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CCU im Kontext der Energiewende

Im Dokument 2 CO als Wertstoff (Seite 95-99)

Ein Symbol für CO 2 -Recycling?

9. CCU im Kontext der Energiewende

Möglichkeiten, Perspektiven und auch Grenzen ver-schiedener Aspekte von CCU wurden in den the-menspezifischen Abschnitten dieses Berichts intensiv erörtert. Um die gesellschaftliche Relevanz von CCU jedoch umfänglich zu erfassen, müssen auch mögli-che Zusammenhänge mit anderen gesellschaftlimögli-chen Prozessen beachtet werden. Insbesondere Fragen der Energiewende sind für die Bewertung von CCU-Technologien relevant.

Als Teil der Projektarbeit am IASS wurden daher auch mögliche Schnittstellen von CCU zu wichtigen Fragestellungen der Energiewende aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Dies geschah sowohl durch interne Workshops am IASS als auch durch einen Diskurs im Rahmen der veranstalteten Round Tables (siehe hierzu auch Kapitel 6.1). Zusammenfassend konnten insbesondere zwei wesentliche Fragestellun-gen identifiziert werden, die für eine Erwägung von CCU im Kontext der Transformation der Energiesys-teme hin zu erneuerbarer Energie eine wichtige Rolle spielen können:

1. Woher soll das zu nutzende CO2 kommen und stehen diese möglichen Quellen im Konflikt mit den Zielen der Energiewende?

2. Inwiefern können CCU-Technologien zur Ener-giespeicherung die Energiewende sinnvoll ergän-zen?

Beide Fragen werden im Folgenden zusammenfas-send betrachtet.

9.1. CO₂-Quellen und mögliche Konflikte mit der Energiewende

Ein zentrales Ziel der Energiewende ist es, einen wesentlichen Teil der CO2-Emissionen, nämlich die aus der fossilen Energieerzeugung, zu vermeiden.

Insbesondere wird in diesem Kontext diskutiert, die fossile Energieerzeugung in Deutschland mittel- bis langfristig zu beenden.

Eine immer wieder geäußerte Sorge ist daher, dass durch eine umfassende Implementierung von CCU-Technologien langfristig eine erhöhte Nachfrage, also ein tatsächlicher „Bedarf“ an CO2 aus Emissionen geschaffen werden könnte. Somit entstünden Pfadab-hängigkeiten, die eine Abschaltung fossiler Kraft-werke erschweren oder sogar verhindern könnten.

Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn neue Anlagen gebaut werden, die CO2 aus Kohlekraftwer-ken zur Weiterverwendung abscheiden, und eine mögliche Abschaltung dieser Kohlekraftwerke die Bedingungen für CCU-Anwendungen erschweren würde.

Eine nähere Betrachtung der möglichen Angebots- und Nachfrageseite von CO2 (siehe hierzu auch Kapi-tel 5) zeigt jedoch, dass auf absehbare Zeit die CO2 -Emissionen aus hochkonzentrierten industriellen CO2-Quellen ausreichen, um eine CCU-bedingte Nachfrage nach CO2 abzudecken.

Auch langfristig könnte eine große CO2-Nachfrage durch Emissionen aus verschiedenen Sektoren wie zum Beispiel der Zement- und Stahlindustrie gedeckt werden, ohne eine Abhängigkeit von der Energieer-zeugung entstehen zu lassen (Naims 2016). Eine wei-tere Förderung und auch die umfassende Implemen-tierung von CCU-Technologien sind also nicht auf Emissionen aus der fossilen Stromerzeugung ange-wiesen.

Darüber hinaus ist eine Abscheidung von CO2 an Anlagen zur Erhaltung der Grundlast eines auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystems (z. B. mit Biogasanlagen oder PtG-/PtL-Anlagen) nicht nur denkbar, sondern im Einzelfall schon erprobt (siehe Anlage von Audi in Werlte, die CO2

aus einer Biogasanlage nutzt) (Eckl-Dorna 2013, Strohbach 2013).

Langfristig besteht darüber hinaus auch die Möglich-keit, CO2 aus der Luft abzuscheiden. Damit diese noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindli-chen Technologien zum Klimaschutz beitragen kön-nen, muss die erforderliche Energie zum Einfangen und Komprimieren des CO2 wiederum aus

erneuer-baren Quellen kommen (Brandani 2012).

Bei geeigneter Implementierung von CCU-Technologien können Pfadabhängigkeiten zur fossilen Energieerzeugung vermieden werden.

