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Schreiber war über vier Jahre Mitglied in der Alternative für Deutschland. Nach eigener Beschreibung war sie vorher der FDP zugewandt und verließ 2017 die AfD erneut in Richtung der FDP. Den Bruch, den sie seitdem mit der AfD und der Ideo-logie der Partei vollzog, ist bis heute öffentlich nachvollziehbar. Sowohl in ihrem Buch als auch in Talkshows, in Videos auf ihrem Youtube-Kanal und auf ihrem Twitter-Profil distanziert sie sich regelmäßig von rechten Strukturen.

Ausgehend von dem, was öffentlich zu erfahren ist, kann davon gesprochen wer-den, dass Franziska Schreiber sich von der Struktur der AfD bis heute vollends distanziert hat. Des Weiteren ist in dem Buch auch deutlich der Bruch mit der Szene als solcher dargestellt. So beschreibt sie zum einen ihre Abkehr von sämtlichen damaligen Parteifreund*innen, zum anderen stellt sie den Hass, der ihr aus den Reihen der AfD seitdem entgegengekommen ist, dar. Schreiber zeigt gegen Ende des Buches eindrücklich, wie sie sich seit dem Ausstieg ein neues soziales Umfeld aufbaute, in dem sie seitdem lebt. Weiterhin engagierte sich Schreiber in der Ver-gangenheit unter anderem auf Demonstrationen gegen Rechts als Rednerin, etwa die „wir sind mehr“-Demo in Zwickau im September 2018 und lies ein Interview mit sich als Gastbeitrag in dem autobiografischen Buch „Ein Neger darf nicht neben mir sitzen: Eine deutsche Geschichte“ von David Mayonga aus 2019 ver-öffentlichen (vgl. Mayonga 2019: 170). Auf Basis der von ihr öffentlich gemachten Inhalte zu ihrem Leben ist also zu schließen, dass sie aktuell ein Leben sowohl in Pluralität als auch in Demokratie lebt.

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Schreiber: „Inside AfD“

Schreibers Darstellung ihrer Zeit in der AfD ist bemüht um Sachlichkeit, jedoch auch stark geprägt von Ambivalenzen. Zum einen stellt sie gerade in der ersten Hälfte des Buches immer wieder dar, wie sehr ihr Verhalten und ihre Aussagen von rechter Ideologie durchzogen waren, beschreibt aber andererseits auch permanent, dass diese Aussagen nie ihren eigenen Maximen entsprochen haben. Dies verläuft allerdings nicht synchron zu ihrer Karriere in der AfD. Auffällig sind zum Beispiel die Heroisierung von Frauke Petry und die dramatische Darstellung ihrer partei-lichen Entmachtung im Vergleich zu dem Austritt des ersten Parteivorsitzenden Lucke, der für Schreiber sogar einen Grund für den Parteieintritt darstellte.

Frauke Petry vertrat nach der Darstellung von Schreiber zwar „klar liberale Posi-tionen“ innerhalb der Partei, allerdings machte sie sich auch den sogenannten

„Flügel“ der Partei zu Nutze, um an den Posten der Parteivorsitzenden zu gelangen.

Um diesem „Flügel“ wiederum zu gefallen, musste man, laut Schreiber, deren Meinungen vertreten, sich also zumindest innerhalb der Partei in Handlungen und Aussagen dem rechten Gedankengut anschließen (vgl. Schreiber 2018: 57).

Schreiber tat genau dies. Einerseits erklärt sie diesen Prozess als von dem Partei-umfeld gesteuert, zum anderen rechtfertigt sie etwaige kritische Aussagen als „not-wendig“, um die Partei wieder liberaler zu besetzen. Indem sie die Handlungen als

„notwendig“ beschreibt, übernimmt sie für diese keine Verantwortung, sondern ver-schiebt diese lediglich. Weiter ist kontrovers zu betrachten, dass Franziska Schreiber schon die ersten Abwendungsmomente von der AfD in das Jahr 2015 einordnet, in einem späteren Video sogar auf 2014. Sie benötigte jedoch weitere zwei bzw. drei Jahre, in denen sie eine politische Karriere machte, um tatsächlich auszutreten.

Insgesamt nehmen Momente, in denen Schreiber ihren Ausstieg emotional reflek-tiert oder sogar Reue gegenüber der damaligen Zeit zeigt, nur einen äußerst gerin-gen Teil des Buches ein. Zwar schreibt sie, dass sie das Buch unter anderem aus der Motivation heraus geschrieben hat, die damalige Zeit zu reflektieren, allerdings handelt es sich bei dem Buch eher um eine sachlich präzise Erklärung über die Strukturen der Partei als um eine umfassende reflektierte Darstellung ihrer Person in der Partei.

Schreiber: „Inside AfD“

Gleiches gilt für das veröffentlichte Video über ihre Zeit in der Partei. Zwar ent-schuldigt sie sich am Ende bei allen Menschen, die sie verletzt haben könnte, dabei kann allerdings nicht von einer umfassenden Aufarbeitung der eigenen, konkreten Taten innerhalb der AfD die Rede sein. Diese werden innerhalb des Buches leicht angeschnitten, aber in keinster Weise selbstkritisch reflektiert.

Fazit

Franziska Schreiber hat in wenigen Jahren innerhalb der Alternative für Deutsch-land eine beeindruckende Karriere hingelegt. In „Inside AfD“ beschreibt sie ein-drücklich, wie sich die Partei seit 2014 weiter nach rechts bewegte. Nach ihrem Austritt stellt sie immer wieder dar, wie sehr sie sich in ihren Handlungen von der Partei distanziert hat. Jedoch bleibt bis zuletzt die Frage im Raum, wie eine offen-kundig so intelligente Frau über eine so lange Zeit in der AfD in hohen Positionen wirken konnte, ohne früher zu realisieren, wie tief die rechte Ideologie in der Partei verwurzelt war und ist.

Da stellt sich ganz automatisch die Frage, ob Schreiber den Rechtsruck tatsächlich nicht wahrgenommen hat oder den Vorwand des Nichtwissens als Rechtfertigung für eine vergangene Ideologie nutzt. In ihrem Video über ihre Zeit in der AfD stellt sie beispielsweise dar, bestimmte rechtsextreme Aussagen bewusst überhört zu haben (vgl. Schreiber 2019: 6:40–6:45).

Aus öffentlicher Sicht ist ihr Bruch mit der AfD und deren Ideologie deutlich sichtbar, allerdings stellt sich mit Hinblick auf die Zeit in der Partei, die Position, die sie besetzte und ihr Geschick in der öffentlichen Kommunikation die Frage, was daran „echt“ und was kalkuliert ist. Besonders nach der Veröffentlichung des Austrittsvideos, in dem bestimmte Sachverhalte anders als im Buch dar-gestellt werden, wird Franziska Schreibers Austritt und ihre Zeit in der Partei nicht unbedingt greifbar.

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Schreiber: „Inside AfD“

Durch den Erlös der Bücher und den öffentlich-rechtlich geförderten YouTube-Kanal generiert Schreiber Kapital. Unklar bleibt, ob sie profitiert, weil sie rechte Ideologien vollends hinter sich gelassen hat, oder ob sie den Austritt inszeniert hat, und fortan von ihrer Zeit in der AfD massiv profitiert. ◼

Schreiber, Franziska (2018):

Inside AfD.

München: Europaverlag.

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