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charakterisierende H andlungen ( ״der Vogel fliegt“);

Im Dokument Aus der Geisteswelt der Slaven (Seite 83-93)

3. große Menge von H andlungen (č. Präfix ״na— “ : ״nadëlà se“).

S. 190 gibt Kr. zu, daß der Gegensatz von Aktualität und Nichtaktualität klar nur für das Pr. (Gegenwart?) sei, für Zukunft und Vergangenheit weniger; jedenfalls könne es sich dann nur um den Bezug auf einen Zeit- punkt einer anderen vergangenen bzw . zukünftigen H andlung handeln (z .B .: ״ Sie s a h e n , d a ß . . . “). D ie vier Punkte, unter denen Kr. S. 192—

200 den cedi, und russ. Spradigebrauch vergleicht, betreffen:

1. das nichtakt. Pr. der gewöhnlichen, wiederholten Handlung, 2. charakterisierende H andlungen (Fähigkeit, Möglichkeit),

3. nichta'Kt. Vergangenheit (wiederholte Handlungen der Vergangenheit), 4. Fähigkeit in der Vergangenheit.

Daraus ergibt sich, daß sie unter ״Nichtaktualität“ zusammenfaßt die Be- griffe Wiederholtheit, Möglichkeit und Fähigkeit. Aktualität ist Zeitlich- keit, für die Gegenwart Gegenwärtigkeit, aktuelle Gegenwart also tauto- logisch; akt. Pr. = Pr. mit Gegenwartsbedeutung. In den anderen Zeit- stufen könnte man Gleich-, V or- oder Nachzeitigkeit darunter verstehen, also relative Zeitstufe. Doch das bleibt unklar. Eindeutige Formenkate- gorien für diese Bedeutungen finden sich im Čech. und Russ. nicht, es sind semantische Kategorien des Gemeinten.

3. M. V e y 14

definiert ein Verb als aktuell, wenn es einen tatsächlich realisierten Prozeß i d e n t i f i z i e r t ; es ist inaktuell, wenn es eine Situation ausdrückt, die durch einen realisierbaren Prozeß c h a r a k t e r i s i e r t ist. Nach ihm drücken die perfektiven (!) Verba die Aktualität aus ( ״zapisu“), ebenso die ipf. det. Verba ( ״ nesu, ponesu“) sowie das präfigierte Futur ipf. Ver- ben, die auch ein zusammengesetztes Futur haben ( ״pocestuji“). Nicht aus- gedrückt w ird die Aktualität durch die paarigen ipf. Verben ( ״pisu, za- pisuji, budu psát“), die indet. ipf. Verben ( ״nosim, budu nosit“) und das zusammengesetzte Futurum zweifuturiger ipf. Verben ( ״budu cestovat“):

14 О slovesnc aktuálnosti a jejím vyjadfování v Českcm jazyce, SS 19 (1958) 182—9.

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sie alle sind ״nicht-aktuell“. Die Inaktualität wird formal durch die Fre- quentativa ausgedrückt ( ״psávám, budu p sá v a t“).

Am Anfang der Theorie scheint bei V ey das Problem der čech. ״Fre- quentativa“ gestanden zu haben, denen der Ausdrude der Nichtaktualität als Funktion zugeschrieben wird. D ie ipf. Verben werden wohl wegen ihres mannigfaltigen Gebraudis im Pr. als neutral gegenüber Aktualität und Nichtaktualität angesehen. Für die Aktualität bleiben dann nur die pf. Verba übrig ohne Rücksicht auf Gebrauchstypen, die andere veranlaßt haben, ihnen in manchen Fällen nichtaktuelle Funktion zuzuschreiben. H ier ist nach der Oppositionstheorie der Prager Schule schematisiert worden ( ״positiv — neutral — negativ“), ohne Rücksicht auf den Sprachgebrauch und die sonstigen grammatischen Funktionskategorien. Eine Verbindung zwischen Aktualität, Tempus- und Aspektfunktion herzustellen, wird nicht einmal versucht. Dazu s. u. Isačenko! Eine grammatische Kategorie ver- birgt sich hinter den Begriffen von V ey nicht, nur Geltungen von sehr heterogenen Formen und Kategorien.

