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PROJEKTANSÄTZE

Im Rahmen der Ausschreibung durch die Stadt Essen sollten neben der Analyse zu H2-Potenzialen im Stadtgebiet und der Ausgestaltung eines sektorenübergreifenden H2-Ecosystems vor allem zwei Projektansätze identifiziert werden, die als wichtige Treiber in dem Prozess eines H2 -Infrastrukturauf-baus relevant sind. Für diese Projekte sollten ausführliche Projektskizzen inkl. einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ausgearbeitet werden (vgl. Kapitel 6). Dabei sollte ein Projekt aus dem Sektor Verkehr und ein weiteres ausgewählt werden.

Zur Festlegung dieser beiden Projekte wurden in einem nächsten Schritt die Projektansätze im Essener Stadt-gebiet bewertet. Die Bewertung orientiert sich dabei an einer Reihe von Kriterien, die im Folgenden kurz

vorge-stellt werden sollen. Anschließend werden die Ergebnisse dieser Bewertung kurz erläutert, wobei für weiterführende Informationen auf Anhang 6 und 7 verwiesen wird. Aus der resultierenden Rangfolge lassen sich zwei Projekte ableiten, die in einem nächsten Schritt im Detail untersucht werden.

4.1 Bewertungskriterien

Die Bewertung der Projekte hat zweigeteilt stattgefunden.

In einem ersten Schritt wurden die Projektansätze im Rahmen einer SWOT-Analyse hinsichtlich ihrer Stärken (Strenghts), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Oppor-tunities) und Bedrohungen (Threats) untersucht. Die einzelnen SWOT-Analysen sind in Anhang 6 vorzufinden.

Die Ergebnisse aus der SWOT-Analyse wurden in eine quan-titative Bewertung überführt. Die Bewertungsskala, die Bewertungskriterien sowie die jeweiligen Gewichtungen der Kriterien wurden mit dem Auftraggeber abgestimmt und sind der nachfolgenden Abbildung 11 zu entnehmen.

Bewertung Kategorie

Gewich-tung Subkategorie

Gewich-tung Beschreibung 0 1 2 3 4

Zeitpfad 10 %

Startzeitpunkt 50 % Frühestmöglicher Start-zeitpunkt des

Projekt-ansatzes ab 2040 ab 2035 ab 2030 ab 2025 vor 2025

H2-Hochlauf 50 %

Anzahl an Jahren vom Startzeitpunkt ausgehend, bis finale

Ausbaustufe des Projekts erreicht wird

20 +

Jahre 15 +

Jahre 10 +

Jahre 3 +

Jahre 0 +

Jahre

Projektidee 30 %

CO2- Vermei dung

(Industrie)

50 %

Mengen an CO2-Ausstoß, die durch

Projektrealisation verhindert werden (qualitativ) in tCO2/a

< 1.000 1.000 –

10.000 10.000 –

20.000 20.000 –

50.000 > 50.000

CO2- Vermeidung

(Mobilität) <10 10 – 50 50 – 250 250 –

1.000 > 1.000

Synergien 50 %

Bewertung der Synergiepotenziale, die sich mit anderen Projektskizzen ergeben

vom best practice ausgehend (4 = best practice, 0 = worst practice)

Realisierungs-

wahrschein-lichkeit 60 %

Politischer

Druck 50 %

Politischer und regulatorischer Druck auf die Branche bzw. das

Projekt

qualitativ von 0 (gering) bis 4 (hoch) Strategischer

Stellenwert 50 %

Stimmungsbild beim Unternehmen, beispielsweise abhängig

von Alternativen, vorhandenem

Knowhow, …

Abb. 11 | Bewertungskategorien, Gewichtung, Beschreibung und Bewertungsskala für die Projektansätze

Aus Abbildung 11 wird ersichtlich, dass für die Bewertung der Projektansätze drei Kategorien mit unterschiedlicher Gewichtung gebildet wurden. Die Gewichtung der Kate-gorien spiegelt die Relevanz im Hinblick auf die Etablierung eines H2-Ecosystem in Essen wider. So wurde die Realisie-rungswahrscheinlichkeit überdurchschnittlich gewichtet, da es für den weiteren Projektverlauf entscheidend ist, dass Projektansätze durch die Stakeholder auch tatsächlich realisiert werden. Faktoren, die für die Einschätzung der Realisierungswahrscheinlichkeit maßgeblich sind, können endogen durch das Unternehmen und ggf. bestehende Dekarbonisierungsstrategien oder exogen durch den regulatorischen Rahmen, bestimmt werden. Die Kategorie

„Realisierungswahrscheinlichkeit“ wurde daher in diesen zwei Subkategorien betrachtet: Politischer Druck und Stra-tegischer Stellenwert.

