• Keine Ergebnisse gefunden

3.1 Charakterisierung der Ausgangsstämme

3.2.5 Charakterisierung der Rekombinanten

Mehrere Versuche mit dem Vektor pPHB659 eine gyrA-Dreifachmutante (Mutationskombination aus dem Impfstamm) herzustellen schlugen fehl. Die nach der homologen Rekombination entstandenen Stämme enthielten zwar alle die Kanamycinresistenz-Kassette, aber keine der einzukreuzenden gyrA-Mutationen. Die Integration der Kanamycinresistenz-Kassette konnte über die Screening-PCRs nachgewiesen werden (Abbildung 3-15). Es konnte ebenfalls über PCR gezeigt werden, dass der Vektor eliminiert wurde. Es lagen also weder Cointegrate noch plasmidtragende Stämme vor. Eine Überprüfung des Plasmides pPHB659 auf das Vorhandensein der Dreifachmutation über DNA-Sequenzierung brachte wiederholt ein positives Ergebnis. Der für die homologe Rekombination eingesetzte Vektor besaß alle Mutationen. Trotz dreimaliger Wiederholung des Rekombinationsversuches konnten die Mutationen nicht in das Chromosom eingekreuzt werden bzw. ein Stamm mit den drei gyrA-Mutationen nicht selektiert werden.

Als alternativer Versuch wurde die homologe Rekombination mit dem phagengenbasierten System wie oben beschrieben mit einen Fragment aus pPHB659 (nach NotI und SalI Restriktionsspaltung) durchgeführt. Dieser Versuch ergab ebenfalls positive Rekombinanten, d.h. es erfolgte ein Einkreuzen der Kanamycinresistenz-Kassette. Eine Selektion eines Stammes, welcher alle drei Mutationen in das Chromosom eingekreuzt hat, war aber auch mit dieser Strategie nicht möglich. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Rekombination vor den gyrA-Mutationen stattfindet. Eine Rekombination irgendwo im gyrA-Gen hinter den Mutationen ist aufgrund der Länge des homologen Bereiches zwar viel wahrscheinlicher, wenn aber eine Gyrase mit einer Dreifachmutation weniger aktiv und die Zelle damit eingeschränkt oder gar nicht lebensfähig ist, können nur die Zellen selektiert werden, wo die Rekombination vor den Mutationen stattgefunden hat.

Somit ließen sich nur Zellen selektieren, wo zwar eine Integration der Kanamycinresistenz-Kassette aber kein Einkreuzen der Mutationen erfolgt war.

3.2.5.1 Bestimmung der Fluorchinolon-MHK-Werte

Ein Hauptschwerpunkt der Arbeit war es herauszufinden, ob bzw. welche der gyrA-Mutationen bei den Mutanten Nal2ori und Nal2passage für die reduzierten Empfindlichkeiten gegenüber Fluorchinolonen verantwortlich sind. Weiterhin sollte eine mögliche Rolle des Aminosäureaustausches W59R im Impfstamm vacT für die Kompensation der erhöhten Fluorchinolon-MHK-Werte untersucht werden. Tabelle 3-21 zeigt die ermittelten MHK-Werte. Als Vergleich wurden die Werte der Ausgangsstämme M415, Nal2ori und vacT mit aufgeführt.

Tabelle 3-21: Minimale Hemmkonzentrationen [µg/ml] ausgewählter Fluorchinolone für die Ausgangsstämme und die Rekombinanten

M415 Nal2ori vacT RM415

RM415-87

RM415-59-87 RM415-75-87

Nalidixinsäure 4 512 32 4 256 64 256

Norfloxacin 0,125 0,5 0,125 0,125 0,5 0,25 0,5

Ofloxacin 0,125 0,25 0,06 0,125 0,5 0,25 0,5

Levofloxacin 0,03 0,125 0,03 0,06 0,25 0,125 0,5 Ciprofloxacin 0,03 0,125 0,03 0,03 0,25 0,06 0,25 Sparfloxacin 0,03 0,125 0,006 0,03 0,125 0,06 0,125 Fleroxacin 0,06 0,5 0,125 0,06 0,5 0,25 1 Pefloxacin 0,125 0,5 0,125 0,125 1 0,5 1

