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Charakterisierung der PMMA-Schichten

7 Diskussion

7.7 Charakterisierung der PMMA-Schichten

In Abschnitt 6.1.2 wurde die Herstellung dünner PMMA-Schichten nach dem PLD-Verfahren beschrieben. Der exakte Ablationsprozess bei der Bestrahlung von PMMA ist unklar. Die Energie von Lichtquanten der Wellenlänge 248 nm liegt mit 5 eV im Bereich der kovalenten Bindungsenergie der Makromoleküle. In der Literatur wird daher ein photochemischer Pro-zess vorgeschlagen [188]. Die Energie der Strahlung wird auf Atombindungen übertragen, die auf energetisch höhere Niveaus angeregt werden [189]. Zerfallen diese angeregten Zustände in einem einzigen Schritt, so können Bindungen brechen, was zur Dissoziation von Ketten-bruchteilen führt.

Die Zusammensetzung der Plasmakeule und des deponierten Materials deutet aber auch auf einen thermischen Prozess hin [190, 191]. Angeregte Atombindungen zerfallen dabei über mehrere Zwischenschritte. Die eingestrahlte Energie wird in Form von Schwingungen als

Wärme auf das PMMA-Target übertragen. Die Oberfläche heizt sich innerhalb weniger Nanosekunden so stark auf, dass thermische Zersetzung einsetzt. Diese Vermutung wird durch die Beobachtung gestützt, dass als Hauptbestandteil in der Plasmakeule Methylmeth-acrylat-Moleküle identifiziert wurden, die beim Auftreffen auf das Substrat neu polymeri-sieren [192]. Die Frage, ob es mit dem PLD-Verfahren gelingt, die Polymerstruktur auf die Doppel-Paddel Oszillatoren zu übertragen, ohne die Moleküle dabei fundamental zu verän-dern, erscheint vor diesem Hintergrund berechtigt. Daher werden in den folgenden Abschnit-ten die strukturellen EigenschafAbschnit-ten der SchichAbschnit-ten mittels FTIR, die Abhängigkeit des Glas-übergangs von der Kettenlänge und die thermischen Eigenschaften der so hergestellten Schichten diskutiert.

7.7.1 Strukturelle Eigenschaften von PMMA (FTIR)

Mit der in Abschnitt 3.3 beschriebenen FTIR-Spektroskopie lassen sich Informationen über die chemische Struktur von Polymeren gewinnen. Ist die Energie des durchstrahlenden Lich-tes gerade so groß, dass eine intramolekulare Eigenschwingung angeregt wird, so beobachtet man bei dieser Wellenlänge in Transmission eine deutlich verminderte Intensität.

Wellenzahl Zuordnung / Absorptionskante

2993 cm-1a) CH3-O und (νa) CH2

2950 cm-1s) CH3-O, (νa) α-CH3, (νs) α-CH3 und (νs) CH2

1729 cm-1 (ν) C=O

1452 cm-1 (δ) CH2

1438 cm-1s) CH3-O

1386 cm-1s) α-CH3

1268 cm-1 bis 1238 cm-1

a) C-C-O gekoppelt mit (νa) C-O 1191 cm-1

bis 650cm-1

Skelett-Valenzschwingungen gekoppelt mit inneren CH-Deformationsschwingungen

987 cm-1r) CH3-O gekoppelt mit Skelett-Valenzschwingungen 752 cm-1r) CH2 gekoppelt mit Skelett-Valenzschwingungen

Tabelle 7.3: Schwingungsbanden in ataktischem PMMA nach Dechant [193]. Die Bezeichnungen der Schwin-gungen bedeuten: νs/a – symmetrische / antisymmetrische Streckschwingung, δ – Deformationsschwingung (Än-derung des Valenzwinkels) und γ – Deformationsschwingung (aus der Molekülebene heraus).

In Tabelle 7.3 ist die Position der wichtigsten Absorptionsbanden von PMMA, bezüglich der in der Literatur üblichen Wellenzahl, dargestellt [193]. Die Wellenzahl ist dabei der Reziprok-wert der Wellenlänge. Abbildung 7.17 zeigt IR-Spektren von drei verschiedenen PMMA-Pro-ben. Die Daten werden zur übersichtlicheren Darstellung normiert und abzüglich einer Unter-grund-Basislinie dargestellt.