4. D . С a s t a g n о и 15

ist auf den Widersprudi zwischen K opecny und V ey aufmerksam ge- worden. Er warnt vor der Verwechslung der Iterativitäts- mit der Deter- miniertheitskorrelation. Aus polnischem und tschechischem Material schließt er, ״qu’indéterminés et itératifs expriment l ’inactuel, les déterminés Гас- tuel; les imperfectifs quelconques assumant toutes les fonctions: tant celles de l ’actuel que de l ’inactuel“. Weiter unterscheidet er ״l ’inactuel-habitude“

von ״ l’inactuel-faculté“ oder ״non-actuel“. — ״Mais les déterminés (en tant qu’impcrfectifs) sont susceptibles d ’indiquer eux-aussi, à l’occasion et selon le contexte, l ’inactuel-habitude“ (K opečny) ״et, inversement, les in- déterminés peuvent fort bien exprimer une action actuelle“. . . ״ II n ’existe donc pas une correspondance exacte entre l’opposition actuel — inactuel et l ’opposition déterminé — indéteiminé et le critère de l’actualité et de l ’inactualité n’est en définitive applicable qu’aux seuls itératifs proprement dits: les présents tch. chodívá, jídá, pol. chadza, jada ne peuvent en aucun cas avoir un sens actuel“ (S. 134).

Es fällt auf, daß auf die Aspekt- und Tempusverhältnisse wenig oder gar nicht Rücksicht genommen ist. Im übrigen wird deutlich, daß Aktuāli- tat und Niditaktualität innerhalb der Determiniertheitskorrelation w eit-gehend kontextabhängig sind, wenn auch auf ipf. Verben beschränkt. D a ß

״das Kriterium der Aktualität und Inaktualität nur auf die eigentlichen Iterativa anwendbar“ sei, ist nicht korrekt, weil diese ״in keinem Falle einen aktuellen Sinn haben können“. Durch diese Ungenauigkeit verbaut

15 Quelques remarques sur l’aspect verbal dans les langues slaves, B P T J 19 (196C) 125 ff., bes 132—6. ״ I. Opposition de l’actuel et de l’inactuel“.

sidi C. die Einsicht in die sich aus seinen zitierten Sätzen klar ergebende Folgerung, daß die Inaktualität ein Akzidens der grammatischen K ate- gorie der Iterativität ist. (Das schließt nidit aus, daß sie auch sonst durch den Kontext, ein Verbum usw. ausgedrückt werden kann.) Über den pf.

Aspekt sagt C. nichts, über Aktualität wenig. Er behauptet nirgends, daß Aktualität oder Nichtaktualität eine grammatische Kategorie sei; sagt aber auch nicht, als was er sie auffaßt. Im plizit ist es bei ihm eine semantische Kategorie, die sprachlich in den verschiedensten Formen- und T ext- kombinationen akzidentiell zum Ausdruck kommen kann, die jedoch keine eindeutige Formenzuordnung besitzt, die Bedingung für eine grammatische Kategorie.

5. A. V. I s a Ł e n к 0 ,B

führt aus systematischen Gründen den Begriff der Nichtaktualität auch für die Funktionen r u s s i s c h e r Tempusformen ein. D as russische Tempussystem stellt sidi ihm dar als eine Kette binärer Oppositionen.

Nach der Formstruktur unterscheidet er zunächst die Vergangenheits- (positiv) von den Nichtvergangenheitstempora (negativ): die Praeterita drücken die Beziehung zur objektiven Vergangenheit aus, die anderen Tempora nicht. Innerhalb des Praeteritums bezeichnet die Aspektopposi- tion den Gegensatz zwischen der Anzeige des zeitlichen Bruchs zwischen Tatbestand und Redezeitpunkt (ipf.) und dem Fehlen der A nzeige dieses Bruchs (pf.). Denselben Funktionsgegensatz bezeichnet unter den N icht- praeterita die Opposition von (periphrastischem) Futurum (positiv) und (pf. und ipf.) Präsens (negativ). Innerhalb des Präsens schließlich bezeidi- net nach Is. die Aspektopposition den Gegensatz von expliziter Signalisa- tion der Nichtaktualität (positiv, pf. Pr.) und Fehlen einer A nzeige bezüg- lieh der Aktualität oder Nichtaktualität (negativ, ipf. Pr.).

