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5 Diskussion und Kritik

5.3 Chancen und Hemmnisse für indische Pflegekräfte

Tabelle 32: Wesentliche Erkenntnisse und theoretischer Bezug der „Migrationshemmnisse“

THEMA SEKUNDÄRANALYSE INTERVIEWS BEFRAGUNG

Finanzielle Kosten

Für eine Auswanderung müssen bis zu ca. 2.000 Euro gezahlt werden.

Eine Auswanderung in die Industrieländer kos-tet bis zu 9.600 Euro.

Finanzielle Kosten wer-den von mehr als vier von zehn der Befragten, und damit am häufigs-ten, als großes Hemmnis einer Auswanderung ge-nannt.

Hohe Kosten sind mit der Beauftragung von Arbeitsvermittlern, deren Ruf schlecht ist, verbun-den.

Soziale Kosten

Das Heimweh ist vor al-lem bei außergewöhnli-chen familiären Anläs-sen groß.

Für ungefähr drei von zehn der Befragten ist es ein großes Hemmnis, Familie und Freunde zu verlassen.

Aufenthaltsbes-timmungen im Ziel-land

Zuwanderungsrechtliche Restriktionen führten zu einem Einbruch der Aus-wanderung indischer Pflegekräfte in die USA.

Theoretisch- analytische Bezüge

Die vom Autor durchgeführte Untersuchung folgt bei der Diskussion um Hemmnisse der Migration indischer Pflegekräfte den Prämissen wesentli-cher migrationstheoretiswesentli-cher Konstrukte wie der Mikroökonomie, den Genderansätzen, Push und Pull sowie der Bevölkerungsgeografie.

Quelle: Eigene Darstellung

(B) Migrationstreiber

Die Sekundäranalyse verdeutlichte, dass sehr viele indische Pflegekräfte motiviert sind, auszuwandern. In den recherchierten Studien hatten wie in der eigenen Be-fragungsgruppe rund zwei Drittel aller Respondenten Migrationsaspirationen, wobei sie in der Pflege deutlich ausgeprägter waren als in der Vergleichsgruppe, den Ma-nagementstudenten.

Im Ausland streben indische Pflegekräfte Einkommenszuwächse an. Insbesondere in den Industrieländern können sie ein Vielfaches der üblicherweise in Indien ge-zahlten Löhne (zwischen 35 Euro und 500 Euro im Monat) verdienen. Die eigenen Ergebnisse decken sich damit weitgehend mit den Annahmen der makro- und mik-roökonomischen Migrationstheorien, welche in höheren Löhnen den Haupttreiber einer Auswanderung sehen.

Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung im Zielland waren laut der eigenen Untersuchungsergebnisse für indische Pflegekräfte wichtiger als es die neoklassi-sche Migrationstheorie postuliert. In einigen recherchierten Studien war die berufli-che Weiterentwicklung ebenso wie in der vom Verfasser durchgeführten schriftli-chen Befragung der zentrale Migrationstreiber, noch vor der Aussicht auf höhere Einkommen. Neben größeren Arbeitsplatzsicherheiten versprechen sich indische Pflegekräfte im Ausland eine stärkere ideelle Wertschätzung ihrer Tätigkeit und eine bessere Zusammenarbeit mit ärztlichem Personal.

Weniger wichtig, aber keinesfalls unbedeutend bei einer Migrationsentscheidung, war indischen Pflegekräften die persönliche Weiterentwicklung. Laut der Sekundär-analyse strebten indische Pflegekräfte nach Selbstverwirklichung und danach, ein modernes, westliches Leben zu führen.

Schließlich können indische Pflegekräfte motiviert sein, aus sozialen Gründen aus-zuwandern. Hierzu zählt im Sinne der Netzwerk-Ansätze Kettenmigration – also Wanderungsbewegungen in Länder, in denen bereits Familienangehörige leben.

Die zentralen Erkenntnisse aus Sekundäranalyse und eigener schriftlicher Befra-gung fasst die folgende Tabelle 33 ebenso zusammen wie die theoretischen Be-züge.

Tabelle 33: Wesentliche Erkenntnisse und theoretischer Bezug der „Migrationstreiber“

THEMA SEKUNDÄRANALYSE BEFRAGUNG

Migrationsaspirationen

Viele indische Pflegekräfte planen auszuwandern - 63 % bis 68 % in den identifizierten Studien.

Drei Viertel der Lehrkräfte, sieben von zehn der Pflegekräfte und zwei Drittel der Pflegestudenten waren in der eigenen Befragungs-gruppe motiviert auszuwandern.

Einkommenszuwächse

Für indische Pflegekräfte sind bessere Verdienstmöglichkeiten im Ausland ein wesentlicher Trei-ber der Migration.

Für sechs von zehn Responden-ten sind höhere Löhne im Ausland ein Grund auszuwandern.

Berufliche

Weiterentwicklung

Berufliche Weiterentwicklungs-möglichkeiten sind für indische Pflegekräfte ein zentraler Migrati-onstreiber.