Den Daten der MHK-Wert-Bestimmung ist zu entnehmen, dass alle Rekombinanten mit gyrA-Mutationen erniedrigte Empfindlichkeiten gegenüber Fluorchinolonen zeigten. Der Stamm RM415 diente als Kontrolle. In diesem Stamm war auch eine Integration der Kanamycinresistenz-Kassette erfolgt, aber es wurden keine gyrA-Mutationen eingekreuzt, sondern das Gen des Ausgangsstammes M415 genutzt. Der Kontrollstamm RM415 zeigte die gleichen MHK-Werte wie der Ausgangsstamm M415. So konnte gezeigt werden, dass eine Integration des Selektionsmarkers keine Auswirkungen auf die Empfindlichkeiten gegenüber Fluorchinolonen hat. Erst durch Einführung der gyrA-Mutationen kommt es zu einer Erhöhung der Fluorchinolon-MHKs. Die Mutation an Position 87 erniedrigte die Empfindlichkeit der entsprechenden Mutante gegenüber den meisten untersuchten Fluorchinolonen um zwei bis drei Verdünnungsstufen, gegenüber Nalidixinsäure sogar um sechs Verdünnungsstufen. Die Rekombinante RM415-75-87 mit gyrA-Mutationen an den Positionen 75 und 87 verhielt sich genauso wie RM415-87. Dagegen zeigte Mutante RM415-59-87 eine geringere Erhöhung der MHK-Werte als die anderen beiden gyrA-Rekombinanten. Die Empfindlichkeiten gegenüber den meisten getesteten Fluorchinolone waren nur um ein bis maximal zwei Verdünnungsstufen, gegenüber Nalidixinsäure um vier Verdünnungsstufen erniedrigt. Das heißt, die MHK-Werte der Chinolone für RM415-59-87 lagen im Durchschnitt mindestens eine Stufe unter den Werten für die Rekombinanten

RM415-87 und RM415-75-87. Alle Rekombinanten zeigten aber prinzipiell erhöhte (Fluor)chinolon-MHK-Werte.

3.2.5.2 Komplementationstest mittels eines plasmidcodierten gyrA+

Um den Beweis zu erbringen, dass die eingekreuzten gyrA-Mutationen für die Erniedrigung der Empfindlichkeit der Rekombinanten gegenüber Fluorchinolonen verantwortlich sind, wurde ein Komplementationstest mit einem Wildtyp-Gen von gyrA (gyrA+) durchgeführt (Abschnitt 2.2.1.8). Durch Elektroporation wurden die verschiedenen Stämme mit dem Plasmid pBP517 transformiert. Aufgrund des Dominanzeffekts des plasmidcodierten gyrA+-Gens über ein mutiertes gyrA-Gen ist ein Absinken der MHK-Werte der Fluorchinolone auf das Niveau des Ausgangsstammes M415 zu erwarten. In Tabelle 3-22 sind die Ergebnisse der MHK-Bestimmungen für die Stämme ohne Plasmid, mit Kontrollplasmid pBP507 (ohne gyrA-Gen) und mit Plasmid pBP517 (gyrA+) aufgelistet.

Nach der Einführung eines plasmidcodierten gyrA+-Gens in die Zellen erreichten alle Stämme die MHK-Werte für den Ausgangsstamm M415. Somit konnte gezeigt werden, dass die Erniedrigung der Fluorchinolon-Empfindlichkeiten auf dem Einkreuzen der gyrA-Mutationen durch homologe Rekombination beruhte. Die Kontrollen (Stämme mit Plasmid pBP507) zeigten keine Veränderungen der MHK-Werte im Vergleich zum gleichen Stamm ohne Plasmid.

