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der Kaiserzeit *

Im Dokument Empire in Crisis: (Seite 85-107)

Dexipp erlebt eine glückliche Zeit: Obwohl die jüngst erschienenen Ausgaben von Gunther Martin (2006) und Laura Mecella (2013) ein wertvolles Werkzeug darstellen, haben die neu entdeckten Fragmente eine neue Ausgabe erforderlich gemacht. Den Text der neuen Fragmente habe ich schon besprochen (Lucarini 2016): Jetzt werde ich mich mit den schon bekannten Fragmenten beschäftigen. Die folgenden Textvorschlä-ge möTextvorschlä-gen einem zukünftiTextvorschlä-gen HerausTextvorschlä-geber nützlich sein.1

F 3 a Ma. = F 2 a Me.: μηδὲ τὸν μὲν ἀντίπαλον δόξαι ἐπιθεραπεύειν, παρορᾶν δὲ τό τε ἡμέτερον φρόνημα καὶ τὴν ἐκ τοῦ θείου ὑπουργίαν, ἣν χρὴ σπεύσαντας δι᾽

αὑτῶν ποιήσασθαι.

„Er wird es nicht für richtig halten, den Rivalen zu umschmeicheln und dabei unsere gute Moral und die göttliche Hilfe unbeachtet zu lassen, die wir uns erwerben müssen, indem wir selbst die Initiative ergreifen“ (Martin). Der Ausdruck δι᾽ αὑτῶν ποιήσασθαι bietet keinen befriedigenden Sinn: Ich würde die Konjektur ἰδίαν αὑτῶν ποιήσασθαι (Kuiper, Polak) ohne Zögern aufnehmen, vgl. z.B. Isocr. Paneg. 86 (τὸν κοινὸν πόλεμον ἴδιον ποιησάμενοι).

F 3 f Ma. = F 2 f Me.: ἰσχυρότατον στάσις ταράξαι εὐεξίαν καὶ εὐταξίαν φθεῖραι πόλεώς τε καὶ στρατοπέδων.

Der Singular πόλεως befremdet mich; man würde πόλεών τε καὶ στρατοπέδων erwarten; vgl. F 11 Ma. = F 10 Me.: καταστάσεις πόλεών τε καὶ ἐθνῶν […] πόλεών τε καὶ στρατοπέδων ἐξηγοῦνται.

* Ich bedanke mich bei Gunther Martin für die sprachliche Unterstützung.

1 Im Folgenden werden die alten Fragmente mit der Nummer, die ihnen Martin und Mecella zugeteilt haben, versehen; die neuen Entzifferungsfortschritte in den im Codex Vat.

gr. 73 (V) erhaltenen Fragmenten werden als „Ma. Addenda“ zitiert, die aktualisierte Übersetzung als „Martin Addenda“; s. den Beitrag von J. Grusková, G. Martin und A. Németh im Anhang IV dieses Bandes, S. 571–581, und den Beitrag von A. Németh, S. 111–134. Die neuen Fragmente im Codex Vind. hist. gr. 73 werden nach Grusková / Martin 2015 (= F. Tyche [f. 195rv]) bzw.

Mallan / Davenport 2015 (= F. JRS [ff. 192v–193r]) zitiert; vgl. die Transkription in Martin / Grusková 2014, 106–107, und im Anhang I dieses Bandes, S. 543–548, wo auf die bestehenden Unsicherheiten durch Punkte unter den unsicheren Buchstaben hingewiesen wird.

F 3 g Ma. Addenda (vgl. F 3 g Ma. = F 2 g Me.): ἔνθα δὴ καὶ πολλὰ τῶν ἀνελ-πίστων ἄνθρωποι κατεργάζονται.

„Da nun vollbringen Menschen auch vieles Unerwartete“ (Martin Addenda). Im Griechischen wäre vor ἄνθρωποι der Artikel zu erwarten: Man schreibe ἅνθρωποι.

F 3 h Ma. = F 2 h Me.: βέλτιον γὰρ τὸ μὴ συμβησόμενον προελπίσαντας φυλά-ξασθαι ἢ ἀπραγμοσύνης ἐλπίδι τὸ ἄνανδρον αὐτὸν θεραπεύσαντας καὶ τὴν παροῦσαν ἀρχὴν ἀποθεμένους ἐν τοῖς δεινοῖς ἀσθενείᾳ ἐνδοῦναι.

Der Ausdruck τὸ ἄνανδρον αὐτόν erregt Zweifel, denn die Verknüpfung eines Abstraktums mit αὐτόν ist ungewöhnlich. Ich würde schreiben: τὸ ἄνανδρον αὑτῶν;

vgl. z.B. F 3 b Ma. = F 2 b Me. (τῇ σφῶν μὲν ἀνανδρίᾳ).

F 3 i Ma. = F 2 i Me.: κάλλιόν τε ὑμῖν ὑπὲρ τοῦ ποιῆσαι μᾶλλον ἢ παθεῖν αἱρεῖσθαι τὸ ἀγώνισμα.

„Schöner handelt ihr, wenn ihr den Kampf wählt, um eher etwas zu tun als zu erlei-den“ (Martin), „Da parte vostra sarà più nobile scegliere di lottare per agire piuttosto che per patire“ (Mecella). Wer kämpft, um zu erleiden? Ich würde ἢ <μὴ> παθεῖν schreiben.

F 5 a Ma. = F 4 a Me.: Am Anfang vor χρή muss die Ergänzung <οὐ> (Bekker) akzeptiert werden, sonst bedeutet der Satz, dass es besser ist, auf die verführenden Reden zu hören.

Ebenda: ἥ τε τῶν λόγων ἰσχύς, ἐλπίδων μὲν καὶ ἐπιθυμιῶν νικηθεῖσα, εἰς μὲν τὴν παραυτίκα πειθὼ εὖ συγκεῖσθαι ἔδοξεν, ἔργῳ δὲ οὐ συνήνεγκεν.

Es ist m. E. unbestreitbar, dass νικηθεῖσα verderbt ist; stattdessen könnte man μνησθεῖσα schreiben.

F 5 c Ma. = F 4 c Me.: πεφύκασιν οἱ ἄνθρωποι τῆς μεγίστης διαφορᾶς ἐπὶ με-γάλαις εὐεργεσίαις διαλύεσθαι.