An diesem Schema fällt zunächst auf, daß im Praet. der Aspekt- gegensatz so etwas wie einen Zeitstufenuntersdiied bezeichnen soll entspre- diend dem von Fut. und Präs. in den Niditpraeterita; im Präsens jedoch bezeichnen die Aspekte Signalisierung und Nichtsignalisierung der N icht- aktualität. Dieser Begriff selbst wird nicht definiert; ist er etw a dasselbe wie ״zeitlicher Bruch“ ? — Bei der Bewertung des Praeteritums ist daran gedacht, daß das pf. Praet. ein sog. perfektisches Präsens vertreten kann, also die Gegenwart einschließt, das ipf. Praet. jedoch nicht. Ähnlich soll nach Is. der Gegensatz von pf. Pr. (als Zukunftsausdruck) und ipf. (peri- phrast.) Futur sein. D ie Bewertung des pf. und ipf. Präs. erfolgt angesichts der Tatsache, daß das pf. Pr. nie die Gegenwart hic et nunc ( ״aktuelle

16 La structure sémantique des temps en russe, BSLP 55 (1960) 74—8. Grammaticeskij stroj russkogo jazyka v sopostavlenii s slovackim. Morfoloģija, Cast״ vtoraja, Bratislava

I960, S. 466—9 mit Tabelle 2 im Anhang.

G egenw art“), das ipf. Pr. aber sowohl diese als auch andere Zeiten sowie die Außerzeitlichkeit ausdrücken kann.

Ein Vorteil dieses Schemas ist es, daß der einheitlichen Form des (ipf.

und pf.) Präsens auch eine einheitliche Funktion entspricht, was bei der traditionellen Zuordnung (ipf. Pr. = Gegenwart, pf. Pr. = Zukunft) nicht der Fall ist. Überhaupt beseitigt Is. durch sein Schema die sonst an- genommene Asymmetrie von Form und Funktion im russischen Aspekt- und Tempussystem. Bedenklich ist daran nur, daß dabei die Dimension der Aspektfunktion als Kategorie einheitlichen I n h a l t s (wie auch die Tempusfunktionen) völlig verschwindet. Wird eine solche trotzdem an- genommen, w ie der Text nahelegt, so vermißt man die Ableitung der Sonderbedeutungen der einzelnen Aspektformen der verschiedenen Tem-pora aus der allgemeinen Aspektfunktion und den Besonderheiten der ein- zelnen Tempusform. Wie wird z. B. die Funktion des pf. Aspekts ( ״celost- nost’“) im Präsens zur Nichtaktualität? Bei dieser Fragestellung müßte man allerdings dem Präs. allgemein noch eine andere Funktion geben, mit der die des Aspekts Zusammenwirken würde. Is. stellt die Frage gar nicht, weil er die Funktion von Einzelformen festlegt und nicht die von Kate-gorien, wie es dodi der Aspekt und wohl auch das Tempus (Praet.-Praes.) im Slavischen eindeutig sind.

Was ist hier nun Nichtaktualität? Is. weiß natürlich auch, daß man das pf. Pr. nicht zum Ausdruck der Gegenwart gebrauchen kann, das ipf. Pr.

aber sowohl hierfür als auch für die Vergangenheit (Pr. hist.), die Zukunft (Pr. prophet.) und die Außerzeitlicheit. Nichtaktualität (des pf. Pr.) heißt also auch hier nichts anderes als Nichtgegenwärtigkeit sensu stricto, zumal der Begriff außer für die Funktion der Präsensformen gar nicht gebraucht wird. Jedenfalls ist er nicht so allgemein, daß er bei Is. den Unterschied zwischen pf. und ipf. Praet. auch decken könnte, obwohl sachlich gesehen für den unbefangenen Interpreten kaum ein großer Unterschied bestehen dürfte zwischen Nichtaktualität und zeitlichem Bruch zwischen Redezeit- punkt in der Nichtvergangenheit; allerdings würde sich dann bei Is. der Unterschied zwischen der Funktion des ipf. (periphr.) Futurs und der des pf. Pr. vollends verflüchtigen. D ies zu vermeiden ist natürlich eine Varia- tion der Terminologie ohne exakte Definition kein sehr probates Mittel, das das Vertrauen in die Gesamtkonstruktion des Schemas stärken könnte.

