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Bewertung der Szenarien

Im Dokument 11 08 (Seite 140-145)

4. Neue Techniken und Trends

4.5. Szenarien für ausgewählte Trends der Abwasserbehandlung

4.5.5 Bewertung der Szenarien

Mehrverbrauch durch neue Techniken

Die Übersichtsgraphik 4.5.1 zeichnet ein eindeutiges Bild über die Energierelevanz der neuen Techniken. Das Biomembranverfahren (MBR-Verfahren) würde selbst bei vergleichsweise seltener Anwendung (10% der EW) zu einem 36 % höheren

Ge-samtstromverbrauch führen. Eine flächendeckende Einführung entspräche sogar einer Verdreifachung des Strombedarfs deutscher Kläranlagen.

Selbst die wesentlich stromsparendere Variante der Membranfiltration im Ablauf wür-de bei ähnlichem Verbreitungsgrad (3 - 10 %) noch zu einem Anstieg wür-des Strom-verbrauchs um 2 bis 5 % Prozentpunkte führen. Sie ist aber in jedem Fall aus ener-getischer Sicht gegenüber MBR-Anlagen zu bevorzugen.

Der Strombedarf einer Klärschlammtrocknung auf den Kläranlagen wird dagegen nur relevant, wenn diese systematisch (für bis zu 70 % aller EW) eingeführt würde.

Alle anderen Szenarien haben kaum Einfluss auf den Gesamtstromverbrauch. Dies gilt zumindest in der unterstellten Form auch für die Abluftbehandlung, wobei hier in der Praxis große Unterschiede in den gewählten Konzeptionen und deren Strom-verbräuchen anzutreffen sind. Daher gelten die getroffenen Annahmen nur, wenn bei der Abluftbehandlung die im Kap. 4.2.3 genannten Aspekte berücksichtigt werden.

Klärschlammentsorgung

Bei der Klärschlammentsorgung kann nicht allein der Strombedarf gewertet werden.

Maßgeblich für die Energiebilanz ist vor allem die Erhöhung des Heizwertes durch Trocknung vor der Verbrennung sowie die Art der Bereitstellung der Wärme für die Trocknung.

Bei einer Betrachtung der CO2-Äquivalente unter Berücksichtigung der externen Gut-schriften aus einer Klärschlammverbrennung wird deutlich, dass selbst bei einer e-nergetisch ungünstigen Konzeption der Schlammtrocknung noch eine Gutschrift in einer Größenordnung von 500.000 t CO2/a zu erwarten ist, wenn der gesamte Klär-schlamm thermisch verwertet wird. Wird die Trocknung energetisch günstig, d. h.

unter Nutzung von industrieller oder sonstiger Abwärme umgesetzt, dann ist sogar eine Gutschrift über knapp 2 Mio. t CO2/a möglich.

Aus diesem Grund ist bei der Klärschlammtrocknung grundsätzlich eine Trocknung am Ort der Verbrennung vorzuziehen, da dort in der Regel Abwärme in größerem Maß zur Verfügung steht. Insbesondere bei der Mitverbrennung in Kohlekraftwerken

ergeben sich i. d. R. günstigere Lösungen, da auch die Kohle vor der Verbrennung getrocknet werden muss. Die Energieeinsparung für den Transport von getrocknetem statt nur entwässertem Schlamm ist dagegen fast vernachlässigbar, wenn die Entfer-nungen unter 500 km gehalten werden.

Sofern die Trocknung dennoch auf der Kläranlage stattfinden soll, sind das gewählte Verfahren und die Nutzung von (industrieller) Abwärme oder Solarenergie die we-sentlichen Einflussfaktoren. Da bei der Wahl von Standort und Verfahren der Klär-schlammtrocknung aber zahlreiche andere Faktoren maßgeblich sind, die sich nur begrenzt beeinflussen lassen (s. Kap. 5), erscheint die Vorgabe einfacher Kennwerte für die Klärschlammtrocknung nicht zweckmäßig.

Stromeinsparung

Im Bereich der Stromeinsparung ergibt sich eine eklatante Kluft zwischen dem theo-retischen Einsparpotenzial von 2.130 GWh/a bei Erreichen der Zielmarke von 18 kWh/(EW.a) für alle Anlagen einerseits und der Summe der möglichen Einsparungen bei den Hauptverbrauchern andererseits. Im Einzelfall sind zwar deutliche Stromein-sparungen zu realisieren (s. Fallbeispiele). Aber selbst bei sehr optimistischen An-nahmen für die erzielbaren Einsparungen bei der Belüftung insgesamt (Halbierung Stromverbrauch bei 30 % der Anlagen) oder Pumpwerken (z.B. 45 % Einsparung für 80 % der EW) erreicht das jeweilige bundesweite Einsparpotenzial von 300 bis 400 GWh/a nicht einmal 10 % des aktuellen Gesamtstromverbrauches. Realistisch sind im Mittel sogar nur 3 bis 5 %.