Die Bedeutung des Genitivs τῆς μεγίστης διαφορᾶς ist für mich obskur; man sollte vielmehr Polaks τὰς μεγίστας διαφοράς aufnehmen (vgl. Montanari s.v. διαλύω 2 a–b).

Nach εὔτολμος glaube ich auch (wie die früheren Herausgeber), dass ein neues Fragment einsetzt: Bis dahin war die Rede von mutlosen Leuten, die zu viel fürchte-ten, während im Folgenden die übertriebene Kühnheit kritisiert wird.

F 11 Ma. = F 10 Me.: τύχας ἀνδρῶν καὶ καταστάσεις πόλεών τε καὶ ἐθνῶν νεωτερίζουσαι ἐλάττους τε ὁμοίως καὶ μείζους καὶ διαφερόντως περὶ εἰρήνην καὶ πόλεμον συμβαίνουσιν, ἄγοντος τοῦ χρόνου μηδεμίαν2, ἀλλὰ μετατρέποντος ἄλλῃ3 ἄλλους πρός τε τὸ ἄμεινον.

„<Umschwünge?> erfolgen und verändern die Schicksale von Männern und die Verhältnisse bei Städten und Völkern, machen sie sowohl kleiner als auch größer, ins-besondere im Zusammenhang mit Frieden und Krieg. Die Zeit bringt dabei keine mit sich, aber sie lenkt alle Menschen in andere Bahnen, auch zum Besseren“ (Martin).

2 χρόν[ου **]δεμίαν̣ V, vgl. den Beitrag von A. Németh, S. 125.

3 ἄλλην V, vgl. den Beitrag von A. Németh, S. 125.

„Capita che <…> sovvertano le sorti degli uomini e i regimi politici delle città e dei popoli, sia quelli di maggiore che di minore importanza, soprattutto in rapporto alla pace o alla guerra, mentre il tempo non porta niente con sé, ma volge chi a una via, chi a un’altra, e anche a un miglioramento“ (Mecella). Was bedeutet ἄγοντος τοῦ χρόνου μηδεμίαν? Ich halte das Wort ἄγοντος für verderbt.

F 14 Ma. = F 15 Me.: αὕτη τῆς Ἀσσυρίων καὶ Περσῶν καὶ Μακεδόνων τῶν πρὶν μακρῷ ὑπερῆρεν, ὁρισαμέμη πέρατα ἑαυτῆς πρὸς μὲν ἕω Ἰνδούς […], ὅσα δὲ πρὸς δυσμὰς Ὠκεανόν τε αὐτόν, ὃν δὴ μῦθον εἶναι τοῖς ἔργοις ἐδηλώθη μηδὲ ἄλλως <ἢ>

πρὸς ψυχαγωγίαν τοὔνομα αὐτοῦ παρὰ τοῖς ποιηταῖς ᾄδεσθαι, εἴγε καὶ ἡ Βρεττανῶν χώρα, ἣν περιρρέων νῆσον ἐργάζεται, νῦν εὑρεθεῖσα ἐν πέρασι τῆς Ῥωμαίων ἀρχῆς ἀριθμεῖται.

Der Satz ὃν δὴ μῦθον εἶναι τοῖς ἔργοις ἐδηλώθη bietet keinen befriedigenden Sinn. Die treffende Emendation ist nicht schwierig zu finden: ἐδήλωσεν. Das Subjekt ist natürlich ἡ Ῥωμαίων ἀρχή. Es handelt sich um die geläufige Verwechslung zwi-schen σ und θ.

F 22, 6 Ma. Addenda (vgl. F 22, 6 Ma. = F 28, 6 Me.): βιαζόμενοι δὴ οὖν οἱ Σκύθαι καὶ μηδὲ<ν>4 ἀντιδρᾶν ἔχοντες τοὺς Μυσούς, διά τε τὰς ἐπάλξεις καὶ τὴν ἐκ τῶν θυρεῶν φυλακὴν5 ἀπαγορεύοντες πρὸς τὰς πληγὰς καὶ ὡς οὐκ ἦν αὐτοῖς περαι-τέρω καρτερεῖν, ἀνεχώρησαν ἄπρακτοι.

„Unter solchem Druck also, und weil sie wegen der Wehren und des Schutzes durch die Schilde den Moesiern überhaupt nichts entgegensetzen konnten, verloren sie angesichts der Treffer den Mut. Und weil es ihnen nicht möglich war, weiter auszuhal-ten, zogen sie wieder ab, ohne etwas ausgerichtet zu haben“ (Martin Addenda). Martin 2006 und Mecella schrieben μηδὲ. Ich habe μηδὲ<ν> ἀντιδρᾶν vorgeschlagen, was in Ma. Addenda bereits übernommen wurde, vgl. Antipho, Tetr. 1, 8 (μηδὲν ἀντιδρά-σαντα); Philo, De Cherubin 81 (μηδὲν ἀντιδρῶν).

F 23, 1 Ma. = F 29, 1 Me.: ἐν φόβῳ εἶχε τὴν Θρᾴκιον δύναμιν.

Man würde τὴν Θρᾳκίαν δύναμιν erwarten.

F 23, 4 Ma. Addenda (vgl. F 23, 4 Ma. = F 29, 4 Me.): ἐξαγγέλλεται γὰρ ὑμᾶς πλήθει τε καὶ νεότητι οὐ κατὰ καιρὸν θαρροῦντας καὶ τούτῳ ἔκπληξιν ἐς τοὺς ἐναν-τίους ἐλθ̣ε̣ῖ̣ν6 νομίζοντας, οἷα δὴ πολέμων ἀπειράτους, εὐτολμότερον αὐτοῖς μᾶλλον ἢ προμηθέστερον παρὰ τὴν ἀπουσίαν τῶν προαγωνισμάτων συνίεσθαι. […] κρά-τιστοι δὲ οἱ συνέσει τὸ διάφορον τῶν ἐκβησομένων εἰδότες μᾶλλον ἢ θυμῷ ἐς τὰς μάχας καθιστάμενοι.

Angelo Mai las ἔκπληξιν ἐς τοὺς ἐναντίους ἕξειν, wobei ἕξειν offensichtlich eine Konjektur von ihm war (s. F 23, 4 Ma. = F 29, 4 Me.), der Ausdruck war jedoch nicht

4 μὴ δὲ S, μηδὲ Wescher, Martin 2006, Mecella; s. den Anhang IV, S. 581 mit Anm. 70.

