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cry3 knock-out oder Überexpression hat keinen Einfluss auf die DNA-Reparatur

Von Kleine et al. (2003) war zunächst eine Funktion von Cryptochrom 3 als DNA-Photolyase ausgeschlossen worden, weil cry3 in Photolyase-defizientenE. coli Stämmen die Photoreak-tivierung von UV-Schäden nicht wiederherstellen konnte. Selby und Sancar (2006) zeigten je-doch später, dass cry3 ausArabidopsis thalianain der Lage ist, UV-Schäden in einzelsträngi-ger DNA zu reparieren. Auch in unserer Arbeitsgruppe wurde diese ssDNA-Reparaturfunktion durchin vitro Experimente bestätigt. Selbst kleineloop Strukturen in doppelsträngiger DNA

von wenigen Basenpaaren um den UV-Schaden herum ermöglichen eine effiziente Repara-tur des Schadens durch Cryptochrom 3 (Pokorny et al., 2008). Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass cry3 zumindest in den Organellen die Photoreaktivierung von doppel-strängiger DNA bewirkt, sofern die UV-Läsionen transient in einem aufgeschmolzenen DNA-Bereich vorliegen. Weder die cry3-Mutante, noch die cry3-Überexpressions-Linie waren je-doch unter erhöhter UV-B-Bestrahlung in ihrem Wachstum deutlich beeinflusst. Die Mutante mit Defekt in der nukleären Klasse II CPD-Photolyase war unter diesen Bedingungen dage-gen nicht überlebensfähig. Die UV-Dosis in den durchgeführten Experimenten war demnach ausreichend hoch, um einen möglichen Einfluss von cry3 auf die Photoreaktivierung von UV-Schäden in den Organellen nachweisen zu können. Der fehlende Phänotyp der Überexpres-sions-Linie unter diesen Bedingungen spricht allein noch nicht gegen eine Photolyasefunktion von cry3 in den Organellen. Möglicherweise ist für den Nachweis eines positiven Effektes der Überexpression von cry3 eine zusätzliche Steigerung der Reparatur von UV-Schäden in nu-kleärer DNA notwendig. Durch die Akkumulation von DNA-Schäden im Zellkern könnte der positive Einfluss von cry3 in den Organellen überdeckt werden. Andererseits wirkt sich die alleinige Überexpression der Klasse II CPD-Photolyase, die im Zellkern lokalisiert ist, positiv auf das Wachstum von Arabidopsis unter zusätzlicher UV-B-Bestrahlung aus (Kaiser et al., 2009). Das unveränderte Wachstum der ∆cry3-Mutante im Vergleich zum WT bei zusätzli-cher UV-B-Bestrahlung spricht allerdings deutlich gegen eine wichtige Funktion von cry3 bei der Reparatur von DNA-Schädenin vivo. Ebenso wirkt sich die Mutation des cryDASH-Gens beim filamentösen Pilz Sclerotinia sclerotiorum nicht auf die Keimungsfähigkeit der Sporen nach UV-C-Bestrahlung aus (Veluchamy und Rollins, 2008). Diese phänotypischen Untersu-chungen sprechen zusammen gegen eine wesentliche biologische Bedeutung der cryDASH-Proteine als Photolyase für die Reparatur von DNA.

Eine mögliche Photolyasefunktion von Cryptochrom 3 ist allein durch die phänotypische Un-tersuchung des Pflanzenwachstums im UV-B-Licht allerdings nicht völlig auszuschließen. Um eine mögliche DNA-Reparatur durch cry3 in den Organellen direkt zu untersuchen, wurde in dieser Arbeit daher einrealtimePCRassay verwendet. Bei diesem System muss im Gegen-satz zu anderen Methoden die DNA aus den Organellen nicht separat aufgereinigt werden und es treten keine Variationen durch Unterschiede im Reinheitsgrad der Organellenpräpa-rationen auf. In WT-Keimlingen konnte dabei die Photoreaktivierung von genomischer DNA eindeutig belegt werden. Nach ca. 8 h Blaulichtbestrahlung waren die UV-induzierten DNA-Schäden nahezu vollständig repariert. Pflanzen, die nach der Schadens-Induktion im Dunkeln gehalten wurden und dieuvr-Mutante im Blaulicht weisen dagegen auch nach 24 h nur eine geringe bzw. keine Reduktion der UV-Schäden in der genomischen DNA auf. In der CPD-Photolyase-Überexpressionslinie wurden die DNA-Schäden vermutlich bereits während der Bestrahlung mit dem Breitband-UV-B-Licht repariert und bei Beginn der Photoreaktivierungs-phase sind keine DNA-Schäden mehr nachzuweisen. Bei der beobachteten Reparatur von genomischer DNA in WT-Keimlingen handelt es sich also tatsächlich um einen

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gen Prozess, welcher durch die Klasse II CPD-Photolyase katalysiert wird. Ein lichtunabhän-giger Mechanismus und die Reparatur von (6-4)-Photoprodukten scheint unter diesen Bedin-gungen keine große Rolle zu spielen. Die geringere Akkumulation von CPD-Schäden in der Arabidopsis Linie, die die Klasse II CPD-Photolyase überexprimiert, wurde bereits zuvor in unserer Arbeitsgruppe durch andere Methoden nachgewiesen (Kaiser et al., 2009). Auch für Oryza sativa(Reis) wurde ein solcher Zusammenhang zwischen der Photolyase-Expression und der CPD-Akkumulation beschrieben (Hidema et al., 2007).

