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Analyse der eingeschlagenen Ausbildungswege

Im Dokument in der Frühen Neuzeit (Seite 75-84)

Etymologische und terminologische Annäherung an den Untersuchungsgegenstand

2.2.2 Analyse der eingeschlagenen Ausbildungswege

Im Folgenden soll mit Hilfe verschiedener Analysen die Entwicklung der Ausbildungs-wege aufgeschlüsselt werden. Dafür soll zunächst die Entwicklung der Berufsbezeich-nung der Architekten, die auf Basis von SelbstbezeichBerufsbezeich-nungen oder quellenkundlichen Belegen erhoben wurden, in den Kohorten ins Blickfeld rücken (Tabelle 6). Dabei sind die in den Kohorten anteilsweise führenden Bezeichnungen dunkelblau markiert, die zweitstärksten Gruppen blau und weitere wichtige Gruppen hellblau.

Wird der gesamte Untersuchungszeitraum in den Blick genommen, so führt unter den Entwerfern eindeutig der Maurer mit 20,2 % das Feld an. Danach folgen bereits der Ingenieur mit 12,5 %, der Ingenieur und Architekt mit 9,7 % und der Architekt mit 8,4 %. Werden dagegen Gruppen gebildet, führen mit 43,1 % alle Ingenieure und Archi-tekten, einschließlich der Akademiker, Zeichner und Mehrfachausgebildeten, das Feld an. Es folgen die Maurer (einschließlich jener, die zugleich auch Architekten waren) mit 24,8 %, andere Handwerker mit 19,1 % und zuletzt Künstler und Kunsthandwerker mit 13 %.

Deutlich aufschlussreicher ist jedoch die Entwicklung in den einzelnen Kohorten.

Nicht verwunderlich ist der mit 63,6 % hohe Anteil an ausgebildeten Entwerfern im Steinmetzberuf und der deutliche Anteil an Ingenieuren (11,8 %) sowie Steinmetzen und Ingenieuren (6,1 %) in der Kohorte bis 1506, da diese Berufsbezeichnungen schon länger im deutschsprachigen Raum verwendet wurden als die des Architekten. Dramatisch ist jedoch der Abfall in der nächsten Kohorte (1507–1559) auf 13,2 % und dass der Anteil der Steinmetze in allen weiteren Kohorten bedeutungslos ist.

Ab der Kohorte 1507–1559 bis 1696–1721 sind die Maurer die stärkste im Entwerfer-beruf vertretene Gruppe, wobei ihr Anteil in der Zeit der Renaissance zunächst 21,6 % betrug, gefolgt von den Ingenieuren (18,9 %) und Ingenieuren und Architekten (13,5 %, gleicher Anteil wie noch die Steinmetze). Einen relativ hohen Anteil hatten in dieser Zeit auch die Maler mit 8,1 % sowie Zimmerleute und Ingenieure (5,4 %).

313 »Kapazität« bezeichnete nach Kluge 2011, 468, die Brauchbarkeit oder Eignung; so auch in: HStA Dresden, 10036, Loc. 32798, Gen. Nr. 1069, 47r.

314 HA GNM Nürnberg, Autogr. K. 45 Erdmannsdorf, v. an einen Professor in Leipzig: Einen jungen Archi-tekten Mohß und Reise nach Italien btr. Dessau 3.XII.1767 »Er bezeiget viel Lust etwas zu lernen […].«;

In der Preußischen Bauverwaltung sollten nach 1770 nur junge Leute ausgebildete werden, die »dazu Lust haben« (GStA PK Berlin, II. HA, Abt. 3, Tit. XII, Nr. 1 Bd. 1, 88r).

Tabelle 6. Berufsbezeichnungen der Entwerfer nach Kohorten

Bildhauer/Stuckator) Anzahl 0 3 1 7 0 1 2 14

% in Kohorte 0,0 8,1 2,3 4,0 0,0 3,3 13,3 3,6

Ingenieur/Architekt Anzahl 1 2 1 4 0 0 0 8

% in Kohorte 2,9 5,4 2,3 2,3 0,0 0,0 0,0 2,0

Gesamtsumme Anzahl 33 38 43 175 58 30 15 392

% in Kohorte 100 100 100 100 100 100 100 100

Aufgrund des Dreißigjährigen Krieges erreichten die Maurer in der Kohorte 1560–

1624 anteilig ihren Höhepunkt mit 25,6 %, ebenso die Ingenieure mit 20,9 %. Trotz des Krieges befanden sich Bildhauerarchitekten (14 %), Stuckatoren (7 %) und auch Tisch-ler, Schreiner und Kistler (7 %) auf dem Höhepunkt ihres Einflusses auf das Bauwesen.