5 Anstelle des früheren θυρῶν ἀκροφυλακὴν (so in F 22, 6 Ma. = F 28, 6 Me.); s. dazu den Anhang IV, S. 581.

6 ελθ̣ε̣ιν vel ελε̣ιν V, s. dazu den Anhang IV, S. 577 mit Anm. 53.

verständlich. Nach dem neuen Entzifferungsstand steht im Vaticanus ἐλθ̣ε̣ῖ̣ν oder ἑλε̣ῖ̣ν geschrieben. συνίεσθαι bereitet große Schwierigkeiten. Ich würde συνιέναι schreiben.

Am Ende des Abschnittes braucht das Partizip καθιστάμενοι unbedingt den Arti-kel, weil „adjectives and participles used as nouns have the article“ (Goodwin 18942,

§ 936). Man schreibe: μᾶλλον ἢ <οἱ> θυμῷ.

F 23, 5 Ma. = F 29, 5 Me.: λoγισμῷ δὲ πιστεύων ἀνὴρ βεβαιότερος ἢ ἀμαθίας ὀχήματι πρὸς τὰς ἀδήλους φορὰς τῶν πραγμάτων ἐξορμώμενος.

„Im Vertrauen auf Überlegung ist ein Mann stärker, als wenn er sich auf dem Karren der Unkenntnis in den unvorhersehbaren Lauf der Dinge stürzt“ (Martin). Der Ausdruck ἀμαθίας ὀχήματι ist allerdings problematisch, weil ὄχημα ‘Wagen’, ‘Fahr-zeug’ in sehr konkretem Sinn bedeutet. Deshalb scheint mir die Konjektur λήματι (Bekker) sinnvoll: Allerdings würde ich λήμματι schreiben, wie Moeris (Λ 8) emp-fiehlt.

F 23, 10 Ma. = F 29, 10 Me.: χρὴ δὲ ἐν τοῖς μεγίστοις τῶν ἀγώνων τούτοις συμβούλοις τε ἅμα καὶ βοηθοῖς χρῆσθαι, οἳ ἂν ἐν τοῖς φθάνουσιν ἔργοις σαφῆ τοῦ συμφέροντος ἐπιδείξωνται τὴν δήλωσιν, ἐμπειρίαν ἔργων καὶ προ[.

Was προ im Vaticanus folgte, ist nicht erhalten. Ich würde προθυμίαν oder προμή-θειαν erwarten, vgl. Plato, Leg. 968 b (καὶ ἐγὼ γιγνοίμην ἂν προθύμως […] διὰ τὴν περὶ τὰ τοιᾶυτ᾽ ἐμπειρίαν); Dion. Hal. Antiq. Rom. VIII 89, 1 (προθυμίᾳ τε καὶ ἐμπειρίᾳ).

F 24, 2 Ma. = F 30, 2 Me.: Erstaunlicherweise schreiben sämtliche Herausgeber ἢ καὶ ἐπίβατον: Meines Wissens hätte das Adjektiv oxytoniert (ἐπιβατόν) zu lauten.

F 24, 7 Ma. = F 30, 7 Me.: ἔχουν δὲ ὧδε· ξύλα ἐν τῶν πέριξ οἰκοδομημάτων συνεφόρουν καὶ προβαλλόμενοι πρὸ{ς} σφῶν τὰς ἀσπίδας ἐνέβαλλον αὐτὰ εἰς τὴν τάφρον κατ᾽ εὐθὺ καὶ παράλληλα, ὅπῃ συμβαίνει.

„Sie schütteten ihn folgendermaßen auf: Von den Gebäuden ringsum trugen sie Balken zusammen und warfen sie, ihre Schilde vor sich haltend, gerade nebeneinan-der in den Graben, wie es sich ergab“ (Martin). „Lo innalzarono così: ammassarono delle travi dalle costruzioni circostanti e protetti dagli scudi le gettarono direttamente nel fossato le une accanto alle altre, come capitava“ (Mecella). Es ist symptomatisch, dass sowohl Martin als auch Mecella das Partizip προβαλλόμενοι nicht wörtlich übersetzen. Es handelt sich um ein Participium Coniunctum, und das προβάλλεσθαι geht dem ἐμβάλλειν voraus. Deswegen müssen wir προβαλ{λ}όμενοι schreiben (dies zählt zu den häufigsten Verwechslungen).

F 24, 10 Ma. = F 30, 10 Me.: ἐπεὶ δὲ καὶ ἐν τούτοις {ση}μεῖον εἶχον οἱ Σκύθαι, ἐδόκει αὐτοῖς καὶ τὰ ἀχρεῖα τῶν ὑποζυγίων καὶ τῶν αἰχμαλώτων ὅσοι νόσῳ ἢ χρόνῳ διὰ γῆρας ἐκακοπάθουν <κτεῖναι>.

Wo liegt der Unterschied zwischen χρόνῳ und διὰ γῆρας? Natürlich sind die Aus-drücke gleichbedeutend, aber χρόνῳ ist eine mögliche hochsprachliche Formulierung:

Deswegen hat jemand die erbärmliche Glosse διὰ γῆρας eingefügt.

F 26 b Ma. = F 32 b Me.: ῥοπὴ δὲ οὐκ ἐλαχίστη πρὸς πειθὼ τῇ γνώμῃ παραπλη-σίως ἔχειν.

Der Satz wird auf folgende Weise von Martin übersetzt: „Es ist ganz und gar nicht unbedeutend für jemandes Überzeugungskraft, wenn er die Sache seiner An-sicht gemäß darstellt“. Ich glaube nicht, dass γνώμῃ παραπλησίως ἔχειν „die Sache seiner Ansicht gemäß darstellen“ bedeuten kann. Es bedeutet vielmehr „derselben Meinung zu sein“. Mecella übersetzt: „Per la persuasione non è di scarsa importanza essere quasi della stessa opinione“. Ich stimme dieser Übersetzung zu; allerdings ist

‘quasi’ zu viel.

