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„Wer nicht die Fähigkeit hat, die den Dingen entsprechende Intuition zu finden, dem bleibt die volle Wirklichkeit verschlossen“ (Steiner 1977, S. 76).

Als wahrnehmende Funktion ist Intuition nie willkürlich. Bezogen auf das Innere und das Äußere einer Person hängt diese von unterschiedlichen Umständen ab. Der Intuitionsprozess ist eine Gedächtnisleistung und bedarf einer bestimmten Haltung (vgl. Obermayr-Breitfuß 2005, S. 52ff). Intuitives Erfassen erfordert, zu einer vorherrschenden Situation eine entsprechende Resonanzfähigkeit entwickelt zu haben. Verfügt in einer Begegnung nur eine Person über eine situative innere Wahrnehmung, so kann es möglich sein, dass sich daraus konflikthafte Betrachtungsweisen ergeben (Ober-mayr-Breitfuß 2005, S. 300ff).

Der persönliche Anteil der Supervisorin, des Supervisors ist in diesem Kon-text betrachtet von zentraler Bedeutung.

Projektbeschreibung

„Der Schlüssel zum Verstehen liegt in mir. Nur indem ich versuche, mich selbst zu entschlüsseln, kann ich verstehen lernen“ (Dörner und Plog 1984, S. 46). Lernt sich eine Person sowohl psychologisch als auch körperlich kennen, ist sie in der Lage, die eigenen körperlichen Reaktionen zu reflek-tieren. Weiß die Supervisorin, der Supervisor um die eigenen Vorlieben, Ängste oder auch Prägungen, ist sie, er im Stande, der Supervisandin, dem Supervisanden in deren, dessen Erkenntnisprozess die richtigen Fragen zu stellen. Der revolutionäre oder auch bewahrende Umgang mit den eigene Fähigkeiten, Kompetenzen und Einstellungen ermöglicht es zu unterschei-den, welche beibehalten werden sollten oder einer Neuauslegung bedürfen (Dörner u. Plog 1984, S. 46f).

Aus der evolutionären Entwicklung des Menschen betrachtet, werden Erfah-rungen negativer Art häufiger im Gedächtnis gespeichert als positive. Dazu zählen körperliche oder auch seelische Verletzungen, welche im Erwach-senenalter als Trigger auftreten können. Es muss auf einer tieferen Ebene verstanden werden, worin ein Problem besteht um es im Erwachsenenalter lösen zu können (vgl. Stahl 2015, S. 49ff).

Individuell Erlebtes wird auf einer unbewussten Ebene abgespeichert. Aus solchen Prägungen resultieren die unterschiedlichen Verhaltensweisen und die individuellen Schwierigkeiten in einem zwischenmenschlichen Kontakt (vgl. Stahl 2015, S. 14f). In einer solchen Begegnung kann es laut Schreyögg (1991) zu nicht-planmäßigen Deutungs- und Handlungsmuster kommen. In der supervisorischen Arbeit umschreiben Übertragung, Gegenübertragung oder auch Spiegelung solche Phänomene. „Nun ist aber ein Professioneller keine ‚Maschine‘, die ausschließlich planmäßig ‚funktioniert‘. Er unterliegt aktuelle Stimmungen […]. Diese Stimmungen trägt er mehr oder weniger deutlich in die Interaktion mit den Klienten hinein“ (Schreyögg 1991, S. 24).

In einem supervisorischen Prozess ist die Supervisorin, der Supervisor ange-halten, solche Phänomene zu erkennen, mögliche eigene Anteile herauszufil-tern und aus der entstandenen Emotion oder dem vorherrschenden Gefühl heraus, die Situation zu interpretieren und professionell zu intervenieren (vgl. Bickel-Renn 2010, S. 1ff). „Sie müssen ihrem Wissen und ihrer Erfahrung folgen und mit Hilfe von Deliberation und Intuition Fragen und Methoden auswählen, damit Klienten neue Schritte tun können“ (Bickel-Renn 2010, S. 6).

