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Chromatische Induktion und Kirschmanns viertes Gesetz

Im Dokument bei Normal- und Glaukomprobanden (Seite 19-22)

2 E INLEITUNG

2.6.3 Chromatische Induktion und Kirschmanns viertes Gesetz

1891 schrieb August Kirschmann bereits „Ueber die quantitativen Verhältnisse des simultanen Helligkeits- und Farben-Contrastes“ (Kirschmann, 1891). In seinem vierten Gesetz beschreibt er, dass der empfundene Kontrast zwischen einer Farbe und einem Grau derselben Helligkeit von der Sättigung der Farbe abhängt. Er steigt mit steigender Sättigung der Induktionsfarbe. Dieser Zusammenhang ist jedoch nicht proportional. Die Kontraststeigerung verliert mit steigender Sättigung an Ausmaß. Kirschmann vermutete

einen logarithmischen Zusammenhang (Kirschmann, 1891). Weiter schreibt er, dass ein simultaner Farbkontrast am stärksten ist, wenn die Helligkeit gleich oder ähnlich ist und dass der Kontrast zweier Farben am größten ist, wenn die beiden Farben einen mittleren Sättigungsgrad haben. (Kirschmann, 1891).

Die Art der Beziehung zwischen simultanem Farbkontrast und Sättigung der Induktionsfarbe wurde mittels verschiedener Messmethoden 2012 untersucht. Zwei der vier Messmethoden erbrachten ein ähnliches Ergebnis wie die Beobachtungen von Kirschmann. Die anderen beiden zeigten einen eher linearen Zusammenhang auf. Daraus wurde geschlussfolgert, dass die Art des Zusammenhanges zwischen steigendem Simultankontrast und steigender Sättigung der Induktionsfarbe von der Messmethode abhängig ist (Bosten & Mollon, 2012).

Der Crispening Effekt nach Takasaki besagt, dass ähnliche Farben leichter voneinander zu unterscheiden sind, wenn sie von einer, zu den Zielfarben ähnlichen Hintergrundfarbe umgeben sind. Die wahrgenommene Farbdifferenz zwischen ähnlichen Farben steigt also auf einem ebenfalls ähnlichen Hintergrund, verglichen mit einem Hintergrund der nicht dem Farbton der Zielfarben ähnelt (Takasaki, 1967), (Ekroll & Faul, 2012), (Whittle, 1992). Whittle geht davon aus, dass die neuronale Rückantwort größer ausfällt, wenn die Leuchtkraftdifferenz klein ist, weil diese weniger an die Leuchtkraft an sich, als an die Leuchtkraftdifferenz gekoppelt ist, wenn diese klein ist. Darin findet er die Erklärung für den Crispening Effekt (Whittle, 1992).

Der Expansions Effekt der Farbskala nach Brown und MacLeod beschreibt eine Abhängigkeit der Farbwahrnehmung von der Varianz der umgebenden Farben im Gegensatz zu einer einfarbigen Umgebung. Damit stellt dieser Effekt eine Erweiterung des Simultankontrast-Effektes dar. Die gesteigerte Farbvarianz des Hintergrundes, bei gleichem mittleren Farbton, der eine Zielfarbe umgibt, erzeugt in der wahrgenommenen Sättigung und dem empfundenen Farbkontrast eine Verschiebung in Richtung Komplementärfarbe. Ähnliche Farben vor solch einem Hintergrund sind also schwerer voneinander zu unterscheiden. (Brown & MacLeod, 1997), (Ekroll & Faul, 2012). Sechs Zielfarben, alle mit 50 % Grauanteil, wurden in dem Experiment in einen bunten, kontrastreichen Hintergrund mit großer Farbvarianz, eingebettet. Allen Einzelfarben hatten jedoch ebenfalls 50 % Grauanteil Die Zielfarben erschienen wie sechs sehr ähnliche, ausgewaschene Grauabstufungen. Wohingegen dieselben sechs Farben vor einem einfarbigen Hintergrund mit 50 % Grauanteil sehr viel kontrastreicher erschienen

und eine erweiterte Farbskala der wahrgenommenen Farben erzeugten (Brown &

MacLeod, 1997). Dementsprechend wirken Farben, die von einem einfarbigem, kontrastarmen Hintergrund umgeben sind sehr viel lebendiger und farbintensiver als vor einem bunten, kontrastreichem Hintergrund mit gleichem mittleren Farbton (Brown &

MacLeod, 1997), (Ekroll & Faul, 2012). Die Farbempfindung hängt also neben dem Farbton der Hintergrundfarbe auch von der Farbvarianz um die Hintergrundfarbe ab (Brown & MacLeod, 1997), (Ekroll & Faul, 2012).