Deutlich erhöht war in dieser Zeit der Anteil an mehrfach Ausgebildeten, neu war die Möglichkeit die Ausbildung durch ein Studium zu ergänzen (jeweils 4,7 %).

Auch in der Kohorte des Früh- und Hochbarocks (1625–1696) führten die Maurer mit 23,4 % die Berufsbezeichnungen an, wobei hier eine Umorientierung in Richtung des Architektenberufes deutlich wird, da sich 6,9 % Maurer und Architekt nannten. Es folgen die Ingenieure (14,3 %), danach die Gruppe jener, die Ingenieur und Architekt waren (9,7 %). Erstmals traten der ›reine‹ Architekt (7,4 %) wie auch die Zeichner (2,3 %) in Erscheinung.315 Die Akademiker unter den Entwerfern nahmen 8 % ein. Insgesamt betrachtet stand in dieser Kohorte der Entwerferberuf für so viele unterschiedliche Ausgangsberufe offen wie sonst in keiner anderen Kohorte.

In der Kohorte 1696–1721 verloren vor allem die Ingenieure (3,4 %) deutlich an Ein-fluss, Mischbezeichnungen mit Ingenieur waren ab dieser Zeit nicht mehr üblich. Der Grund dafür ist in der Auftrennung vieler Bauämter in eigenständige zivile und mili-tärische Behörden zu suchen.316 Letztmalig führten die Maurer die Kohorte an (22,4 %), zweitstärkste Gruppe waren die Architekten (15,5 %), gefolgt von jener der Ingenieure und Architekten (10,3 %). Deutlich ist der Zuwachs an Zeichnern (6,9 %) zu sehen. Ihren Höhepunkt erlebten mit 10,3 % die Zimmerleute unter den Entwerfern, die wahrschein-lich im Landesausbau für landwirtschaftwahrschein-liche Gebäude und wasserbautechnische Pro-jekte gefragt waren.

In der Kohorte 1722–1747 führten erstmals die Architekten mit 23,3 % das Feld der Entwurfsberufe an. Es folgt die Gruppe derer, die als Beruf sowohl Ingenieur als auch Architekt angab (16,7 %). Ihr Anteil stieg aber nur an, da der Zugang zum Entwurfs-beruf aus noch weniger AusgangsEntwurfs-berufen als in der vorhergehenden Kohorte möglich war. Mit jeweils 10 % folgen Akademiker, Zeichner und Maurer. Die Mehrfachausbil-dung erreichte mit 6,7 % ihren Höhepunkt.317

In der letzten Kohorte (1748–1778) verengte sich das Feld der Berufe drastisch.

Es führte der Architekt mit 26,7 %, gefolgt vom Akademiker und dem Zeichner mit

315 In den Niederlanden wurde Architekt ab den 1560er Jahren bereits häufiger benutzt; Pieter Coecke van Aelst hatte ihn mit seiner Serlio-Übersetzung bereits 1539 eingeführt: »Mit diesem Begriff hatte Coecke ursprünglich aber nicht den Baumeister im traditionellen Sinn bezeichnet, das heiß also nicht den Aufseher der Baustelle, sondern nur den Erfinder des Projektes, des disegno (Jonge 1994, 364). Werden kombinierte Berufsbezeichnungen mit eingeschlossen, so passen diese Beobachtungen ebenfalls zu denen über die im Heiligen Römischen Reich tätigen Architekten (vgl. Geburtskohorte 1507–1559).

316 Siehe Kap. 3.2.3.

317 Ähnliche Zahlen ermittelte Amt 1999, 73.

jeweils 20 %. Auch Malerarchitekten gewannen wieder an Einfluss (13,3 %), was die er-neute künstlerische Orientierung des Architektenberufes verdeutlicht.

