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Bewerbung um Hofarbeit

Im Dokument in der Frühen Neuzeit (Seite 191-195)

Etymologische und terminologische Annäherung an den Untersuchungsgegenstand

Übersicht 9.  Fachakademische Studienmöglichkeiten

3.1 Wege ins Bauamt

3.1.2 Bewerbung um Hofarbeit

Die eigenständige erfolgreiche Bewerbung um Hofarbeit machte wahrscheinlich nur einen geringen Teil der Eintritte in Hofbauämter aus, denn wenige Suppliken stellen eine ex nihil-Bewerbung dar. Die bei Warnke beschriebene Bewerbung mit Geschen-ken,1011 im Falle der Architekten in Form von theoretischen Werken oder Projektprä-sentationen in Form von Stichen, wird in Suppliken um Ämter in den Hofbauverwal-tungen nicht greifbar. Sie wurden nicht in Personalakten vermerkt oder waren in dieser Form nicht üblich. Jedenfalls ist im Baubereich nur eine erfolgreiche Bewerbung mit Hilfe eines Architekturtraktates beschrieben worden.1012 In der Regel waren die Bewer-ber schon durch praktische Arbeiten auf Probe bekannt, nämlich durch ihre Tätigkeit als Geselle oder Lehrling, Substitut oder unentgeltlich mitarbeitender Sohn.1013 Daniel Specklin bewarb sich zweimal erfolglos beim Braunschweiger Herzog, obwohl er sich ausdrücklich dafür entschuldigt hatte, dass er sich beworben hatte, ohne dass er dem Herzog bekannt war. Erst eine Empfehlung durch seinen Professor am Gymnasium in Braunschweig brachte die erhoffte Wirkung.1014 Bewerbungen erfolgten verstärkt nach dem Dreißigjährigen Krieg für Hofhandwerkerstellen sowie für mittlere und obere Po-sitionen in der technischen Leitung.1015 Bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes

1009 StA Nürnberg, Fürstentum Ansbach, Bauamtsakten, Nr. 73, o. S.

1010 Ebd.

1011 Warnke 1996, 124.

1012 Nach Lieb 1941, 37 überreichte Gedeon Pacher 1611 in München ein handschriftliches Architektur-traktat und erhielt es zusammen mit 12 tlr. Verehrung zurück. 1615 wurde er »Baumeister von Haus aus«. Weitere Architekten, die dem Herzog Traktate verehrten, ohne jedoch eine Stellung zu erhalten, waren laut ebd. 1611 ein kaiserlicher Baumeister, der 40 thlr. erhielt, ein Isaak Caus [Salomon de?]

1619, der 16 tlr. erhielt, und Vincenzo Scamozzi für Pläne für die Residenz und die Gartenanlage.

1013 Diese Beobachtung machte auch Pöhnert 2014, 55-57. Unter den Weimarer Hofhandwerkern machte der Anteil an Bewerbungen nur 14 % aus. Als frühes Beispiel im Bauwesen bewarb sich ein Zimmer-meister, der bis zu seiner Bewerbung 1601 bei seinem Vorgänger schon sieben Jahre zur Zufriedenheit des Hofes mitgearbeitet hatte: LA Salzburg, HBM, D.II.3. 1r; Caspar Zugalli, der bei seiner Bewerbung 1688 bereits lange Zeit per Werkvertrag als Hofbaumeister tätig gewesen war: D.I.2., 15r; Nicolaus Christoph Soothes hatte ebenfalls 16 Jahre bei seinem Vetter, dem Hofzimmermeister Nicolaus Reich-mann, gelernt und gearbeitet: GStA PK Berlin, II. HA, Abt. 15, Tit. XIII, Nr. 1, 57r.

1014 Fischer 1996, 27 und Quellenanhang 207 f.

1015 Matthias Dögen schrieb 1652 aus Amsterdam nach Berlin: »Täglich kommen mich bei dieser küm-merlichen Zeit alhier, Maurer und Zimmerleute anlauffen, und fragen, ob sie nicht bei Eurer Kurfl.

