• Keine Ergebnisse gefunden

3 Soziale und Informationstechnische Strukturen im Entsprechungsverhältnis

3.3 Hinweise aus der Systementwicklung auf ein Spiegelungsverhältnis

3.3.1 Conway’s Law: Eine Frage von Verantwortung…

Grundsätzlich wird, im Gegensatz zu traditionellen Techniken, eine Besonderheit der Informationstechnologie in ihrer weichen Form gesehen. Möglicherweise ist der Zu-sammenhang zwischen der Design-Organisation und dem erstellten technischen Artefakt hier besonders deutlich zu erkennen. Doch Melvin Conway beschränkt seine Regel nicht allein auf IT-Systeme. Und so finden sich interessanterweise Hinweise für eine struktu-relle Isomorphie zwischen produzierender Organisation und deren technischen-materiellen Produkt indirekt auch an ganz anderer Stelle, in der Innovationstheorie der Ökonomie. Ein kurzer Exkurs bietet sich an.

In der direkten Tradition Schumpeters stehend (vgl. u.a. Malerba und Orsenigo 1995;

Weckwerth 1999, S. 19ff.; Braun-Thürmann 2005, S.42ff.) werden in der Innovations-theorie häufig zwei Grundmuster von Innovation unterschieden. In Bezug auf das Ver-hältnis zum vorrealisierten technischen Niveau wird dabei zwischen radikaler bezie-hungsweise diskontinuierlicher Innovationsform einerseits und inkrementeller, schritt-weise erfolgender Innovationsform andererseits unterschieden. Beide Innovations-formen treten in zahlreichen empirischen Untersuchungen immer wieder in systemati-schen zeitlichen Zusammenhang zueinander (vgl. Anderson und Tushman 1990) und

damit verbunden in eine systematische Beziehung mit den Strukturen der Herstelleror-ganisation. Ein häufig erkannter Grundzusammenhang zwischen der Markteinführung technischer Innovation und der Struktur der beteiligten Organisation gestaltet sich dabei wie folgt: Radikale Innovationen, die auf revolutionären Ideen und Konzepten basieren, bereiten, aufgrund unterschiedlicher Gründe (eingefahrene Problemlösungsverfahren und Lösungsheuristiken, Trägheit,…) gerade großen, etablierten Organisationen Prob-leme. Hier sagt man ihnen tendenziell Innovationsnachteile gegenüber kleinen, struktu-rell noch nicht gefestigten Organisationstypen nach76.

Was ein solcher Zusammenhang für die Argumentation an dieser Stelle bedeutet, wird klarer, wenn Rebecca Henderson und Kim Clark diese beiden etablierten Erfindungs-klassen modifizieren, und zusätzlich zwischen Architekturwissen und Komponentenwis-sen beziehungsweise Architektur- und Komponenteninnovation im Produktentwick-lungsprozess unterscheiden. Dabei betrifft das Komponentenwissen die Funktionsweise einzelner Komponenten einer komplexen Technologie (in der bisherigen Terminologie:

Subsysteme). Das Gegenstück, das Architekturwissen, betrifft die Anordnung dieser Komponenten zu einem funktionierenden technischen Gesamtartefakt (Gesamtsystem).

Als Beispiel für eine solche Architekturinnovation nennen die Autoren den Entwick-lungsschritt vom großen Deckenventilator zum kleinen portablen Handventilator. Die Komponenten (Motor, Lüfterrad, Gelenkscheibe,…) bleiben selbst zwar erhalten, ihre relative Größe und ihr Zusammenspiel beziehungsweise die Anordnung zueinander, ändert sich jedoch (vgl. Henderson und Clark 1990, S. 12f.).

Mit dieser Modifikation nähern sich die beiden Autoren den oben genannten Annahmen aus Conway’s Law gewissermaßen durch die Hintertür. Denn der grundsätzliche struktu-relle Nachteil großer, fest eingefahrener Organisationen kommt – das decken empirische Studien auf – vor allem bei Architekturinnovation zur Geltung. Der mögliche Grund:

Erst einmal fällt es diesem Organisationstyp schwerer, so die Annahme, Innovationen auf dieser Ebene allein zu erkennen; darüber hinaus muss die Entwicklerorganisation jedoch nicht bloß die einzelnen Komponenten des Produktes neu arrangieren, sondern spiegelbildlich, ihre eigenen Problemlösungsstrategien und Wissensstrukturen modifi-zieren. Da Wissen immer auch einen Wissensträger benötigt, hat es die