Für die plastidäre DNA konnte in WT-Keimlingen im Gegensatz zur genomischen DNA inner-halb des untersuchten Zeitraums von 24 h keine Reduktion der UV-Schäden gezeigt werden.

Bei der mitochondrialen DNA konnte zwar eine sehr langsame Schadensreparatur beobachtet werden, allerdings konnte nicht eindeutig belegt werden, dass es sich dabei um einen licht-abhängigen Prozess handelt, weil es auch in den dunkel gehaltenen Keimlingen scheinbar zu einer geringfügigen Reparatur der UV-Schäden kam. Bisher gibt es teilweise widersprüchliche Aussagen zur lichtabhängigen DNA-Reparatur in den Organellen. Untersuchungen von Chen et al. (1996) und Hada et al. (1998) deuten darauf hin, dass in den Chloroplasten kein licht-abhängiger DNA-Reparatur-Mechanismus existiert. In isolierten Chloroplasten aus Spinacia oleracea (Spinat) konnte nach 2-stündiger Photoreaktivierung keine Reparatur von CPD-Schäden festgestellt werden (Hada et al., 1998). Auch eine Lichtbestrahlung von 8 h führte beiArabidopsisKeimlingen nicht zu einer Reparatur der UV-induzierten DNA-Schäden in den Chloroplasten (Chen et al., 1996). Auf der anderen Seite konnte in einerGlycine max Zellkul-tur durch einen PCR-assay die lichtabhängige Reparatur von Plastiden-Genen demonstriert werden (Cannon et al., 1995). Nach 8 h Weißlichtbestrahlung waren dort die Schäden in den Chloroplasten vollständig repariert. Im Dunkeln fand dagegen keine Reparatur statt. Auch für Arabidopsis Keimlinge konnten Draper und Hays (2000) durch die Quantifizierung der DNA-Replikation in Kotyledonen zeigen, dass ein lichtabhängiger Reparaturmechanismus in den Chloroplasten und den Mitochondrien zu existieren scheint. Der Nachweis von Cannon et al.

(1995) zur DNA-Reparatur in Chloroplasten steht zunächst einmal im Widerspruch zu den Ergebnissen dieser Arbeit, da hier in den Chloroplasten von WT-Zellen keine Photoreaktivie-rung beobachtet wurde. Diese Unterschiede sind möglicherweise durch die Verwendung un-terschiedlicher Organismen zu erklären. Auch die Verwendung einer Suspensions-Zellkultur im Gegensatz zu intakten Keimlingen könnte die abweichenden Ergebnisse erklären. In den Keimlingen ist eine signifikante Photoreaktivierung der plastidären DNA vielleicht erst viel spä-ter nachzuweisen. So erfolgte der Nachweis der Photoreaktivierung in den Organellen durch Draper und Hays (2000) nur indirekt durch die Quantifizierung der Replikation von plastidärer und mitochondrialer DNA in einem Zeitraum von mehreren Tagen nach der Schadensindukti-on.

Überraschenderweise hat die Expression von Cryptochrom 3 keinen nachweisbaren Einfluss auf die DNA-Reparatur in den Organellen. Entgegen der ursprünglichen Annahme, cry3 die-ne als Reparaturenzym in den Orgadie-nellen, konnte bei der cry3-Überexpressionslinie und der

