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Betriebliche Kontrolle: zur strategischen Gestaltung von Aktivitätsfeldern

Um die unterschiedlichen Reorganisationsmodi in der IT-Industrie und deren Folgen für die For-men der Kontrolle miteinander vergleichen und interpretieren zu können, müssen diese als Kombi-nation unterschiedlicher Ausprägungen von bestimmten Dimensionen von Kontrolle fassbar sein.

Auch hierbei stellt der Ansatz Friedmans einen nützlichen Untersuchungsrahmen bereit. Der Grundgedanke der Friedmanschen Konzeption zur Bestimmung der in einem Unternehmen ver-folgten Kontrollstrategie besteht darin, dass die grundsätzliche Unterscheidung zwischen den Kon-trollstrategien „verantwortliche Autonomie“ und „direkte Kontrolle“ sich an bestimmten strate-gischen Aktivitäten des Managements in unterschiedlichen Dimensionen der Arbeitsorganisation

– sogen. Aktivitätsfeldern – festmachen lasse. Vier zentrale Aktivitätsfelder stellen demnach die zentralen Dimensionen zur Bestimmung der Form der Arbeitskontrolle dar. Sie dienen auch in dieser Studie als zentrale Untersuchungsdimensionen:

– Aufgabenorganisation – Kontrollstruktur

– Kooperationsbeziehungen

– Interne und externe Arbeitsmärkte

In jedem Aktivitätsfeld bündeln sich bestimmte Aktivitäten des Managements. Für welche stra-tegische Orientierung die eine oder andere Art der Ausführung der Managementaktivitäten schließ-lich spricht, kann über die Ausprägungen der sogen. strategischen Dimensionen jedes Feldes be-stimmt werden. Zusammen betrachtet, geben sie Aufschluß über die strategische Orientierung des Managements in jedem dieser Aktivitätsfelder.

Im folgenden sollen kurz die Aktivitätsfelder, die darin gebündelten Aktivitäten sowie deren strategische Dimensionen näher beschrieben werden. Eine Übersicht gibt die Tabelle 4.1 (S. 50).

Abbildung 4.1: Managementstrategien, Aktivitätsfelder und strategische Dimensionen (leicht verändert nach Friedman 1990b, S.189)

4.3.1 Aufgabenorganisation

Das Feld der Aufgabenorganisation beinhaltet die Aktivitäten des Managements, mit denen die Gesamtaufgabe der Produktion in einzelne Arbeitsaufgaben der Beschäftigten heruntergebrochen und in einen arbeitsteiligen Ablauf integriert wird.

Genauer berücksichtigt werden dabei die Art und Weise, in der Arbeitsaufträge erteilt werden, die Arbeitsmethoden, die Zeitplanung der Produktion, die Strukturen der Organisation, sowie die zur Verfügung stehenden Werkzeuge und Maschinen (Friedman 1987, S. 112).

Mit der „Art der Auftragserteilung“ wird gefasst, wie in einem Unternehmen die Aufgaben für die Beschäftigten – im Fall dieser Studie also der Softwareentwickler – definiert und verteilt

werden. Dies kann durchaus variieren. So können sich Unternehmen, bzw. die Ansätze des Ma-nagements dahingehend unterscheiden, wieviel Mitsprachemöglichkeiten die Beschäftigten bei der Definition der Arbeitsaufgaben haben, welchen Umfang und Komplexitätsgrad die verteilten Auf-gaben haben und ob die ArbeitsaufAuf-gaben an eine Gruppe von Personen vergeben oder einzeln zugewiesen werden. Wichtig ist dabei auch, wie weitreichend die Arbeitsaufgaben vorspezifiziert sind, da dieser Punkt entscheidend darüber bestimmt, inwiefern die Beschäftigten eigene Problem-lösungskompetenzen einbringen müssen bzw. können.

Die „Arbeitsmethoden“ in der Produktion beziehen sich auf die realen Arbeitsabläufe im Be-trieb, also auf die Frage wie z.B. im Falle der Softwareentwicklung eine Spezifikation für ein Softwareprogramm in ein lauffähiges Programm umgesetzt wird. Angesprochen sind damit die unterschiedlichen im Arbeitsprozess involvierten Rollen und deren Form der Zusammenarbeit.

