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4.2 Segmentierung mit globaler Inhibition

4.2.1 Bestimmung der Oszillationsperiode im station¨ aren Zustand

Um die Oszillationsperiode im station¨aren Zustand n¨aherungsweise analytisch zu bestim-men, sind einige Vereinfachungen und N¨aherungen notwendig. Diese sind im einzelnen:

1. Die beteiligten Neurone erhalten denselben statischen, ¨uberschwelligen Input F0. 2. Das Netzwerk befindet sich bereits im eingeschwungenen Zustand, d.h. seine

Akti-vit¨at ist seit unendlich langer Zeit periodisch.

3. Eine Anzahl von Objektenn ist durch relativ zueinander phasenversetzte Aktivit¨at der sie repr¨asentierenden Neuronengruppen codiert.

4. Diese Neuronenverb¨ande arbeiten in sich v¨ollig synchron.

5. Die relative Phasenverschiebung der Objekte gegeneinander betr¨agt einen Bruchteil 1/n der gesamten Oszillationsperiode.

6. Im Verlauf einer Periode ist jede Neuronengruppe genau einmal aktiv; die Akti-vierung geschieht in zyklischer Folge. Bei jeder AktiAkti-vierung eies Neuronenverbandes wird das globale Inhibitionsneuron genau einmal aktiv, insgesamt alsonmal in jeder Periode.

7. Die Dauer f¨ur eine R¨uckwirkung der inhibitorischen Einfl¨usse (Schwelle und globale Inhibition) ist vernachl¨assigbar klein gegen¨uber der Oszillationsperiode und wird zu Null angenommen.

8. F¨ur die Zeitkonstanten der Tiefp¨asse gilt folgende Relation:

τL τF < τI < τΘ (4.1) 9. F¨ur die Verst¨arkungsfaktoren der inhibitorischen Tiefp¨asse gilt:

VΘ> VI (4.2)

W¨ahrend die Relationen zwischen den Zeitkonstanten leicht einzustellen sind, stellen die ersten sieben Annahmen starke Idealisierungen dar; die Punkte zwei und sieben k¨onnen beide nicht streng erf¨ullt sein: Weder existiert ein reales Netz seit unendlicher langer Zeit, noch gibt es in realen Netzen eine beliebig schnelle R¨uckkopplung. Dennoch erlauben diese Annahmen eine Analyse der Funktionsweise der Segmentierungsdynamik und geben Hinweise, wie diese in realen Netzen robuster zu gestalten ist.

Die letzte Forderung stellt sicher, daß die Kopplung der Neurone untereinander zwar ei-nerseits einen Einfluß auf den Zeitpunkt des n¨achsten Aktionspotentials eines Neurons ha-ben kann, andererseits das Potential an der Linking-Synapse so schnell abklingt, daß sein Beitrag zum Membranpotential bei der erneuten Ausl¨osung eines Spikes vernachl¨assigt

U (t)

eff

F -0 Q0

TQ TapproxT

VI

VI

VI

VQ

VI VQ

Abbildung 4.2: Ideales Aktivit¨atsmuster in einem Segmentierungsnetz mit globaler Inhibition und drei separierten Objekten. Alle Neurone, die ein Objekt repr¨asentieren, feuern gleichzeitig. Die Aktivit¨at der jeweils anderen Neuronenverb¨ande (die zu einem davon getrennten Objekt geh¨oren), ist dagegen phasenverschoben. Voraussetzung f¨ur das Zustandekommen einer solchen Dynamik sind ausreichend lange inhibitorische Zeitkonstanten und geeignete Anfangsbedingungen.

werden kann. Lange inhibitorische Zeitkonstanten sind erforderlich, um bei Schwankun-gen im Input eine ¨Uberlappung der Spikeausl¨osung (und damit einen Zusammenbruch der Objektseparation) zu vermeiden.

