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2 EINLEITUNG

2.3 Die gezielte Manipulation des Kerngenoms („gene targeting“)

2.3.3 Das Cre/lox-Rekombinationssystem

Wie bereits der Name erkennen lässt, vermittelt die 38kDa große Cre-Rekombinase (Cre = causes recombination) die Rekombination zwischen zwei identischen Erkennungssequenzen, den loxP-Elementen (loxP = locus of crossing over (x) aus P1). Die Erkennungssequenz ist 34bp lang. Sie setzt sich aus zwei invertierten Wiederholungen („inverted repeats“, 13bp) und einer asymmetrischen Kernsequenz („spacer“, 8bp) zusammen (siehe Abb. 2.3-d). Der

„spacer“ gibt der loxP-Sequenz eine Orientierung, die für das Ergebnis der Rekombination von Bedeutung ist.

Abb. 2.3-d Spezifische Bindung der Cre-Moleküle an die „inverted repeats“ der loxP-Erkennungssequenz mit Angriff durch das nukleophile Tyrosin324 zwischen der 1. und 2. Base in der „spacer“-Region, Abb. verändert nach Guo et al.,1997, Fig. 1c).

Für die Rekombination werden außer bivalenten Kationen keine weiteren Faktoren benötigt.

Das Enzym fungiert als Topoisomerase und ist in der Lage, jede Form doppelsträngiger DNA innerhalb der loxP-Sequenz einer der Stränge zu schneiden, unabhängig von der DNA-Topologie. Als Substrat können sowohl relaxierte oder superspiralisierte zirkuläre DNA (z.B.

Plasmide) als auch linearisierte DNA (z.B. Chromosomen) dienen (2, 65). Die katalytischen Aminosäuren der Cre-Rekombinase (344 As), welche in allen Integrasen konserviert vorliegen, sind Arginin173 (Arg173), Histidin289 (His289), Arginin292 (Arg292), Tryptophan315

(Trp315) sowie das nukleophile Tyrosin324 (Tyr324) (57). Diese Aminosäuren sind essentiell für das Schneiden, Austauschen und Ligieren der DNA. Die Energie der Phosphat-Bindung bleibt während des Prozesses konserviert („Umesterung“). Die Cre-Rekombinase bindet als Dimer jeweils an die „inverted repeats“ der loxP-Sequenz. Insgesamt sind vier Cre-Moleküle an der Rekombination beteiligt. Der genaue Verlauf der ortsgerichteten Rekombination ist detailliert in Abb. 2.3-e erklärt.

loxP: ATAACTTCGTATA A TGTATG C TATACGAAGTTAT

„inverted repeat“ 1 2 „spacer“ „inverted repeat“

TATTGAAGCATAT T ACATAC G ATATGCTTCAATA

Abb. 2.3-e Reaktionsmechanismus des Cre/lox-Rekombinationssystems. Die Cre-Rekombinase (graue Ellipse) mit dem aktiven Tyrosin-Rest (Tyr324) bindet an die loxP-Erkennungssequenzen. (Die Abbildung wurde aus Guo et al., 1997 Fig 1a) entnommen).

Mögliche Reaktionswege der ortsgerichteten Rekombination

Wie bereits erwähnt, besitzt die loxP-Sequenz eine asymmetrische Kernsequenz. Die Orientierung der beiden loxP-Erkennungssequenzen zueinander ist für das Rekombinationsergebnis entscheidend. In Abb. 2.3-f sind die möglichen Reaktionswege dargestellt. Entgegengesetzte Erkennungssequenzen auf dem gleichen DNA-Molekül (in cis wie unter Teil A) gezeigt, führen zur Inversion der dazwischen liegenden DNA. Die Reaktion ist reversibel. Erkennungssequenzen, welche auf unterschiedlichen DNA-Molekülen (in trans) liegen, können zur Translokation führen (siehe unter Teil B). Eine direkte Orientierung der beiden loxP-Sequenzen (in cis, siehe Teil C) führt zur Exzision der dazwischen liegenden DNA-Region in Form von zirkulärer DNA. Die durch die Cre erzeugte Deletion ist ebenfalls reversibel. Die Integration einer zirkulären extrachromosomalen DNA ist möglich, aber erschwert, da die intermolekulare Reaktion (Exzision) kinetisch günstiger ist als die intrachromosomale Reaktion (Integration).

1. Die nukleophile Hydroxylgruppe (-OH) des konservierten Tyrosin-Restes (Tyr324) greift die loxP-Sequenz an, dies führt zur Ausbildung einer 3´-Phosphotyrosin-Bindung.

2. Die freigewordene 5`-OH-Gruppe agiert als Nukleophil und greift wiederum die entstandene Phosphotyrosin-Bindung des anderen Reaktionspartners an.

3. Daraus resultiert die Entstehung einer Holliday-Struktur als Zwischenstufe.

4. Die Spaltung des Intermediates und der Strangaustausch führen zu den rekombinierten Produkten.

Abb. 2.3-f Rekombinationswege vermittelt durch die Cre-Rekombinase (nicht abgebildet). A) Inversion. B) Translokation. 3) Exzision/Integration.