76 Vgl. u.a. Ettlie et al. 1984; vgl. Richman und Macher 2004 zu Strategien etablierter Großorganisationen mit diesen strukturellen Herausforderungen umzugehen; vgl. Linde 1982 zu einer Diskussion des gesell-schaftlichen Bedingungszusammenhangs von Strukturerfindung (radikale Innovation) und Funktionserfin-dung (inkrementelle Innovation) die auch auf gesellschaftlicher Ebene von unterschiedlichen

„sozialstruk-nisation bei diesen Prozessen indes nicht nur mit der Neubewertung anonymer Sach-konstellationen zu tun, sondern unmittelbar mit der Auf- und Abwertung persönlicher Verantwortungsbereiche. Somit haben jedoch gerade die Architekturinnovationen von vornherein politischen Grundcharakter – sie betreffen eingespielte soziale Verhältnisse und Beziehungen in viel stärkerem Maße als punktuell ansetzende Innovationsformen.

Diese besondere Problematik bereitet geraden rigiden, fest eingefahrenen Sozialstruktu-ren Probleme, stützt und begründet aber indirekt das oben genannte Argument von Mel-vin Conway zum strukturellen Spiegelungszusammenhang zwischen Entwicklerorgani-sation und entstandenem Produkt.

Die Innovationsforschung der Ökonomie liefert damit indirekt eine erste Erklärung für die Grundannahme des inneren Zusammenhangs von sozialen und technischen Struktu-ren. Ohne explizit genannt zu werden, greift Conway’s Law auch in dem Aufsatz von Henderson und Clark, etwa wenn es heißt: „We have assumed that organizations are boundedly rational and, hence, that their knowledge and information-processing struc-ture come to mirror [Hervorhebung durch SR] the internal strucstruc-ture of the product they are designing” (Henderson und Clark 1990, S. 27).

Da sich die, von Melvin Conway erkannte, Strukturisomorphie nicht allein auf die Sys-temkomponenten bezieht, sondern auch auf die Kommunikationsbeziehung, geht es bei dem Gesetz meines Erachtens jedoch um mehr als eine Spiegelung von Verantwor-tungsbereichen. Aus graphentheoretischer Sicht betrifft der Spiegelungszusammenhang eben nicht bloß die Knoten im Netz, sondern auch die Kanten, also die zwischen den Knoten verlaufenden Beziehungen. In diesem Sinne wird die soziale Kommunikation selbst vergegenständlicht.

3.3.2 …UND VERGEGENSTÄNDLICHUNG

Um Technik als „vergegenständlichte“ Sozialstruktur verstehen zu können, muss ein wenig ausgeholt werden: Aus ideengeschichtlicher Sicht ist es möglicherweise kein Zufall, dass der weite Bogen der Argumentation, über die unterschiedlichsten For-schungsfelder hinweg, zuletzt gerade in diesen Bereich der Wirtschaftswissenschaften führt, ist die historische Entwicklung der Innovationstheorie, die am Schluss der

bisheri-gen Ausführunbisheri-gen steht, doch indirekt – über Joseph Schumpeter – durch techniksozio-logische Ansätze von Karl Marx geprägt (vgl. u.a. Rosenberg 1994, S. 47ff.; Weckwerth 1999, S. 19ff.).

Zurück zum Ausgangspunkt dieses Kapitels, zu Manuel Castells, denn bei ihm sind derartige Bezüge ebenfalls ersichtlich. Hier fällt die Verbindung zu marxistischen Ideen unmittelbar auf. Wenn etwa auf die enge Verbindung von epochalen Schlüsseltechnolo-gien, Gesellschaft und historischer Veränderung hingewiesen wird77, so erinnert dies im Grundsatz an die unter anderem von Hans Linde zitierte marxistische Formel aus dem Elend der Philosophie, wonach Handmühlen eine Gesellschaft mit Feudalherren bedin-gen und Dampfmühlen eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten (vgl. Linde 1982, S. 1f.). Der Kreis der Argumentation schließt sich damit fürs erste.

