer Medien), Mobilisierung/Attraktivität, Übersichtlichkeit, gewählte Tools Chancen jeder hat Zugang (verfügbar für breite
Öffentlichkeit), ggf. ehrlicher als im analogen Raum, zeitlich und örtlich unabhängig, Gamification
Herausforderungen nur Ergänzung zu analog, Möglichkeit der Beteiligung abhängig von (Zeit)-Ressourcen (jeder könnte, nicht jeder kann), Digital Divide,
Informationsüberschuss, Moderation, Transparenz der Intention,
Verschränkung mit sozialen Medien Einsatzpotenziale z.B. im Bereich (Geo)Mapping
Methode Online-Information
Intensität Information
Qualitätskriterien
Chancen
Herausforderungen
Einsatzpotenziale
Methode Online-Kollaboration
Intensität Kooperativ
Qualitätskriterien Auffindbarkeit; Co-Creation
Chancen Wichtig ist der Co-Creation-Prozess Herausforderungen "online" ist kein Ersatz, sondern eine
Erweiterung des analogen Kollaborationsprozesses
Einsatzpotenziale Teilhabemöglichkeiten in konkreten Veranstaltungen
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Methode Online-Konsultation
Intensität Konsultativ
Qualitätskriterien
Chancen
Herausforderungen
Einsatzpotenziale
Methode Online-Umfrage
Intensität Konsultativ
Qualitätskriterien Gewährleistung von Anonymität und Reliabilität
Chancen Mobiltelefon als Universalzugang?;
Standardisierung bringt einfache Auswertungen; Ortsungebundenheit Herausforderungen nur digitale TeilnehmerInnen möglich
und daher Ausschluss bestimmter Gruppen; Manipulationsgefahr, Anonymität; keine fortlaufende Ergebnisberichterstattung
Einsatzpotenziale
Methode Presseaussendung (Elektronisch)
Intensität Information
Qualitätskriterien
Chancen
Herausforderungen Grenzen der Technologien und nonverbale Teile der Kooperation berücksichtigen
Einsatzpotenziale
Methode Stellungnahmeverfahren (Online)
Intensität Konsultativ
Qualitätskriterien Übersichtlichkeit; einfache Sprache;
Zugänglichkeit; Barrierefreiheit;
zeitgemäß-adaptive Methodik Chancen Bereitstellung von Vorlagen und
Eingabehilfen
Herausforderungen
Einsatzpotenziale