Interessant sind in dieser Hinsicht aber auch Fragen der Gestaltung der Arbeitsplätze und -zeiten, soweit sich diese auf die Art der Aufgabenbearbeitung der Entwickler auswirken.

Mit den Aktivitäten hinsichtlich der „Zeitplanung und Organisationsstrukturen“ wird die for-male Seite der Aufgabenbearbeitung abgedeckt. Hier werden die Strukturen des Unternehmens und der Teams berücksichtigt: Wie sind die Projekte aufgebaut, wieviele Hierarchiestufen gibt es und welche Tätigkeitsprofile sind damit verbunden? Selbstverständlich gehört auch die zeitliche Planung der Arbeitsprozesse in diese Kategorie, im Falle dieser Studie also Fragen, wie z.B. die einzelnen Phasen der Softwareentwicklung zeitlich geregelt sind. Gerade auch im Hinblick auf die Untersuchung der Arbeitskontrolle beim indischen IT-Dienstleister sind an diesem Punkt die zeit-lichen Vereinbarungen, die zwischen Dienstleister und Kunde in Bezug auf die Arbeitsaufgaben getroffen werden, von entscheidender Bedeutung.

Schließlich hängt die Gestaltung der Arbeitsaufgaben auch an den vorhandenen „Werkzeugen und Maschinen“. Dieser Aspekt verweist auf die im Arbeitsprozess genutzten technologischen und maschinellen Grundlagen, hier also die vorfindlichen informationstechnischen Infrastruktu-ren, wie z.B. die von den Entwicklern zu nutzenden Programmierumgebungen und sonstigen technischen Hilfsmittel (Zentrale Datenbanken, computergestütztes Wissensmanagement, Kom-munikationsmedien, etc.).

Alle genannten Aktivitäten dieses Feldes bestimmen demnach auf die eine oder andere Weise über die Formen der Arbeitsaufgaben der Beschäftigten und die Art und Weise, in der diese von jenen bearbeitet werden. Um die Aktivitäten im Hinblick auf die verfolgte Strategie des Manage-ments zu interpretieren, werden die Aktivitäten des ManageManage-ments auf dieAusprägungen der stra-tegischen Diemensionendieses Feldes bezogen. Als strategische Dimensionen des Feldes der Aufga-benorganisationwerden bei Friedman die drei Dimensionen Aufgabenlänge, Aufgabenvielfalt und die kreativen Anforderungen der Arbeitsaufgaben berücksichtigt (ebd., S.115). „Kreativ“ meint in diesem Zusammenhang, dass eine Arbeitsaufgabe von den Beschäftigten eigene Problemlösungs-kompetenzen erfordert, weil die Aufgabenstellung neu ist und/oder (noch) keine Vorgaben für deren Erledigung existieren, so dass Probleme selbständig gelöst werden müssen.

In diesem begrifflichen Rahmen gefasst, wird erwartet, dass sich Strategien der „direkten Kon-trolle“ und Strategien, die eher dem Leitbild „der verantwortlichen Autonomie“ folgen, in diesen strategischen Dimensionen unterschiedlich darstellen. So sollte eine Kontrollstrategie, die eher in Richtung „direkte Kontrolle“ tendiert, eher routinisierte, wiederkehrende und kurztaktige Ar-beitsaufgaben präferieren, die den einzelnen Beschäftigten wenig kreative Anforderungen abver-langen. Eine Strategie der „verantwortlichen Autonomie“ hingegen sollte eher auf die individuel-len Lösungsfähigkeiten der Beschäftigten abzieindividuel-len und ihnen daher Zeit und Handlungsspielräume bei der Bearbeitung einräumen, die sich dann in grob spezifizierten und langfristig terminierten

Arbeitspaketen niederschlagen sollten, die von hohen kreativen Ansprüchen gekennzeichnet sind.

4.3.2 Kontrollstruktur

Das zweite Aktivitätsfeld –Kontrollstruktur– bezeichnet einen Kernbereich der vom Management verfolgten Strategien.

