4.4.1 Ansatz
Als assetwertbasiertes Modell simuliert CM normalverteilte, korrelierte
Aktivaren-diten 22
allerKreditnehmer. InAbhängigkeitvon densimuliertenRenditen wird das
Unternehmen ausgehend von der bisherigen Ratingkategorie einer neuen
Rating-klasse zugeordnet.Die damit einhergehende Veränderung der Bonitätseinschätzung
führtzu einerNeubewertungder Kredite. Abbildung4.2veranschaulicht dieV
orge-hensweise amBeispieleinesindieRatingklasseBBeingestuften Unternehmens.Die
Intervalle unter der Verteilung 23
sind so berechnet, daÿ sie den Ausfall- bzw.
Mi-grationswahrscheinlichkeiten aus der empirischermittelten Migrationsmatrix(siehe
Tabelle4.2)entsprechen.DahinterverbirgtsichdieAnnahme,daÿdieRatingklassen
inBezug aufAusfallwahrscheinlichkeitund Migrationsverhalten homogen sind.
24
Zur Neubewertung der Kredite werden für ausgefallene Kreditezufällige
Rückzah-lungsquotenbestimmt.DiesewerdenauseinerBetaverteilunggezogen.Die
Parame-trisierung der Betaverteilungin Erwartungswert und Varianz erfolgtje nach
Senio-rität der Kreditegemäÿ Tabelle4.3.
25
22 Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten. Ein praktikablesVerfahren wird in Kapitel 5.4.2
be-schriebenund imSimulationstoolumgesetzt.Zur BerücksichtigungvonKorrelationen in CM
siehe Kapitel 4.4.2. Ein ausführliches Beispiel für die Generierung von Szenarien mit einem
PortfolioausdreiFirmenndet maninCredit Metrics (1997),S.113-119.
23 CM unterstellt normalverteilteRenditen. In den weiteren Berechnungen kürzen sich
Erwar-tungswertundVarianz,sodaÿmansichaufdieStandardnormalverteilungbeschränkenkann.
Vgl.hierzuWohlert (1999),S.352.
24 Vgl.WahrenburgundNiethen (1999), S.9.
25 Vgl.CreditMetrics (1997),S.77-80.HierwirdaucheineBegründungfürdieVerwendung
Ausfall
B BBB A AA AAA
CCC
bleibt BB
Dichte
−2.04
−2.3 −1.23 0 1.37 2.39 2.93 3.43
Abbildung4.2: Ratingmigration eines in Klasse BB eingestuften Unternehmens. Quelle:
Crouhi, Galai und Mark (2000),S.75.
Wahrscheinlichkeit fürRating amJahresende(in %)
AAA AA A BBB BB B C D
AAA 90.81 8.33 0.68 0.06 0.12 0.00 0.00 0.00
Anfängliches AA 0.70 90.65 7.79 0.64 0.06 0.14 0.02 0.00
A 0.09 2.27 91.05 5.52 0.74 0.26 0.01 0.06
BBB 0.02 0.33 5.95 86.93 5.30 1.17 0.12 0.18
Rating BB 0.03 0.14 0.67 7.73 80.53 8.84 1.00 1.06
B 0.00 0.11 0.24 0.43 6.48 83.46 4.07 5.20
C 0.22 0.00 0.22 1.30 2.38 11.24 64.86 19.79
Tabelle4.2: Einjahres-Migrationsmatrix. Quelle:Standard and Poor's(1996).
Für die nicht ausgefallenen Kredite werden die Gegenwartswerte der ausstehenden
Cash-Flowsberechnet.DiesehängennichtnurvondenBonitätsveränderungen,
son-dernauchvonder Zinsentwicklung ab. UmMarktrisiken und Kreditrisiken zu
tren-nenwirdunterstellt,daÿ zukünftigeZinsentwicklungen inden Terminzinssätzen
be-reitsenthaltensind. Daher werdenzur Bestimmungder Gegenwartswerte die
deter-ministischen Forward-Zerobondrenditen der jeweiligen Ratingkategorien verwendet
Rangstelle/Besicherung R Q
RQ
Besicherte Senior Bankkredite 69,91 23,47
Besicherte Senior Anleihen 52,31 25,15
Unbesicherte SeniorAnleihen 48,84 25,01
Nachrangige Senior Anleihen 39,46 24,59
Nachrangige Anleihen 33,17 20,78
Nachrangige Junior Anleihen 19,69 13,85
Tabelle4.3: Rückzahlungsquoten und Rangstelle.Quelle:Keenan (2000),S.25.
und gegebenenfalls anfallende Kuponzahlungenaddiert.
26
Diese unabhängige
Ana-lysevonMarktrisikenundKreditrisiken stelltnachAuassungvonCrouhi, Galai
und Mark (2000) eine wesentliche Einschränkung des Modellansatzes dar.
