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4 HOCHTEMPERATUR-EMULSIONSCOPOLYMERISATION: ERGEBNISSE UND

4.2 Reaktivität der Monomere

4.2.1 Copolymerisationsverhalten der Monomere

Die Umsatzkurven der Styrol-Butylacrylat-Copolymerisation wurden experimentell durch GC-Messungen ermittelt. In den Abbildungen werden die Ergebnisse der Polymerisationen im Batch-Reaktor für einen Temperaturbereich von 70 °C bis 160 °C und ein Monomerverhältnis in Molanteil von 50/50 gezeigt. Es ist dieselbe Tendenz wie in Abbildung oben zu erkennen (Abbildung 4.2.2).

Unabhängig von der Reaktionsbeschleunigung mit der Temperaturerhöhung bis 100 °C weist Styrol während der ganzen Reaktionszeit höhere Umsätze als Butylacrylat auf. Ab 130 °C ist keine weitere Beschleunigung zu beobachten, sondern wider Erwarten tritt eine Verlangsamung der Reaktion auf. Der Verlauf der Umsatzkurven bleibt jedoch gleich.

Wie in Kapitel 4.1.3 beschrieben wurde, kann diese Verlangsamung durch das Erreichen der Ceiling-Temperatur der Monomere in der wässrigen Phase erklärt werden. Die Verläufe der Umsatzkurven der Reaktionen bei 160 °C und 180 °C zeigen drastische Abweichungen zu den anderen , weil die GC-Methode in diesem Fall für die Umsatzbestimmung nicht geeignet ist. Faktoren wie Proben- und Prozessstabilität, Aufrahm- und Koagulationsprozesse sowie Monomerverlust durch Verdampfung bei Probenahme, die bei der Emulsionspolymerisation besonders bei höheren Temperaturen abläuft, können zu verfälschten Ergebnissen bei der GC-Messung führen.

0 5 10 15 20 25 30 0,0

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

70°C

Umsatz

Zeit [min]

Styrol Butylakrylat

0 5 10 15 20 25 30

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

90°C

Umsatz

Zeit [min]

Styrol Butylacrylat

0 2 4 6 8 10

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

110°C

Umsatz

Zeit [min]

Styrol Butylakrylat

0 2 4 6 8 10

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

130°C

Styrol Butylacrylat

Umsatz

Zeit [min]

°

0 2 4 6 8 10

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

160°C

Styrol Butylacrylat

Umsatz

Zeit [min]

0 2 4 6 8 10

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 180°C

Umsatz

Zeit [min]

Styrol Butylakrylat

Abbildung 4.2.2 Umsatzkurven der Polymerisation von Styrol und Butylacrylat im Temperaturbereich von 70 °C bis 180 °C. Das Molverhältnis betrug 50/50

Als Referenzmethode zur Bestimmung der Copolymerzusammensetzung wurde die NMR-Methode ausgewählt. MAXWELL[59] hat für das System Styrol-Methylmethacrylat und LÜTH[60] für Styrol-Butylacrylat festgestellt, dass die Bestimmung der Zusammensetzung des Copolymers mittels 1H-NMR und 13C-NMR gleiche Ergebnisse ergab. Davon ausgehend wurde die 1H-NMR-Methode als geeignet für die Bestimmung der chemischen Zusammensetzung ausgesucht.

Abbildung 4.2.3 veranschaulicht ein typisches 1H-NMR-Spektrum eines Styrol-BA-Copolymers in CDCl3 mit dem Monomerverhältnis in Molanteil von 50/50. Als Referenzsignal dient das CDCl3-Signal bei 7,26 ppm. Die Peaks bei ca. 7 ppm, und etwa 4 ppm bilden die Resonanzen des aromatischen Rings von Styrol und der O-CH2-Gruppe

Abbildung 4.2.3 Ein typisches 1H-NMR-Spektrum des Styrol/BA–Copolymers in CDCl3 mit dem Verhältnis der Monomere in Molanteil von 50/50

des Butylacrylats entsprechend ab[61]. Diese Signale sind relevant für die Comonomeranalytik.

Der Molenbruch des Monomers kann aus dem Verhältnis der integrierten Peakflächen, normiert auf die entsprechende Protonzahl, berechnet werden. Der Styrolgehalt im Styrol/BA-Copolymer wird nach der folgenden Gleichung bestimmt [62]:

𝐹𝑆𝑡𝑦𝑟𝑜𝑙 =

𝑆𝑆 5 𝑆𝑆

5 +𝑆𝐵𝐴

2

4.2-1

wobei 𝑆𝑠 und 𝑆𝐵𝐴 den Integralen der Protonresonanzen des Styrolrings und der O-CH2 -Gruppe des Butylacrylats entsprechen.