Diese gemeinsame, ideengeschichtliche Grundreferenz kann durchaus als Indiz gewertet werden für weitere einende Bände, die dem bisherigen Argumentationsgang zugrunde liegen, und die theoretisch tiefer zu verorten sind, als die Formulierung einer Verbin-dung von Sozialem und Technik auf der gesellschaftlichen Makroebene. Auf die Spur gebracht wird man von Bernward Joerges, der darauf hinweist, dass, wenn es gelingt, Karl Marx „konsequent >gegen den Strich< zu lesen und von kapitalismusanalytischen Verbundstücken etwas zu abstrahieren“ (Joerges 1989, S. 53), die Grundzüge einer sozialwissenschaftlichen Theorie der Maschinerie ausgemacht werden können. Joerges diskutiert in diesem Zusammenhang einige Aspekte der Marxschen Betrachtungsweise, wobei an dieser Stelle insbesondere das Verständnis von Technik als Akt der Entkörper-lichung, mit anderen Worten das Verständnis von Technik als Vergegenständlichung interessiert.

Dieser zuletzt genannte soziologische Begriff wirkt erst einmal befremdlich. Seine Be-deutung im Rahmen einer Sozialtheorie der Technik wird jedoch einleuchtender, wenn man ihn abgrenzt und von anderen konzeptionellen Ansätzen der sozialwissenschaftli-chen Technikforschung unterscheidet.

Eine für dieses Vorhaben hilfreiche typologische Differenzierung entwickelt Ingo Schulz-Schaeffer (2000). Ausgehend von der Frage nach dem Sozialen an der (Sach)Technik, benennt Schulz-Schaeffer zwei prinzipielle, sich ergänzende

77 „Indeed, the ability or inability of societies to master technology, and particularly technologies that are strategically decisive in each historical period, largely shapes their destiny, to the point where we could say that while technology per se does not determine historical evolution and social change, technology (or the lack of it) embodies the capacity of societies to transform themselves, as well as the uses to which

keiten von Sozialtheorie im Umgang mit Technik: Zum Einen die so genannte Enact-ment Perspektiveund zum anderen die bereits erwähnte Vergegenständlichungsperspek-tive, die möglicherweise Erklärungspotential für den erkannten strukturellen Zusam-menhang bietet78.

Schulz-Schaeffers Unterscheidung und Argumentation kurz zusammengefasst: Die Enactment (durch Handeln zur Wirkung bringen) Perspektive folgt in gewissem Sinne dem Mainstream soziologischer Theoriebildung, wonach nur soziale sinnhafte Ereignis-se einer soziologischen Betrachtung zugänglich sind. Sachtechnische Artefakte werden somit zunächst einmal als bloße außersoziale Phänomene diskutiert und der Umwelt sozialer Systeme zugeteilt. Das materielle Artefakt selbst hat also keine soziale Bedeu-tung. Erst der Umgang mit ihm macht es zu einem relevanten sozialen Faktor, erst als Gegenstand des Handelns wird es gesellschaftlich bedeutsam. Auf den Vorteil dieser Sichtweise werde ich an späterer Stelle noch zu sprechen kommen.

Hingegen widmet sich die Vergegenständlichungsperspektive der Struktur der Sachen selbst und wehrt sich gegen eine derartige Exkommunikation technischer Artefakte.

Sachtechnik wird als eine besondere gegenständliche Form der Verfestigung des Sozia-len aufgefasst beziehungsweise als Substitution von Handlungsabfolgen. Ein erstes alltägliches Beispiel ist die Ampel, welche die Tätigkeit des Verkehrspolizisten ersetzt, der selbst wiederum bei Ausfall der Technik einspringen kann (vgl. Schulz-Schaeffer 2000). Ein weiteres Beispiel, das, durch die Arbeiten des US-amerikanischen Technik-forschers Langdon Winner, in der techniksoziologischen Diskussion sehr prominent geworden ist, sind die „bridges over the park ways on Long Island, New York“ (vgl.