Durchl. könnten Werk haben, solten wohl auf ihre Kosten die Reise annehmen, wenn ich sie nur ver-trösten könnte, daß man ihnen Werk und Dienst geben würde, welches ich aber ohne expresse Order nicht unterfangen will.« (Galland 1911, 97).

folgte die Gestaltung der Bewerbung stark formalisierten Regeln, sodass diese oft nicht durch den Bewerber selbst geschrieben, aber von ihm unterzeichnet1016 wurde und da-mit nur selten für das Bauwesen spezifische Traditionen zeigte. Auch für Führungsposi-tionen sind Bewerbungen nach dem Dreißigjährigen Krieg häufiger zu verzeichnen, wobei dies wahrscheinlich vor allem der besseren Quellenlage geschuldet ist. 1668 und 1672 bewarben sich Vater und Sohn Zuccalli erfolgreich in München1017 und Johann Ludwig Höppeler 1682 als Stadtbaumeister in Lübeck. Dabei gab er an, er habe

» von Jugent auff die Baukunst in Stein und Holtz von meinem sehligen Vater, welcher dergleichen Profession und zu Franckfurth am Mayn ein Baumeister gewesen, erlernet, selbst dabey gearbeitet, in underschiedlichen frembden Ländern darauf gereiset und wie-der an vornehmer Herren und Potentaten Höfe schöne Gebeude verfertiget.«1018

Zu diesem Zeitpunkt war offensichtlich das Erlernen des Berufs von Jugend an, die Erfahrung in der Leitung der verschiedenen Bauhandwerke sowie in der Führung von Amtsgeschäften, das Absolvieren einer Reise und der Leumund vorhergehender Dienstherren von Bedeutung.

Als sich der Ingenieur Gottfried von Gedler für die Stelle des Landbaumeisters in Halle bewarb, führte er eine Liste von insgesamt 49 Objekten an, die er seit 1696 er-richtet und betreut hatte, darunter Schlösser, Kirchen, Ingenieur- und Festungsbauten sowie Privathäuser.1019 Als Referenz gab er Christian Ernst von Bayreuth und dessen Gemahlin an, bei denen er 1703 bis 1706 tätig war.1020 Er betonte, dass er all dies ohne Hinzuziehung anderer Baumeister gebaut habe und Atteste darüber von der Universität vorlegen könne.1021

1016 In HStA Dresden, 10036, Loc. 32798, Gen. Nr. 1069 liegen unzählige Suppliken für Bauschreiber, Hofvergolder, Schloss- und Hofmaurer, Bildhauer u. v. a. m., wobei nur der Kopist sein Bittgesuch um seine Stelle selbst geschrieben hatte (38r). Das zeigen Schriftbild und Unterschriften, die sich meist sehr stark voneinander unterscheiden, wie z. B. beim Steinmetzmeister Augustus Merbit, der so unterschrieb, wie er Inschriften meißelte, nämlich in Fraktur (46cv). Dies lässt darauf schließen, dass zumindest seine Schreibkenntnisse nicht besonders umfangreich gewesen sein können. Von Eosander sind mehrere Suppliken um Beförderung, Materialien usw. erhalten, jedoch hatte er nur die letzte, seine Bewerbung um die Direktorenstelle, selbst verfasst: GStA PK Berlin, I. HA, Rep. 36, Nr. 3604, 8v. 1793 war es in Dresden Praxis, Bittgesuche an die Finanzkanzlei zu richten, die sämtliche Suppliken dann gesammelt vortrug. HStA Dresden, 10036, Loc. 32831, Gen. Nr. 1200. In Salzburg war es dagegen üblich, dass die Bewerber ihre Supplikation selbst verfassten: Beispielsweise LA Salzburg, HBM, D.II.3., 1r (1601 Hofzimmermeister) und D.I.2., 15r (1688 Hofbaumeister).

