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3.1 Charakterisierung der Ausgangsstämme

3.2.1 Überblick über die Systeme zur Rekombination

3.2 Untersuchung der Rolle der im Impfstamm auftretenden gyrA-Mutationen

Aufgrund der Entstehung des Impfstammes durch ungezielte Mutagenese ist das Vorhandensein weiterer unbekannter Mutationen in anderen Genen wahrscheinlich. Diese nicht charakterisierten Mutationen können unbekannte Effekte haben und die Wirkungen der gyrA-Mutationen verändern, so dass die phänotypischen Eigenschaften des Stammes durch das Zusammenwirken verschiedener Komponenten entstehen können. Zur Charakterisierung der Rolle der auftretenden gyrA-Mutationen müssen die Auswirkungen anderer Mutationen ausgeschaltet werden. Um eine Aussage über die genaue Rolle der gyrA-Mutationen im Impfstamm vacT treffen zu können, war es erforderlich, isogene Stämme herzustellen, die lediglich die zu untersuchenden Mutationen tragen.

Das Ziel der Arbeit war es, ausgewählte Mutationen in das gyrA-Gen des Ausgangsstammes M415 einzuführen. Die zu untersuchenden Mutationen sollten einzeln bzw. als Kombination in das gyrA-Gen von M415 eingebracht werden. Dabei sollten die Aminosäureaustausche den Mutationen des Impfstammes vacT entsprechen. Nur mittels solcher hergestellter isogener Stämme, welche ausschließlich die eingeführte(n) gyrA-Mutatione(n) im Vergleich zum Ausgangsstamm enthalten, ist eine Analyse der Rolle der gyrA-Mutationen des Impfstammes möglich. Als Methode zum Einbringen der gewünschten Aminosäureaustausche in den Ausgangsstamm wurde die homologe Rekombination gewählt. Diese Methode ermöglicht es, das Chromosom des Ausgangsstammes in gewünschter Form zu verändern.

Es existieren verschiedene Möglichkeiten homologe Rekombinationen durchzuführen (siehe Abschnitt 2.2.1.10). Mit zwei verschiedenen Methoden konnten im Rahmen dieser Arbeit Rekombinanten hergestellt werden. Dieses Kapitel beinhaltet die Beschreibung der Optimierung und der Ergebnisse aus den einzelnen Versuchen zur homologen Rekombination. Weiterhin wird beschrieben, wie die Rekombinanten selektiert und anschließend auf den Erfolg des Einkreuzens der Mutationen gescreent werden konnten.

Außerdem sind die Ergebnisse aus der Charakterisierung der hergestellten Rekombinanten dargestellt.

3.2.1.1 Insertion eines gyrA-Gens mit Mutationen ins Chromosom von M415

Beide zur homologen Rekombination verwendeten Systeme (über das zelleigene bzw.

über das phagengenbasierte Rekombinationssystem) erzeugten genotypisch das gleiche Ergebnis: In das chromosomale gyrA-Gen des Stammes M415 wurde ein neues konstruiertes gyrA-Gen mit den gewünschten Mutationen eingekreuzt.

Viele Protokolle zur Durchführung der Methode der homologen Rekombination in E. coli [114,180] nutzen das zelleigene Rekombinationssystem „RecABCD“ der Zelle (siehe Abschnitt 2.2.1.10.1). Mit Hilfe der Methode nach Hamilton unter Verwendung von pMAK705-Derivaten konnten bereits früher einige gyrA-Mutanten hergestellt werden [109]. Ein Nachteil bei der Verwendung dieses Plasmides ist, dass nach dem Auskreuzen des Plasmides keine Selektionsmöglichkeit für den Verlust des Plasmides existiert, d.h. es mussten viele Passagen durchgeführt werden, um das Plasmid aus der Zelle zu eliminieren. Das Problem der schwierigen Eliminierung des Plasmides lösten Link et al.