B. LÖ SU N G DER PROBLEME O H N E DIE BEID EN BEGRIFFE

Wir wollen jetzt prüfen, ob die beiden Begriffe wirklich notwendig sind, wir sie also beibehalten und vielleicht nur genauer definieren müssen oder ob sich eine befriedigende Lösung aller Probleme, um derentwillen sie cir.gefiihrt wurden, auch ohne sie auf allgemeinerer Grundlage und mit H ilfe sonst anerkannter Kategorien finden läßt.

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1. D a s a u ß e r z e i t l i c h e p e r f e k t i v e P r ä s e n s

ist bei K opecny deutlich der erste Anstoß für seine Theorie gewesen ( ״ nicht- futur, pf. Pr.“). N u n ist es aber längst bekannt, daß das pf. Pr. im Slavi- sehen nicht so notwendig und schlechthin als ein Futurum, d .h . Zukunfts-ausdruek, aufzufassen ist, w ie man das in russischen (oder polnischen) Sdiulgrammatiken gewöhnlidi tat und wohl nodi tut. Es ist bekannt, daß im gesamten Südslavischcn das pf. Pr. allein überhaupt nidit die Zukunft bezeichnen kann und daß cs auch im Russischen und Polnisdicn ungewöhn- lidi viele Gebrauchstypcn gibt, in denen das pf. Pr. gar keine Zukunft be- zeidinet: besonders Sätze, die wiederholte Tatbestände der Vergangenheit meinen, sowie allgemeine, hypothetische und außerzeitliche Sätze zeigen im Russ. (und Poln.) häufiger als jede andere Form das pf. Pr. Im Tschechi- sehen komm en dazu noch die von Kopecny und Krízková behandelten Fälle gewohnheitsmäßiger, wiederholter und charakterisierender H a n d -lungen (Tatbestände). Wie sich bei Krízková ergibt, ist auffällig hieran nur das, daß im Russ. solche Tatbestände nur im allgemeinen Rahmen der Vergangenheit durch ein pf. Pr. ausgedrückt werden können, im Tschechi- sehen aber auch sonst ganz allgemein. Das Scheinproblem für das Tschechi- sehe entsteht hier dadurdi, daß man allgemein charakterisierende H an d -lungen, Möglidikeiten und Fähigkeiten17 im Gegensatz zu den auf den Rahmen der Vergangenheit eingeschränkten18 als irgendwie gegenwärtige oder im Rahmen der Gegenwart sidi abspielende ansieht. Das ist aber nichts als ein falsdier Schluß aus der in den meisten europäischen Sprachen hierfür üblichen Sprachform (Präsens), der man vom elementaren Gram- matikunterricht an immer und überall die Gegenwartsbezeichnung als Funktion zuzusdireiben gewohnt ist, so daß man auch heute nodi selbst in Grammatikerkreisen sidi sdiwer tut mit der präzisen Untersdieidung zw i- sehen der Form ״Präsens“ und der Bedeutung der Gegenwart, die sie in manchen Kontexten haben kann, aber längst nidit überall haben muß.

Daraus folgt dann die Bezeichnung alles dessen, was ein Präsens in ver- schiedenen K ontexten meinen kann, als Gegenwart. Dann braucht man wieder Differenzierungen wie ״eigentliche“, ״uneigcntliche“, ״echte“,

״ aktuelle“ usw. Gegenwart, weil der Begriff ״G egenw art“ nicht begrifflich definiert ist, sondern vage und unpräzise gebraucht wird.

Faßt man ״G egenw art“ aber als streng zeitpsychologischen Begriff, der auf der Zeitlinie des Ichbewußtseins nur den Teil umfaßt, der gerade als dem Bewußtsein konform erlebt und durchlebt wird (die absolute, meß-bare Länge kann dabei sehr verschieden sein), so gibt es nur eine Gegen- wart, die keiner Spezifizierung durch ״echt“, ״eigentlich“ oder ״ aktuell“

17 Wie ״ der Mensch atmet durdi die Lungen“, ״er rauchte 50 Zigaretten täglidi“,

״er schreibt 200 Silben pro Minute“, s. Anm. 1.