F 28, 1 Ma. = F 34, 1 Me.: ὅτι Αὐρηλιανὸς κατὰ κράτος νικήσας τοὺς Ἰουθούγγους Σκύθας καὶ κατὰ τὴν τοῦ Ἴστρου περαίωσιν ἐς τὴν ἀποφυγὴν πολλοὺς τούτων ἀνε-λών, οἱ λειπόμενοι ἐς σπονδὰς ἧκον καὶ πρεσβείαν ἐστείλαντο. Τὴν δὲ αἴτησιν τῆς εἰρήνης ἐδόκει μὴ σὺν τῷ ἄγαν περιδεεῖ καὶ καταπεπληγότι ἐκ τῆς ἥττης ποιεῖσθαι, ὡς ἂν ὑπάρχοι σφίσιν καὶ τῶν πρόσθεν φοιτώντων χρημάτων παρὰ Ῥωμαίων ἡ ἀπο-δοχή, μὴ ἐς τὸ ἀδεὲς πάντῃ τῶν ἐναντίων καθισταμένων.

Dexipps echte Worte fangen erst mit τὴν δὲ αἴτησιν an (so Martin, während Mecella auch das Vorhergehende dem Dexipp zuschreibt). Dafür kann man auch einen sprachlichen Beweis anführen: ἐς τὴν ἀποφυγήν wird hier im Sinne von ἐν τῇ ἀποφυγῇ angewendet, ein eindeutiges Merkmal des vulgären Griechisch (vgl. Blass / Debrunner / Rehkopf 200118, § 39, 3), das der Klassizist Dexipp nie zugelassen hätte.

Der Satz τὴν δὲ αἴτησιν … καθισταμένων wird von Mecella auf folgende Weise ver-standen: „La richiesta di pace non sembrava avanzata con grande timore e abbatti-mento per la sconfitta, come se a loro spettasse anche il recupero delle ricchezze che in precedenza erano state pagate dai Romani …“. Ich glaube vielmehr, dass ἐδόκει hier visum est bedeutet („Es schien ihnen zweckmäßig“), und dass ὡς ἄν einen Final-satz einleitet (so schon Martin: „Sie glaubten, die Bitte um Frieden nicht in allzu furchtsamem und allzu eingeschüchtertem Zustand aufgrund der Niederlage vortragen zu dürfen, damit ihnen auch die Einnahme aus dem früher regelmäßig von den Rö-mern gezahlten Geld verbliebe, wenn die Feinde ihre Furcht nicht gänzlich abgelegt hätten“).

F 28, 2 Ma. = F 34, 2 Me.: ἐπὶ ὑψηλοῦ βήματος μετέωρος βέβηκε καὶ ἁλουργίδα ἀμπέχων τὴν πᾶσαν τάξιν ἐποίει ἀμφ᾽ αὑτὸν μηνοειδῆ.

Kann ἁλουργίδα ἀμπέχειν „sich eine ἁλουργίς umzulegen“ bedeuten? Meines Wis-sens ist das nicht möglich, und ich würde daher ἁλουργίδα ἀμπεχόμενος schreiben, vgl. Plut. Vita Aemili Pauli 34, 7 (ἁλουργίδα χρυσόπαστον ἀμπεχόμενος).

F 28, 3 Ma. = F 34, 3 Me.: ἐπὶ δὲ τούτοις ὧδε διακοσμηθεῖσιν Ἰουθούγγους ἠξίου <παρελθεῖν>.

<παρελθεῖν> (Niebuhr) ist stilistisch vortrefflich, aber paläographisch wenig plau-sibel. Könnte man vielleicht <ἥκειν> ergänzen?

F 28, 5 Ma. = F 34, 5 Me.: οὐ διὰ τὸ μὴ κατὰ κράτος νενικῆσθαι, κατὰ δὲ τὸ ἄδη-λον τοῦ ἐκβησομένου εἰρήνην πολέμου προτιμῶμεν, εἰκάζοντες καὶ ὑμῖν ὡς γένοιτ᾽ ἂν διὰ γνώμης πρὸς Ἰουθούγγους εὖ παρασχὸν τῆς πρόσθεν διαφορᾶς συμβῆναι, οἷα δὴ ὑπούσης καὶ παλαιᾶς ἀμφοῖν τοῖν γενοῖν πρὸς ἄλληλα πίστεως ἐς τὸ ἡσυχάζειν.

Der Sinn dieser Stelle leuchtet ein: „Weil es hinsichtlich einer Entscheidungs-schlacht so mit unserem Heer steht, haben wir beschlossen, nicht für Diskussionen über unser Missgeschick zu kommen. Nicht weil wir gänzlich geschlagen worden wä-ren, sondern aufgrund der Unvorhersehbarkeit künftiger Ereignisse ziehen wir Frieden einem Krieg vor, da wir annehmen, dass es auch in eurem Sinne sein dürfte, euch nach der vorherigen Unstimmigkeit bei der sich bietenden günstigen Gelegenheit mit den Juthungen zu einigen, wie ja auch ein alter Vertrag beider Völker untereinander zur friedlichen Koexistenz besteht“ (Martin). Nach dem Accusativus absolutus εὖ παρα-σχόν befindet sich ein Genitiv, der mir unüberwindbare Schwierigkeiten bereitet.

Wie kann neben συμβῆναι („sich zu einigen“) ein bloßer Genitiv stehen? Schon van Herwerden (einer der besten Konjekturalkritiker aller Zeiten) war sich dieser syn-taktischen Unebenheit bewusst; er hat <ἐκ> τῆς πρόσθεν διαφορᾶς konjiziert. Diese Konjektur ist ohne weiteres stichhaltig; ich kann sie mit einer schlagenden Parallele stützen, nämlich Aristoph. Vesp. 866–867 (ὅτι γενναίως ἐκ τοῦ πολέμου / καὶ τοῦ νείκους ξυνέβητον).

F 28, 8 Ma. = F 34, 8 Me.: ἐπεὶ δὲ τὰ εἰρημένα ἐς μὲν εὐπρέπειαν σύγκειται, ἔργῳ δὲ ἐναντίως ἔχει, πῇ μὲν εἰρήνης μνημονευόντων, ὅτε δ᾽ αὖθις πόλεμον ἐπανατεινο-μένων ὑμῶν, ὧν συγχεῖν ἐοίκατε ἑκάτερον ἐκ θατέρου.

Hier wäre ὁτὲ δ᾽ αὖθις zu schreiben.

F 28, 9 Ma. = F 34, 9 Me.: εἰ δὲ ἐπισκοτεῖν ὑμῖν πρὸς τὸ συμφέρον καὶ τὰς ἐκ τοῦ πολέμου πλεονεξίας ἡγεῖσθε τὴν σύμβασιν, καὶ ἡττηθέντες ὥσπερ δασμοὺς παρ᾽

ἡμῶν ἀπαιτήσοντες ἥκετε.