∆cry3-Mutante kein signifikanter Unterschied zum WT bezüglich der DNA-Reparatur nach-gewiesen werden. Die cry3-Expression beeinflusst also weder die DNA-Reparatur in den Chloroplasten und Mitochondrien, noch die Photoreaktivierung von genomischer DNA im Zellkern. Da in den Chloroplasten innerhalb von 24 h keine Photoreaktivierung beobach-tet werden konnte, schließt das Ergebnis der ∆cry3-Mutante noch keine Photolyasefunkti-on in diesem Kompartiment aus. Allerdings wäre in diesem Fall, ähnlich wie bei der Klasse II CPD-Photolyase überexprimierenden Linie im Zellkern, eine erhöhte Reparaturaktivität in den Chloroplasten der cry3ox-Linie zu erwarten gewesen. Einen weiteren unerwarteten Be-fund stellt die deutlich erhöhte Reparaturaktivität in den Chloroplasten und den Mitochondri-en der Klasse II CPD-Photolyase-Überexpressionslinie dar. Diese CPD-Photolyase scheint demnach ebenfalls in den Organellen aktiv zu sein. Auch Draper und Hays (2000) beschrei-ben, dass die von ihnen beobachtete DNA-Reparatur in Chloroplasten deruvr2-Mutante nicht mehr nachzuweisen ist. Eine Photolyaseaktivität in Proteinextrakten aus isolierten Chloro-plasten konnte allerdings von Hada et al. (2000) nicht nachgewiesen werden und auch GFP-Lokalisationsstudien in unserer Arbeitsgruppe zeigen die Klasse II CPD-Photolyase nicht in den Chloroplasten und Mitochondrien (Kaiser et al., 2009). Daher wird von Kaiser et al. (2009) ein indirekter Einfluss der Photolyaseaktivität im Zellkern auf die Reparaturaktivität in den Organellen diskutiert. Die DNA-Reparatur in den Organellen der Klasse II CPD-Photolyase-Überexpressionslinie könnte demnach durch eine effizientere Reparatur von kernkodierten Genen beeinflusst werden. Obwohl die Klasse II CPD-Photolyase kein N-terminales Signal-peptid für eine Organellenlokalisation besitzt, ist eine Funktion dieser Photolyase innerhalb der Organellen nicht vollständig auszuschließen. Wie bereits für einige andere Proteine nach-gewiesen wurde (Miras et al., 2002; Übersicht in Jarvis, 2008), könnte der Import in die Orga-nellen eventuell durch eine bisher nicht identifizierte interne Signalsequenz vermittelt werden.

Möglicherweise ist die Konzentration in den Organellen zu gering, um die Lokalisation der Photolyase als GFP-Fusion in den Organellen direkt zu bestätigen. Vielleicht wird die Pho-tolyase aber auch erst nach einer UV-B-Induktion sehr langsam in die Mitochondrien und Plastiden transportiert. Dieses Modell würde eine verzögerte Photoreaktivierung der plasti-dären Gene erklären, wie sie bereits von Cannon et al. (1995) beschrieben wurde. Neben der phänotypischen Analyse des Pflanzenwachstums unter UV-B-Bestrahlung und des fehlenden Einflusses der cry3-Expression auf die DNA-Reparatur spräche auch die mögliche Aktivität der CPD-Photolyase in den Organellen gegen eine Photolyasefunktion von Cryptochrom 3, denn somit bestünde keine Notwendigkeit für ein zusätzliches Reparaturenzym in den Chloro-plasten und Mitochondrien. Ebenso kann die biologische Funktion von cry3 nicht allein durch seinein vitroAktivität als Photolyase für CPD-Schäden in einzelsträngiger DNA und in loop-Strukturen von Duplex DNA erklärt werden, denn auch andere CPD-Photolyasen sind in der Lage, UV-Schäden in DNA-Einzelsträngen effizient zu reparieren.

Da Cryptochrom 3 auch im Zellkern innerhalb des Nukleolus lokalisiert ist, wurde auch eine mögliche Reparaturfunktion von cry3 in diesem Kompartiment überprüft. Der Nukleolus ist der

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Syntheseort ribosomaler RNAs und cry3 könnte somit speziell an der Photoreaktivierung von rDNA-Sequenzen beteiligt sein. Die Ergebnisse der Schadensquantifizierung des 25 S rRNA-Gens wiesen jedoch eine relativ große Variabilität im Vergleich zu den vorherigen Versuchen auf. Möglicherweise wird die genaue Quantifizierung der DNA-Schäden mittelsrealtimePCR durch die große Kopienzahl der rRNA-Gene beeinträchtigt. Diese Ergebnisse sind demnach nur unter Vorbehalt zu interpretieren. Die Reparatur der rRNA-Sequenzen in WT-Keimlingen scheint deutlich weniger effizient zu sein, als die Reparatur der übrigen genomischen DNA.

Die Photoreaktivierung der rRNA-Gene in der ∆cry3-Mutante scheint jedoch überraschen-derweise wesentlich effizienter zu sein und ähnelt beinahe dem Reparaturverlauf der übrigen genomischen Sequenzen bei WT-Pflanzen. Eine mögliche Erklärung für diese unerwartete Beobachtung, sollte sie bestätigt werden können, ist die DNA-Bindung von cry3 im Nukleo-lus. Obwohl die CPD-Schäden durch cry3 nicht repariert werden, behindert cry3 eventuell eine effiziente Reparatur durch die Klasse II CPD-Photolyase. Eine spezifische Funktion von Cryptochrom 3 bei der Photoreaktivierung von DNA im Nukleolus kann durch diese Versuche wohl ebenso wie eine Reparaturfunktion in den Organellen ausgeschlossen werden.

4.8 Weitere mögliche Funktionen von Cryptochrom 3 inArabidopsis thaliana