Damit belegen die Szenarien auch die Erfahrung aus den Feinanalysen, dass eine signifikante Stromeinsparung meist über eine Vielzahl von Optimierungen an den unterschiedlichsten Aggregaten zu erreichen ist und dies von Fall zu Fall unter-schiedlich ist. Es müssen dabei auch Ansatzpunkte berücksichtigt werden, die zu-nächst nicht unbedingt nahe liegend sind, wie eine separate Prozesswasserbehand-lung, geänderte Betriebsweise der Sandfilter oder eine Reduzierung des Fremdwas-seranfalls.

Viel einfacher stellt sich die Situation bei der Steigerung der Faulgasverstromung dar, wo sich aus den Szenarien folgende Schlussfolgerungen ergeben:

Eine verstärkte Umstellung auf Schlammfaulung in GK 4 hat selbst dann keine große Auswirkung auf die Gesamtbilanz, wenn 95 % der Anlagen dieser Grö-ße mit Faulturm ausgerüstet würden. Trotz der erheblichen Investitionen, die notwendig wären, um diese zusätzliche Kapazität für über 20 Mio. EW neu einzurichten (ca. 1 Milliarde €), hat dieses Szenario das geringste Einsparpo-tenzial (max. + 16 % bei der Faulgaserzeugung). Eine Umstellung auf

Schlammfaulung ist also i. d. R. nur im Zuge von ohnehin fälligen Umbauten und Erweiterungen oder bei Mitbehandlung im Faulturm einer benachbarten KA sinnvoll.

Die Verbesserung des elektrischen Wirkungsgrades der BHKWs auf den ak-tuellen Stand der Technik ist vor allem interessant in Verbindung mit einer Er-höhung des Anteils der Faulgasverstromung. Wenn also auf Kläranlagen ohne BHKWs der neueste Stand eingeführt würde und ansonsten eine Nachrüstung mit effizienteren Aggregaten innerhalb weniger Jahre erfolgt, ist bei einer voll-ständigen Faulgasverstromung fast eine Verdoppelung der Eigenerzeugung möglich, ohne dass mehr Faulgas erzeugt wird.

Für das bisher ungenutzte Faulgas wäre theoretisch eine zusätzliche BHKW-Kapazität von maximal etwa 60 MW erforderlich, von der mindestens ein Drit-tel bereits als ungenutzte Kapazitätsreserve vorhanden sein dürfte. Den erfor-derlichen Neuinvestitionen von geschätzt 100 Millionen € stünden bis zu 75 Mio. €/a an Stromeinsparungen gegenüber (bei 10 ct./kWh).

Die verstärkte Kofermentation bzw. die Steigerung der Faulgasausbeute im allgemeinen bietet als Einzelmaßnahme das mit Abstand höchste Potenzial.

Vor allem in Verbindung mit einer vollständigen Verstromung mit effizienten BHKWs (was ja bei Neueinrichtung der Kofermentation plausibel ist), wäre hier maximal eine Vervierfachung der erzeugten Strommenge möglich.

Für zusätzliche 300 bis 350 MW BHKW-Kapazität wären weniger als 500 Mio.

€ Investition erforderlich im Vergleich zu etwa 240 Mio. € Stromeinsparung.

Hinzu kommen allerdings ggf. weitere Ausgaben für zusätzliche Einrichtungen zur Aufbereitung und Entwässerung des Substrates.

Gleichzeitig sind hier auch die größten Unsicherheiten über die Diskrepanz zwischen max. Potenzial und realistischer Machbarkeit. Diese Diskrepanz er-gibt sich weniger aus dem technisch oder betriebswirtschaftlich machbaren, sondern aus genehmigungsrechtlichen Fragen und der Zurückhaltung der Betreiber von Kläranlagen, in diesen Markt einzutreten. Aber selbst unter der Annahme, dass der Faulgasanfall im Mittel nur auf 25 l/EW.d (+ 27 %) gestei-gert und zu 90 % mit einem Wirkungsgrad von 35 % verstromt wird, ist mit zu-sätzlich 750 GWh/a fast eine Verdoppelung der Eigenerzeugung an Strom realistisch. Zahlreiche Kläranlagen haben diese Marke bereits erreicht oder sogar weit überschritten (z.B. Klärwerksverbund Hamburg-Köhlbrandhöft: 1,8 + 0,3 Mio. EW, Faulgasanfall 31 l/EW.d; 100 % Nutzung in GuD-Anlage mit exergetischem Wirkungsgrad von 42 %, siehe Kap. 7.1)

5. Wechselwirkungen zwischen Energieoptimierung und

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