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Bestimmung der Schwimmgeschwindigkeit und der Chemokinese von

4.4 Phänotypische Charakterisierung der neun putativen Chemorezeptoren von

4.4.3 Bestimmung der Schwimmgeschwindigkeit und der Chemokinese von

Das Schwärmvermögen eines Stammes liefert erste Hinweise auf die Beeinträchtigung von Motilität und Chemotaxis. Eine bessere Beurteilung der zugrunde liegenden Störung ermöglichen Schwimmgeschwindigkeits-Analysen mit dem Hobson-Bactracker-System (3.18).

Da die Rezeptoren sowohl ohne als auch in Anwesenheit von Lockstoffen regulierend auf die Kinaseaktivität von CheA einwirken können (Abb. 5), wurde die Schwimmgeschwindigkeit vor und nach Stimulierung mit Prolin gemessen (Tab. 8). Prolin wurde verwendet, weil es ein guter Lockstoff für S. meliloti ist (Tab. 7), was auch schon in einer früheren Arbeit festgestellt wurde (Götz et al., 1982). Seit dem wurde bei den Schwimmgeschwindigkeits-Analysen Prolin als Lockstoff verwendet, um verschiedene Messreihen besser miteinander vergleichen zu können. Die durchschnittliche Schwimmgeschwindigkeit des WT betrug 37,4 µm/sec, während die Deletion aller neun Rezeptorgene (Δ9, RU13/149) zu einer Erhöhung der Geschwindigkeit um 10 % führte. Dieser Effekt ist mit dem der Deletion der Histidinkinase cheA (RU11/310) vergleichbar (Abb. 21) und auf eine Unterdrückung der Taumelbewegungen durch die fehlende Stimulierung der Kinaseaktiviät durch die Rezeptoren erklärbar. Das Ergebnis steht in Einklang mit dem eines E. coli-Stammes, dem die beiden high-abundance Rezeptoren, Tar und Tsr, fehlen. Diese Zellen schwimmen geradlinig, weil die Flagellenmotoren aufgrund der geringen CheA-Aktivität ausschließlich gegen den Uhrzeigersinn (ccw) rotieren (Borkovich & Simon, 1990; Feng et al., 1999; Krikos et al., 1985). Rezeptor-Einzeldeletionsmutanten von S. meliloti sind am besten mit E. coli-Stämmen vergleichbar, die entweder Tar oder Tsr als einzigen Rezeptor exprimieren. Diese Mutanten besitzen in E. coli ein ausgeglichenes Verhältnis der Rotationsrichtungen der Flagellen (ccw : cw) und somit ein normales Lauf-Taumel-Verhalten (Feng et al., 1999; Krikos et al., 1985). Darum wurde erwartet, dass sich die

Schwimmgeschwindigkeiten der Rezeptor-Deletionsmutanten im Vergleich zum WT nur geringfügig ändern.

Tab. 8. Schwimmgeschwindigkeit des S. meliloti-WT und von 12 Chemotaxismutanten ohne und mit Stimulierung durch Prolin

Stamm Genotyp Schwimmgeschwindigkeit (µm/sec)1) + 10 mM Prolin

Chemokinese (%) 2)

RU11/001 WT 37,4 40,2 7,5

RU13/148 ΔmcpS 37,5 40,2 7,2

RU11/838 ΔmcpT 40,1 42,7 6,5

RU11/828 ΔmcpU 33,9 36,7 8,3

RU11/830 ΔmcpV 38,2 40,6 6,3

RU11/803 ΔmcpW 37,9 40,1 5,8

RU11/805 ΔmcpX 38,0 41,4 8,9

RU11/804 ΔmcpY 36,5 37,4 2,5

RU11/818 ΔmcpZ 37,1 40,0 7,8

RU11/815 ΔicpA 38,5 39,8 3,4

RU13/107 ΔmcpY ΔicpA 38,1 38,8 1,8

RU13/149 Δ9 (STUVWXYZicpA) 40,6 40,9 0,7

RU11/310 ΔcheA 40,0 40,2 0,5

1) Schwimmgeschwindigkeit vor und nach Stimulierung mit 10 mM Prolin. Für jeden Stamm wurden 1000 Einzelspuren aus fünf unabhängigen Experimenten mit dem Hobson bactracker-System analysiert.

2) Die Chemokinese entspricht dem Anstieg der Schwimmgeschwindigkeit nach Stimulierung mit Prolin in Prozent.

Diese Erwartung bestätigte sich für die Stämme ΔmcpS, ΔmcpV, ΔmcpW und ΔmcpX (Tab. 8).