Der Infinitiv ἐπισκοτεῖν (so die meisten Handschriften, während der Ambrosianus ante corr. ἐπισκοπεῖν hat) kann nicht gehalten werden; wie das vorhergehende εἰ μὲν ἐπαγγέλλεσθε zeigt, braucht man eine finite Form. Desweiteren leuchtet mir nicht ein, wie das Verb ἐπισκοτεῖν im vorliegenden Zusammenhang einen befriedigenden Sinn bieten kann. Vielleicht muss man ἐπισκοπεῖτε ὑμῖν πρὸς τὸ συμφέρον schrei-ben („ihr auf eure Vorteile bedacht seid“).

F 28, 10 Ma. = F 34, 10 Me.: τοῖς γὰρ ζέσει ἐς τὰς πράξεις μη<δὲ συνέσει>

συμφερομένοις ἀνάγκη τοῦ βελτίστου ἁμαρτάνειν. καὶ ταχεῖαι μὲν ὑμῶν αἱ ἐπιχειρή-σεις, δι᾽ ὀλίγου δὲ αἱ μεταμέλειαι. καὶ τὸ σύμπαν κατὰ τὸ εἰκὸς θαύματος ἀπήλλακται ἀντιπάλους ἡμῖν τυχόντας καὶ ἠθῶν ἀνομοίων καὶ ἐς τὰς γνώμας πραττομένων διε-στάναι.

„Es ist ja notwendigerweise so, daß die, die sich heißblütig ohne Verstand auf die Tat stürzen, nicht den größten Erfolg erzielen. Außerdem sind eure Angriffe zwar schnell, binnen kurzem aber kommt die Reue. Und insgesamt ist es selbstverständlich nicht im entferntesten erstaunlich, daß ihr euch, da ihr andere Sitten und eine andere dahinterstehende Gesinnung habt als wir, unsere Gegner seid.“ (Martin) „Coloro che si accingono alle imprese con eccessivo fervore e senza ponderatezza sono infatti destinati a non ottenere il meglio. Rapide le vostre azioni di attacco, ma entro breve tempo arrivano i ripensamenti. E nel complesso, verosimilmente non desta meraviglia che voi, di diversi costumi e con opinioni opposte alle nostre sul da farsi, siate nostri nemici“ (Mecella).

Der angeführte Text stammt von Martin; schon Spengel hatte μὴ συνέσει συμφε-ρομένοις konjiziert. Ich schlage vor, πράξεις μη<δὲ> συν<έσει> φεσυμφε-ρομένοις zu schrei-ben (φέρεσθαι ἔς τι und συμφέρεσθαι ἔς τι sind gleichbedeutend). Darüber hinaus scheint es mir, dass wir einen Infinitiv brauchen, der nach ἠθῶν ἀνομοίων steht. Ich würde ἀνομοίων <εἶναι> ergänzen.

F 28, 12 Ma. = F 34, 12 Me.: τοῖς τε αὖ φθάνουσι κατορθώμασιν τὸ μέλλον λαμ-βάνοντες καὶ περὶ τῶν ἐσομένων οὐκ ἀπεικότως πρὸς τοῖς εἰρημένοις χρηστὰ δοξά-ζομεν.

„Wenn wir wiederum von unseren früheren Erfolgen auf Späteres schließen, dann haben wir zu dem bereits Gesagten naturgemäß auch bezüglich der Zukunft die rich-tigen Ansichten“ (Martin). „Valutando il futuro sulla base dei precedenti successi, per quanto si è detto siamo verosimilmente ottimisti anche riguardo all’avvenire“

(Mecella). λαμβάνοντες passt nicht in den Zusammenhang; Justice hat συμβάλλοντες vorgeschlagen, aber vielleicht ist <προ>λαμβάνοντες paläographisch einfacher, vgl.

Plut. De def. orac. 432 b (προλαμβάνει πολλὰ τῶν μηδέπω γεγονότων).7

F 30, 3 Ma. = F 36, 3 Me.: ὁ δὲ λοιπὸς Βανδήλων ὅμιλος ἐπ᾽ οἴκου ἐκομίζετο, παρέχον<τος> τοῦ Ῥωμαίων ἄρχοντος ἀγορὰν ἔστε ἐπὶ τὸν Ἴστρον. καὶ τὸ μὲν πλεῖστον αὐτοῦ ἀπαθῶς διεσώθη· ὅσοι δὲ παραβάσει τῶν σπονδῶν ἐπὶ λείας συλλογῆς ἀφθόνως ἀπεσκεδάσθησαν, ἀνῃρέθησαν σύμπαντες ὑπὸ τοῦ ἡγεμόνος τῶν ξενικῶν στρατοπέδων. […] καὶ τὸ ἔργον τοῦτο τὸν εἰργασάμενον παρὰ τῷ βασιλεῖ κατα-τοξευθῆναι <…>.

„Der übrige Haufe der Vandalen wurde nach Hause geführt, wobei der römische Feldherr bis zum Ister Zugang zum Markt gewährte. Der größte Teil von ihnen kam wohlbehalten an. Diejenigen aber, die sich unter Bruch des Vertrages zum Beutema-chen weit zerstreut hatten …“ (Martin). ἀφθόνως bedeutet ‘reichlich’ und wird nor-malerweise im positiven Sinne angewendet. Ich würde ἀφρόνως schreiben. Am Ende des angeführten Abschnitts ist etwas ausgefallen, wie schon Müller erkannt hat. Ich schlage vor, <συνέβη> zu ergänzen.

F 30, 4 Ma. = F 36, 4 Me.: βασιλεὺς δὲ Ῥωμαίων τὴν πλείστην δυνάμεως τῆς πεζικῆς καὶ ἱππικῆς ἐκπέμπει ἐπ᾽ Ἰταλίας. καὶ διαλιπ<όντ>ων οὐ μάλα συχνῶν ἡμερῶν τήν τε ἀμφ᾽ αὑτὸν τάξιν ἑταιρικὴν καὶ ὅση δορυφορία […] ἐπ᾽ Ἰταλίας ἐξήλαυνε.