18 Wie ״ gewöhnlich rauchte er 50 Zigaretten täglich“, ״ sonntags stand er immer um 10 U hr a u f“ : hier im Russ. pf. Pr.

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bedarf. Erst recht gibt es keine ״nichtaktuelle“ Gegenwart (contradictio in adiecto). — Eine so definierte Gegenwart kann nun im Slavischen nur das ipf. Pr. ausdrücken, nie das pf. Pr. 111 allen anderen Gebrauchstypcn des ipf. Pr. ist das pf. Pr. aber nicht in gleichem M aße ausgeschlossen; der Gebrauch ist von Sprache zu Sprache verschieden geregelt. Diese Rege- lungen haben mit der Gegenwart allenfalls mittelbar etwas zu tun. So sind wohl im gesamten Slavischen in außerzeitlichcn, allgemeingültigen Sätzen, deren Tatbestände nidit auf der Zeitlinie lokalisierbar sind, pf.

und ipf. Pr. unterschiedslos (promiscue) im Gebrauch. In Iterativsätzen, deren Tatbestände ebenfalls keinen eindeutigen festen Zeitstellenwert haben19, ist im Russischen nur bei Vergangenheitsrahmen pf. Pr. möglich, im Tsdiechisciien auch sonst wie überhaupt in allgemeinen und diarakteri- sierenden Sätzen, die zeitlidi nicht gebunden sind. — Für Tatbestände mit Zeitstellenweit kann zum Ausdruck der Vergangenheit außer dem Praete- riturn im Russ. nur das ipf. Pr. gebraucht werden, weil der Spredier hier eine Versdiiebung des Bezugspunktes von seiner eigenen Gegenwart in die Gegenwart des geschilderten Tatbestandes vornimmt. Im Tschechischen können wie im älteren Russisch (auch Byline) und im Skr. pf. und ipf.

Präsensformen zur Erzählung zeitstellenwerthafter Tatbestände der Ver- gangenheit verwendet werden, weil hier das Präsens als zeitstufenfreie Form mit Aspektrelevanz fungiert ( ״ Praesens narrativum“) ־°. Als Zu- kunftsausdruck können im Ost- und Westslavisdien beide Praesentia ge-braucht werden, im Südslavischen jedoch nur das ipf. Pr. Für den K oinzi-denzfall sdiließlidi gebraudit das Slovenisdie das pf. Pr., alle anderen Slavincn das ipf. Pr. Dies sind alles Regelungen und Gebrauchsweisen des Präsens, die mit dem Begriff der Gegenwart gar nichts zu tun haben (außer beim Pr. hist.).

Daher liegt audi kein Grund vor, aus Anlaß des Gebraudis des pf. Pr.

zum Ausdruck von Fähigkeiten, Möglichkeiten und Charakterisierungen eine neue Art von Gegenwart ( ״nichtaktuell“) zu erfinden und gar als grammatische Kategorie zu konstituieren. D a diese Tatbestände nicht zeit- gebunden, also außerzeitlich sind, hat im Grunde der Gebrauch eines pf. Pr.

gar nidits Auffälliges an sich, tritt es dodi audi sonst in allgemcingültigen Sätzen auf. Man darf in ihm nur nidit ein ״ Futurum“ oder eine Gegen- wart sehen.

Alle Probleme des nichtfuturischen Präsens lösen sidi dann leichter, wenn man streng unterscheidet zwischen der Form , Praesens“ und dem Funktionsinhalt oder Gemeinten ,.Gegenwart“ und wenn man diesen immer streng als das faßt, was er ist, und nur auf die zutreffenden Fälle anwendet. Wiederholtheit, Möglichkeit, Fähigkeit, Allgemeingültigkeit, Außerzeitlichkeit und Koinzidenz sind eben nicht dasselbe w ie Gegenwart,

■״ Vgl. V f. а. а. O., bes. S. 60, 66 f., 70.