3000 2500 2000 1500 1000

3000 2500 2000 1500 1000

PMMA auf Al

Transmission [arb. units]

Wellenzahl ν (cm-1)

PMMA-Literatur (ν) CH3

(ν) CH2

(ν) C=O (δ) CH2 (δ) CH

3-O

(νa) C-C-O (ν) C-O

DPO14 Tmax = 570 K

(δs) α-CH3

1

2 3

4

5

Abbildung 7.17: IR-Spektrum des PMMA Targets (schwarz) mit Bezeichnung der Absorptionsbanden nach Dechant [193], eines laserdeponierten PMMA-Films direkt nach der Herstellung (blau) und des PMMA-Films auf DPO 14 nach Beendigung der mechanischen Messungen und einer maximal erreichten Temperatur von 570 K (rot). Signifikante Unterschiede zwischen den Spektren treten bei den eingezeichneten gestrichelten Hilfslininen (1) bis (4), sowie im Bereich kleiner Wellenzahlen (5) auf.

In schwarz eingezeichnet ist das Spektrum von ataktischem PMMA, wie es als Target ver-wendet wird. Wegen experimentellen Schwierigkeiten bei der Messung des Massivmaterials wird dieses Spektrum der Literatur entnommen [193]. Blau eingetragen ist das Spektrum ei-nes auf Aluminiumfolie laserdeponierten Films direkt nach der Herstellung. Offensichtlich

gibt es eine eins-zu-eins Korrespondenz der Banden, was auf eine chemisch intakte Schicht hinweist. Geringe Unterschiede in der Absorption einzelner Banden können mit dem Verlust oder der Modifikation von Seitengruppen, beispielsweise durch Vernetzung, erklärt werden.

Die rote Kurve zeigt das Spektrum der auf DPO 14 deponierten Schicht nach Beendigung al-ler mechanischen Messungen. Diese Schicht hat ein umfangreiches Temperaturprogramm durchlaufen und wurde bis auf 570 K aufgeheizt (Tabelle 6.1). Bei dieser roten Kurve sind signifikante Änderungen zu beobachten, auf die in Abbildung 7.17 durch die von (1) bis (5) nummerierten Markierungen hingewiesen wird. Der Absorptionsverlust der CH3- und CH2 -Streckschwingung (1) könnte auf eine Abspaltung von Seitengruppen hinweisen. Eine andere Interpretation ist, dass es Vernetzungen an diesen Seitengruppen gibt. Eine solche chemische Reaktion könnte auch zur Bildung einer neuen Absorptionslinie bei 1600 cm-1 führen (2), die sich in der blauen Kurve andeutet, im Spektrum des Targets aber überhaupt nicht zu sehen ist.

Auch an der größeren, in Abbildung 6.1 blau markierten Seitengruppe gibt es Veränderungen.

Die Intensität der Absorptionsbanden von Atomschwingungen, an denen Sauerstoff beteiligt ist (3) und (4) geht deutlich zurück. Von fundamentaler Bedeutung sind auch die Veränderun-gen im Bereich kleiner Wellenzahlen (5). Da die hier lieVeränderun-genden Resonanzen vornehmlich durch Skelett-Valenzschwingungen des Polymer-Backbones verursacht werden, lässt die Ver-ringerung der Intensität dieser Linien darauf schließen, dass der Backbone wenn nicht zer-stört, so doch deutlich beschädigt, oder aber durch entstandene Vernetzungen in seinen Schwingungen stark eingeschränkt ist. Dafür spricht auch der Verlust der CH2 -Streck-schwingung bei der Wellenzahl 1452 cm-1.

7.7.2 Abhängigkeit der Glastemperatur von der Kettenlänge

Die Glasübergangstemperatur Tg eines Polymers hängt von seiner Kettenlänge ab. Hinter die-ser lange bekannten Beobachtung steht die Annahme, dass der Beitrag von Endstücken von Molekülketten zum gesamten freien Volumen deutlich größer ist, als der von Kettensegmen-ten [194]. Ausgehend von einer empirischen Beziehung von Fox und Flory [194] haben O´Driscoll und Sanayei [195] für PMMA folgenden Zusammenhang gefunden:

3

Dabei ist Xn die durchschnittliche Anzahl an Monomeren in einer Molekülkette und Tg,∞ der asymptotische Wert für die Glasübergangstemperatur bei sehr langkettigen Molekülen. Zur Bestimmung der Parameter in Gleichung (7.14) haben die Autoren PMMA durch katalytische Polymerisation mit unterschiedlicher Kettenlänge hergestellt. Der Glasübergang wurde diffe-rentialkalorimetrisch bei einer Heizrate von 25 K/min bestimmt. Aus den Messwerten ergeben sich mit Kurvenanpassung an Gleichung (7.14) die Parameter Tg,∞ = 386 K und K = 353. Die durchgezeichnete Kurve in Abbildung 7.18 zeigt den Zusammenhang nach Gleichung (7.14) mit den angegebenen Parametern.

10 100 1000 10000

260

Abbildung 7.18: Abhängigkeit der Glasübergangstemperatur von der PMMA-Kettenlänge.

