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4.2 Konstruktion von S. meliloti-Mutanten

4.2.2 Bereitstellung von Kontrollstämmen

4.2.2.1 Deletion des putativen zweiten cheA-Gens und phänotypische Charakterisierung der resultierenden Mutante

Die zentrale Komponente der Signaltransduktionskette von S. meliloti, die Histidin-Autokinase CheA, ist für die Chemotaxis essentiell. Der Verlust von CheA resultiert in einem chemotaktisch inaktiven Phänotyp (Sourjik & Schmitt, 1996). Für die phänotypische Charakterisierung von Chemotaxismutanten kann eine cheA-Deletionsmutante als Negativkontrolle herangezogen werden. Das Genom von S. meliloti enthält jedoch ein zweites Chemotaxis-Operon, mit einem cheA-Gen (Abb. 17). Nun galt es zu überprüfen, ob auch CheA2 an der Chemotaxis von S. meliloti beteiligt ist.

ΔcheA 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19

1,1 kb 3,2 kb

Abb. 19. Southern blot zur Überprüfung der cheA2-Deletion. Potentielle Mutanten sind numeriert. Es wurde ein BamHI-Verdau genomischer DNA durchgeführt. Als Sonde wurde ein 500 bp HindIII-XbaI-Fragment aus pRU2880 verwendet. Die erwarteten Banden für WT (3,2 kb) und ΔcheA2 (1,1 kb) sind durch Pfeile gekennzeichnet.

Das über PCR-Mutagenese (3.5.4.1) erzeugte cheA2-Deletionskonstrukt in pK18mobsacB, pRU2880 (Tab. 2), wurde über Konjugation und homologe Rekombination in das Genom des S. meliloti-Stammes RU11/001 eingeführt (3.7). Die in Abb. 19 dargestellte Southern blot-Analyse (3.8) der cheA2-Deletion zeigt, dass von den potentiellen Deletionsmutanten nur der Stamm 5 eine mit der Sonde hybridisierende Bande der richtigen Größe von 1,1 kb besaß.

Die resultierende ΔcheA2-Mutante (RU13/146) wurde anhand von Schwärmplatten- und Schwimmgeschwindigkeits-Analysen charakterisiert. Bei Schwärmplatten-Analysen gelten unterschiedliche Durchmesser der gebildeten Schwärmringe als Maß für die Motilität und die chemotaktischen Fähigkeiten der Mutante. Bromfield-Schwärmplatten enthalten sehr geringe Nährstoff- und Agarkonzentrationen (2.4.2). Durch den Verbrauch der Nährstoffe am Animpfpunkt entsteht ein Nährstoffgradient, dem die Bakterien folgen. Das Schwärmvermögen der Deletionsmutanten ΔcheA (RU11/310) und ΔcheA2 (RU13/146) wurde auf Bromfield-Schwärmplatten im Vergleich zum WT (RU11/001) analysiert (3.17). Die ΔcheA-Mutante (RU11/310) erreichte noch 30 % des WT-Schwärmrings (Abb. 20). Die Deletion von cheA2 führte zu keiner Veränderung des Schwärmvermögens im Vergleich zum WT (Abb. 20).

WT ΔcheA

ΔcheA2

Abb. 20. Vergleich der Schwärmfähigkeit der ΔcheA- (RU11/310) und der ΔcheA2-Mutante (RU13/146) mit dem WT-Stamm (RU11/001). Es wurden jeweils 3 µl stationäre Flüssigkultur auf die Bromfield-Schwärmplatten aufgetragen und die Platte zwei Tage bei 30 °C inkubiert. Die Schwärmringe geben Auskunft über die motilen und chemotaktischen Fähigkeiten der untersuchten Stämme.

Ein genaueres Bild zum Beitrag von CheA2 zur Signaltransduktion lieferte die Untersuchung der Schwimmgeschwindigkeit mit dem Hobson bactracker-System (3.18). Die durchschnittliche Schwimmgeschwindigkeit des WT betrug 37,4 µm/sec, während die Deletion

Ergebnisse 75 von cheA (RU11/310) zu einer Zunahme der Schwimmgeschwindigkeit um 7,0 % führte (Abb.

21). Aufgrund der fehlenden Kinaseaktivität wird kein phosphorylierter Responsregulator (CheY2-P) gebildet, der an den Motor binden und dessen Rotation verlangsamen könnte (Abb.

5). Dadurch werden Taumelbewegungen unterdrückt und die Zellen schwimmen schneller (Sourjik & Schmitt, 1996). Im Gegensatz dazu war für ΔcheA2 (RU13/146) im Vergleich zum WT (RU11/001) nur eine geringfügige Erhöhung der Schwimmgeschwindigkeit um 0,8 % zu beobachten (Abb. 21).

WT ΔcheA ΔcheA2

34 36 38 40 42

Schwimmgeschwindigkeitm/sec)

- Prolin + Prolin

Abb. 21. Schwimmgeschwindigkeiten von verschiedenen cheA-Mutanten vor und nach Stimulierung mit 10 mM Prolin. Für die Stämme WT (RU11/001), ΔcheA (RU11/310) und ΔcheA2 (RU13/146) wurden jeweils 1000 Einzelspuren in fünf unabhängigen Experimenten mit dem Hobson bactracker-System analysiert.