„Und nach wenigen Tagen führte er seinen persönlichen Begleittrupp […] und zog selbst in großer Eile nach Italien“ (Martin). διαλιπ<όντ>ων stammt von de Boor und wurde sowohl von Martin als auch von Mecella aufgenommen. Es liegt auf der Hand, dass διαλιπόντων sich auf ἡμερῶν nicht beziehen kann. Herwerdens διαλιπὼν οὐ μάλα συχνῶν ἡμερῶν <χρόνον> ist wahrscheinlicher, aber ich würde ohne

7 In der Mitte des folgenden Paragraphen (14) sollte man ὡσὰν πρὸς τὴν χρόνιον, kaum ὡς ἂν π. τ. χ. schreiben.

gern διαλιπ<ουσ>ῶν οὐ μάλα συχνῶν schreiben, vgl. Thuc. 3, 74, 1 (διαλιπούσης δ᾽

ἡμέρας μάχη αὖθις γίγνεται).

Nun sei es mir noch verstattet, eine Konjektur zu erwähnen, die mir mein Freund Gauthier Liberman per epistulas aethereas mitgeteilt hat.8 Am Ende des langen Frag-ments, das ich in meinem vorigen Beitrage besprochen habe (F. JRS, vgl. Lucarini 2016, 42–44), liest man: ὡς εἰς ἄμεινον α…, wobei das letzte α unsicher ist. Ich hatte vorgeschlagen, ἀ[εί zu ergänzen. Sehr plausibel scheint mir auch Libermans Ergänzung: ἀ[ποβήσεται. Darüber hinaus bieten die Z. 6–9 des genannten Fragments eine Schwierigkeit. Die vorläufige Transkription des im Codex Vind. hist. gr. 73 über-lieferten Textes, dessen Kopist das iota mutum nicht geschrieben hat, lautet (wobei nicht alle Akzente und Spiritus im Palimpsest lesbar sind): λύουcι τὴν πολι̣ο̣ρ̣κ̣ίαν και γνωμη πλειcτη ηεc̣αν· ἐπί τε ἀθήναc· καὶ αχαι̣ίαν̣ ὁρμηθῆναι τῶ cτρατῶ (s. Anhang I).

Ich habe mich schon mit diesem Stück befasst (Lucarini 2016, 44 Anm. 5) und habe folgendes vorgeschlagen: λύουσι τὴν πολιορκίαν καὶ γνώμης οἱ πλεῖστοι ἦσαν ἐπί τε Ἀθήνας καὶ Ἀχαιΐαν ὁρμηθῆναι τῷ στρατῷ. Liberman bemerkt: „La correction la plus plausible en termes strictement ‘paléographiques’ me paraît être celle des éditeurs principes,9 καὶ γνώμη <ἡ> πλείστη ἦν, mais cela peut-il vouloir dire, comme ils l’inter-prètent, semble-t-il, ‘l’opinion majoritaire fut de…’? C’est un hérodotéisme (5.126) qui, si je ne m’abuse, devrait signifier, conformément à l’usage normal, ‘la solution qui leur agréait le plus était de…’. Tu me diras que la différence n’est pas bien grande. Le pluriel ηεσαν aura été substitué au singulier sous l’influence de λύουσι.“

* * *

Die Sprache eines griechischen Schriftstellers der Kaiserzeit zu untersuchen, heißt festzustellen, wie weit der Attizismus seinen Sprachgebrauch beeinflusst hat. Es ist bekannt, dass seit dem ersten Jahrhundert v. Chr. die griechische Sprache einer ar-chaisierenden Tendenz ausgesetzt war. In besonderem Maße war die literarische Prosa dieser neuen Orientierung unterlegen:10 Obwohl sich die Rede des Volkes nicht an die Vorschriften des Attizismus gehalten hat, gibt es fast keinen Autor der Kaiserzeit, der nicht den Einfluss des Attizismus sowohl in der Grammatik als auch im Wort-schatz aufweist. Die Forschung hat eine Liste von Schriftstellern aufgestellt, die sich dem Einfluss des obsiegenden Attizismus entzogen zu haben scheinen; diese Liste enthält: Novum Testamentum, Epiktet, Marcus Aurelius, Vettius Valens, Malalas und teilweise Diodorus Siculus und Johannes Philoponos.11 Es sind erstaunlich wenige Autoren, wenn man an die Üppigkeit der auf uns gekommenen griechischen Prosa der Kaiserzeit denkt. Ein sicheres Kennzeichen des Einflusses des Attizismus ist der Gebrauch des Optativs: Dieser Modus, der im Griechischen von alters her ein prekäres

8 Nachricht vom 3. April 2016.

9 Vgl. Martin / Grusková 2014, 109.

10 Vgl. dazu zuletzt Kim 2010 und Lucarini 2015.

11 Vgl. Debrunner 1954, 19–24.

Lebensrecht besessen hatte, war aus dem Sprachgebrauch der hellenistischen Zeit fast völlig verschwunden, wie ein Schriftsteller wie Polybios beweist. Es war eine der wichtigsten Sorgen der Archaisten, den außer Gebrauch gekommenen Modus wieder in seine Rechte einzusetzen. Im vorhellenistischen Griechisch wurde der Optativ in Hauptsätzen genauso wie in Nebensätzen gebraucht. Die hellenistische Prosa ver-wendet den Optativ in den Hauptsätzen noch, aber nicht mehr in den Nebensätzen, und diese Unterscheidung lässt sich auch bei den nichtattizistischen Schriftstellern der Kaiserzeit beobachten. Es gibt in dieser Zeit keinen Historiker, der den Optativ in den Nebensätzen nicht regelmäßig verwendet. Cassius Dio, Herodian und Dexipp benutzen diesen Optativ immer wieder,12 und die Geschichte der griechischen Sprache belehrt uns, dass jedesmal, wenn ein Optativ in einem Finalsatz oder in einer oratio obliqua begegnet, dieser Gebrauch dem Bestreben nach klassischem und archaisie-rendem Sprachgebrauch zuzurechnen ist.13