Um an dieser Stelle begriffliche Verwirrung zu vermeiden, muss eine Anmerkung zur Verwen-dung des Kontrollbegriffes bei Friedman gemacht werden. So wird der Begriff in der vorgestell-ten Konzeption doppelt verwandt: Einerseits soll die Strategie der betrieblichen Kontrolle über die Analyse von Aktivitätsfeldern bestimmt werden, wobei andererseits die „Kontrollstruktur“

gleichzeitig ein eigenes Aktivitätsfeld bezeichnet. Die Verwirrung resultiert aus einer doppelten Bedeutung des Begriffs der Kontrolle, der für die Labour Process Theory (LPT) generell typisch ist. So unterscheidet auch Thompson (1989) zwischen „general“ und „immediate control“ über Ar-beitsprozesse. Auf der einen Seite bezieht sich der Begriff der Kontrolle auf den generellen Kontrol-limperativ, der aus den spezifischen Bedingungen des kapitalistischen Arbeitsprozesses entsteht, und beinhaltet, dass das Management auf die eine oder andere Weise den Arbeitsprozess beherr-schen und gestalten muss (vgl. auch Voß und Pongratz 1998). Auf der anderen Seite („immediate control“) soll mit dem Begriff der Kontrollstruktur jedoch auch die konkrete Involviertheit des Managements in den Arbeitsablauf angesprochen werden. So gefasst, bedeuten auch permissive Kontrollstrategien eine generelle Kontrolle des Arbeitsprozesses durch das Management, diese ist lediglich im Arbeitsprozess weniger präsent. Denn die Implementierung dieser Form der Aufga-benorganisation ist ja ihrerseits Ergebnis gestaltender Maßnahmen des Managements. Das Akti-vitätsfeld der Kontrollstruktur bezieht sich folglich auf diesenkonkreten Aspektder Kontrolle im Arbeitsprozess.

Im Feld der Kontrollstruktur werden unterschiedliche Ebenen und Phasen der Kontrolle unter-schieden.

Die drei Ebenen der Kontrollstruktur sind Anleitung und Anweisung, Überwachung und Eva-luation von Arbeitsschritten (Friedman 1987, S.116). Auch wenn für gewöhnlich alle 3 Ebenen vom Management strategisch bearbeitet werden, lassen sich doch auch Unterschiede in der Schwer-punktsetzung ausmachen. Wenn ein Unternehmen z.B. den Schwerpunkt auf die möglichst detail-lierte Anleitung und Anweisung der Beschäftigten legt, kann damit ein weniger straffes Überwa-chungssystem ausgeglichen werden. Umgekehrt kann eine enge Überwachung des Prozesses auch hohen Aufwand bei der Evaluation ersparen. Dementsprechend können diese drei Ebenen der Kontrolle auch substitutiv zueinander stehen.

Die Aktivitäten des Managements im Feld der Kontrollstruktur können sich jedoch nicht nur auf unterschiedliche Ebenen, sondern zudem auf unterschiedliche Phasen des Kontrollzyklus rich-ten. Unter Kontrollzyklus wird verstanden, dass jeder arbeitsteilige Arbeitsprozess grundsätzlich aus den (wiederkehrenden) Phasen des Arbeitsbeginns, -prozesses und -ergebnisses besteht, die vom Management auf den genannten Ebenen jeweils kontrolliert werden können.

Die strategischen Dimensionen des Feldes derKontrollstrukturbestehen in der Dichte und Ge-nauigkeit von Anweisung, Überwachung und Beurteilung. Diese Dimension zielt also schwer-punktmäßig auf die Erfassung des Handlungsspielraums der Beschäftigten ab. Weitere strategische Dimensionen sind der Formalisierungsgrad der Kontrolle, die Frage, ob vornehmlich Arbeitser-gebnisse oder -prozesse überwacht werden, sowie die im Betrieb präferierte Anreizstruktur (vgl.

ebd., S.117).

Für restriktive Kontrollstrategien wird erwartet, dass die Kontrollstruktur möglichst klein-schrittige und detaillierte Anweisungen und engmaschige Überwachungsmechanismen beinhaltet, sowie schwerpunktmäßig mit einer präzisen Überwachung der Arbeitsprozesse einhergeht. Die präferierte Anreizstruktur besteht hier erwartungsgemäß im Bestrafen von Abweichungen vom vorgegebenen Vorgehen4.