Winner 1986)79. Diese in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebauten Brücken ver-deutlichen die Bedeutung vergegenständlichter Sozialstruktur in technischen

78 Zwar glaubt Schulz-Schaeffer, dass sich die meisten der von ihm diskutierten techniksoziologischen Ansätze einer der beiden Richtungen zuordnen lassen (vgl. Schulz-Schaffer 2000, S. 10), dennoch unter-scheidet er noch eine dritte Theorieperspektive, die von ihm als „techniksoziologischen Holismus“ be-zeichnet wird. Dieser Sichtweise ordnet er Autoren wie Bruno Latour oder Michel Callon zu. Sie lässt sich insofern als holistisch bezeichnen, als sie weder versucht Subjekt und Objekt gegeneinander auszuspielen, noch darauf aus ist, eine der beiden Seiten zu ignorieren. Anstelle dessen werden Prozesse der Technisie-rung ausgehend von drei zentralen Theoriebausteinen untersucht: Einem generalisierenden Symmetrie-prinzip, einem Übersetzungsvokabular als symmetrischer Beschreibungssprache und dem Mechanismus des Netzwerkbildens durch Übersetzung (vgl. Schulz-Schaffer 2000, S. 105). Die zum Verständnis dieser Perspektive sicherlich notwendige genauere Beschreibung würde den Rahmen an dieser Stelle sprengen.

79 Joerges zählt das Brückenbeispiel zu einem „festen Bestandteil der technik- und stadtsoziologischen Folklore“ und da auf dessen „Wanderung durch die Literatur“ immer auch unterschiedliche Deutungen und Interpretationen mit einfließen, erkennt er in dieser Wanderung einen „besonders schöne[n] Fall von Stille-Post-Spielens“ (Joerges 1999, S.46). Inwiefern mit dem Bau der Brücken eine soziale Distinktions-absicht verfolgt wurde, so Joerges, ist zweifelsfrei nicht bestimmbar. Klar ist jedoch, die Anzahl der in dem Beispiel von Winner beschriebenen Brücken (some two hundred or so) wird wohl von der Anzahl der techniksoziologischen Geschichten, in denen diese Brücken auftauchen, übertroffen.

ments besonders eindrücklich. Niedrig gebaut, scheinen sie bei der Durchfahrt zunächst einmal nicht besonders aufzufallen. Winner zeigt jedoch den sozialen Zweck dieser niedrigen Bauweise auf. So ermöglicht die geringe Bauhöhe den öffentlichen Nahver-kehr (und damit sozial schwache Bevölkerungsteile) fern von den parallel zu den Brü-cken verlaufenden exklusiven Stränden von Jones Beach und den zubringenden Park-ways zu halten. Die Brücken sind somit ein besonders einleuchtendes Beispiel dafür, wie spezifisch soziale Effekte (bewusst erzielt und) in ein technisches Artefakt gelegt, ver-gegenständlicht werden.

Mit dieser Sichtweise auf soziale und sachtechnische Zusammenhänge lässt sich die starke Verbindung beider Dimensionen begründen. Möglicherweise biete das Verge-genständlichungskonzept weiteres Erklärungspotential für die strukturelle Isomorphie aus Conway’s Law, hier mögen zukünftige Forschungsarbeiten ansetzen.

Ohne Zweifel erhält das in dieser Arbeit entwickelte Entsprechungsverhältnis jedoch ein starkes Argument: Warum sollte ein vorweg soziales Problem nun zum außersozialen Phänomen degradiert werden? Mehr noch: Die Objektivation sozialer Strukturen und Prozesse in materielle Artefakte sind ebenso eine Kategorie sozialer Tatbestände wie die immateriellen, institutionalisierten Verhaltensregeln und -zwänge, und wenn es nicht gelingt, die in den technischen Artefakten verborgenen geronnenen sozialen Strukturen zu entdecken, so können im Zuge zunehmender gesellschaftlicher Technisierung sozio-logische Zusammenhänge nur noch unvollständig in den Blick genommen werden. Dem Verhüllungseffekt von technischen Strukturen (vgl. Heintz 1995) ist man somit gewis-sermaßen auf den Leim gegangen.