26 Vgl. ebd. S. 72 ff., 7um Pr. hist. S. 12—26.

audi wenn all dics in vielen Sprachen gelegentlich oder immer durch ein und dieselbe Form ausgedrückt wird, eben das Präsens. D ie grundsätzliche Sdicidung von verzeitbaren und nichtverzeitbaren, verzeiteten und nicht- verzeiteten Tatbeständen ist eine wesentlich allgemeinere, klarere und braudibarere weil leistungsfähigere Grundlage für die Beschreibung und Definition der Funktion von Verbalformen als der vage, verwaschene und unpräzise, ja überflüssige Begriff der Aktualität (und sein Gegenteil). D en n irgendwie soll doch auch er sich auf die Zeit beziehen, nur ist nidit klar, wie. Selbst die Tatsachen des tschechischen Sprachgebrauchs hinsichtlich des pf. Pr. machen also die Einführung des Aktualitäts- oder Nichtaktualitäts- begriffes nicht erforderlich.

2. D i e t s c h e c h i s c h e n I t e r a t i v a

bilden für sich überhaupt keinen Anlaß, eine neue Kategorie zu erfinden.

Wir haben schon oben gesehen, w ie man mit der Interpretation als

״W iederholtheit“ und daraus abgeleiteter Allgemeinheit auskommt. Man könnte sich vielleicht fragen, ob die Allgemeinheit die generelle Funktion dieser Formen sei und die Wiederholtheit nur ein abgeleiteter Spezialfall.

Doch dagegen spricht der Gebrauch im Praeteritum, w o diese Formen w irk- lieh nur die W iederholtheit von (vergangenen) Tatbeständen ausdrücken.

W ir haben oben in A. schon gesehen, daß Wiederholtheit in der Gegenwart gar nicht möglich ist und sich darum automatisch in Allgemeinheit um- deutet. D as Iterativmorphem schließt eine Gegenwartsbedeutung des Präsensmorphems generell aus, so w ie etwa im Deutschen der Zusatz eines Wortes w ie ״gewöhnlich“ : ״ich schreibe g e w ö h n l i c h ...“ kann genauso w enig eine Gegenwart bezeichnen wie ״psávám “. D ie allgemeinere Be- deutung des čech. Iterativs im Präsens ist eben das Ergebnis der formalen und semantischen Verbindung des Iterativ- und des Präsensmorphems, der W iederholtheit und des Fehlens einer strengen Zeitbestimmung (die ja dem Präsens auch sonst fehlt). Für diesen aus den generellen Funktionen ohne weiteres ableitbaren Spezialfall braucht man keine neue grammatische Kategorie anzunehmen.

3. F o r m - u n d F u n k t i o n s o p p o s i t i o n e n d e s r u s s . V e r b u m s Das Hauptproblem , das, mehr oder weniger unbewußt, Isačenko ver- anlaßt hat, den Begriff ״Nichtaktualität“ einzuführen, ist das des russi- sehen Präsens, das er allerdings so nicht gestellt hat. Stellt man sich die Aufgabe, die Funktionen der Formenkategorien des russischen Verbums zu beschreiben, so trifft man an: die Aspektkategorie als ganze (pf. — ipf-)>

das Praeteritum (/-Form) und das Präsens (personalflektierte Form auf

и, —s, — t usw.); wenn man w ill, auch noch das periphrastische Futu- rum, das aber als Formenkombination zunächst zurückgestellt werden

muß. Innerhalb sowohl des Praet. als auch des Präs. bringt dann die K om - bination mit der Aspektkategorie erst sekundäre Differenzierungen, die die Gesamtbedeutung der (immer kombinierten) Einzelform (z. B. ipf.

Praet., pf. Pr.) ergeben. Wie man nun die allen (ganz gleich ob pf. oder ipf.) verbalen /-Formen (Praeterita) gemeinsame Bedeutung als den Ver-gangenheitsbezug bestimmt21, so müßte man auch eine allen (ganz gleich ob p f. oder ipf.) Präsensformen gemeinsame Bedeutung finden. D afür bietet sich zunächst nur der sehr allgemeine Bereich alles dessen, w as nidit Ver-gangenheit ist: dazu gehört nicht nur alles übrige Zeitliche, also Gegenwart und Zukunft, sondern auch alles, was überhaupt nicht in der Zeit ist, also alles Außerzeitliche, Allgemeingültige. Dies wird ja tatsächlich auch aus- schließlich durch das Präsens ausgedrückt, und zw ar ohne Unterschied des Aspekts. Aber gerade das zeigt vielleicht, daß die Außerzeitlichkeit (und das zeitlich nicht genau Bestimmte) die D o m ä n e des Präsens als solchen ist.