Die Kategorie „Projektidee“ soll sowohl den ökologischen Mehrwert (CO2-Vermeidung) als auch Synergien des Projektansatzes bewerten. Aufgrund der unterschiedlichen Dimensionen an CO2, die im Industrie- im Vergleich zum Mobilitätssektor eingespart werden können, wurden bei der Bewertung unterschiedliche Skalen zugrunde gelegt.

Außerdem wurde der Zeitpfad als Kategorie mit in die Bewertung einbezogen. Hier spielt sowohl der Startzeit-punkt als auch der Wasserstoffhochlauf eine Rolle.

Die Beschreibung der Subkategorien sowie die jeweilige Bewertungsskala kann Abbildung 10 entnommen werden.

4.2 Bewertung der Projektansätze

Für alle Projektansätze aus Kapitel 3 wurde sowohl eine SWOT-Analyse sowie eine quantitative Bewertung gemäß dem zuvor beschriebenen Vorgehen durchgeführt. Die Ergebnisse werden im Folgenden zusammengefasst. Für die ausführlichen SWOT-Analysen und Bewertungen wird auf Anhang 6 und 7 verwiesen. Die Projektansätze werden in der Reihenfolge abnehmender Scores (als Resultat der quantita-tiven Bewertung) präsentiert. Damit werden die Ansätze also schon in den Kontext der Merit-Order aus Kapitel 4.3 gesetzt.

Mit einem gewichteten Score von 3,75 wurde das Projekt der Ruhrbahn von allen Projektansätzen am besten bewertet. Als besondere Stärken des Projekts sind die hohe Realisierungswahrscheinlichkeit und der kurzfristige Startzeitpunkt hervorzuheben, während eine wesentliche Schwäche darin besteht, dass bislang kein zweiter Betriebs-standort im Essener Norden gefunden werden konnte.

Am zweitbesten wurde der Projektansatz der Verallia mit einem Score von 3,05 bewertet, wobei der Ansatz der TRIMET mit 2,90 eine ähnliche Bewertung aufweist. Beide Ansätze zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass der Anschluss an die Kokereigas-Pipeline H2-ready ausgelegt

werden soll. Als Schwachstelle wurde gleichzeitig identi-fiziert, dass die Nutzung der Übergangstechnologie des Kokereigases als individuelle Lösung für die Unternehmen zu sehen ist, die den H2-Hochlauf in der Stadt Essen je nach Kokereigasbezugsdauer verzögern können. Der unterschied-liche Score der beiden Unternehmen ist im Wesentunterschied-lichen darauf zurückzuführen, dass die Verallia aufgrund eines Mehrbedarfs an Wärme eine höhere H2-Senke darstellt.

Mit einem Score von 2,85 folgen die Entsorgungsbetriebe Essen. Dieser Projektansatz hat neben einem zentralen Standort den Vorteil, dass er kommunalen Charakter hat und ggf. Einkaufsgemeinschaften mit weiteren kommunalen Gesellschaften oder den Entsorgungsbetrieben benach-barter Regionen umgesetzt werden können. Als Schwäche wurde mitunter der fehlende Hochlaufplan identifiziert.

Das MHKW Karnap folgt mit einem gewichteten Score von 2,75. Die große Schwäche des Projektansatzes ist die Abhängigkeit der Realisierung von der regulatorischen Entscheidung bzgl. der Anerkennung des Endprodukts als grüner Wasserstoff. Als zentrale Stärke gilt die schnelle Verfügbarkeit großer Mengen grünen Wasserstoffs.

Mit den Logistic Services Essen folgt an sechster Stelle der Merit-Order ein Projektansatz, der mit einem gewich-teten Score von 2,70 bewertet wurde. Dieser Projekt-ansatz bildet einen wichtigen möglichen Ankerpunkt für eine Infrastrukturanbindung im Cluster Ruhr. Er zeichnet sich insbesondere durch eine hohe Motivation und ein hohes technisches Interesse seitens des Stakeholders aus.

Dem gegenüber stehen mitunter jedoch Unsicherheiten hinsichtlich Alternativtechnologien.

Als einziger Projektansatz im Rahmen des Transports von Wasserstoff folgen die Stadtwerke Essen (SWE) mit einem Score von 2,60. Dieser Score resultiert mitunter daher, dass die SWE zwar motiviert sind und sich mit kommunalpoliti-schem Druck konfrontiert sehen, die Planungen jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet sind und lange Umset-zungszeiten erfordern.