Fast acht von zehn der Befragten begründen ihre Migrationsabsich-ten mit dem Wunsch nach berufli-cher Weiterentwicklung.

Persönliche Weiterentwicklung

Indische Pflegekräfte können im Ausland bspw. eine neue Kultur kennenlernen und sie werden bei ihrem Streben nach einer westli-chen, modernen Lebensführung unterstützt.

Soziale Aspirationen

Indische Migranten ziehen eher in Länder, in denen bereits Fami-lienangehörige leben und in der die Lebensbedingungen für die ei-gene Familie positiv ist.

Theoretisch-analytische Bezüge

Berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten hatten in der eigenen Untersuchung größeren Einfluss auf die Migrationsentscheidung indi-scher Pflegekräfte als durch die klassischen Theorien postuliert, wel-che in höheren Löhnen die Haupttreiber einer Zuwanderung sehen.

Ansonsten sind die Ergebnisse konsistent mit gängigen migrations-theoretischen Ansätzen.

Quelle: Eigene Darstellung

(C) Zielregionen indischer Pflegekräfte und Bereitschaft einer Auswande-rung nach Deutschland

In den vergangenen Jahrzehnten waren migrierende indische Pflegekräfte vor allem in die Golfstaaten ausgewandert. Indessen wünschen sich die meisten eine Aus-wanderung in die westlichen Industrieländer. Dies verdeutlichen Studienergebnisse und die eigene explorative Befragung, in der die englischsprachigen OECD-Länder die bevorzugte Zielregion war. Allen voran in die USA und Großbritannien waren indische Pflegekräfte in den 2000er Jahren in nennenswerten Größenordnungen migriert.

In Deutschland leben bislang mit knapp 50.000 verhältnismäßig wenige Inder. Die indische Gemeinschaft ist klein. Neue Zuwanderung würde deshalb im Sinne der Netzwerk-Ansätze und des Konzepts des sozialen Kapitals kaum durch Kettenmig-ration eingeleitet werden können. Zudem besteht eine deutlich größere Sprachbar-riere im Vergleich mit bspw. den USA und Großbritannien.

In welchem Ausmaß indische Pflegekräfte bereit wären, nach Deutschland auszu-wandern, lässt sich auf der Grundlage der Ergebnisse nicht abschließend bewerten.

Es ergaben sich aber in der vom Verfasser durchgeführten Untersuchung Hinweise, dass trotz der geschilderten Hemmnisse die Migrationsneigung relativ hoch ist. Als sich mit der Green Card für IT-Fachkräfte die Möglichkeit ergab, waren Inder in grö-ßeren Zahlen nach Deutschland zugewandert. Auch die überwiegende Mehrheit der Interviewpartner hoben Deutschland als attraktives Zielland hervor. In der schriftli-chen Befragung waren mehr als ein Drittel der Respondenten bestrebt, nach Deutschland auszuwandern.

Tabelle 34: Wesentliche Erkenntnisse und theoretischer Bezug der „Zielregionen indischer Pflege-kräfte und Bereitschaft einer Auswanderung nach Deutschland“

THEMA SEKUNDÄRANALYSE INTERVIEWS BEFRAGUNG

Wanderungs-bewegungen in-discher Pflegekräfte

Die meisten indischen Pflegekräfte waren in die Golfstaaten ausgewan-dert.

Die Golfstaaten wurden mit weniger als drei von zehn der Befragten deut-lich seltener als die eng-lischsprachigen OECD-Länder und etwas selte-ner als Deutschland als bevorzugte Zielregion ei-ner Auswanderung ge-nannt.

Eine Migration in die In-dustrieländer ist mit hö-heren Kosten verbun-den, aber auch mit grö-ßeren Chancen.

Die englischsprachigen Industrieländer, allen vo-ran die USA und Groß-britannien, sind die be-vorzugten Destinationen.

Die englischsprachigen Industrieländer wurden mit einer Zustimmung in Höhe von zwei Dritteln am häufigsten als bevor-zugte Zielregionen ge-nannt.

Bereitschaft einer Auswanderung nach Deutschland

Eine Zuwanderung nach Deutschland ist für indi-sche Pflegekräfte mit ho-hen Kosten verbunden (Sprachbarriere, kleine Diaspora, zuwande-rungsrechtliche Restrikti-onen).

Mit einer Green Card sind Inder in großen Zahlen nach Deutsch-land zugewandert.

Die Motivation indischer Pflegekräfte ist groß, nach Deutschland aus-zuwandern.

Knapp ein Drittel der Be-fragten sind motiviert, nach Deutschland aus-zuwandern.

Theoretisch- analytische Bezüge

Die Identifikation der bevorzugten Zielregionen indischer Pflegekräfte und ihre Bereitschaft einer Auswanderung nach Deutschland wurden explorativ erkundet. Gründe für oder gegen eine Kettenmigration folgen der Logik der Netzwerk-Ansätze und des Konzepts des sozialen Kapitals.

Quelle: Eigene Darstellung