– Welchen Stellenwert hat Intuition in der supervisorischen Arbeit?

Zur Erhebung der Daten fanden sechs Leitfadeninterviews durchgeführt mit Supervisorinnen und Supervisoren, welche nach Mayring (2015) aus-gewertet und einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen wurden, statt.

Die Themenkomplexe Verständnis von Intuition, Bedeutung von Intuition, Intuitives Erleben und Intuitives Intervenieren finden in eine empirische Vergleichsstudie Einlass. Verglichen wurden der systemische Ansatz, der psychoanalytische Ansatz und der existenzanalytische Ansatz mit der be-ruflichen Erfahrung in der Arbeit als Supervisorin, Supervisor, unterteilt in weniger als ein Jahr und mehr als zehn Jahre Berufserfahrung.

Abgeleitet aus den Ergebnissen ist der Stellenwert in der supervisorischen Arbeit differenziert zu betrachten. Intuition wird von den Supervisorinnen, Wissenschaftliche

Fragestellung Studiendesign und Forschungsmethode

Ergebnisse

Dauer Supervisoren als körperliche Reaktion, welche ihre Entfaltung in einem

Erleben, einem Bauchgefühl oder einer Form von spürbarer Kraft finden, definiert. Ausschließlich Personen mit mehr als zehn Jahren Erfahrung in der supervisorischen Bereich benannten Kraft als Begrifflichkeit. Intuition als körperliche Reaktion definierten nur Supervisorinnen, Supervisoren des existenzanalytischen Ansatzes.

Alle befragten Personen sprechen der Intuition eine Wichtigkeit im super-visorischen Prozess zu. Intuitives Erleben beschreiben alle interviewten Supervisorinnen, Supervisoren als körperliche Reaktion. Vertreter_innen des systemischen Ansatzes mit einer beruflichen Erfahrung von unter einem Jahr definieren intuitives Erleben ausschließlich als körperliche Reaktion.

Situatives Handeln wird mit intuitivem Intervenieren gleichgesetzt. Maß-geblich vertreten sind hier Vertreter_innen des psychoanalytischen Ansatzes mit <1 Jahr und >10 Jahre Erfahrung in der supervisorischen Arbeit.

In den persönlichen Reflexionsprozess der Supervisorinnen, Supervisoren scheint Intuition als Bauchgefühl definiert bereits Einlass gefunden zu haben.

Hinsichtlich der Anwendung von Intuition hat der gewählte supervisorische Ansatz keine signifikante Bedeutung. Es scheint zwar gleichgültig, über wie viel Berufserfahrung im Erkennen von Intuition verfügt werden kann, aber eine genaue Definition des eigenen intuitiven Erlebens ermöglicht erst die Erfahrung.

Oktober bis Dezember 2018

Bickel-Renn, Silvia (2010): Wenn es »klick« macht: Intuition und innere Achtsamkeit in der systemischen Praxis. In: Kontext – Zeitschrift für Systeme Therapie, 41. Jg., H. 3, S. 189 - 199. [https://www.dgsf.org/service/wissensportal/Wenn%20es%20Klick%20 macht%20....pdf] download 04.11.2018.

Dörner, Klaus u. Plog, Ursula (1994): Irren ist menschlich. Lehrbuch der Psychiatrie/

Psychotherapie. Bonn: Psychiatrie-Verlag.

Mayring, Philipp (201512): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken.

Weinheim, Basel: Beltz Verlag.

Obermayr-Breitfuß, Regina (2005): Intuition – Theorie und praktische Anwendung.

Norderstedt: Books on Demand GmbH.

Schreyögg, Astrid (1991): Supervision. Ein integratives Modell. Lehrbuch zu Theorie und Praxis. Paderporn: Junfermann Verlag.

Stahl, Stefanie (2015): Das Kind in dir muss Heimat finden. Der Schlüssel zur Lösung (fast) aller Probleme. München: Kailash Verlag.

Steiner, Rudolf (1977): Die Philosophie der Freiheit. Dornach: Rudolf Steiner Verlag.

Literatur