Gerresheimer hat in der Bewertung einen Score von 2,55 erzielt. Hervorzuheben sind bei diesem Projektansatz insbesondere die großen Bedarfsmengen, die aus einer Umstellung auf Wasserstoff resultieren würden und der hohe regulatorische Druck zur Dekarbonisierung der Industrie. Nachteilig wurde mitunter bewertet, dass noch keine konkreten Pläne für eine Versorgung mit Wasserstoff bestehen, vor allem weil die Glasindustrie als energieinten-sive Industrie sehr preissensibel ist und Wasserstoffbezugs-kosten aktuell vergleichsweise hoch sind.

Großes Engagement hingegen zeigt die Harmuth Entsor-gung, die mit einem Score von 2,40 bewertet wurde.

Neben dem großen Interesse an der Wasserstofftech-nologie zeichnet sie sich insbesondere durch mögliche

Synergien mit einer eigenen Wasserstoffproduktion aus.

Diese Vorhaben sind jedoch noch nicht konkretisiert, da es an Projektpartnern fehlt, was wiederum als entscheidende Schwäche gewertet wurde.

Bei dem Projektansatz der Weiße Flotte Baldeney, der mit 2,25 bewertet wurde, handelt es sich potenziell um nur geringe Abnahmemengen. Vorteilhaft wurde hier die bisherige Erfahrung mit der Brennstoffzellentechnologie sowie die Ziele der CO2-neutralen Umrüstung der eigenen Flotte bis 2030 bewertet. Auch hier bestehen jedoch keine konkreten Pläne, obwohl die Technologie (H2 -Fahrgast-schiffe) vergleichsweise unausgereift ist.

Der Projektansatz der STEAG wurde mit 2,1 bewertet, da diese zwar über entsprechende Expertise bei der Projekt-entwicklung und dem Betrieb von Elektrolyseuren verfügt, im Rahmen eines Projektansatzes jedoch nur als Dienst-leister auftritt. Die Projektumsetzung hängt daher davon ab, ob ein Projektpartner gefunden wird.

Ein möglicher Projektpartner wäre beispielsweise die Evonik Industries, deren Projektansatz mit 1,95 bewertet wurde. Die energetische Nutzung von Wasserstoff ist in der Konzernstrategie fest verankert und am Standort Gold-schmidtstraße wird eine Elektrifizierung der Dampferzeu-gung bisher als unwahrscheinlich gewertet. Konkrete Pläne

Zeitpfad Projektidee Realisierungswahrscheinlichkeit

Gewichtete Summe Gewichtung

Kategorie 10 % 30 % 60 %

Gewichtung

Subkategorie 50% 50%

Gewichteter Mittelwert

50% 50%

Gewichteter Mittelwert

50% 50%

Gewichteter Mittelwert Projekt Startzeit­

punkt H2-Hochlauf CO2­

Vermeidung Synergien Politischer Druck

Strategischer Stellenwert

Verallia 2 2 2 4 3 3,5 3 3 3 3,05

TRIMET 2 2 2 3 3 3 3 3 3 2,9

MHKW Karnap 3 4 3,5 -

(Produktion) 3 3 1 4 2,5 2,75

Logistic

Services Essen 3 3 3 1 3 2 3 3 3 2,7

Stadtwerke

Essen 3 1 2 -

(Transport) 3 3 2 3 2,5 2,6

Gerresheimer 1 2 1,5 3 3 3 3 2 2,5 2,55

Steag 3 3 3 -

(Produktion) 3 3 0 3 1,5 2,1

Evonik

Indus-tries 1 2 1,5 2 2 2 3 1 2 1,95

Tüv Nord 4 4 4 -

(Produktion) 3 3 0 2 1 1,9

Messe Essen 3 3 3 1 1 1 1 3 2 1,8

Ruhrbahn 4 2 3 4 3 3,5 4 4 4 3,75

Entsorgungs-betriebe Essen 4 2 3 3 2 2,5 4 2 3 2,85

Harmuth

Entsorgung 3 3 3 2 4 3 1 3 2 2,4

Weiße Flotte

Baldeney 3 3 3 1 0 0,5 4 2 3 2,25

Autohof 3 0 1,5 4 3 3,5 0 1 0,5 1,5

Abb. 12 | Quantitative Bewertung der Projektansätze

oder Projekte zur Dekarbonisierung der Dampferzeugungs-prozesse bestehen jedoch auch noch nicht.