[180] mit der Einführung des Gens sacB aus Bacillus subtilis in den für die Rekombination verwendeten Vektor pKO3. Zur leichteren Klonierung wurde aus dem Vektor pKO3 durch Insertion eines 3kb DNA-Fragmentes (Puffer) zwischen die Schnittstellen NotI und BamHI der Vektor pKOV konstruiert. Weiterhin besitzt dieser Vektor eine Chloramphenicolresistenz-Kassette und einen temperatursensitiven Replikationsursprung.

Der Vektor pKOV wurde im Rahmen dieser Arbeit zur Durchführung der homologen Rekombination als „Rekombinationsvektor“ eingesetzt, um spezielle Aminosäuren in der GyrA-Untereinheit des Stammes M415 auszutauschen. Das gyrA-Gen mit den einzukreuzenden Mutationen wurde dafür komplett (inklusive natürlichen Promotor) in den Vektor pKOV kloniert. Mit diesem Vektor pKOV wurden verschiedene gyrA-Mutanten hergestellt. Die Klonierungsstrategie ist im Abschnitt 3.2.3 und die genaue Durchführung der Methode der homologen Rekombination mit Hilfe des Systems nach Link et al. [180]

mit dem Vektor pKOV in Abschnitt 2.2.1.10.1 beschrieben.

Eine weitere und sehr häufig für eine gezielte Mutagenese des Chromosoms verwendete Methode der sequenzspezifischen Rekombination ist das phagengenbasierte System mit Hilfe des Helferplasmides pKD46 (siehe Abschnitt 2.2.1.10.2). Im Rahmen dieser Arbeit konnte die Methode nach Datsenko und Wanner [66] mit Einsatz des Helferplasmides pKD46 ebenfalls erfolgreich für das Einkreuzen von gyrA-Mutationen in den Stamm S. Typhimurium M415 angewandt werden (siehe Abschnitt 3.2.4.2

)

. Die Durchführung der Methode ist in Abschnitt 2.2.1.10.2 beschrieben.

3.2.1.2 Knock out des chromosomalen gyrA-Gens und Verwendung eines Rescueplasmides

Die Prinzipien der beiden bisher beschriebenen Methoden bestanden darin, das gyrA-Gen im Chromosom als funktionstüchtig zu erhalten und nur in einzelnen Aminosäuren zu verändern. Eine alternative Idee für die Untersuchung der Rolle der gyrA-Mutationen beinhaltete die Strategie, das chromosomale gyrA-Gen auszuschalten (knock out) und ein plasmidcodiertes gyrA in die Zelle einzubringen. Die für die Zelle essentielle Enzymaktivität der Gyrase bliebe also durch dieses Rescueplasmid erhalten. Versuche mit solchen Rescueplasmiden wurden auch bereits in anderen Arbeitsgruppen zur Untersuchung verschiedener Gene genutzt [36,112].

Das Rescueplasmid muss das komplette gyrA-Gen unter der Kontrolle eines funktionierenden natürlichen oder künstlich eingeführten Promotors enthalten. Da es sich bei der Gyrase um ein essentielles Gen handelt, muss dieses Rescueplasmid bereits in der Zelle sein, bevor der knock out des chromosomalen gyrA-Gens durchgeführt werden kann. Um den knock out von gyrA durchzuführen, bietet sich das Red-Rekombinase-System an [66]. Durch eine Insertion der Kanamycinresistenz-Kassette (Selektionsmarker) ist die Expression des Genes nicht mehr möglich. Man nutzt ein PCR-Produkt, welches den Selektionsmarker mit FRT-Sites und an beiden Seiten ca. 50 bp lange homologe Flanken, welche den Ort der Rekombination bestimmen, beinhaltet. Zu beachten ist dabei, dass die Lokalisation der vorderen (vor gyrA liegend) homologen Flanke für die Rekombination so gewählt wird, dass keine Rekombination mit der Plasmidsequenz stattfinden kann. Zunächst wurde über PCR die Kanamycinresistenz-Kassette inklusive FRT-Sites vom Templateplasmid pKD4 amplifiziert. Durch die Primer wurden die homologen Flanken für die Rekombination eingeführt, wobei eine Flanke homolog ist zu einer gyrA-Sequenz stromaufwärts der einzukreuzenden Mutationen und die andere Flanke chromosomal weit vor gyrA lokalisiert ist. Durch diese zweite Flanke, welche keine Homologie zu Bereichen auf dem Rescueplasmid aufweist, ist die Rekombination mit der Sequenz auf dem Plasmid unmöglich.