Drückt das Präsens (durch den K ontext erkennbar) Zeitliches aus, so ist es nur in Opposition zum Praet. auf Nichtvergangenes besdiränkt, im all- gemeinen aber nicht (vgl. Pr. hist.).

In jedem Falle aber wird bei zeitlichen Tatbeständen die A spektfunk-tion relevant. Der ipf. Aspekt als Ausdruck des Verlaufs ist in allen Zeit- stufen möglich, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; der pf. Aspekt — als Ausdrude der Gesamtheit, Totalität — aber ist in der gerade ablaufen- den, währenden Gegenwart nicht möglich, nur in Vergangenheit und Zu- kunft. Drängt nun die Spradientwicklung allgemein auf den Ausbau eines dreistufigen Zeitstufensystems, so ist nach Vergabe der Vergangenheit an die /-Form klar, wie die Zuordnung allein möglich ist: die im Verlauf begriffene Gegenwart kann nur durch eine ipf. Form, also das ipf. Pr. aus- gedrückt werden. Für das pf. Pr. bleibt nur die Zukunft, wenn es über- haupt einen Zeitstufenwert erhalten soll, was bekanntlich nur im O st- und Westslavischen der Fall ist. Es wird nun klar, daß die Geltung der einzel- nen Formen sich auch hier aus der Kombination zweier morphologisch- semantischer Korrelationen ergibt: Vergangenheit — Nicht Vergangenheit und Aspekt. In der Vergangenheit geht das in einer einfachen Summe auf, in der Nichtvergangenheit entsteht durch den Aspekt eine sekundäre se- mantische Differenzierung der Zeitstufen: ipf. Nichtvergangenheit gleich Gegenwart, pf. Nichtvergangcnheit gleich Zukunft. Es erhebt sich daher wirklich die Frage, ob es im Russ. überhaupt ein dreistufiges Zeitstufen- svstem als grammatische Kategorie gibt. Es scheint genauso sekundär zu sein wie Kopecfnys Aktualitätskategorie; denn die Werte der Einzelformen können wir aus den eben erörterten zw ei Funktionskorrelationen ohne weiteres ablciten. Wir lösen damit die Schwierigkeit, die Isačenkos Anstoß

In jedem Falle aber wird bei zeitlichen Tatbeständen die A spektfunk-tion relevant. Der ipf. Aspekt als Ausdruck des Verlaufs ist in allen Zeit- stufen möglich, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; der pf. Aspekt — als Ausdrude der Gesamtheit, Totalität — aber ist in der gerade ablaufen- den, währenden Gegenwart nicht möglich, nur in Vergangenheit und Zu- kunft. Drängt nun die Spradientwicklung allgemein auf den Ausbau eines dreistufigen Zeitstufensystems, so ist nach Vergabe der Vergangenheit an die /-Form klar, wie die Zuordnung allein möglich ist: die im Verlauf begriffene Gegenwart kann nur durch eine ipf. Form, also das ipf. Pr. aus- gedrückt werden. Für das pf. Pr. bleibt nur die Zukunft, wenn es über- haupt einen Zeitstufenwert erhalten soll, was bekanntlich nur im O st- und Westslavischen der Fall ist. Es wird nun klar, daß die Geltung der einzel- nen Formen sich auch hier aus der Kombination zweier morphologisch- semantischer Korrelationen ergibt: Vergangenheit — Nicht Vergangenheit und Aspekt. In der Vergangenheit geht das in einer einfachen Summe auf, in der Nichtvergangenheit entsteht durch den Aspekt eine sekundäre se- mantische Differenzierung der Zeitstufen: ipf. Nichtvergangenheit gleich Gegenwart, pf. Nichtvergangcnheit gleich Zukunft. Es erhebt sich daher wirklich die Frage, ob es im Russ. überhaupt ein dreistufiges Zeitstufen- svstem als grammatische Kategorie gibt. Es scheint genauso sekundär zu sein wie Kopecfnys Aktualitätskategorie; denn die Werte der Einzelformen können wir aus den eben erörterten zw ei Funktionskorrelationen ohne weiteres ablciten. Wir lösen damit die Schwierigkeit, die Isačenkos Anstoß

Im Dokument Aus der Geisteswelt der Slaven (Seite 83-93)