27
Für jeden Simulationslauf wird auf diese Weise ein Portfoliowert generiert. Aus
den Portfoliowerten aller Simulationen wird eine Wahrscheinlichkeitsverteilung der
zukünftigenPortfoliowerteberechnet.DasökonomischeKapitalläÿtsichalsQuantil
dieserVerteilungbestimmen.
28
Ratingzeitreihen Aktienzeitreihen
Rückzahlungs−
quote bei Kreditausfall
Gegenwartswert des Kredites
Gemeinsame veränderungen
Rating−
Wahrscheinlich−
keiten für Rating−
veränderungen
Standardabweichung des Wertes eines Kredites infolge von Veränderungen der Kreditqualität
Kredit Value at Risk Korrelationen
Ratingkategorie Seniorität Zinsspread
"Modelle"
Portfolio Value at Risk oder ökonomisches Kapital
Abbildung 4.3: Bausteine vonCM. Quelle:Credit Metrics (1997),S.41.
CMschlägtalternativoderzusätzlichzurSimulationdieanalytischeBerechnungvon
Erwartungswert und Standardabweichung bzw. Volatilität des zukünftigen
Portfo-liowertes vor. Dies kann bei Kenntnis der Korrelationen auf Basis der bestimmten
Gegenwartswerte und ihreraus der Migrationsmatrixbekannten W
ahrscheinlichkei-26 Vgl.Wohlert (1999),S.342-343.
27 Vgl.Crouhi, Galai undMark (2000),S. 64.
ten erfolgen. Bei Marktrisiken mag die Volatilität alsKennzahl für die
Abweichun-gen vom Erwartungswert auf Grundder symmetrischen Verteilungder Erträge aus
Marktengagements ein vernünftiges Maÿ sein. Da aber die erwarteten Erträge aus
KreditengagementsimGegensatz zu den Marktrisiken eine starke Asymmetrie
auf-weisen, kann die Volatilität nur eingeschränkt zur Bestimmung des Kreditrisikos
eingesetzt werden.
29
Denn die Quantile der Verteilung lassen sich bei Asymmetrie
nichtmehralleinedurchKenntnisvonErwartungswertundVolatilitätbestimmen.
30
Die Ursache für dieAsymmetrie liegt darin begründet, daÿ beiKreditengagements
aufdereinenSeiteKreditausfällefürsehrhoheVerlustesorgenkönnen,währendauf
der anderen Seite dieGewinnmöglichkeiten durch Bonitätsverbesserungenbegrenzt
sind.
31
Die Hauptbausteine von CM faÿt Abbildung 4.3 zusammen. Dabei wird deutlich,
wie zentralin CMdieBestimmung des Kredit-VaReines Einzelkredites istund wie
erst überden Baustein Korrelationen der Portfolio-VaRgewonnen werdenkann.
4.4.2 Berücksichtigung von Korrelationen
Um die Diversikationseekte im Kreditportfolio messen zu können, benötigt CM
dieKorrelationen fürdiepaarweisen Kreditqualitätsveränderungen aller
Kreditneh-mer.Diesesindnichtdirekt beobachtbar. OhneBerücksichtigungvonKorrelationen
ergeben sich die gemeinsamen Migrationswahrscheinlichkeiten einfach als Produkt
der einzelnen Wahrscheinlichkeiten. Da die Korrelationen nicht vernachlässigt
wer-den können (vgl.Diskussion in Kapitel3.5), müssen sie geeignet geschätzt werden.
UmdieKreditkorrelationenzuschätzen, werdenzuerstdieKorrelationender
Eigen-kapitalrenditenderKreditnehmer bestimmt.LetzterewerdendannzurBestimmung
der gemeinsamen Migrationswahrscheinlichkeiten verwendet. Die
Ausfallkorrelatio-nen von Kreditnehmer X und Y ergeben sich nach Formel (3.4).
32
Um die
gemein-same Ausfallwahrscheinlichkeit p
XY
bestimmen zu können, werden die
Aktivakor-relationen benötigt. Da das in CM propagierte Verfahren der Ableitung dieser
Korrelationen aus der Entwicklung fundamentaler Faktoren eng an die in Kapitel
4.3.2 bereits beschriebene Vorgehensweise von KMV angelehnt ist, wird an dieser
Stelleauf eine ausführliche Darstellungverzichtet.
29 Vgl.Wohlert (1999),S.343-344.
30 Vgl.Crouhi, Galai undMark (2000),S. 63.
31 Vgl.CreditMetrics (1997),S. 7-8.
Sind die Aktivakorrelationen bestimmt, so können die korrelierten
Firmenwertän-derungen inallen Ratingkategorien simuliert werden.Nach Rückübersetzung dieser
ResultateinRatingklassenerhältmandiegesuchtegemeinsameMigrationsmatrix.