Ergänzt wird dieses Bild von der Analyse der Lehrer (Tabelle 7).

Die zeitlich undifferenzierten Daten zeigen die wesentlichsten Tendenzen, näm-lich als wichtigster Faktor einen hohen Anteil (fast ein Drittel!) an Architekten, die nur von ihrem Vater ausgebildet wurden (vorherrschende Form bis Geburtsjahr 1721), und etwa ein Fünftel, die von verschiedenen Fachleuten ausgebildet wurden (vorherr-schende Form im Anschluss, 1722–1778). Ein nicht zu vernachlässigender Teil wurde im Amt ausgebildet, ebenso viele bei nicht institutionell gebundenen Architekten.

Der genaue Blick auf die Kohorte bis 1506 zeigt, dass in der Spätgotik 42,9 % der Architekten ihren Beruf bei ihrem Vater gelernt hatten, bei 28,6 % ist eine Wanderung innerhalb des Heiligen Römischen Reiches verbürgt, weitere 21,4 % lernten bei ihrem Amtsvorgänger, was an dieser Stelle in der Regel einen Werkmeister meint.

In der Zeit des Umbruchs des Architektenberufs in der Renaissance (Kohorte 1560–

1624) lernten so viele Architekten bei ihrem Vater wie in keiner anderen Kohorte, näm-lich 61,1 %. Da bekanntnäm-lich mehr als ein Drittel der Architekten von außerhalb des Tabelle 7. Lehrer der Entwerfer nach Kohorten

Gesamtsumme Anzahl 13 19 17 103 44 23 14 233

% in Kohorte 100 100 100 100 100 100 100 100

Heiligen Römischen Reiches oder zumindest von außerhalb der deutschsprachigen Ge-biete stammte,318 zeigt dies, dass diese ähnlich, vielleicht sogar noch traditionsgebunde-ner ausgebildet worden waren. Die anderen Architekten lernten beim Amtsvorgänger, bei Architekten im Heiligen Römischen Reich oder bei einem Maler (jeweils nur 11,1 %).

In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sank die Zahl derer, die nur durch ihren Vater ausgebildet worden waren, deutlich ab auf 29,4 %, auch wenn es damit die vor-herrschende Ausbildungsform blieb. Die Ausbildung an Universitäten erreichte ihren Höhepunkt (23,5 %), zugleich stieg auch der Anteil der Architekten, die in den damals im Aufbau begriffenen Bauämtern ausgebildet wurden, auf 17,6 % an. Erstmals traten auch Architekten in Erscheinung, die mehrere Fachleute während ihrer Ausbildungs-zeit besucht hatten (11,8 %). Gemäß der hohen Anzahl der in dieser Kohorte tätigen Bildhauerarchitekten findet sich hier der höchste Prozentsatz von bei Bildhauern aus-gebildeten Entwerfern (5,9 %).

In der Zeit des Früh- und Hochbarocks (Kohorte 1625–1695) herrschte die väterliche Ausbildung mit 27,2 % vor, gefolgt von der Ausbildung bei Architekten mit 21,4 %. 17,5 % der Entwerfer wurden im Amt ausgebildet, 12,6 % bei mehreren Fachleuten und relativ viele (8,7 %) bei Fachleuten außerhalb des Heiligen Römischen Reiches.

In der Kohorte 1696–1721 sank der Anteil der vom Vater ausgebildeten deutlich ab (auf 22,7 %) und war damit so hoch wie der bei Architekten ausgebildeten Entwerfer.

Fast genauso bedeutend war der Anteil der im Amt319 und von verschiedenen Fachleu-ten ausgebildeFachleu-ten ArchitekFachleu-ten (jeweils 20,5 %).

Die Kohorte 1722–1748 zeigt deutlich die fehlende institutionelle Ausbildung, die von den Architekten durch Konsultation verschiedener Fachleute (39,1 %) oder mit ei-ner längerfristigen Ausbildung im Ausland (8,7 %), besonders in Frankreich, kompen-siert wurde. Der Amtsvorgänger als Lehrer war weiterhin sehr wichtig (21,7 %). Der Vater hatte weitgehend seine Bedeutung verloren (nur noch 13 %). Die akademische Ausbildung befand sich im Umbruch und kam auf einen Tiefstand von 4,3 %.