Der Projetztansatz des TÜV Nord wurde mit 1,9 bewertet.

Zwar wären bei einer entsprechenden Projektumsetzung auch schnell entsprechende Mengen an Wasserstoff verfügbar, die Umsetzung eines Elektrolyseurs mit Netz-bezug nach derzeitigem Stand ist jedoch eher in kleinem Maßstab als F&E-Projekt vorgesehen.

Die Messe Essen wurde für ihren Projektansatz mit 1,8 bewertet. Neben den Stärken eines großen Interesses und einer zeitnahen Umsetzung des Projektes, steht insbeson-dere die Autarkie im Vordergrund. Das Autarkiebestreben ist in diesem Kontext negativ zu bewerten, da keine Syner-giepotenziale mit anderen Stakeholdern bestehen und damit kein Beitrag zu einem H2-Ecosystem geleistet wird.

Zuletzt hat der Autohof eine Bewertung von 1,5

bekommen. Zwar würde dieser erhebliche Synergiepoten-ziale bringen, der Projetidee fehlt jedoch noch ein Träger, sodass die Umsetzungswahrscheinlichkeit sehr gering bewertet wurde.

Abbildung 12 bietet – aufgeteilt in die Sektoren Industrie/

Wärme und Mobilität – einen zusammenfassenden Über-blick zu allen Bewertungen. Für weitere Details wird auf Anhang 6 und 7 verwiesen, wo sowohl die projektscharfen SWOT-Analysen als auch die aus der Bewertung resultie-renden Diagramme abliegen.

4.3 Merit-Order

Die Bewertungen wurden im Folgenden in eine Merit-Order (vgl. Abbildung 13) überführt, in der die Projekte nach absteigendem Bewertungsscore sortiert wurden.

Dann wurden zunächst die sechs Projektansätze mit den besten Scores von den übrigen Projektansätzen hervor-gehoben. Gemeinsam mit dem Auftraggeber wurde diskutiert, welche TOP-Scorer sinnvollerweise für eine detaillierte Ausarbeitung ihrer Projektskizzen ausgewählt werden sollen. Die Projektansätze der Ruhrbahn und des MHKW sind bereits sehr weit fortgeschritten bzw. bereits umfassend ausgearbeitet. Für diese Projekte besteht mithin keine Notwendigkeit einer detaillierten Ausarbeitung. Bei Verallia und TRIMET ist der Fokus kurz- bis mittelfristig auf die Umstellung auf „Kokereigas“ gerichtet. Eine Umstellung auf H2 zu einem späteren Zeitpunkt wurde im Rahmen der Planungen bereits angedeutet. So wird z.B. die

Kokereigas-leitung bereits H2-ready sein. Da die H2-Umstellung tenden-ziell allerdings eher 2030 und noch später erfolgen wird, ist es sinnvoll andere Projekte auszuwählen, die früher eine Relevanz und damit einen Mehrwert für das H2-Ecosystem entfalten können.

Basierend auf diesen Erwägungen wurde die Entscheidung getroffen, dass die Projektansätze der Entsorgungsbetriebe Essen und der Logistic ServicesEssen näher ausarbeitet werden. Damit wurde ein Projekt im Sektor Mobilität und ein Projekt aus dem Sektor Industrie ausgewählt. Somit wird in der Konkretisierung der Projektansätze mitunter die Möglichkeit geschaffen, unterschiedliche Infrastruktur-erschließungen (bspw. Pipeline, Trailer sowie Tankstellen) in Betracht zu ziehen. Durch die Lage der Projekte in unter-schiedlichen Clustern werden zudem Gedanken zur projekt-übergreifenden Infrastrukturentwicklung und möglichen Ankerkunden in den Clustern unterstützt.

Projekt Gesamt bewertung (Score)

1 Ruhrbahn 3,75

2 Verallia 3,05

3 TRIMET 2,9

4 Entsorgungsbetriebe Essen 2,85

5 MHKW Karnap 2,75

6 Logistic Services Essen 2,7

7 Stadtwerke Essen 2,6

8 Gerresheimer 2,55

9 Harmuth Entsorgung 2,4

10 Weiße Flotte Baldeney 2,25

11 Steag 2,1

12 Evonik Industries 1,95

13 Tüv Nord 1,9

14 Messe Essen 1,8

15 Autohof 1,5

Abb. 13 | Die Projektansätze in einer Merit-Order

5. TRANSFORMATIONS­