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5.4 Erzeugung von Plbd1- und Plbd2-defizienten Mausmodellen mittels CRISPR-Cas9

5.4.3 Beurteilung der knockout-Mausmodelle auf Transkript- und Protein-Ebene

5.4.3.1 Vergleich der Plbd1-Expression in WT- und knockout-Mäusen

Bei der Analyse der Plbd1-mRNA-Level in der qPCR konnte die stärkste Expression in den WT-Hoden nachgewiesen werden. Im Vergleich dazu fand sich mit unter 5 % deutlich weniger Plbd1-mRNA in WT-Lunge, -Leber und -Herz. In WT-Niere, -Milz und -Hirn war die Plbd1-Plbd1-mRNA kaum zu detektieren, was sich in CT-Werten von etwa CT = 30 widerspiegelte, die im Bereich der Leer-werte (non template control, NTC) lagen. Um die Veränderung des Plbd1-Transkript-Levels zwischen WT- und Plbd1-KO-Mäusen zu beurteilen, eigneten sich diese Organe deshalb nicht. Mit CT-Werten von unter CT = 20 lieferte die Plbd1-Expressionsanalyse in WT-Hoden hingegen belastbare Daten in der qPCR. In den Plbd1-KO-Hoden war das mRNA-Level auf 16 % reduziert. Somit führte die InDel-Mutation zu einer starken Reduktion, jedoch nicht zum vollständigen Abbau der Plbd1-mRNA.

Bei der Untersuchung der Mutation des Plbd1-KO-Mausmodells auf genomischer Ebene konnte ein vorzeitiges Translations-Stoppcodon (premature termination codon, PTC) in der mRNA-Sequenz vorausgesagt werden. Über einen als nonsense-mediated-decay (NMD) bezeichneten Mechanismus kann mRNA mit PTCs nach dem Splice-Vorgang erkannt und abgebaut werden (Hug et al., 2016), wobei eine Reduktion auf unter 20 % des WT-Niveaus erwartet werden kann (Chen et al., 2008). Die Reduktion der Plbd1-mRNA im Plbd1-KO-Gewebe ist somit höchst wahrscheinlich auf einen Abbau durch NMD zurückzuführen.

Bei der Mutation der Plbd1-KO-Maus in Exon 2 besteht die theoretische Möglichkeit, dass durch ein alternatives in-frame Startcodon nach den Mutationen (Met100) ein N-terminal verkürztes Protein aus der mRNA gebildet werden kann (Bazykin, Kochetov, 2011). Zum einen ist die Wahrschein-lichkeit gering, somit funktionales Protein zu bilden (Müntener et al., 2005), zum anderen würde dem Fragment das N-terminale Signalpeptid fehlen, das für den Zugang zum sekretorischen Weg und damit für die post-translationale Modifikation und lysosomale Sortierung notwendig wäre (Tholen et al., 2014). Die Entstehung von funktionalem lysosomalen Protein aus der verbliebenen mRNA ist somit nicht wahrscheinlich.

Weder für das Plbd1, noch für das Plbd2 liegt ein enzymatischer Aktivitätsassay vor, da die physiologischen Substrate der Proteine unbekannt sind. Auch ein artifizielles Pseudosubstrat wie beispielsweise für Sulfatasen in Form der Arylsulfat-Substrate ist nicht bekannt (Hanson et al., 2004).

Die Beurteilung der knockout-Mausmodelle auf Proteinebene erfolgte deshalb nicht anhand der verbliebenen Enzymaktivität, sondern über den Nachweis von Restprotein im Western-Blot. Das Plbd1-Protein konnte im Western-Blot von Gewebehomogenaten in WT-Milz, -Hoden, -Lunge und -Leber nachgewiesen werden, während in keinem der korrespondierenden KO-Geweben Plbd1

detektiert werden konnte. Auch in Lysosomen-angereicherten Fraktionen aus der Leber der Plbd1-KO-Mäuse, in denen andere lysosomale Proteine etwa 40-fach angereichert vorliegen, wurde kein Plbd1-Protein detektiert. Plbd1 wurde somit auf Proteinebene durch den CRISPR-Cas9-vermittelten knockout erfolgreich deletiert. Aus dem in der qPCR detektierten Rest-Transkript wurde somit kein funktionelles Protein gebildet.

5.4.3.2 Diskrepanz zwischen Plbd1-Transkript und -Protein in der WT-Milz

Das deutliche Plbd1-Signal im Western-Blot der WT-Milz steht in starkem Widerspruch zu den Daten der qPCR-Analyse, bei der keine Plbd1-mRNA in der WT-Milz nachgewiesen werden konnte.

Sowohl für die qPCR-Daten als auch für die Plbd1-Signale im Western-Blot ist das housekeeping-Gen Gapdh (Kim et al., 2014) als Referenz verwendet worden, womit ein Fehler durch abweichende Referenzwerte oder Extraktionsmethoden unwahrscheinlich ist.

Möglicherweise spiegelt die Diskrepanz zwischen Transkript- und Protein-Level von Plbd1 auch die zeitliche Komponente der Genregulation wieder. Für das Plbd1 kann eine Funktion in Dendritischen Zellen (DCs) vermutet werden (Abschnitt 4.4.8), die im Blut und den peripheren Geweben zirkulieren, nach Aktivierung in lymphoide Organe einwandern und einer komplexen Regulation unterliegen (Dalod et al., 2014). Die Aktivierung der DCs durch pathogenes Material führt zu einer funktionellen Veränderung, bei der die Kapazität zur Endocytose und dem Abbau von Pathogenen verringert wird, während MHC- und Chemokin-Rezeptoren zur Zelloberfläche sortiert werden (Théry, Amigorena, 2001). Die transkriptionelle Modifizierung befähigt die DCs zur Aktivierung von T-Zellen und führt zur Migration in lymphoide Organe (Geissmann et al., 2010). Bei einer Funktion des Plbd1 bei dem Abbau von pathogenem Material (Abschnitt 5.5) würde bei der Migration der DCs in die Milz die Genexpression innerhalb von Stunden inhibiert (Hargrove et al., 1991), während noch für mehrere Tage lysosomales Plbd1-Protein nachzuweisen wäre (Nissler et al., 1999).