33
J.P. Morgan schlägt noch zwei weitere Methoden vor, um Korrelationen zu
be-rücksichtigen. Ein Verfahren besteht in der direkten Schätzung der gemeinsamen
Migrationsmatrizenaus historischenDaten gemeinsamerRatingveränderungen.Der
Vorteil dieser vonAnnahmen über diezugrunde liegenden Prozesse freien Methode
wirdallerdingsdurchdiemangelhafteDatenbasis konterkariert. J.P.Morgan stehen
nach eigener Auskunft nicht in ausreichendem Umfang Daten für eine qualitativ
hochwertige Studiezur Verfügung.Auchsind kreditnehmerspezische Analysenauf
diese Weise unmöglich.
34
Eine zweite Vorgehensweise benutzt die Korrelationen von Zinsspreads. Die starke
Verbindung zwischen Veränderungen der Bondpreise und Änderungen in der
Qua-litäteines Emittenten ist intuitiv.Ein solcher Ansatz benötigt Reihen historischer
Bondpreise und ein Modell, welches die Beziehung zwischen Zinsspreads und
Kre-ditereignissen speziziert.
35
Neben der Tatsache, daÿ Anleihen eines Emittenten
durchaus mit unterschiedlichen Spreads gehandelt werden können,macht sich auch
hier dieschlechte Datenbasis negativ bemerkbar.
36
Schierenbeck (1999) schlägt des Weiteren vor, vomAnwendervorgegebene
kon-stante Korrelationen zu verwenden. Dieser einfache und daher praktikable Ansatz
bietet die Möglichkeit einer expliziten Berücksichtigung von Risikokonzentrationen
aus Groÿkrediten. Die subjektive Festlegung der Korrelationen birgt allerdings die
Gefahr, daÿ Klumpenrisiken an anderen Stellen nicht oder nicht adäquat
berück-sichtigtwerden.
37
33 Vgl.Leskound Vorgrimler(1999), S.32.
34 Vgl.CreditMetrics (1997),S. 83-84.
35 Vgl.CreditMetrics(1997),S.84-85.EinenÜberblicküberdieModellierungvon
Bonitäts-spreadsgebenReichling undSchulmerich(1999).
36 Vgl.Schierenbeck(1999), S.238.
37 Vgl.Schierenbeck(1999), S.238.
4.5 Credit Risk +
(CR +
)
4.5.1 Ansatz
CR +
zählt zu den ausfallratenbasierten Modellen. DasAusfallrisikowird mittels
ei-nesversicherungsmathematischen Ansatzesgeschätzt.
38
Dabeibeschränkt sichCR +
aufdieModellierungdesAusfallrisikos.DasRisikoeinerMigrationzwischen
Rating-klassenwird nicht erfaÿt.Ebenfallswerden keine Annahmen überdieUrsachen von
Kreditausfällen gemacht. Insbesondere bleibt die Kapitalstruktur der betrachteten
Unternehmen unberücksichtigt.
39
Die benötigten Inputs für die in einer
geschlos-senen mathematischen Lösung mündenden Berechnungen sind die Höhe der
Kre-ditverpichtungen, die erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeiten (bzw. die Zahl der
erwarteten Ausfälle), deren Volatilität und die Rückzahlungsquoten.
40
Mit diesen
Inputs wird die Verteilung der Portfolioverluste in einem zweistugen Prozeÿ
ge-wonnen.Dieser wird inAbbildung 4.4grasch dargestellt.
Verlustverteilung
Wie groß sind die Verluste ? die Anzahl der
Wie hoch ist Ausfälle ?
Abbildung4.4: StufeninCredit Risk +
:Quelle:Credit Risk (1997),S.17.
Die Schwere der Ausfälle ergibt sich aus der Dierenz zwischen Kreditbetrag und
erzielterRückzahlung.Um den Verlustim Falleeiner Insolvenz zu bestimmen,
ver-wendetCR +
vorgegebene,alsexogenangeseheneRückzahlungsquoten.
41
Diese
stam-menz.B. aus Keenan (2000).
42
DadieRückzahlungsquoten einerstarken
Variati-onunterliegen, empehlt Credit Risk (1997) einen vorsichtigen Umgangmitden
Annahmen über die Rückzahlungsquoten und die Berechnung potentieller
Verlust-funktionenmitunterschiedlichen Szenarien.
43
38 Vgl.Kretschmer (1999),S.363.
39 Vgl.CreditRisk (1997),S.7-8.
40 Vgl.CreditRisk (1997),S.11.
41 Vgl.Crouhi, Galai undMark (2000),S. 109.
42 Vgl.Tabelle4.3.