Heterospezifische lox-Erkennungssequenzen stabilisieren die Integration

Durch die Verwendung von heterospezifischen lox-Sequenzen und der zeitlich begrenzten Cre-Expression kann das Gleichgewicht zugunsten der Integrationsreaktion verschoben werden und es entsteht eine Möglichkeit für die gezielte und stabile Integration von Plasmid-DNA in das gewünschte Wirtsgenom.

Die heterospezifischen lox-Sequenzen wurden mit Hilfe von Mutationsanalysen identifiziert.

So können z.B. Mutationen innerhalb der 13bp langen „inverted repeat“-Sequenz die Affinität der Cre-Rekombinase zu ihrer Erkennungssequenz reduzieren. Durch die Verwendung von lox-Sequenzen, die am rechten Arm (lox66) bzw. am linken Arm (lox71) soweit verkürzt sind, dass sie gerade noch miteinander rekombinieren, kann die Rückreaktion in der resultierenden Doppelmutante (lox66/lox71) und der entstandenen chimären loxP-Sequenz dagegen nicht mehr stattfinden (3). Mutationen innerhalb der „spacer“-Region beeinflussen dagegen die Spezifität der Rekombination. lox-Sequenzen, die sich in nur einer Base (z.B. lox511, siehe Abb. 2.3-g) unterscheiden, zeigen eine deutlich reduzierte Effizienz mit der loxP-Sequenz zu rekombinieren, dabei wirken sich Basensubstitutionen auf den Positionen zwei bis sieben besonders stark aus. Homologe Sequenzen (lox511) werden dagegen weiterhin als Substrat von der Cre-Rekombinase erkannt und miteinander rekombiniert (66). Doppelmutationen innerhalb der „spacer“-Region sind stringenter als Einzelmutationen. Die Sequenzen lox2272 und lox5171 (siehe Abb. 2.3-g, in den folgenden Kapiteln als loxAC und loxGA bezeichnet) rekombinieren ausschließlich mit ihrer identischen Sequenz, nicht aber mit der Wildtypsequenz loxP (89).

Gen 1

B)

Gen 1

Gen 1 Gen 2

Gen 3 Gen 4

Gen 1 Gen 4

Gen 3 Gen 2

Gen 1 Gen 1

= loxP

A)

C)

Abb. 2.3-g Wildtyp loxP und lox-Sequenzen mit Basenaustauschen in der „spacer“-Region.

Generierung von lox-Erkennungssequenzen im Genom

Aufgrund der Länge von 34bp ist es relativ unwahrscheinlich, dass sich natürliche lox-Erkennungssequenzen im eukaryontischen Genom befinden, auch wenn in E. coli, Hefe und Säugerzellen kryptische lox-Sequenzen identifiziert wurden (139, 159, 168). Die Untersuchung heterospezifischer lox-Sequenzen hat aber gezeigt, dass die Cre-Rekombinase nur lox-Sequenzen mit nahezu identischen „spacer“-Regionen rekombiniert. Die Spezifität der Cre-Rekombinase macht also die Generierung geeigneter lox-Erkennungssequenzen im Wirtsgenom notwendig, wenn man ein Transgen gerichtet integrieren will. In Säugerzellen kann die Integration gezielt mittels homologer Rekombination erfolgen (82, 105). In Pflanzen ist die gerichtete Integration noch immer erschwert, obwohl die homologe Rekombination sich als „gene targeting“-Methode zu etablieren beginnt (60, 76, 167). Für die Einführung der Erkennungssequenz wird bisher die ungerichtete Transformation verwendet, was eine genaue Analyse der so generierten lox-Transformanten erfordert (24, 73, 155). Wurden aber Transformanten identifiziert, die eine stabile Genstruktur und lox-Integration zeigen, können diese wiederholt für die ortsgerichtete Rekombination verwendet werden.

Verfügbarkeit der Cre-Rekombinase

Die Bereitstellung der Cre-Rekombinase in eukaryontischen Zellen kann auf verschiedene Weise stattfinden, beispielsweise durch die direkte Einführung des aufgereinigten Cre-Proteins mit Hilfe der Elektroporation oder durch die Integration eines cre-Expressionsvektors in das Genom (6, 83). Dabei hat sich die transiente Verfügbarkeit der Rekombinase für die strukturelle Stabilität der Rekombinationsprodukte von Vorteil erwiesen (Verhinderung der Rückreaktion bzw. Exzision). Eine kurzzeitige Expression der Cre-Rekombinase kann z.B. durch die zusätzliche Verwendung von lox-Sequenzen im cre-Expressionsvektor erreicht werden. Bei dieser „Selbsteliminierungs“-Strategie befindet sich das cre-Gen selbst zwischen zwei identischen lox-Sequenzen, was zum Herausschneiden der eigenen kodieren Sequenz und zur Inaktivierung des Gens führt (98, 152). Eine weitere

loxP: ATAACTTCGTATA ATGTATGC TATACGAAGTTAT

lox2272 (AC): ATAACTTCGTATA AAGTATCC TATACGAAGTTAT lox5171 (GA): ATAACTTCGTATA ATGTGTAC TATACGAAGTTAT lox511: ATAACTTCGTATA AAGTATAC TATACGAAGTTAT

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Möglichkeit besteht in der kontrollierten Expression der Cre-Rekombinase mit Hilfe eines induzierbaren Promotors oder der Kombination beider Strategien (23, 67, 172).