In der letzten Kohorte (1748–1778) wurden 85,7 % bei verschiedenen Fachleuten, was auch verschiedene Akademien beinhalten konnte, und 14,3 % an Akademien ausgebil-det. Andere Ausbildungswege entfielen komplett.

Aufschlussreich ist weiterhin zu analysieren, welche Berufe die außerhalb der deutschsprachigen Gebiete des Heiligen Römischen Reiches geborenen Architekten erlernt hatten, denn es zeigt, für welche Aufgabenbereiche diese Spezialisten geholt wurden und welche Berufsbilder ›typisch deutsch‹ waren (Tabelle 8). Die Analyse zeigt aber nicht, inwiefern sich die Ausbildungen in den anderen Ländern von der im

318 Vgl. Tab. 3.

319 Der hohe Anteil an im Amt ausgebildeten Architekten in dieser und der vorhergehenden Kohorte stützt die Theorie von Erben 2012, 118, dass der Architektenberuf die neuen Ausbildungswege und Tätigkeitsfelder in der Zeit des Barocks vor allem dem staatlichen Engagement und Interesse verdanke.

Tabelle 8. Berufsbezeichnungen der Entwerfer nach Herkunft

Berufsbezeichnung

Herkunft der Entwerfer

Gesamtsumme

Vergleichsgruppe HRR Graubünden, Lombardei andere italienische Territorien Frankreich Niederlande, benach- barte Territorien

Architekt Anzahl 28 2 1 1 1 33

% in Spalte 9,0 4,3 5,9 14,3 9,1 8,4

Ingenieur und Architekt Anzahl 30 1 5 2 0 38

% in Spalte 9,6 2,2 29,4 28,6 0,0 9,7

Ingenieur (und Landmesser) Anzahl 39 3 2 1 4 49

% in Spalte 12,5 6,5 11,8 14,3 36,4 12,5 Mathematiker (Studium) (und Architekt/

Ingenieur) Anzahl 22 0 1 1 0 24

% in Spalte 7,1 0,0 5,9 14,3 0,0 6,1

Theateringenieur/Theatermaler/Theater-architekt Anzahl 4 0 5 0 0 9

% in Spalte 1,3 0,0 29,4 0,0 0,0 2,3

Malerarchitekt (und Bildhauer/Stuckator,

Handwerksberuf) Anzahl 10 2 1 0 1 14

% in Spalte 3,2 4,3 5,9 0,0 9,1 3,6

Stuckator (und Maurermeister und/oder

Architekt) Anzahl 6 3 0 0 0 9

% in Spalte 1,9 6,5 0,0 0,0 0,0 2,3

Bildhauer (und Steinmetz/Stuckator) Anzahl 17 1 1 0 0 19

% in Spalte 5,5 2,2 5,9 0,0 0,0 4,8

Steinmetz/Steinhauer (und Maurer) Anzahl 29 1 1 0 0 31

% in Spalte 9,3 2,2 5,9 0,0 0,0 7,9

Steinmetz und Ingenieur/Architekt Anzahl 5 0 0 0 0 5

% in Spalte 1,6 0,0 0,0 0,0 0,0 1,3

Maurer Anzahl 48 30 0 1 0 79

% in Spalte 15,4 65,2 0,0 14,3 0,0 20,2

Maurer und Architekt/Ingenieur Anzahl 17 1 0 0 0 18

% in Spalte 5,5 2,2 0,0 0,0 0,0 4,6

Zimmermann Anzahl 16 0 0 0 2 18

% in Spalte 5,1 0,0 0,0 0,0 18,2 4,6

Zimmermann und Ingenieur/Architekt Anzahl 7 0 0 0 1 8

% in Spalte 2,3 0,0 0,0 0,0 9,1 2,0

Tischler/Schreiner/Kistler (=

Kunst-schreiner) Anzahl 7 0 0 1 0 8

% in Spalte 2,3 0,0 0,0 14,3 0,0 2,0

Gärtner u. a. Handwerksberufe Anzahl 5 0 0 0 0 5

% in Spalte 1,6 0,0 0,0 0,0 0,0 1,3

Heiligen Römischen Reich unterschieden, da ja nur diejenigen Architekten berücksich-tigt wurden, die im Heiligen Römischen Reich tätig wurden.