1017 Heym 1997, 111. Wobei auch hier vorauszusetzen ist, dass die beiden bereits bekannt waren.

1018 Zit. nach Heckmann 2000, 292 (Friedrich Bruns: »Stadtbaumeister«, handschriftliches Manuskript im Archiv der Hansestadt Lübeck, HS 1097, 24).

1019 GStA PK Berlin, II. HA, Abt. 15, Tit. XIII, Nr. 1, 81r f., die Liste 82v f.

1020 Ebd., 84v.

1021 Ebd., 85v.

Typische Argumente für die Annahme waren Bekanntheit,1022 die oft aus jahre- oder jahrzehntelanger unbezahlter Arbeit im Taglohn oder Verding herrührte, sowie Zufriedenheit1023 mit dieser Arbeit und dass sich der Bewerber zutraute, das Amt zu versehen.1024

Es finden sich im Bereich der Bauamtsunterlagen allerdings keine Hinweise auf die Verwendung von Vorläufern der heutigen Bewerbungsmappen; lediglich für Magde-burg ist ein interessanter Fall von 1726 überliefert.1025 Der Landmesser H. Riese hatte seinem Bewerbungsbrief einen Kostenvoranschlag und zwei Pläne für sein Wohnhaus als Bauinspektor in Magdeburg beigelegt, womit er gleich sein Können und seine Eig-nung für die zukünftige Aufgabe, den Bau von Amtshäusern, bewies. Der erste Plan enthielt den repräsentativen Aufriss der neunachsigen Fassade sowie die Grundrisse von Erd- und Kellergeschoss. Das als privater Wohnraum gedachte Mansardgeschoss ist nicht dargestellt. Der zweite Plan zeigt einen Querschnitt des gesamten Gebäudes in der Mittelachse, der detaillierte Einblicke in die geplante Konstruktionsweise, vor allem des Mansarddaches, erlaubt. Er erhielt die Stelle zu 120 tlr.1026 Fachtheoretische Qualifi-kationen wurden also wiederum erst im 18. Jahrhundert stärker berücksichtigt, so 1760 in Salzburg: Dort wurde der Bauverwalter Wolfgang Hagenauer »in Ansehung seiner in der Baukunst erworbenen vortrefflichen Wissenschaft«1027 angenommen. Dass eine Stelle ausgeschrieben wurde, ist in den analysierten Biographien nur einmal belegt, nämlich für die Hamburger Stadtbaumeisterstelle 1738/39, die in Zeitungen annonciert wurde, die Leser in Hamburg, Schleswig, Holstein, Kopenhagen, Mecklenburg und so-gar Leipzig erreichten.1028

Ablehnungen finden sich kaum, noch seltener wurden sie begründet. Nicolaus Christoph Soothes Bewerbung um Anstellung in Preußen konnte 1708 nicht entspro-chen werden, da »ein überfluß an Architecten« herrsche.1029 Baudirektor Jean de Bodt stellte ihm jedoch ein französischsprachiges Zeugnis über seine Kenntnisse in der The-orie der Zivil- und Militärarchitektur, des Steinschnittes, des Holzschnittes und anderer Bereiche der Architektur aus.1030

1022 LA Salzburg, HBM, D.II.3., 1r (1601); D.I.2., 15r (1688); HBA 09/120; GStA PK Berlin, II. HA, Abt. 15, Tit. XIII, Nr. 1, 57r, 58r (1704/08).