Tabelle 3-22: Ergebnisse aus dem Komplementationstest für die Rekombinanten im Vergleich zum Ausgangsstamm M415

M415 RM415

RM415-87 RM415-59-87 RM415-75-87

Plasmid - - - pBP 507

pBP

517 - pBP 507

pBP

517 - pBP 507

pBP 517

NDS 4 4 256 256 4 64 128 4 256 256 2

NOR 0,125 0,125 0,5 0,5 0,06 0,25 0,5 0,125 0,5 1 0,125 OFL 0,125 0,125 0,5 0,5 0,25 0,25 0,5 0,125 0,5 0,5 0,125 LEV 0,03 0,06 0,25 0,25 0,06 0,125 0,125 0,06 0,5 0,5 0,06 CIP 0,03 0,03 0,25 0,25 0,015 0,06 0,06 0,03 0,25 0,25 0,03 SPA 0,03 0,03 0,125 0,125 0,06 0,06 0,06 0,06 0,125 0,125 0,06 FLEX 0,06 0,06 0,5 0,5 0,06 0,25 0,25 0,125 1 1 0,125 PEF 0,125 0,125 1 1 0,06 0,5 0,5 0,125 1 1 0,25

3.2.5.3 Bestimmung der DNA-Superspiralisierungsgrade

Eine Untersuchung der DNA-Superspiralisierungsgrade der hergestellten Rekombinanten sollte Aufschluss darüber geben, ob die eingeführten gyrA-Mutationen eine Veränderung des DNA-Superspiralisierungsgrades bewirken. In die rekombinanten Stämme wurden mittels Elektroporation jeweils die Reportergensystem-Plasmide pPHB90 bzw. pPHB91 transformiert, die Luciferaseaktivitäten gemessen und daraus die jeweiligen Qsc-Werte, als Parameter für den DNA-Superspiralisierungsgrad, berechnet (Tabelle 3-23). Zum Vergleich wurde der Stamm SM415-87 aus dem Selektionsversuch (Abschnitt 3.1.5.1) mitgeführt. Abbildung 3-16 zeigt die Qsc-Werte in Prozent von allen untersuchten Stämmen. Dabei wurde der Ausgangsstamm M415 100% gesetzt. Der Superspiralisierungsgrad der Selektionsmutante SM415-87 wich nicht vom Ausgangsstamm M415 ab. In der GyrA-Untereinheit der Selektionsmutante ist die Aminosäure Asparagin an Position 87 gegen Tyrosin ausgetauscht Dieser Aminosäureaustausch bewirkte aber keine relevante Änderung des Superspiralisierungsgrades gegenüber M415. Im Gegensatz dazu zeigte die Rekombinante RM415-87, welche eine Mutation an Codon Aspartat 87 zu Glycin aufweist, einen deutlich reduzierten Qsc-Wert. Die gyrA-Mutante RM415-87 (D87G) besaß einen reduzierten DNA-Superspiralisierungsgrad.

Tabelle 3-23: Daten aus den DNA-Superspiralisierungsmessungen für die Rekombinanten

Stamm spezifische

Aktivität ptopA* spezifische

Aktivität pgyrA* Qsc** Mittelwert

Qsc (± s) Prozent (± s%)

M415 - - - 1,80

(±0,28)

100 % (± 15,5)

3051,54 1494,56 2,04

2045,82 989,30 2,07

SM415-87

2237,00 1316,17 1,70

1,93 (±0,21)

107,22 % (±10,88)

2129,03 1125,91 1,89

2805,81 1826,54 1,54

RM415

2537,26 1537,38 1,65

1,69 (± 0,18)

93,98 % (± 10,65)

1353,47 1616,60 0,84

2332,41 2144,87 1,09

RM415-87

4981,81 4529,66 1,10

1,01 (±0,15)

56,11 % (± 14,85)