Italienische Entwerfer wurden vor allem wegen ihrer militärarchitektonischen Qua-litäten angeworben, da sie vermehrt als »Ingenieur und Architekt« auftraten. Auch der Anteil unter den Künstlerarchitekten war deutlich erhöht, besonders bei den Malern und Bildhauern. Theaterarchitekten stammten immer aus Italien.320 Die Graubündner und Lombarden wurden vor allem als Maurer geholt, aber auch viele Maler- und Stu-ckatorarchitekten fanden sich unter ihnen. Aus Frankreich kamen Architekten und Ingenieure, vor allem von auch dort Mathematiker321 und Akademiker sowie weiterhin einige Kunstschreiner. Aus den Niederlanden und angrenzenden Territorien stammten vor allem Festungs- und Wasserbauingenieure sowie Zimmerleute, die meisten Ma-lerarchitekten, Zeichner, und mehrfach Ausgebildeten. Typisch für das Bauwesen im deutschsprachigen Bereich des Heiligen Römischen Reiches war die Kombination von Handwerk und architektonischer Ausbildung wie etwa Maurer und Architekt (beson-ders in den habsburgischen Ländern), der hohe Anteil an Zimmerleuten (beson(beson-ders in den nördlichen Gebieten) und die hohe Anzahl an Akademikern.

Im Folgenden soll untersucht werden, ob und in welcher Entfernung welche Berufs-gruppen zu Ausbildungszwecken vom Geburtsort an einen anderen Ort wechselten (Tabelle 9).

320 Dies deckt sich mit Beobachtungen, die zu im Italien der Renaissance wirkenden Architeken gemacht wurden: Günther 2009, 248 und Günther 2012, 97.

321 Vor allem zu Beginn des 17. Jhs. war der Einfluss der Mathematiker auf die Architektur in Frankreich sehr hoch (Cantone 1998, 96). Der Einfluss der Maurer-Bauunternehmer, der in Frankreich sehr groß war, schlägt sich bei den ins Heilige Römische Reich wandernden französischen Planern kaum nieder und ist aufgrund der geringen Datensätze nicht belastbar (Mignot 1998, 111).

Tabelle 8. (Fortsetzung)

Berufsbezeichnung

Herkunft der Entwerfer

Gesamtsumme

Vergleichsgruppe HRR Graubünden, Lombardei andere italienische Territorien Frankreich Niederlande, benach- barte Territorien

Zeichner (und ggf. Maurer, Zimmermann,

Ingenieur, Mathematiker) Anzahl 12 1 0 0 1 14

% in Spalte 3,9 2,2 0,0 0,0 9,1 3,6

Mehrfachausbildung (3 untersch. Berufe

oder mehr) Anzahl 9 1 0 0 1 11

% in Spalte 2,9 2,2 0,0 0,0 9,1 2,8

Gesamtsumme Anzahl 311 46 17 7 11 392

% in Spalte 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100

Tabelle 9. Wanderung zu Ausbildungszwecken nach Berufsgruppen

Berufsbezeichnung

Wanderung zu Ausbildungszwecken (Verände-rung von Geburts- zu Ausbildungsort)

Gesamtsumme

Wechsel innerterritorial (›regional‹) kein Ortswechsel

Wechsel innerhalb des HRR (ݟber

-regional‹) Wechsel ›international‹ ohne Reise »Geburtsort und nord- alpine Baustellen«

Architekt Anzahl 5 5 1 6 0 17

% in Zeile 29,4 29,4 5,9 35,3 0,0 100,0

Ingenieur und Architekt Anzahl 3 7 7 4 1 22

% in Zeile 13,6 31,8 31,8 18,2 4,5 100,0

Ingenieur (und Landmesser) Anzahl 4 3 1 4 1 13

% in Zeile 30,8 23,1 7,7 30,8 7,7 100,0

Mathematiker (Studium)