Permissive Kontrollstrategien werden hingegen eher weniger detaillierte Vorgaben hinsichtlich der Arbeitsaufgaben und auch eine ebenfalls weniger strikte Überwachung beinhalten, um die Selbstorganisation und Initiative der Beschäftigten so wenig wie möglich zu hemmen. Statt des-sen setzen permissive Kontrollstrategien, so die Erwartung, eher auf eine Überwachung der Ar-beitsergebnisse am Ende der Arbeitsprozesse bzw. einzelner Abschnitte der Arbeitsabläufe. Ein derartiger Ansatz setzt demnach eher bei den beteiligten Personen an, indem die individuell gezeig-te Arbeitsleistung über die geliefergezeig-ten Ergebnisse, z.B. in Form von Zielvereinbarungsgesprächen und/oder regelmäßig stattfindenden Meilensteinen überwacht und gemessen wird. Um freiwillige Leistungsbereitschaft und selbstständiges Arbeiten zu befördern, beinhalten die Anreizstrukturen bei permissiven Kontrollstrategien idealer Weise primär positive Anreize, z.B. in Form von Bonus-zahlungen bei besonderen Leistungen.

4.3.3 Kooperationsstrukturen

Das Aktivitätsfeld derKooperationsstrukturenbeinhaltet „die Förderung, die Behinderung und das Organisieren der Kommunikation“ (ebd., S.120) zwischen verschiedenen Gruppen von Beschäf-tigten.

Das verweist auf die Herstellung von Kern- und Randbelegschaften, die unterschiedlich kon-trolliert werden, wobei die Existenz der einen Gruppe eine schärfere Kontrolle der anderen erst ermöglicht. Zu denken ist an Konstellationen, in denen die eher nach verantwortlicher Autono-mie kontrollierte Kernbelegschaft über die Existenz einer großen Randbelegschaft, die auf den Kernbereich drängt, unter Druck gesetzt werden kann.

Für Friedman ist dieses Aktivitätsfeld demnach stark an die Aufrechterhaltung von betrieblicher Herrschaft gekoppelt, und er untersucht es vor allem in Bezug auf möglichen Arbeiterwiderstand.

Dies ist zwar bei den hier untersuchten IT-Firmen – und vermutlich auch generell bei IT-Firmen und IT-Beschäftigten aufgrund deren traditionell niedrigem gewerkschaftlichen oder sonstwie kol-lektiven Organisierungsgrad – nicht so relevant, jedoch hat diese Dimension auch für die in dieser Studie behandelte Fragestellung einigen Erklärungswert.

Dies betrifft etwa das Verhältnis, das die Firma zwischen den räumlich getrennten Teilen des Projektteams (Onsite/Offshore) zu errichten bemüht ist: Lernen sich die Beschäftigten persönlich kennen oder sind es eher knapp gehaltene, formalisierte Kontakte? Kommt es zu persönlichem Austausch und wie nehmen sich die beiden Gruppen gegenseitig wahr? Da es sich bei Offshoring-Konstellationen meist um Kooperationsstrukturen zwischen Hoch- und Niedriglohnstandorten handelt, stellen die Standorte jeweils auch eine Gefahr füreinander dar. Bei NovoProd z.B. be-schweren sich einige indische Beschäftigte, dass die deutschen Beschäftigten unwillig seien, ihre Arbeit zu dokumentieren und ihr Wissen zu teilen, was zu schlechteren Ergebnissen auf indischer Seite führe. Gleichzeitig haben die deutschen Beschäftigten Angst, dass bald auch ihr Arbeitsplatz nach Indien verlagert wird. Da es sich in diesem Fall jedoch wirklich um ein transnationales

Pro-4Es muss zum besseren Verständnis an dieser Stelle noch einmal erwähnt werden, dass es sich hier um sehr zugespitzte Annahmen über Zusammenhänge handelt. So kann natürlich auch selbst in sehr eng überwachten Arbeitsformen, wie der Fließbandarbeit auch mit positiven Leistungsanreizen gearbeitet werden, die dann entsprechend negative Anreize ergänzen und ausgleichen.

jektteam handelt, also beide Seite miteinander kooperieren müssen, stellen solche Konkurrenzver-hältnisse eine Gefahr für das Gelingen der Projekte dar. Das Verhältnis, in das die beiden Standorte zueinander gesetzt werden, hat demnach großen Einfluss auf die Form der Zusammenarbeit und die Kooperationsbereitschaft der Beschäftigten. Es darf daher erwartet werden – und die empi-rischen Ergebnisse stützen diese Vermutung – dass die Gestaltung der Kooperationsstrukturen zwischen dem deutschen und dem indischen Teil eines Projektteams ein wichtiges Feld für Mana-gementaktivitäten in unseren beiden Sampleunternehmen darstellt.