Die Copolymerzusammensetzungen, die bei der Batch und bei kontinuierlichen[63]

Reaktionen mit der Anfangstemperatur von 90 °C erhalten wurden, werden in Abbildung 4.2.4 abhängig von der Reaktionszeit miteinander verglichen. Die Gesamtmonomerkonzentration in Massenanteil betrug 11 für die Batch und 15 für die Smart-Scale-Reaktionen, die initialen Monomerverhältnisse von Styrol und BA im Molanteil betrugen 80/20, 50/50 und 20/80. Wie zu sehen ist, hatte die Betriebsweise keinen Einfluss auf die Einbauwahrscheinlichkeit. Für die Reaktionen beider Betriebsarten mit initialen Konzentrationen von Styrol weniger als 80 % wird Styrol bevorzugt in die wachsende Polymerkette eingebaut. Mit steigendem Styrolanteil nimmt die Tendenz von gleichen Einbauwahrscheinlichkeiten der Monomere zu. Für die Reaktionen mit Styrolanteilen von 80 % ist diese Wahrscheinlichkeit im Gleichgewicht für das Monomerpaar.

Bei niedrigem Styrolanteil wird bevorzugt Styrol eingebaut, da die Kreuzreaktion energetisch günstiger ist. VAN DOREMAELE[49] erklärte diesen Effekt mit dem Penultimate-Unit-Effekt, wobei es sich um einen bevorzugten Einbau von Styrol in die Kette mit Styrol in der vorletzten Position handelt. Der gleichmäßige Einbau beider Monomere bei der Reaktion mit 80 % Styrol kann am sterischen Effekt des Styrols liegen, wobei das Butylacrylat trotz der geringeren Reaktionsfähigkeit eine größere Beweglichkeit im Vergleich zum Styrol besitzt und schnell die wachsende Kette erreichen kann.

Dieselbe Tendenz ist für die Batch-Reaktionen bei 130 °C zu sehen (Abbildung 4.2.5).

0 2 4 6 8 10 12 30

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

Batch: Smart Scale:

80 mol% S-20 mol% BA 50 mol% S-50 mol% BA 20 mol% S-80 mol% BA

F Styrol

Zeit [min]

Abbildung 4.2.4 Vergleich der Copolymerzusammensetzungen im Batch und im kontinuierlichen (Smart Scale) Reaktionsverfahren mit einer Anfangstemperatur von 90 °C in Abhängigkeit von der Reaktionszeit

Außerdem beeinflusst die Art der Initiation die Struktur des gebildeten Copolymers nicht.

Bei 130 °C ohne chemischen Initiator hergestelltes Copolymer mit dem Styrol-Butylacrylat-Verhältnis in Molanteil von 50/50 weist genauso einen bevorzugten Einbau des Styrols auf wie ein unter Anwendung eines chemischen Starters gebildetes Copolymer. Die Erhöhung der Reaktionstemperatur hingegen beeinflusst die Copolymerzusammensetzung. In Abbildung 4.2.6 sind die Zusammensetzungen der Copolymere bei 130 °C, 160 °C und 180 °C Reaktionstemperatur mit der gleichen Monomerkonzentration im Molanteil von 50/50 in Abhängigkeit von der Reaktionszeit zu sehen. Der Styrolanteil im Copolymer von 160 °C beim Umsatz unter 20 % ist höher als beim Copolymer bei 130 °C. Da mit der Erhöhung der Temperatur die Konzentration an Styrolradikalen (thermisch initiierte Radikalbildung) steigt, wird der Einbau von Styrol noch mehr begünstigt und der Styrolanteil im Copolymer bei niedrigen Umsätzen erhöht.

Im Gegensatz dazu weist das Copolymer bei 180 °C Reaktionstemperatur keinen bevorzugten Einbau von Styrol auf, sondern eine Copolymerzusammensetzung entsprechend der anfänglichen Monomerzusammensetzung. Eine mögliche Erklärung ist

0 2 4 6 8 10

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

1,0 80 mol% S-20 mol% BA

50 mol% S-20 mol% BA 20 mol% S-80 mol% BA

F Styrol

Zeit [min]

Abbildung 4.2.5 Vergleich der Copolymerzusammensetzungen der Reaktionen mit einer anfänglichen Temperatur von 130 °C in Abhängigkeit von der Reaktionszeit

die thermische Selbstinitiierung von BA (parallel zur Selbstinitiierung des Styrols), welche oberhalb von 180 °C auftreten kann (siehe Kapitel 4.3.1).

Ausgehend davon, dass bei gleichem Umsatz Copolymere unterschiedlicher Zusammensetzung sich abhängig von der Herstellungstemperatur zeigen, kann die Erhöhung der Temperatur die Copolymerisationsparameter dieses Comonomerenpaars beeinflussen. Für den Nachweis sollen die Copolymerisationsparameter in Abhängigkeit von der Reaktionstemperatur berechnet werden.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

130 °C 160 °C 180 °C fStyrol

F Styrol

Umsatz [min]

Abbildung 4.2.6 Vergleich der Styrolanteile (FStyrol) im hergestellten Copolymer bei verschiedenen Temperaturen, ohne Zugabe des Initiators. Der Styrolgehalt in der Monomermischung (fStyrol) betrug 50 Mol.-%.