5.4.3.3 Vergleich der Plbd2-Expression in WT- und knockout-Mäusen

In der qPCR verteilte sich die Plbd2-mRNA auf mehrere WT-Gewebe, wobei das höchste mRNA-Level, wie auch für Plbd1, in den WT-Hoden zu detektieren war. In den knockout-Mausmodellen Plbd2-HH und Plbd2-KO konnten nach der Untersuchung der InDels auf genomischer Ebene PTCs in der mRNA vorausgesagt werden. Folglich wurde in der qPCR für beide Zuchtlinien eine Reduktion der Plbd2-mRNA auf unter 20 % des WT-Niveaus nachgewiesen, sodass ein Abbau der mRNA über NMD wahrscheinlich ist. Beurteilt wurden dabei nur Organe, für die bei WT-Tieren die CT-Werte der Plbd2-Transkripte unter CT = 30 lagen.

In der Plbd2-mut-Linie wurden zwei Deletionen, aber keine Verschiebung des Leserasters einge-führt, die zu einem PTC und dem Abbau über NMD führen würde. Ein Abbau von mRNA hätte in diesem Fall somit nicht zwangsläufig erwartet werden können (Belgrader, Maquat, 1994). In den

meisten Geweben der Plbd2-mut-Linie wurde in der qPCR dennoch eine Reduktion der Plbd2-mRNA festgestellt, die jedoch teilweise nur gering ausfiel und somit auf einen anderen Mechanismus als NMD zurückging. Eine ähnliche Reduktion von mRNA durch missense-Mutationen wurde bereits beschrieben (Nguyen et al., 2011), wobei die Ursache des reduzierten mRNA-Levels nicht untersucht wurde. Denkbar wäre eine veränderte Affinität der mutierten mRNA für regulatorische microRNAs, die Einfluss auf die Halbwertszeit der Transkripte haben (Valencia-Sanchez et al., 2006). Auch ein rückwirkender Effekt der unfolded-protein-response (UPR) auf die mRNA ist denkbar: Die UPR wird durch ER-Stress ausgelöst und führt zur Expression von Chaperonen und der Sekretion fehlgefal-teter Proteine aus dem ER (Walter, Ron, 2011). Zudem wird jedoch auch ER-assoziierte mRNA entfernt (Reid et al., 2014) und teilweise gezielt abgebaut um die Neusynthese fehlgefalteter Proteine zu reduzieren (Hollien et al., 2009; Maurel et al., 2014). In der Plbd2-mut-Linie liegt die Deletion in Exon 1 (Asp87-Ala92) direkt vor einer Glykosylierungsstelle (Asn93). Möglicherweise führte diese Deletion zu einer Fehlfaltung des Proteins, welches dann bei der Calnexin/Calretikulin-abhängigen Bindung der Glykosylierung in der ER-Qualitätskontrolle erkannt wird (Ruddock, Molinari, 2006).

Der resultierende ER-Stress könnte neben dem Abbau des Proteins auch die beobachtete Reduktion der Plbd2-mRNA erklären.

Auch wenn in der qPCR-Analyse in den Plbd2-HH- und Plbd2-KO-Mausmodellen verbliebene mRNA nachgewiesen werden konnte, ist die Synthese von funktionellem Protein höchst unwahrscheinlich, da die Mutations-bedingten PTCs in Exon 5 die Translation inhibieren. Aus Vorarbeiten ist bekannt, dass die Plbd2-mRNA in unterschiedlichen Splice-Varianten auftreten kann (Hohensee, 2008). Um die mutierten Exons aus der reifen mRNA herauszusplicen und dabei das Leseraster zu erhalten, müssten aufgrund der Start- und End-Phase der Exons im Plbd2-Transkript die Exons 5 - 7 entfernt werden. Derartige mRNAs würden höchstwahrscheinlich zu keinem funktionellen Protein translatiert.

Die Verteilung der Plbd2-Proteinsignale in WT-Geweben im Western-Blot entsprach der Verteilung in der qPCR. Weder in den korrespondierenden knockout-Geweben, noch in Lysosomen-angereicherten Fraktionen aus der Leber (Tritosomen) von knockout-Tieren konnte hingegen Plbd2-Protein detektiert werden. Das Plbd2 wurde somit in den erzeugten Mausmodellen auf Plbd2-Proteinebene entfernt. Für das Mausmodell Plbd2-mut hätte aufgrund der genomischen Deletion, die nicht zu einem vorzeitigen Translationsstopp führen sollte, die Expression eines inaktiven Pro-Plbd2 erwartet werden können. In Tritosomen war dieses inaktive Protein im Western-Blot nicht zu detektieren, was für dessen Fehlfaltung und Abbau im ER spricht. Inwiefern im Western-Blot in den Plbd2-mut-Geweben noch ER-ständiges Pro-Plbd2 vorhanden ist, kann aufgrund der starken Überlagerung durch Plbd2-fremde Signale nicht eindeutig geklärt werden. Das hohe verbleibende mRNA-Signal in der qPCR lässt jedoch die Expression von fehlgefaltetem Pro-Plbd2 und den Abbau im ER vermuten.