9.2. Energiespeicherung mit CCU zur Ergänzung der Energiewende

Da CO2 einen sehr niedrigen Energiegehalt hat, erfor-dert die Umwandlung des Moleküls in höherwertige Produkte grundsätzlich Energie. Damit die Umwand-lung eine positive Umweltbilanz aufzeigt, ist bei etli-chen Technologien die Verfügbarkeit von erneuerba-rer Energie erforderlich. Insbesondere für die Produktion diverser Energieträger auf Basis von CO2

und Wasserstoff muss Letzterer immer mithilfe von

erneuerbarer Energie hergestellt werden, damit der Anspruch einer positiven Ökobilanz erfüllt werden kann. Ansonsten wäre eine direkte Nutzung der fos-silen Energie sinnvoller.

Derartige Verfahren werden Power-to-X (PtX) genannt, wobei das X einen Platzhalter für G wie Gas, L wie Liquids oder C wie Chemicals darstellen kann. Auf Basis erneuerbarer Energie und CO2 lässt sich also eine breite Vielfalt von kohlenstoffbasierten Produkten und Kraftstoffen herstellen, die in Zukunft eine größere Rolle spielen könnten. Sinn-volle Konzepte von CCU auf Basis von erneuerbarer Energie werden in zahlreichen Artikeln beschrieben, für chemische Produkte (Klankermayer & Leitner 2015), den Mobilitätssektor (Varone & Ferrari 2015), spezifisch den Flugverkehr (Falter, Batteiger & Siz-mann 2016) und aus ökologischer Sicht miteinander verglichen (Sternberg & Bardow 2015). PtX-Techno-logien stellen somit eine Option dar, wie das schwan-kende Angebot an erneuerbarer Energie sinnvoll ein-gesetzt werden kann. Sie stehen derzeit aber noch in Konkurrenz zu anderen Optionen der Energiespei-cherung und flexiblen Nutzung sowie dem Export von Strom aus erneuerbaren Quellen.

Aus wirtschaftlicher Sicht sind derartige Technolo-gien heute jedoch aufgrund der relativ niedrigen Preise fossiler Rohstoffe meist noch nicht wettbe-werbsfähig.⁴6 Derzeit sind die Anteile an erneuerba-rer Energie im Stromnetz außerdem noch so niedrig (in Deutschland liegen sie bei rund 30  %), dass wei-tere Kapazitäten aus Effizienzgründen vorrangig zunächst im Strommarkt einzusetzen sind. In einer Zukunft mit deutlich höheren Preisen für fossile Energie und/oder einem breiten Angebot an kosten-günstiger erneuerbarer Energie ist eine Wirtschaft-lichkeit von PtX jedoch möglich. So setzt auch die ambitionierte Klimaschutzvision des UBA für ein treibhausgasneutrales Deutschland auf einen signifi-kanten Anteil von PtX-Technologien (UBA 2013).

46 Die Firma CRI in Island kann auf Basis verfügbarer Geothermie wettbewerbsfähig produzieren.

In Deutschland hat die Firma Audi ein Tankkartensystem eingeführt, welches die Mehrkosten der klimaneutralen Kraftstoffe direkt an die Verbraucher weitergibt.

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Für die weitere Entwicklung und Implementierung dieser CCU-Technologien, die mit erneuerbarer Energie kombiniert werden müssen, ist also im Ein-zelfall eine standortspezifische Planung erforderlich, die sicherstellt, dass sowohl erneuerbare Energie als auch CO2 lokal vorhanden sind, wobei Letzteres nicht mit den oben beschriebenen Pfadabhängigkeiten ver-bunden sein darf. Erste Analysen zeigen jedoch, dass diese Voraussetzungen in Deutschland an zahlrei-chen Standorten gegeben sind (Mennicken 2015).

Die breite und kostengünstige Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie würde die weitere Ent-wicklung und Implementierung von Tech-nologien unterstützen. Umgekehrt können CCU-Technologien durch Energiespeicherung dazu beitragen, die Ziele der Energiewende zu errei-chen. Dabei müssen die technologischen Optio-nen in einem Portfolio gedacht werden, das poli-tisch, ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist.

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Diese Illustration ist ein gezeichnetes Protokoll („Grapic Recording“) der Diskussionsveranstaltung „Lässt sich CO2 recyclen?

Ein Dialog zu Carbon Capture and Utilization (CCU) – Technologien“ am 5. Juni 2014 am IASS in Potsdam. Die Zeichnung beinhaltet verschiedene Argumentationslinien und Fragen, die die Diskussionen prägten. Siehe hierzu auch Kapitel 6.

© IASS/Gabriele Heinzel Graphic Recording

10. Folgerungen und

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