Zur Herstellung des Rescueplasmides mit dem gyrA-Gen wurde der Vektor pBAD/D102 gewählt, der eine Ampicillinresistenz-Kassette zur Selektion enthält. Zunächst wurde das komplette gyrA-Gen aus M415 amplifiziert. Dabei wurden mit dem Forward-Primer die CACC-Basen eingeführt, die im Anschluss die gerichtete Klonierung erlaubten (siehe Abschnitt 2.2.2.9.6). Abbildung 3-7 zeigt den prinzipiellen Aufbau des Rescueplasmides.

Abbildung 3-7: Aufbau des Rescueplasmides pBAD102_gyrA (mit gyrA aus S. Typhimurium) gyrA = gyrA-Gen aus M415; bla = Ampicillinresistenz-Kassette; pBR322 origin = Replikations-ursprung aus pBR322; araBAD Promotor (inkl. AraC) = Arabinosepromotor; RBS = Ribosomen-bindungsstelle

Voraussetzung für den Einsatz des Rescueplasmides war die Kontrolle der biologischen Aktivität des einklonierten gyrA-Gens. Die einwandfreie Funktionsweise der Arabinose-induzierten gyrA-Expression und der biologischen Aktivität des entstehenden Proteins wurde durch die Verwendung des E. coli Stammes KNK402 überprüft. Dieser Stamm trägt eine Mutation im Gen für die A-Untereinheit der Gyrase, wodurch das Protein bei höheren Temperaturen instabil wird. Bei 30°C zeigt der Stamm normales Wachstum, aber bei 42°C ist das Wachstum sehr stark beeinträchtigt. Zur Kontrolle der Funktion der von pBAD102_gyrA exprimierten Gyrase wurde das Rescueplasmid in den Stamm E. coli KNK402 transformiert. Dieser rekombinante Stamm exprimiert nun zwei verschiedene Gyrasen: die chromosomalcodierte Form und die plasmidcodierte Form. Im Fall einer Temperaturerhöhung kann die plasmidcodierte Gyrase den Ausfall der chromosomalen mutierten Gyrase kompensieren und das Wachstum der Zellen sichern. Funktioniert die Expression vom Rescueplasmid nicht, dann würde auch bei 42°C kein normales Wachstum zu beobachten sein. Die Selektion erfolgte zunächst bei 30°C unter Zugabe von Ampicillin, um das Vorhandensein des Rescueplasmides sicherzustellen. Um die Expression des Genes vom Plasmid zu induzieren, wurde 1mM L-Arabinose zugesetzt.

Abbildung 3-8 zeigt die Ergebnisse aus dem Wachstumsversuch des Stammes E. coli KNK402 mit dem Rescueplasmid pBAD102_gyrA. Als Kontrollplasmid wurde ein Konstrukt genutzt, was nur ein kleines Fragment vom Startbereich des gyrA-Gens (kein funktionstüchtiges Gen) enthielt.

Abbildung 3-8: Wachstumsversuch von E. coli KNK402 zur Überprüfung der Funktionsweise des Rescueplasmides pBAD102_gyrA

Es wurden jeweils vier Klone aus der Transformation pro Agarplatte (Ampicillin 50µg/ml) ausgestrichen und 24h bei den entsprechenden Temperaturen inkubiert; oben: Der Stamm E. coli KNK402 zeigt mit pBAD-Kontrollplasmid nur bei 30°C ein gutes Wachstum, bei 42°C ist nur ein schlechtes Wachstum zu erkennen. unten: Mit Rescueplasmid pBAD102_gyrA kann der Stamm auch bei 42°C sehr gut wachsen.