2593,87 2224,04 1,17

970,48 1030,08 0,94

RM415-59-87

2179,40 2198,94 0,99

1,03 (±0,12)

57,22 % (±11,65)

1727,48 1427,16 1,21

2244,71 2240,81 1,00

RM415-75-87

2933,63 2780,54 1,06

1,09 (±0,11)

60,55 % (±10,09)

*spezifische Aktivität ptopA bzw. pgyrA = RLU / OD546nm; ** Qsc = spezifische Aktivität ptopA / spezifische Aktivität pgyrA; s = Standardabweichung, s % = relative Standardabweichung

Der Kontrollstamm RM415 zeigte einen sehr ähnlichen Qsc-Wert (ca. 1,7) wie der Ausgangsstamm M415 (ca. 1,8). Unter Berücksichtigung der Standardabweichung konnte gezeigt werden, dass der DNA-Superspiralisierungsgrad des Kontrollstammes RM415 dem des Ausgangsstammes entspricht. Somit spielt die integrierte Kanamycinresistenz-Kassette auch für den Qsc-Wert keine Rolle. Die übrigen Rekombinanten RM415-87, RM415-59-87 und RM415-75-87 zeigten alle die gleiche Reduktion des Qsc-Wertes auf ca. 56-61%. Im Vergleich zum Ausgangsstamm M415 waren alle Superspiralisierungsgrade der Rekombinanten signifikant um fast die Hälfte erniedrigt.

Berücksichtigt man die relativen Standardabweichungen, gab es aber zwischen den untersuchten Rekombinanten sowie Nal2ori und vacT keine signifikanten Unterschiede (siehe Abbildung 3-16).

Abbildung 3-16: Vergleich der Superspiralisierung aller Stämme in Prozent (Ausgangsstamm M415 = 100%) inklusive relativer Standardabweichung

blau: Ausgangsstämme M415, Nal2ori, Nal2passage und Impfstamm vacT; türkis: SM415-87 aus Selektionsversuch; rot: hergestellte Rekombinanten (gyrA-Mutanten)

3.2.5.4 Untersuchungen zum Wachstumsverhalten

Es wurden die Generationszeiten für die Rekombinanten bestimmt, indem die Entwicklung der optischen Dichte über die Zeit gemessen wurde (Abschnitt 2.2.1.4). Ziel war es, die Unterschiede im Wachstumsverhalten der Rekombinanten zueinander und im Vergleich zum Ausgangsstamm M415 zu beurteilen. Es sollte untersucht werden, ob bei den Stämmen das Auftreten der gyrA-Mutationen zu einer Fitnessreduktion bzw. – kompensation, gemessen als Veränderung der Generationszeit, führen würde.

Tabelle 3-24: Wachstumsuntersuchung der Rekombinanten

M415 RM415 RM415-87 RM415-59-87 RM415-75-87

g in min 36 36 38 34 37

g in % 100 100 106 94 103

g = Generationszeit

Die Generationszeiten der Rekombinanten im Vergleich untereinander und mit dem Ausgangsstamm M415 zeigten keine großen Abweichungen. Als Vergleich können die Werte aus Tabelle 3-1 (Abschnitt 3.1.1) und Tabelle 3-15 (Abschnitt 3.1.6) herangezogen werden, in denen die ermittelten Unterschiede zwischen den Stämmen M415, Nal2ori, Nal2passage und vacT dargestellt sind. Dabei zeigte der Impfstamm bei der Bestimmung über die OD-Messung im Vergleich zum Ausgangsstamm eine Verlängerung der Generationszeit um ca. 35% sowie Nal2ori und Nal2passage um ca. 74 bis 90%. Legt man die Ergebnisse der KBE-Bestimmung zugrunde, waren die Werte sogar noch höher.

Die prozentualen Abweichungen von bis zu 6% bei den Rekombinanten liegen im Bereich der methodischen Schwankung der Messung.