1023 LA Salzburg, HBM, D.II.3, 1r; D.I.2., 15r.

1024 Ebd. D.II.3., 1r.

1025 GStA PK Berlin, II. HA, Abt. 15, Tit. XIII, Nr. 3, 10r ff.

1026 LA Salzburg, HBM, D.II.3., 17r.

1027 Ebd., D.I.2. o. S.

1028 Heckmann 1990, 119.

1029 In Anbetracht der Größe der Kohorte 1625–1695 scheint dies sogar plausibel. Vgl. Graphik 8.

1030 GStA PK Berlin, I. HA, Rep. 9, E 15, Fasz. 3, 66r und 68r.

Um die Eignung der Bewerber sicherzustellen, wurde wohl zuerst in Berlin um 1700 (möglicherweise zeitgleich mit der Einführung der Conducteure)1031 ein »Examen«1032 für Bewerber eingeführt: Im Jahr 1708 schrieb ein »Holländischer Baumeister«1033 bei seiner Bewerbung, dass er bereit sei, sich einer solchen Prüfung zu unterziehen. In München hatte bereits 1645 eine Art ›Bewerbungsgespräch‹ stattgefunden, als nach einem Vertreter für den kranken Hofbaumeister Heinrich Schön gesucht wurde. Über-liefert ist diese einzigartige Quelle als Protokoll des Gesprächsverlaufs mit dem Be-werber Hans Konrad Asper, an das sich ein weiteres Protokoll für dessen wahrschein-lich kurz darauf, am 27. Oktober 1645, erfolgte Instruktion als Baumeister über Land anschließt.1034 Über den Rahmen des im Ergebnis erfolgreichen Gesprächs wie Datum, Gesprächsführer und Schreiber sagt die flüchtige Mitschrift nichts aus. Es sind lediglich die gestellten Fragen sowie die wahrscheinlich gekürzten Antworten festgehalten. Das Gespräch setzt mit Fragen zu seiner Person ein, nämlich Name, Alter, Ehestand und Familie sowie seiner Herkunft. Auf die gekürzte Wiedergabe weist beispielsweise die Tatsache hin, dass bei der Frage nach Aspers Familie, die klären soll, wie viele Perso-nen außer ihm selbst versorgt werden müssten, dieser ausführlich darlegt, sein ältester Sohn sei Baumeister bei den Jesuiten (und damit versorgt), die beiden Jüngsten dagegen seien »Pildthauer und dergleichen«. Eine Formulierung, die ihm als Bildhauer und Vater eher nicht in dieser Form zuzutrauen ist und eher eine kürzende Formulierung des Protokollführers darstellen dürfte. Erst im Anschluss daran wird gefragt, »[w]o er gepaut und waß für gepau [er] geführt habe?« In den folgenden Ausführungen war der Schreiber nicht an einer lückenlosen Dokumentation interessiert, denn er hat nur die wichtigsten seiner beruflichen Stationen festgehalten. Aufgeführt sind einige seiner Dienstherren als Referenzen, seine Tätigkeit als Festungsbaumeister in Konstanz sowie einige prestigeträchtige Projekte, etwa Epitaphe aus schwarzem Marmor und ein Bau-projekt, das ihm zu einer recht ansehnlichen Summe von 5.000 fl. verdingt wurde. Mit der Nennung dieser Summe und des kostbaren Materials, das ihm anvertraut wurde, schien er seine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit beweisen zu wollen. Offen-sichtlich war der Nachweis, dass er mit dem finanziell größten Faktor im Bauwesen, dem Baumaterial, sparsam und behutsam umgehen konnte, eine entscheidende Quali-fikation.

Der Bewerber hatte an dieser Stelle augenscheinlich schon überzeugt, denn die Prü-fer erkundigten sich unmittelbar darauf nach seiner Gehaltsvorstellung und hakten erst im Anschluss daran nach, ob er sich denn mit dem Wasserbau auskenne, was er bejahte.

Er verlangte insgesamt etwa ein Drittel weniger als seine Salzburger und Konstanzer

1031 Siehe Kap. 2.2.6.

1032 GStA PK Berlin, II. HA, Abt. 15, Tit. XIII, Nr. 1, 57v.

1033 Ebd.

1034 Hier und im Folgenden: BayHStA München, HR I, Fasz. 95 Nr. 2 und Anh. 5.2.1.

Kollegen, die nach seinen Worten ›vornehmer‹ seien als er, was sich wahrscheinlich auf deren höhere Ausbildung bezog.1035 Letztendlich erhielt er statt der verlangten 800 nur 500 fl. sowie Diäten für Arbeiten über Land1036 und wurde für den Residenz-, Festungs- und Wasserbau eingesetzt.

Im Dokument in der Frühen Neuzeit (Seite 191-195)