Der Wachstumstest zeigte, dass die Expression des plasmidcodierten gyrA-Gens von pBAD102_gyrA funktionierte und das exprimierte Protein die Funktion der defekten chromosomalcodierten A-Untereinheit der Gyrase übernehmen kann. Das Gen auf dem Plasmid kann nun so verändert werden, dass es die entsprechenden Mutationen, deren Rolle untersucht werden sollte, enthält. Nach einem knock out des chromosomalen gyrA-Gens würde dann ausschließlich das plasmidcodierte gyrA exprimiert werden und mögliche Veränderungen im Phänotyp des Stammes würden auf die Mutationen zurückzuführen sein.

3.2.1.3 System zur Selektion nach positiver homologer Rekombination

Homologe Rekombination wird sehr häufig genutzt, um eine Insertion in ein Gen einzuführen und dieses dadurch auszuschalten. Ziel ist es, durch den knock out eines Gens, dessen Funktion zu untersuchen. Weiterhin kann getestet werden, ob Veränderungen des Genes einen bestimmten Phänotyp bedingen. Zum Beispiel führt der knock out eines Effluxpumpen-Repressors zur Überexpression der Effluxpumpe und das wiederum zur Erhöhung der MHK-Werte bestimmter Antibiotika. Ein so veränderter Phänotyp eröffnet die Möglichkeit, den Erfolg der Rekombination durch diesen Phänotyp zu testen, z.B. durch Selektion auf Agarplatten, die ein entsprechendes Antibiotikum in

erhöhter Konzentration beinhalten. Auch Veränderungen des gyrA-Gens können unter Umständen zu einer solchen, für die Selektion der erfolgreichen Rekombination nutzbare, Veränderung des Phänotyps führen. So ist bekannt, dass Aminosäureaustausche an den Positionen 83 oder 87 zu einer reduzierten Empfindlichkeit gegenüber (Fluor)chinolonen führen. Diese Tatsache konnte z.B. Grüger [109] bei der Detektion von Rekombinanten nutzen.

Das Ziel dieser Arbeit war es, die Rolle bestimmter z.T. bisher unbekannter gyrA-Mutationen zu untersuchen. Von diesen gyrA-Mutationen war nicht bekannt, ob und - wenn ja - welche Veränderung des Phänotyps sie bedingen. Da ein Rekombinationsereignis sehr selten ist (abhängig vom Grad der Homologie, der Länge des homologen Fragmentes sowie der chromosomalen Lage), war es nötig ein Selektionssystem zu entwickeln, welches die Erkennung von positiven Rekombinanten ermöglicht. Aus diesem Grund wurde eine Resistenz-Kassette als Selektionsmarker zusätzlich mit dem gyrA-Gen in das Chromosom eingekreuzt. Unabhängig von der zur homologen Rekombination genutzten Methode wurde eine Kanamycinresistenz-Kassette als Selektionsmarker genutzt, um positive Rekombinanten zu erkennen (siehe Abschnitt 2.2.1.10.3). Die Resistenz-Kassette befand sich immer zwischen den beiden für die Rekombination notwendigen homologen Flanken. Dabei war die erste Flanke eine Sequenz, die homolog zu einem Bereich des Chromosoms ist, der vor dem gyrA-Gen liegt und die zweite homologe Flanke war das gyrA-Gen selbst. Da sich die einzukreuzenden Aminosäureaustausche (im Bereich der Positionen 59 bis 87) relativ weit im 5’-Bereich des Gens befinden, wurde davon ausgegangen, dass statistisch gesehen die meisten Rekombinationsereignisse im 3’-Bereich, d.h. hinter den Mutationen, stattfinden und somit das Einkreuzen der Mutationen gemeinsam mit der Kanamycinresistenz-Kassette wahrscheinlich ist. Bei dem Knock-out-Versuch wurden links und rechts der Kanamycinresistenz-Kassette einfach die homologen Flanken über die Primer bei der Amplifikation angehängt.