Doch auch über die reine Onsite-Offshore-Beziehung hinaus, ist die Art und Weise, in der das jeweilige Management Kooperationsbeziehungen zwischen den Beschäftigten fördert oder auch hemmt, von hohem Erkenntniswert.

Wie Kontrolle sich gestaltet, hängt nicht zuletzt davon ab, in welches Verhältnis die verschie-denen Abteilungen und auch die einzelnen Beschäftigten eines Betriebes zueinander gesetzt wer-den und wie intensiv die Kooperationsbeziehungen zwischen wer-den Entwicklern eines Teams sind – teamübergreifend und evtl. auch organisationsübergreifend (zu Beschäftigten bei Kunden- oder Partnerfirmen).

Die strategischen Dimensionen des Feldes derKooperationsstrukturenbetreffen zum einen die Intensität der Kommunikation und die Form derselben (technisch, persönlich), und zum anderen die Art und Weise, in der Beschäftigtengruppen miteinander in Verhältnis gesetzt werden (koope-rativ oder konkurrenzförmig).

Es wird erwartet, dass restriktive Kontrollstrategien auch aufgrund der typischen Formen der Aufgabenorganisation weniger intensive Kommunikationsbeziehungen erfordern, als dies bei per-missiven Strategien der Fall ist. Werden Arbeitspakete detailliert vorgeschrieben und eng über-wacht, ist das Maß der zur Bearbeitung nötigen Kommunikation eingrenzbar. Zudem würde man bei restriktiven Kontrollstrategien erwarten, dass die Kommunikation stark formalisiert und – sofern realisierbar – auch technisch gestützt stattfindet.

Sind Arbeitspakete hingen weit spezifiziert und sind die Beschäftigten aufgerufen, eigene Lösun-gen zu finden, sollte der Grad der Kommunikation zwischen Beschäftigten im Team oder auch in anderen Abteilungen zunehmen, von denen Informationen eingezogen werden müssen und deren Kooperation erwünscht oder nötig ist.

Für die vorliegende Studie sind diese strategischen Dimensionen zentral. Denn der Grad der Kommunikation und die Form derselben sind, sowohl im Hinblick auf die Beziehung zwischen einzelnen Abteilungen und Teams an einem Standort, als auch auf die Beziehung zwischen Stand-orten, eine wichtige Dimension bei der Gestaltung der räumlich verteilter Projektteams. Gilt IT-Arbeit gemeinhin als schwierig exakt vorzuschreiben und im Ablauf eng zu überwachen, so wer-den gute Kommunikationsbeziehungen als wesentliche Voraussetzung der Arbeitsverausgabung angesehen. Gerade diese wird durch die räumliche Verlagerung erschwert. Zum einen natürlich ganz grundsätzlich durch die große Entfernung zwischen Standorten – zusätzlich erschwert durch unterschiedliche Zeitzonen, die das gemeinsame „Zeitfenster“ für direkte Kommunikation verklei-nern – aber zum anderen auch durch die oft beschworenen kulturellen Unterschiede zwischen Be-schäftigtengruppen an weit entfernten Standorten. Die Steuerung der Kommunikation zwischen den Standorten genießt demnach bei Verlagerungsprojekten hohe Priorität (vgl. z.B. BITKOM 2005).

4.3.4 Arbeitsmarktbeziehungen

Das Aktivitätsfeld derinternen und externen Arbeitsmarktbeziehungenschließlich betrifft das Ver-hältnis des Betriebes sowohl zu den externen Arbeitsmärkten (von denen Beschäftigte rekrutiert und auf die sie wieder entlassen werden), als auch zu den internen Arbeitsmärkten, die Friedman als „Mechanismen innerhalb der Firma“ bezeichnet, „durch die den Arbeitern Positionen mit un-terschiedlicher Bezahlung und Status zugewiesen werden“ (Friedman 1987, S. 118).

Die Aktivitäten des Managements lassen sich in diesem Feld in Rekrutierung, Aus- und Weiter-bildung, Aufstieg und Freisetzung unterteilen (ebd., S. 118).

