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5.1 Autokatalytische Prozessierung des Pro-Plbd2

Eine Gemeinsamkeit aller bekannten Ntn-Hydrolasen ist die autokatalytische Spaltung des Vorläuferproteins in ein N-terminales - und ein C-terminales -Fragment, wodurch das katalytische Nukleophil freigelegt wird (Oinonen, Rouvinen, 2000). Die katalytisch aktive Aminosäure kann dabei, wie bei Plbd2, durch ein Cystein oder alternativ durch ein Serin bzw. ein Threonin gebildet werden (Pei, Grishin, 2003). Durch eine weitere Spaltung kann ein Linkerpeptid entfernt und das aktive Zentrum für das Substrat zugänglich gemacht werden (Kim et al., 2006). Eine proteolytische Prozessierung ist auch bei anderen lysosomalen Enzymen eine Bedingung für deren Aktivierung (Turk et al., 2012) und sollte unter diesem Aspekt auch für das Plbd2 nachvollzogen werden, um einen in vitro Enzym-Assay mit rekombinant hergestelltem Protein und potentiellen Substraten zu ermöglichen.

5.1.1 Plbd2-WT, aber nicht die Mutante-C249S, wird in vitro autokatalytisch gespalten In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Azidifizierung eine Bedingung für die autokata-lytische Spaltung des Pro-Plbd2 in vitro darstellt (Abschnitt 4.1.3), was auch für weitere Cystein-Ntn-Hydrolasen gezeigt werden konnte (Lodola et al., 2012). Schon nach kurzer Inkubation des aufgereinigten Pro-Plbd2 in saurem Puffer, konnte eine deutliche Spaltung in ein Pro- - und ein

-Fragment beobachtet werden. Die autokatalytische Spaltung schien somit mit schneller Kinetik ab-zulaufen, führte dabei, im Gegensatz zu anderen Ntn-Hydrolasen (Shtraizent et al., 2008), jedoch auch nach mehrtägiger Inkubation nicht zur Spaltung des gesamten Plbd2 in die Fragmente

und .

Das Cystein249 im aktiven Zentrum ist dabei zwingende Voraussetzung für die autokatalytische Spaltung in vitro, so konnte bei Inkubation der aufgereinigten Plbd2-Mutante C249S in saurem Acetatpuffer keine Spaltung des Pro-Plbd2 gezeigt werden. Während in anderen Ntn-Hydrolasen ein Serin die katalytische Aminosäure bilden kann (Hewitt et al., 2000), scheint dieses im Plbd2 die Funktion des Cysteins nicht ersetzen zu können.

5.1.2 Die Plbd2-C249S-Mutante wird intrazellulär proteolytisch gespalten

Bei Expression der Mutante Plbd2-C249S in Hela-Zellen wäre aufgrund des fehlenden Cystein-Nukleophils zu erwarten, dass die autokatalytische Prozessierung ausbleibt und ausschließlich die proteolytische Spaltung im Bereich des -Fragments auftritt, sodass ein N-terminales 1-Fusionsfragment und das C-terminale 2-Fragment nachweisbar wäre. Tatsächlich konnten jedoch auch das -Fragment und das -Intermediat detektiert werden (Abschnitt 4.1.2), die aus der Ntn-charakteristischen Spaltung im Bereich des aktiven Zentrums resultieren und mit ähnlicher

Intensität wie im WT-Plbd2 auftraten. Die Fragmente konnten dabei anhand des N-Glykan-Musters eindeutig identifiziert werden. Da diese Spaltung sowohl bei der Überexpression der C249S- als auch einer C249A-Mutante intrazellulär, jedoch nicht im Zellkulturüberstand beobachtet werden konnte, ist die Beteiligung einer intrazellulären lysosomalen Protease an diesem Schritt wahrscheinlich. Eine proteolytische Spaltung eines 10-Aminosäuren Linkerpeptids, die auch bei einer autokatalytisch inaktiven Mutante im Lysosom auftritt, konnte ebenfalls für die lysosomale Ntn-Hydrolase Aga (Aspartyl-Glukosaminidase) gezeigt werden (Ikonen et al., 1993) und ist ferner für die lysosomale Ntn-Hydrolase Naaa (NAE-hydrolyzing acid amidase) wahrscheinlich (Tsuboi et al., 2005).