Die 2012 veröffentliche Studie von Ekroll und Faus bekräftigt die Vermutung, dass der Mechanismus des Simultankontrastes derselbe ist, der dem Crispening Effekt und auch dem Expansions Effekt der Farbskala zugrunde liegt. Damit besagt diese Hypothese, dass die Richtung des Simultankontrast-Effektes durch den Vektor von Hintergrund- und Zielfarbe und nicht wie bisher angenommen von der Komplementärfarbe des Hintergrundes bestimmt wird. Und dass die Stärke des Simultankontrast-Effektes von der Differenz der Ziel- und Hintergrundfarbe abhängt. Dies widerspricht Kirschmanns viertem Gesetz (Ekroll & Faul, 2012).

Ihre Vermutung war, dass der Simultankontrast als lokaler Mechanismus größtenteils aufgehoben werden kann, wenn die beiden Farben des Hintergrundes und des Ziels voneinander abgegrenzt werden. Hierzu wurde um das kreisförmige Ziel ein schwarzer Ring gezogen und somit von dem Hintergrund getrennt. Damit sollte der nicht lineare Zusammenhang des Crispening Effektes verschwinden, aber der lineare Zusammenhang der von Kries Adaptation bestehen bleiben. Die Ergebnisse des Experimentes deuten darauf hin, dass der Effekt eines einfarbigen Hintergrundes auf die wahrgenommene Zielfarbe von zwei Mechanismen abhängt. Entscheidenden Einfluss hat der lokale Kontrast der beiden Farben und entspricht somit dem was bisher als Mechanismus des Simultankontrastes definiert wurde. Der zweite zugrundeliegende Mechanismus ist unabhängig von lokalem Kontrast und beruht auf der von Kries Adaptation (Ekroll &

Faul, 2012).

Johannes von Kries beschrieb 1909 eine Farbenumstimmung durch eine dauerhafte Belichtung mit einer bestimmten Farbe. Diese Farbe verliert bei längerer Betrachtung an Helligkeit und Sättigung und anders herum erscheint ein farbloses Licht in etwa in der Komplementärfarbe des Lichtes, das die Umstimmung erzeugt hat. Er beschreibt auch, dass die Vielfältigkeit der menschlichen Empfindungen die der verschieden farbigen Lichtreize übersteigt, weil zum Beispiel ein homogenes Blau an einer gelbermüdeten

Stelle eine sehr viel gesättigtere Blauempfindung erzeugt, die an einer nicht belichteten Stelle gar nicht ausgelöst werden kann (Von Kries, 1909).

2017 wurde eine Studie veröffentlicht, die die chromatische Induktion bei Farbtafeln mit farbigem Zentrum und anders farbigem Hintergrund untersuchte. Verglichen wurden Farbtafel-Paare mit jeweils einem gleichfarbigen Zentrum und unterschiedlich farbigem Hintergrund. Die Hintergrundfarbe beeinflusste die wahrgenommene Farbe des Zentrums und sorgte dafür, dass gleichfarbige Zentren unterschiedlich wahrgenommen wurden. Die größte wahrgenommene Farbdifferenz zwischen zwei exakt gleichfarbigen Zentren wurde erzeugt, wenn die Zentrumsfarbe auf der Farbverbindungslinie der beiden Hintergründe lag. Je weiter der Abstand der Zentrumsfarbe von dieser Verbindungslinie war, desto weniger groß erschien der Farbunterschied der gleichfarbigen Zentren (Ratnasingam & Anderson, 2017).

Im Dokument bei Normal- und Glaukomprobanden (Seite 19-22)