Als Reaktion auf die Zugabe eines Lockstoffes erhöhen S. meliloti-Zellen ihre Schwimmgeschwindigkeit. Dieses Phänomen wird als Chemokinese bezeichnet (Attmannspacher et al., 2005; Sourjik & Schmitt, 1996). Abb. 21 zeigt, dass der WT durch die Zugabe von 10 mM Prolin um 7,5 % schneller schwimmt. Die Deletion von cheA führte zu einem fast vollständigen Verlust der Chemokinese-Fähigkeit (0,5 %). Die cheA2-Deletionsmutante zeigte mit einer Stimulierung der Schwimmgeschwindigkeit um 7,7 % vergleichbare Chemokinese-Effekte wie der WT (Abb. 21). Somit spielt CheA2 bei der Signaltransduktion keine Rolle. Diese Daten belegen eine frühere Hypothese (Sourjik &

Schmitt, 1996), nach der keine weiteren Kinasen als CheA und keine weiteren Responsregulatoren als CheY1 und CheY2 an der Regulation der Motorrotation von S. meliloti beteiligt sind. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass das zweite che-Operon durch spezifische pflanzliche Lockstoffe induziert wird, vergleichbar mit der Induktion der Nod-Faktoren. Unter den hier verwendeten Bedingungen hat CheA2 offensichtlich keine Bedeutung. Daher konnte

für weitere Analysen der ΔcheA-Stamm (RU11/310) als chemotaxis-defizienter Referenzstamm verwendet werden.

4.2.2.2 Deletion verschiedener cheW-Gene und phänotypische Charakterisierung der resultierenden Mutanten

Die Deletion von cheW führt bei E. coli zu einem chemotaktisch inaktiven Phänotyp (Liu &

Parkinson, 1989). Im Genom von S. meliloti konnten drei Gene und ein putatives cheW-ähnliches Gen identifiziert werden. CheW ist das fünfte Gen des Chemotaxis-Operons (Abb.

16; Muschler, 2000), cheW2 wird mit mcpW ko-transkribiert (4.1), cheW3 ist ein monocistronisches Gen, das in der Nähe von mcpY lokalisiert ist und das putative cheW-ähnliche Gen befindet sich im zweiten Chemotaxis-Operon auf dem SymA-Plasmid (Abb. 17).

Zunächst wurden Einzel-Deletionsmutanten erstellt, um die Beiträge der verschiedenen CheW-Proteine zur Chemotaxis von S. meliloti zu untersuchen. Benötigt wurden die cheW-Deletionsmutanten für Lokalisierungsstudien, in denen die Abhängigkeit der Rezeptor-lokalisierung von CheW untersucht wurde. Falls mehrere CheW-Proteine einen Einfluss auf die Chemotaxis von S. meliloti haben, müsste dies bei der Versuchsplanung entsprechend berücksichtigt werden.

Die cheW- und die cheW2-Deletionsmutanten (RU11/418 und RU11/811) und die Doppeldeletionsmutante (RU11/812) lagen bereits vor (Tab. 1). Darüberhinaus wurde cheW3 mit Hilfe des Deletionskonstrukts in pK18mobsacB, pRU3020 (Tab. 2), wie vorher beschrieben, deletiert und überprüft (4.2.1). Auf die Deletion des putativen cheW-ähnlichen Proteins wurde verzichtet, weil es mit cheA2 in einem Operon liegt (Abb. 17) und dessen Deletion keinen Einfluss auf die Chemotaxis hatte (4.2.2.1).

Die Bedeutung der einzelnen CheW-Proteine für die Chemotaxis von S. meliloti wurde ebenfalls mit Hilfe von Schwärmplatten-Analysen untersucht (3.17). Wie in Tab. 6 aufgeführt, ist das Schwärmvermögen der ΔcheW-Mutante (RU11/811) im Vergleich zum WT (RU11/001) drastisch reduziert. Es beträgt nur noch 15 %. Die Deletion von cheW2 reduziert das Schwärmvermögen der Mutante um 50 % im Vergleich zum WT, somit ist auch CheW2 ein wichtiger Bestandteil der Signaltransduktionskette bei der Chemotaxis von S. meliloti.

Ergebnisse 77 Tab. 6. Schwärmvermögen von verschiedenen cheW-Mutanten im Vergleich zum WT

Stamm Genotyp Schwärmvermögen 1)

(%)

RU11/001 WT 100

RU11/418 ΔcheW 15

RU11/811 ΔcheW2 50

RU13/288 ΔcheW3 106

RU11/812 ΔcheWΔcheW2 15

1) Das Schwärmvermögen entspricht dem Mittelwert in Prozent des WT-Schwärmring-Durchmessers von 15 Platten (nach Abzug des 7 mm-Durchmessers einer immotilen fla-Mutante). Die Standardabweichungen der einzelnen Werte lagen zwischen 4 – 7 %.

Nur CheW3 scheint keinen Einfluss auf die Signaltransduktion bei der Chemotaxis zu haben, da die Deletion von cheW3 das Schwärmvermögen der Mutante nicht beeinträchtigt (Tab. 6).

Betrachtet man die Doppeldeletion von cheW und cheW2, so scheint CheW dominant zu sein, denn die Doppeldeletionsmutante hat das gleiche Schwärmvermögen wie die ΔcheW-Mutante.

Die Dominanz von CheW wurde auch durch Schwimmgeschwindigkeits-Analysen mit dem Hobson bactracker-System bestätigt (Daten nicht gezeigt). Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse wurde für die Lokalisierungsstudien der Rezeptor-GFP-Fusionen die cheWcheW2-Doppeldeletionsmutante verwendet.