(und Architekt/Ingenieur) Anzahl 1 9 6 2 0 18

% in Zeile 5,6 50,0 33,3 11,1 0,0 100,0

Theateringenieur/Theatermaler/

Theaterarchitekt Anzahl 0 0 0 3 0 3

% in Zeile 0,0 0,0 0,0 100,0 0,0 100,0

Malerarchitekt (und Bildhauer/

Stuckator, Handwerksberuf) Anzahl 1 2 1 3 1 8

% in Zeile 12,5 25,0 12,5 37,5 12,5 100,0

Stuckator (und Maurermeister

und/oder Architekt) Anzahl 2 1 0 0 2 5

% in Zeile 40,0 20,0 0,0 0,0 40,0 100,0

Maurer und Architekt/Ingenieur Anzahl 6 2 4 0 1 13

% in Zeile 46,2 15,4 30,8 0,0 7,7 100,0

In nur wenigen Bereichen lernten die zukünftigen Entwerfer ihren Beruf an dem Ort, an dem sie geboren waren. Üblich war dies bei den reinen Ingenieuren: Sie blieben entweder am Geburtsort oder wurden von außerhalb des Heiligen Römischen Reiches rekrutiert, um die Gefahr des Geheimnisverrats322 an den direkten Territorialnachbarn bannen zu können. Auch »Stuckatorarchitekten« wurden meist am Heimatort oder, so-fern sie aus Graubünden beziehungsweise dem Misox stammten, an nordalpinen Bau-stellen ausgebildet, da sich weite Teile der Bevölkerung dieser Region auf diese Arbeit spezialisiert hatten.323

Die »Maurer und Architekten«, die bekanntlich nur aus dem Heiligen Römischen Reich stammten,324 wurden in der Regel am Geburtsort ausgebildet.

Häufig zu erwarten war der Wechsel innerhalb des Territoriums, wenn für eine spezielle Ausbildung wie beispielsweise zunächst zum Steinmetz und im Anschluss daran zum »Architekt und Ingenieur« oder Bildhauer an einen größeren Ort oder zum Studium an die nächstgelegene Universität gewechselt werden musste.

322 Vgl. Kap. 3.4. Die Wahrung militärischer Informationen war in der Frühen Neuzeit ein wichtiger Pas-sus in Bestallungen von militärischem Personal wie im Festungsbauwesen. In der zeitgenössischen staatswissenschaftlichen Literatur herrschte starke Uneinigkeit darüber, ob Ausländer als Heerführer tätig sein sollten; die Ratschläge schwankten zwischen dringend zu empfehlen und ausdrücklicher Warnung (Stolleis 1990, 208).

323 Vgl. die einschlägigen Beiträge in Kühlenthal 1997.

324 Vgl. Tabelle 8.

Tabelle 9. (Fortsetzung)

Berufsbezeichnung

Wanderung zu Ausbildungszwecken (Verände-rung von Geburts- zu Ausbildungsort)

Gesamtsumme

Wechsel innerterritorial (›regional‹) kein Ortswechsel

Wechsel innerhalb des HRR (ݟber

-regional‹) Wechsel ›international‹ ohne Reise »Geburtsort und nord- alpine Baustellen«

Gärtner u. a. Handwerksberufe Anzahl 0 0 0 1 0 1

% in Zeile 0,0 0,0 0,0 100,0 0,0 100,0

Zeichner (und Maurer,

Zimmer-mann, Ingenieur, Mathematiker) Anzahl 3 2 3 4 0 12

% in Zeile 25,0 16,7 25,0 33,3 0,0 100,0

Mehrfachausbildung (3

unter-suchte Berufe oder mehr) Anzahl 2 3 3 0 0 8

% in Zeile 25,0 37,5 37,5 0,0 0,0 100,0

Gesamtsumme Anzahl 42 53 31 33 33 192

% in Zeile 21,9 27,6 16,1 17,2 17,2 100,0

Eher untypisch war der Wechsel innerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Dies kam nur bei »Architekt und Ingenieur« sowie bei mehrfach Ausgebildeten häufiger vor und deutet auf eine gesteigerte Ausbildungsmobilität ab dem zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts hin.

Besonders bei den Architekten, Zeichnern, Ingenieuren und künstlerischen Spezia-listen wie Theateringenieuren und Malern war die Wanderungsquote sehr hoch. Sie wechselten für oder spätestens nach der Ausbildung den Ort.

Im Dokument in der Frühen Neuzeit (Seite 75-84)