Geht man davon aus, dass das ataktische PMMA-Ausgangsmaterial für die im Rahmen dieser Arbeit hergestellten Filme eine Kettenlänge Xn zwischen etwa 2000 und 4000 aufweist, so müsste der Glasübergang nach Gleichung (7.14) bei 385 K (rot gepunktete Linien) liegen. In den laserdeponierten Filmen ist die Kettenlänge auf etwa 50 Monomereinheiten verkürzt, was durch Messungen mittels Größenausschlusschromatographie (SEC) [196] nachgewiesen wur-de. Tg wird dadurch um rund 25 K zu niedrigeren Temperaturen verschoben (blau gepunktete Linien).

7.7.3 Thermische Eigenschaften von PMMA

Bei einer Heizrate von 20 K/min wurde der Glasübergang an PMMA-Ausgangsmaterial diffe-rentialkalorimetrisch (DSC) mit einem Perkin Elmer TGA 7 Gerät zu 387 K bestimmt [159, 196]. Wegen der geringen Menge an zur Verfügung stehendem Schichtmaterial ist eine ver-gleichende Messung nicht möglich. Allerdings steht mit Gleichung (7.14) eine Möglichkeit zur Verfügung, Tg für PMMA zu berechnen, das in der Schicht eine Kettenlänge von Xn = 50 aufweist, während eine Kette im Ausgangsmaterial aus 2000 bis 4000 Monomereinheiten besteht. Wie in Abbildung 7.18 skizziert, ist Tg für die Schicht um rund 25 K kleiner als im Ausgangsmaterial und müsste daher bei etwa 362 K liegen.

Erhitzt man Polymere stark, beginnen sie sich zu zersetzen. Der damit verbundene Massever-lust lässt sich thermogravimetrisch (TGA) bestimmen. Dabei wird die Probe unter Inertgas mit einer Heizrate von 20 K/min erhitzt und mit einer empfindlichen Waage fortwährend ihre Masse bestimmt. Im PMMA Ausgangsmaterial beginnt der Masseverlust bei etwa 513 K. Er ist bei 723 K abgeschlossen. Im Schichtmaterial dagegen beginnt die Gewichtsabnahme schon bei 473 K. Bei 673 K sind noch etwa 20 % des Materials vorhanden, allerdings verlangsamt sich der Gewichtsverlust hier stark. Erst bei Temperaturen größer als 853 K kann kein PMMA Film mehr nachgewiesen werden [159, 196].

7.7.4 Veränderungen in der Schicht bei hohen Temperaturen

Resultate aus unterschiedlichen Experimenten deuten darauf hin, dass sich die Schichten bei isothermer Auslagerung bei hohen Temperaturen irreversibel verändern. So hat Süske [159]

eine sukzessive Zunahme der Vickershärte bei Raumtemperatur festgestellt, nachdem die Pro-ben vorher bei zunehmend höheren Temperaturen ausgelagert worden sind. Bei den DPO-Ex-perimenten verschiebt sich die für DPO 14 und DPO 16 in Abbildung 6.5 gezeigte Resonanz-frequenz in Abhängigkeit von der erreichten Maximaltemperatur zu kleineren negativen Wer-ten, was einer Zunahme des Schermoduls entspricht (siehe auch Abschnitt 7.8.1).

In Kapitel 6.3.3 sind isotherme Messungen sowohl der Frequenz, als auch der Dämpfung bei der Schicht auf DPO 14 für drei verschiedenen Temperaturen vorgestellt. Qualitativ ist in bei allen Temperaturen eine Zunahme des Schermoduls der Schicht und der Dämpfung zu beob-achten. Im Verlauf der jeweils etwa 30 Stunden dauernden Experimente ist für beide Größen eine Sättigung zu erkennen.

Die Veränderungen sind signifikant, und wurden auch in PMMA-Kompaktmaterial beobach-tet. Sane und Knauss [197] weisen auf starke Effekte durch physikalische Alterungsprozesse hin. Die mikroskopischen Ursachen dafür sind allerdings unklar und konnten auch im Rah-men dieser Arbeit nicht abschließend geklärt werden. Allerdings gibt es zwei Interpretations-möglichkeiten Es könnte sein, dass in Abhängigkeit von der Auslagerungstemperatur ver-schiedene Relaxationsprozesse in der Schicht angeregt werden. Dabei könnte es sich um Bil-dung von Vernetzungen, Reorientierung der Molekülketten, um weitergehende Polymerisa-tion oder auch um Verdampfen kurzkettiger Moleküle oder Fragmente handeln. Ebenso denk-bar ist, dass all diese Prozesse bei den drei Auslagerungstemperaturen parallel stattfinden (alle drei Temperaturen sind oberhalb von Tg gewählt), allerdings nicht vollständig ablaufen. Viel-mehr steigt die erforderliche thermische Energie mit zunehmendem Fortschreiten dieser Vor-gänge.