Durch die Inkubation der aufgereinigten Mutante Plbd2-C249A mit Lysosomen-angereicherten Fraktionen aus muriner Leber (Tritosomen), sollte die proteolytische Spaltung des Pro-Plbd2 in vitro nachvollzogen werden (Abschnitt 4.1.3). Bei der Zugabe der Tritosomen wurde das WT-Plbd2 fast vollständig gespalten, wohingegen die Mutante Plbd2-C249A durch die Zugabe der Tritosomen nicht spaltbar war. Aus den Daten kann geschlossen werden, dass die Zugabe der Lysosomen-angereicherten Fraktion die Spaltung des Pro-Plbd2 verstärken kann, jedoch nicht ausreichend ist, den Defekt der autokatalytischen Prozessierung zu kompensieren. Anstelle der Autokatalyse müsste eine lysosomale Endoprotease wie etwa Cathepsin (Cts) L, CtsD oder die AEP (Asparaginyl Endopeptidase) die initiale Spaltung des Linkerpeptids übernehmen. Möglicherweise war die relevante Endoprotease, deren Aktivität an Plbd2 in vivo zu beobachten war, unter den vorliegenden pH- oder Redox-Bedingungen nicht aktiv (Jordans et al., 2009).

Bei Überexpression der Mutante Plbd2-C249A wiesen die Banden des -Fragments und des 1-Fusionsfragments im Western-Blot eine ähnliche Signalintensität auf (Abbildung 15), was eine ähnliche Kinetik der beiden zugrunde liegenden Prozessierungsschritte des Pro-Plbd2 vermuten lässt. Auch bei der Expression des Plbd2-WT waren beide Banden zu erkennen, wobei das Signal des

-Fragments deutlich stärker war als das des 1-Fusionsfragments. Für die Reaktionskinetik würde dies bedeuten, dass die autokatalytische Spaltung am aktiven Zentrum deutlich schneller abläuft als die proteolytische Spaltung im -Fragment (Abbildung 72). Für mehrere Cathepsine

Abbildung 72: Schematische Darstellung der Prozessierung des Pro-Plbd2.

Dargestellt ist die schematische Anordnung der N-Glykane auf dem His6-markierten Pro-Plbd2.

Die Reaktionsgeschwindigkeit der Autokata-lyse überwiegt gegenüber den proteolytischen Prozessierungsschritten, weshalb bevorzugt die - und -Fragmente aus dem Pro-Plbd2 gebildet werden. Die Spaltung des -Fragments und Abspaltung des Propeptids verlaufen langsamer.

konnte gezeigt werden, dass die autokatalytische Prozessierung bereits kurz nach der Synthese in sauren prä-lysosomalen Kompartimenten stattfindet, während eine weitere proteolytische Spaltung erst deutlich später, vermutlich in den reifen Lysosomen, zu detektieren war (Mach, 2002). Wird die initiale autokatalytische Spaltung des Pro-Plbd2 durch die Mutation des Cys249 unterbunden, konkurrieren die proteolytischen Spaltungen mit ähnlicher Kinetik demnach im Lysosom um die Prozessierung des Pro-Plbd2, wobei entweder das -Fragment oder das 1-Fusionsfragment zuerst gebildet wird.