Erfasst wird also zunächst die Art und Weise, in der Unternehmen ihre Beschäftigten rekrutie-ren. Hier können große Unterschiede dahingehend bestehen, nach welchen Kriterien die Unter-nehmen vorgehen und welche Zielgruppe sie anpeilen. Gerade im Hinblick auf die in dieser Studie untersuchten Betriebe im indischen Bangalore mit seinen umkämpften Arbeitskräften z.B. stellt sich das Problem, an eine ausreichende Zahl gut qualifizierter Arbeitskräfte zu kommen.

Nach der Rekrutierung müssen Beschäftigte an das Unternehmen heran- und in die Arbeitspro-zesse eingeführt werden. Dabei sind die Einarbeitungs- und in der Folge die Weiterbildungsak-tivitäten von besonderer Bedeutung. Wie lange dauert es z.B., bis die neueingestellten Beschäf-tigten selbständig im Betrieb arbeiten können und wie wird das nötige Wissen vermittelt? Hier bestehen enge Verbindungen zum Bereich der Aufgabenorganisation, denn enge, klar spezifizierte Arbeitsaufgaben werden voraussichtlich wesentlich weniger Einarbeitungszeit und qualifikatori-sche Voraussetzungen erfordern, als weite, mehr den Problemlösungsfähigkeiten der Beschäftigten überlassene Arbeitspakete.

Ebenfalls wichtig in diesem Feld sind die Karrierewege, die eng mit der Organisationsstruktur des Betriebes zusammenhängen. Entscheidend sind hier neben der Zahl an Hierarchiestufen auch die Beförderungsmodalitäten, also wer Einfluß auf etwaige Beförderunge hat und wie über solche entschieden wird.

Der letzte Punkt betrifft schließlich den Umgang des Unternehmens mit Beschäftigten, die kün-digen oder entlassen werden. Auch dies ist für die Untersuchung der indischen Betriebe aufgrund der hohen Fluktuationsraten am indischen Standort enorm wichtig. Zentral sind in dieser Hin-sicht die Aktivitäten des Unternehmens, um Personalfluktuation zu vermeiden und Beschäftigte an das Unternehmen zu binden (vgl. dazu auch Mayer-Ahuja und Feuerstein 2008).

Im Feld derinternen und externen Arbeitsmarktbeziehungenbetreffen die strategischen Dimen-sionen den Grad der Abhängigkeit des Betriebes von den Beschäftigten (bzw. bestimmten Beschäf-tigtengruppen) und das Ausmaß, in dem ein Betrieb bestrebt ist, sie an das Unternehmen zu bin-den.

Die Abhängigkeit verweist auf die mögliche Ersetzbarkeit von Personen (entsprechend deren Qualifikationen und Erfahrung) und ist damit in hohem Maße von der verfolgten Aufgabenschnei-dung und den daraus resultierenden Qualifikationsanforderungen, wie z.B. der Relevanz von be-triebsspezifischem, bzw. Erfahrungswissen, abhängig.

Eine hohe Abhängigkeit der Arbeitsabläufe von bestimmten (wenn nicht allen) Beschäftigten – wie dies für permissive Kontrollstrategien aufgrund der besonderen Form der Aufgabenschnei-dung typisch ist – sollte dazu führen, dass die BinAufgabenschnei-dung der Beschäftigten an den Betrieb für das Management hohe Relevanz besitzt und dass in dieser Hinsicht bestimmte Maßnahmen ergriffen werden müssen. Diese Maßnahmen können durchaus unterschiedlicher Art sein. Darunter würden z.B. bestimmte Sicherheitsgarantien, aber auch finanzielle oder symbolische Sonderzuwendungen fallen. Zentrales Feld für derlei Aktivitäten sind natürlich auch Fragen der Karrierewege und

Be-förderungen in einem Unternehmen.

Eine Kontrollstrategie der direkten Kontrolle, die auf kleine Arbeitspakete ohne hohe kreati-ve Anforderungen setzt, wird hingegen in geringerem Maße von bestimmten Beschäftigten oder -gruppen abhängig sein, eine Strategie der verantwortlichen Autonomie, die aufgrund der expli-ziten Nutzung individueller Problemlösungskompetenzen der Beschäftigten stark an Individuen gebunden ist.

So sollten sich in den Dimensionen „Abhängigkeit des Betriebes von Beschäftigten“ und „Ge-währung von Arbeitsplatzsicherheit“ wichtige Unterschiede zwischen diesen beiden Strategierich-tungen festmachen lassen.