Besonders archaisierend und klassisch klang in der Kaiserzeit der Optativus itera-tivus: auch bei den Autoren, die ein papierenes Griechisch schreiben, ist der Gebrauch dieser Art des Optativs kaum einheitlich.14 Wenn ich nicht irre, so hat Dexipp den Optativus iterativus mit bemerkenswerter Beharrlichkeit verwendet: Mir ist keine Stelle aufgefallen, an der er statt dieses gelehrten Modus den geläufigeren Indikativ benutzt hätte.15 Um den Grad von Dexipps Attizismus zu bestimmen, ist es lehr-reich, das Vorgehen Herodians zum Vergleich heranzuziehen. (Im Folgenden werde ich Dexipp häufig mit Herodian vergleichen: Das liegt an der Tatsache, dass ich Herodians Sprachgebrauch kürzlich untersucht habe;16 gründliche Analysen der Spra-che der Prosaiker der Kaiserzeit stehen leider nur selten zur Verfügung!) Im Vergleich zu Herodian ist die Beharrlichkeit, mit welcher Dexipp den Optativus iterativus an-wendet, bezeichnend: Bei Herodian habe ich fünf Stellen gezählt, wo ein Optativus iterativus hätte angewendet werden können, wobei nur einmal tatsächlich diese

12 Zu Cassius Dio vgl. Botschuyver 1923; zu Herodian vgl. Lucarini 2017, 19ff. Was Dexipp angeht, vgl. z.B. F 23, 3 Ma. = F 29, 3 Me. (εἴ γε ὑπό τινος διαστροφῆς ἀναγκαίας παρ᾽ ὑμᾶς ἄφιξις ἡμῶν διαμέλλοιτο;); F 25, 3 Ma. = F 31, 3 Me. (εἰ τὴν ἡμετέραν ἔφοδον αἴσθοιντο); F 28, 7 Ma. = F 34, 7 Me.: (εἰ δὲ ταῦτα ποιεῖν ὧδε κρίνοιτε); F 28, 12 Ma. = F 34, 12 Me. (εἰ μὴ καὶ τὸν Ἴστρον ὑπερβάντες ἐν ὅροις τοῖς ὑμετέροις τὴν ὀργὴν ὡς <ἐς> προαδι-κήσαντας ὑμᾶς ἀποπλήσαιμεν); F. JRS § 6 (ὡς ἂν ἅπτοιντο).

13 „Die Anwendung des Optativs im untergeordnetem Satz ist bezeichnend für papierenes Griechisch, sowohl in der indirekten Rede, als im Finalsatz und Bedingungssatz“ (Radermacher, 19252, 164).

14 Vgl. Debrunner 1954, 125.

15 F 22, 2 Ma. = F 28, 2 Me. (παρῄνει, ὅτε δὴ ἐκ χειρὸς ἀκροβολίζοιντο οἱ πολέμιοι, τοῦ ἀμύνεσθαι ἀπεχομένους ὑπὸ ταῖς ἐπάλξεσιν ἱσταμένους ἔχειν σφῶν αὐτῶν φυλακήν); F 24, 3 Ma. = F 30, 3 Me. (οἱ δὲ ἄνωθεν ἠμύνοντο καρτερῶς, ὅπῃ πελάζοιεν οἱ πολέμιοι); F 24, 5 Ma. = F 30, 5 Me. (ἃς δὴ ὅτε προσάγοιντο κάλοις ἀπ᾽ ἄκρων τῶν κλιμάκων ἠρτημένοις ἀνέπτυσσον ὡς ὀρθουμένας ἐπιβάλλειν τοῖς τείχεσιν. ἦσαν δὲ οἳ καὶ πύργους ξυλίνους τῷ τείχει ὑποτρόχους ἐπῆγον, ὡς ὅτε πελάσαιεν, ἐπιβολῇ γεφυρῶν τὴν διάβασιν ἀπὸ τούτων ἐξ ἰσοπέδου ποιήσοντες).

16 Lucarini 2017.

rene Ausdrucksart benutzt wird; sonst bedient sich Herodian des gemeineren Indi-kativs.17 Man könnte natürlich einwenden, dass die spärlichen Fragmente Dexipps zu wenig sind, um einen aufschlussreichen Vergleich mit Herodians vollständig erhal-tener Kaisergeschichte zu ermöglichen: Doch wir werden bald sehen, dass es weitere Indizien gibt, die das gewonnene Ergebnis bestätigen.

Wenden wir uns den Personalpronomina zu, so erweist sich auch hier Dexipp als ein strengerer Archaist als Herodian. Statt αὑτῶν benutzt Dexipp regelmäßig das Reflexivpronomen σφῶν usw.18 Es handelt sich um eine alte Form, die bei Thukydides regelmäßig vorkommt, die aber schon die Schriftsteller des vierten Jahrhunderts v.

Chr. zumeist vermeiden. Xenophon beispielsweise benutzt sie nur, um Thukydides nachzuahmen, sonst benutzt er das geläufige ἑαυτῶν. Kein Zweifel, dass zu Dexipps Zeit die Formen σφῶν usw. als eine längst veraltete und literarische Ausdrucksart galten.19 Bei Herodian kommen diese Formen nie vor. Cassius Dio und Appian verwenden σφῶν genauso wie Dexipp.

Der Accusativus absolutus war aus der κοινή fast verschwunden, und seine Benut-zung gilt als ein Merkmal des Einflusses des Attizismus. Die spärlichen Fragmente Dexipps, die wir besitzen, enthalten sechs Accusativi absoluti.20 Zweimal finden wir ἐξόν, eine Form, die oft bei Cassius Dio (37, 27, 3; 37, 42, 2; usw.), aber nie bei Herodian und Appian vorkommt. Auch ὑπάρχον kommt bei Cassius Dio (46, 46, 1;

62, 23, 6) vor, aber nie bei Herodian und Appian. Εὖ παρασχόν ist zweifelsohne eine Nachahmung von Τhukydides (1, 120, 3); das einfache παρασχόν steht einmal bei Cassius Dio (42, 16, 1), während sich Herodian und Appian dieses Archaismus nie

17 Vgl. Herodian 9, 29 (φοιτῴη); 48, 24 (ἐπλημμελεῖτο); 93, 26 (ἔδει); 123, 11 (ἐγέ-νοντο); 159, 24 (ἦσαν) und dazu Lucarini 2017, 30, Anm. 45.