5.1.3 Das Pro- -Fragment wird proteolytisch verkürzt

Die Aktivität einer lysosomalen Protease am Linkerpeptid nahe des aktiven Zentrums wurde bereits bei der Analyse der Kristallstruktur des Plbd2 postuliert, bei der ein Peptid von 10 - 12 Aminosäuren identifiziert werden konnte, das nach der autokatalytischen Spaltung am CTerminus des -Fragments in die aktive Tasche des Proteins reicht (Lakomek, 2009). Bei der Inkubation von rekombinantem Plbd2 mit Tritosomen in vitro, trat im Western-Blot eine zusätzliche Bande auf, die dem verkürzten -Fragment ohne das Linkerpeptid entsprach. Die Abspaltung dieses Peptids setzt in vitro die Aktivität einer Carboxypeptidase voraus, die das Pro- -Fragment nach der Autokatalyse verkürzen kann, aber nicht in der Lage wäre, die Plbd2-C249A-Mutante endoproteolytisch zu spalten. Neben den Cystein-Proteasen CtsZ und CtsB (Turk, Turk, 2008) kommen für den Abbau des Linkerpeptids auch die lysosomalen Serin-Carboxyproteasen Scpep1, CtsA und CtsG in Frage (Taylor, Tappel, 1974; Pan et al., 2014).

Um den Größenunterschied zwischen dem Pro- -Fragment in vitro und dem -Fragment in vivo zu begründen, ist die Abspaltung des 1,2 kDa-Linkerpeptids (Lakomek, 2009) nicht ausreichend. Da der C-Terminus des -Fragments durch die Glykosylierung bei Asn236 definiert ist (Deuschl, 2008), ist eine N-terminale Verkürzung des Fragments wahrscheinlich. Der N-Terminus des Plbd2 ist erst ab His85 zwischen verschiedenen Spezies stark konserviert (Alignment siehe Anhang). Der weniger

Abbildung 73: Tertiärstruktur des Plbd2.

Gezeigt ist die Tertiärstruktur des Plbd2 mit dem Fragment in Hellblau, dem -Fragment in Gold und dem gering konservierten N-terminalen Bereich von L47 – F84 in Rot dargestellt, die Position des A74 ist in Rot hervorgehoben.

konservierte Bereich zwischen Lys47 und Phe84 liegt in der Kristallstruktur des murinen Plbd2 jedoch an exponierter Position (Abbildung 73) und könnte besonders im Bereich der loop-Struktur um Ala74 Ziel einer Endopeptidase sein. Auch die sukzessive Verkürzung durch eine lysosomale Aminopeptidase (CtsH oder CtsC/DPPI) ist möglich und konnte beispielsweise für den N-Terminus von CtsB gezeigt werden (Rowan et al., 1992).

5.1.4 Die Inkubation mit Tritosomen verstärkt die autokatalytische Spaltung

Die sukzessive Abspaltung des Linkerpeptids durch eine Carboxypeptidase erklärt nicht die verstärkte Spaltung des Pro-Plbd2 nach Zugabe der Tritosomen. Denkbar ist, dass die Autokatalyse des Plbd2 durch die Zugabe relevanter Kofaktoren aus den Tritosomen verstärkt wird. Für die Aktivierung des CtsD konnte gezeigt werden, dass eine Oligomerisierung des Pro-Enzyms mit Prosaposin bereits im Golgi-Apparat stattfindet und die autokatalytische Aktivierung in den Lysosomen stimuliert (Gopalakrishnan et al., 2004). Auch für das Plbd2 wurde eine Interaktion mit CtsD postuliert (Kettwig, 2010), wobei ein Einfluss auf die autokatalytische Aktivierung durch eine Hetero-Oligomerisierung mit CtsD und Prosaposin möglich erscheint.

Ebenfalls möglich wäre ein kooperativer Effekt, bei dem matures Plbd2 die autokatalytische Prozessierung des Pro-Plbd2 verstärkt, so wie es für CtsB und Pro-CtsB gezeigt werden konnte (Rozman et al., 1999). Ferner wurde für die Ntn-Hydrolase Aga nachgewiesen, dass die Dimerisierung des Proteins zu einer intramolekularen Spannung führt, die eine autokatalytische Spaltung am aktiven Zentrum begünstigt (Wang, Guo, 2003). Auch für das Plbd2 konnte eine Dimerisierung nachgewiesen werden (Kettwig, 2010), sodass ein ähnlicher, konzertierter Mechanismus bei der autokatalytischen Aktivierung denkbar ist.