Die Schwimmgeschwindigkeit dieser Mutanten war leicht erhöht (0,1 – 0,8 µm/sec), was auf den Wegfall der stimulierenden Wirkung auf die Kinaseaktiviät durch McpS, McpV, McpW und McpX zurückzuführen ist. Hinsichtlich der Erhöhung der Schwimmgeschwindigkeit zeigte die Deletion von mcpT den stärksten Effekt. Die ΔmcpT-Mutante schwamm um 7 % schneller als der WT (Tab. 8). Interessanterweise gab es auch Stämme, deren Schwimmgeschwindigkeit im Vergleich zu der des WT reduziert war. ΔmcpU, ΔmcpY und ΔmcpZ schwammen um 0,3 bis 3,5 µm/sec langsamer als der WT (Tab. 8). Am Auffälligsten war der Deletionsstamm ΔmcpU, der um 9% langsamer schwamm. Diese Verlangsamung ist auf eine erhöhte Taumelfrequenz der Mutante im Vergleich zum WT zurückzuführen. Wie Abb. 27 zeigt, sind die Läufe beim WT wesentlich länger und geradliniger als bei ΔmcpU (RU11/828). Die Mutante zeigt aufgrund der erhöhten Taumelfrequenz mehr Richtungswechsel (Abb. 27B) und schwimmt

Ergebnisse 91 langsamer als der WT. Auf molekularer Ebene kann dieses Verhalten durch eine Hemmung der Kinaseaktiviät durch McpU erklärt werden.

A B

50 µm 50 µm

Abb. 27. Vergleich der Schwimmspuren des S. meliloti WT (RU11/001) (A) und von ΔmcpU (RU11/828) (B). Die Aufnahmezeit mit dem Hobson-bactracker-System betrug 1 sec.

Im Folgenden wird die Chemokinese der Mutanten im Vergleich zum WT untersucht. Durch die Zugabe von Prolin als Lockstoff erhöht sich die Schwimmgeschwindigkeit des WT-Stammes um 7,5 %. Die Deletion aller Rezeptorgene im Δ9-Stamm resultiert, vergleichbar mit einer Deletion von cheA (Abb. 21), in einem fast vollständigen Verlust der Chemokinese.

Beide Stämme schwammen nur um 0,5 % bzw. 0,7 % schneller als vor der Lockstoffzugabe, was weniger als 10 % der WT-Reaktion entspricht. Für die Rezeptor-Deletionsmutanten ist eine reduzierte Chemokinese zu erwarten, wenn die Rezeptoren Prolin wahrnehmen. Aber für ΔmcpU, ΔmcpX und ΔmcpZ war das Gegenteil der Fall (Tab. 8). Ihre Reaktion auf die Lockstoff-Zugabe war um 4 % bis 19 % stärker als beim WT. Die anderen sechs Rezeptor-Mutanten zeigten die erwartete verringerte Antwort auf die Prolin-Zugabe. Der größte Verlust der Chemokinese-Fähigkeit wurde durch die Deletion der internen Rezeptoren mcpY und icpA, mit einer Reduzierung um 66 % bzw. 55 %, ausgelöst. Zusätzlich wurde in diesem Versuch auch die Doppel-Deletionsmutante ΔmcpYΔicpA (RU13/107, Abb. 18; 4.2.1) untersucht, der beide cytoplasmatische Rezeptoren fehlen. Ihre Schwimmgeschwindigkeit lag mit 38,1 µm/sec zwischen denen der Einzelmutanten. Der Verlust beider Gene gleichzeitig erniedrigt die Chemokinese-Reaktion auf Prolin um 74 %.

Wie kann das Verhalten der Rezeptormutanten auf Schwärmplatten mit den Ergebnissen der Schwimmgeschwindigkeits-Analysen verglichen und v. a. interpretiert werden? Ein Vergleich von Schwärmvermögen und absoluter Schwimmgeschwindigkeit der Mutanten (Abb. 25 und Tab. 8) erlaubt die Schlussfolgerung, dass eine geringe Schwimmgeschwindigkeit auch zu einem erniedrigten Schwärmvermögen führt (ΔmcpU), während „schnelle Schwimmer“ auch relativ gut schwärmen können (ΔmcpT). Allerdings ist für ein gutes Schwärmvermögen auch eine ausgeglichene Chemokinese wichtig. Denn Mutanten, wie ΔicpA oder ΔmcpX, mit einer extrem schwachen oder einer extrem starken Reizantwort, bilden auch geringere Schwärmring-Durchmesser als Stämme mit einer Reizantwort vergleichbar mit dem WT, wie ΔmcpS und ΔmcpZ.

4.4.4 Reaktion der Rezeptor-Deletionsmutanten auf Lockstoffe im