18 F 3 h Ma. = F 2 h Me. (βεβαιοτάτην σφίσιν ἀσφάλειαν εἶναι νομίζοντες); F 22, 2 Ma.

= F 28, 2 Me. (ἔχειν σφῶν αὐτῶν φυλακήν); F 22, 3 Ma. = F 28, 3 Me. (σφᾶς τε αὐτοὺς κατὰ τὸ δυνατὸν καὶ τὸ τεῖχος ἐφύλασσον); F 23, 8 Ma. = F 29, 8 Me. (ἀπόντος μὲν πολὺ ἀπὸ σφῶν τοῦ ἐπιβοηθήσοντος); F 24, 4 Ma. = F 30, 4 Me. (σφῶν τε τὰς ἀσπίδας προβεβλημένοι);

F 24, 7 Ma. = F 30, 24, 7 Me. (ὡς εἶναι σφίσιν ἀπ᾽ ἴσου πρὸς τοὺς ἐναντίους μάχεσθαι … προβαλλόμενοι πρὸ σφῶν τὰς ἀσπίδας); F 24, 11 Ma. = F 30, 11 Me. (εἰσεφόρουν κατὰ τοῦτο παρὰ σφᾶς); F 28, 1 Ma. = F 34, 1 Me. (ὡς ἂν ὑπάρχοι σφίσιν καὶ τῶν πρόσθεν φοιτώντων χρημάτων παρὰ Ῥωμαίων ἀποδοχή); F 28, 3 Ma. = F 34, 3 Me. (ἐπεὶ δέ σφισιν ἐκ τοῦ βασιλέως ἀπεδόθη λέγειν); F 30, 1 Ma. = F 36, 1 Me. (ἐρομένου βασιλέως ὅτι σφίσι περὶ τῶν παρόντων λῷον εἶναι δοκεῖ); F 30, 2 Ma. = F 36, 2 Me. (καθότι σφίσι προειρημένον ἔδοσαν ὁμήρους σφῶν αὐτῶν); F 34 Ma. = F 40 Me. (ὅτι οἱ ὁ πατὴρ εὖ στρατηγήσειεν); F. Tyche 38, 6 (καθότι ἐνδιδοὺς σφίσιν ἐξηγεῖτο); F. Tyche 39, 20–21 (κλίμακας ἅμα σφίσι μεγάλας φέροντες); F. Tyche 53, 8–10 (ἐπεὶ δὲ ἐνόμισαν ἐς πίστιν βεβαίαν ἀφῖχθαι τῆς ἀναχωρήσεως σφῶν τοὺς Θρᾷκας); F. Tyche 53, 26 (κατά γε τὸ σφῶν αὐτῶν πρόθυμον).

19 „Verum aperte ad poetarum morem (cfr. KB I 593) transeunt Strabo et Onosander cum scribunt σφᾶς σφῶν σφίσι pro αὐτούς ecc.“ (Crönert 1903, 197 Anm. 2).

20 ἐξόν (F 23, 5 Ma. = F 29, 5 Me.; F 23, 6 Ma. = F 29, 6 Me.) (in F 25, 5 Ma. = F 31, 5 Me. war ἐξόν eine Konjektur von Boissevain, die Martin 2006 und Mecella übernommen haben;

der Text ist an der betreffenden Stelle unlesbar: [±3]ο[±1], vgl. den Anhang IV in diesem Band,

S. 579 mit Anm. 62); εὖ παρασχόν (F 28, 5 Ma. = F 34, 5 Me.); ὑπάρχον (F 28, 14 Ma. = F

34, 14 Me.); συγκληρωθέν (F. JRS § 8).

bedienen. Συγκληρωθέν (F. JRS § 8) ist wahrscheinlich eine Erfindung von Dexipp, der auf diese Weise Thukydides nachahmen wollte (vgl. Lucarini 2016, 43). Auch hier tritt Dexipp (zusammen mit Cassius Dio) als strikterer Archaist als Herodian auf.

Ein Unterschied zwischen Herodian und den übrigen Historikern dieser Zeit (min-destens Appian, Dexipp und Cassius Dio) lässt sich auch hinsichtlich des Gebrauches von ἄν + Infinitiv beobachten. An einer Stelle bei Dexipp lesen wir (F 22, 5 Ma. = F 28, 5 Me.): διὰ τὸ ἀπροσδόκητον τοῦ ἀντίπαλον ἂν σφίσιν ἄνωθέν τι ἀπαντῆσαι.

Auch hier haben wir es mit einer längst ausgestorbenen Ausdrucksart zu tun: Die infinite Form mit ἄν war aus der κοινή verschwunden (vgl. Blass / Debrunner / Rehkopf 200118, 326–327). Sie kommt bei Herodian nie vor, dagegen oft bei Appian und Cassius Dio.

Die Präposition ἀμφί war in der κοινή außer Gebrauch gekommen (vgl. Blass / Debrunner / Rehkopf 200118, 166). Cassius Dio benutzt diese Präposition zumeist in der Wendung οἱ ἀμφί τινα (2, 9, 3; 47, 26, 5 usw.) oder mit einem Numerale. Diesel-ben Wendungen begegnen bei Appian, der auch ἀμφί + Genetiv (Iber. 68) und ἀμφί + Akkusativ in temporaler Bedeutung benutzt. Bei Dexipp lesen wir καὶ γὰρ ἦν τῆς ὥρας ἀμφὶ ἡλίου δυσμάς (F 22, 4 Ma. = F 28, 4 Me.) und οἱ ἀμφὶ τὸν Κνίβαν (F.

Tyche). Hervorzuheben ist hier auch, dass ἀμφί bei Herodian niemals vorkommt.

Auch πρός + Genitiv war ein Zeichen literarischer Prosa (Blass / Debrunner / Rehkopf 200118, § 43, 8). Bei Dexipp (F 25, 5 Ma. = F 31, 5 Me.) lesen wir: τῶν ἐναντίων αἱ ἀπορίαι πρὸς ἡμῶν ἔσονται, wo πρός ‘zugunsten’ bedeutet. Diese Aus-drucksart begegnet bei Cassius Dio (vgl. De Jongh 1925, 20) und bei Appian (Lib.

Auch πρός + Genitiv war ein Zeichen literarischer Prosa (Blass / Debrunner / Rehkopf 200118, § 43, 8). Bei Dexipp (F 25, 5 Ma. = F 31, 5 Me.) lesen wir: τῶν ἐναντίων αἱ ἀπορίαι πρὸς ἡμῶν ἔσονται, wo πρός ‘zugunsten’ bedeutet. Diese Aus-drucksart begegnet bei Cassius Dio (vgl. De Jongh 1925, 20) und bei Appian (Lib.

Im Dokument Empire in Crisis: (Seite 85-107)