Gedanklich knüpft man damit durchaus bei den soziologischen Klassikern an, hier schließt sich das tiefergehende einende Band. Schulz-Schaeffer nennt zunächst Hans Linde, der den sozialen Stellenwert profaner Artefakte in seinen Arbeiten (wieder) zu-rückgewinnen möchte und deren Bedeutung als Grundkategorie soziologischer Analyse betont, exemplarisch als charakteristischen Vertreter der Vergegenständlichungsperspek-tive. Linde wiederum ist sich einer tieferen gedanklichen Tradition bewusst und benennt Emile Durkheim und Karl Marx, die, bezogen auf die allgemeine Soziologie, ein ähnli-ches Unterfangen angingen. Waren für Durkheim sowohl gesellschaftlich incentivierte Handlungsmuster beziehungsweise rechtliche und soziale Normen als auch Artefakte wie Wohnstätten, Verkehrsmittel oder Kleider „typisch verfestigte oder kristallisierte Arten gesellschaftlichen Handelns“ und damit hinsichtlich sozialer Normierung

prinzi-piell erst einmal ununterscheidbar, so schrieb auch Marx den Produkten gesellschaftli-cher Tätigkeit zugleich einen soziologisch relevanten Rang zu. Mehr noch:

„Für Marx im historischen Materialismus und für Durkheim in seinen >Regeln…< sind die

>zur sachlichen Gewalt über uns konsolidierenden Produkte< (so Marx) oder die >typisch verfestigten oder kristallisierten Arten gesellschaftlichen Handelns< (so Durkheim) der Ort des günstigsten Zugangs zur Dimension des Sozialen überhaupt. Hier biete sich der For-schung methodisch die feste Basis, von der aus es schließlich möglich sein werde, auch die

>mehr fließenden und flüchtigeren Realitäten< (Durkheim) der soziologischen Einsicht zu erschließen“ (Linde 1982, S. 2f.).

Damit schließt sich der dieser Arbeit zugrundeliegende Argumentationsgang, wurde doch eingangs versprochen, den Blick auf die Technik selbst zu richten. Das was bei Schulz-Schaeffer als erster Nachteil der Vergegenständlichungsperspektive genannt wird, Probleme der Entgrenzung der Kategorie des Sozialen (vgl. Schulz-Schaeffer 2000, S. 13), ist an dieser Stelle das eigentlich Spannende und was sich in Teilen als akademische Trockenübung ausweist, gewinnt im Rahmen der Kernidee dieser Arbeit an Bedeutung.

Fasst man das Kapitel 3 noch einmal kurz zusammen, so lässt sich folgendes festhalten:

Angenommen wurde zwar kein genetischer Technikdeterminismus, die Informations-technologie folgt indes schon einer recht eindeutigen Entwicklungslogik und weist in ihrer spezifischen Form immer strukturelle Ähnlichkeit zu sozialen und organisationalen Strukturen auf. Bei Manuel Castells wird dies entlang des Netzwerkbegriffs diskutiert.

Die Informatisierungstheorie systematisiert diesen homonymen Sprachgebrauch, be-stärkt diesen Verweisungszusammenhang und weist, basierend auf dem Informationspa-radigma, auf verschiedene Ebenen der Doppelung von sozialer und technischer Struktur hin. Schließlich zeigt Conway’s Law auf, dass sich diese Doppelung bis in den innersten Kern technischer und organisatorischer Strukturen zurückverfolgen lässt, man gar von einer Spiegelung sozialer Strukturen in der Systemarchitektur sprechen kann. Die Ar-gumentation lässt sich entlang einer Unterscheidung, die der bereits erwähnte Langdon Winner trifft, aufspannen:

„Arguments to the effect that technologies are in some sense inherently political have been advanced in a wide variety of contexts, far too many to summarize here. My reading of such notions, however, reveals there are two basic ways of stating the case. One version claims that the adoption of a given technical system actually requires the creation and maintenance of a particular set of social conditions as the operating environment of that system. […] In

this conception some kinds of technology require their social environments to be structured in a particular way in much the same sense that an automobile requires wheels in order to move. The thing could not exist as an effective operating entity unless certain social as well as material conditions were met. The meaning of ‚required‘ here is that of practical (rather than logical) necessity~ Thus, Plato thought it a practical necessity that a ship at sea have one captain and an unquestionably obedient crew.

A second, somewhat weaker, version of the argument holds that a given kind of technology is strongly compatible with, but does not strictly require, social and political relationships of a particular stripe“ (Winner 1986, S. 38).

Und in diesem Sinne soll im Folgenden nicht allein von der zweiten Leseweise ausge-gangen werden, also von einem Kompatibilitäts- und Entsprechungsverhältnis, sondern stärker noch von der Annahme, dass eine Service Oriented Architecture nur entstehen kann, wenn sich die soziale Organisation auf einer Mikroebene selbst ändert. Im an-schließenden Kapital wird auf diesen Zusammenhang genauer eingegangen.