In Abb. 4.2 ist eine Periode einer solchen Oszillation am Beispiel von n = 3 Ob-jekten dargestellt. Aufgetragen ist der Zeitverlauf des effektiven Membranpotentials Ueff aller Neurone einer Gruppe (s. Kap. 2.6). Erreicht dieses Null, so ¨uberwiegt die Summe der exzitatorischen Beitr¨age zum Membranpotential diejenige der inhibitorischen, und ein Aktionspotential wird ausgel¨ost. Die Zeitachse ist so gew¨ahlt, daß ihr Nullpunkt mit ei-nem Aktionspotential des betrachteten Neurons zusammenf¨allt. Das Ende der folgenden Periode – und damit ihre Dauer – l¨aßt sich nun aus dem Zeitpunkt bestimmen, zu dem der n¨achste Spike ausgel¨ost wird. Dabei kann man ausnutzen, daß zwischen den Aktions-potentialen alle Tiefp¨asse ungest¨ort abklingen. Der inhibitorische Tiefpaß wird bei jeder Aktivit¨at einer anderen Neuronengruppe umVI aufgeladen, im Verlauf einer Periode also n−1 mal. Die n-te R¨uckwirkung der globalen Inhibition f¨allt wieder mit dem n¨achsten Aktionspotential des betrachteten Neurons zusammen. Die Linking-Kopplung spielt in der Rechnung keine Rolle, da vorausgesetzt wurde, daß die Neuronengruppen untereinander bereits vollst¨andig synchronisiert sind.

F¨ur das effektive Membranpotential ergibt sich also folgender Zeitverlauf:

Ueff(t) = F(t)·(1 +L(t))−Θ(t)−I(t)

≈ F0−Θ0−Θdyn(t)−I(t) (4.3)

wobei die Bezeichnungen denen aus Kap. 2.6 entsprechen.

Der Selbstkonsistenzansatz beruht nun darauf, daß der Zeitverlauf der Teilpotentiale in jeder Periode einerseits exakt mit dem in der vorhergegegangenen Periode identisch ist, andererseits das Netzwerk bereits seit unendlich langer Zeit aktiv ist und somit jedes Teilpotential als ¨Uberlagerung aller identischen vorangegangen Perioden darzustellen sein soll. In der Praxis spielen die Terme, die weit zur¨uckliegenden Perioden entsprechen, nat¨urlich keine Rolle mehr. F¨ur die Rechnung ist die Formulierung der Teilpotentiale als unendliche Reihen jedoch n¨utzlich.

Der dynamische Anteil der Schwelle errechnet sich folgendermaßen:

Θdyn(t) =

X

k=0

VΘ·et+kTτΘ

= VΘ·e

t

τΘ mit VΘ = VΘ

1−eτTΘ

(4.4) Jeder Summand repr¨asentiert dabei den Beitrag aus einer Periode (um −k·T verscho-bene Stoßantwort des Tiefpaß). VΘ wurde nach Ausklammern mit Hilfe der Formel f¨ur unendliche geometrische Reihen bestimmt.

F¨ur die globale Inhibition verl¨auft die Rechnung analog. Allerdings ist hier zu ber¨ uck-sichtigen, daß das Inhibitionsneuron w¨ahrend jeder Perioden-mal aktiv ist, wobei jedesmal alle Neurone im Netz einen Inhibitionsimpuls erhalten. Der Laufindex k z¨ahlt also in der folgenden Gleichung keine Perioden, sondern Aktionspotentiale des Inhibitionsneurons:

I(t) =

X

k=0

VI·e

t+kT /n τI

= VI·eτIt mit VI= VI 1−eτIT

(4.5) wobeiVIwieder mit Hilfe der Formel f¨ur die unendliche geometrische Reihe bestimmt wurde.

Aus dieser Darstellung ergibt sich, daß sich das Verhalten eines seit unendlich langer Zeit aktiven Neurons formal auf ein Neuron mit der Schwellenverst¨arkung VΘ und der Inhibitionsverst¨arkung VI abbilden l¨aßt, das zum Zeitpunkt t = 0 zum ersten Mal ge-feuert hat. Die Ausl¨osung des n¨achsten Aktionspotentials soll nun genau am Ende der Periode, also bei t=T erfolgen. Die Bedingung daf¨ur lautet also:

0 =Ueff(T) = F0−Θ0−VI·e

T

τI −VΘ·e

T

τΘ (4.6)

Diese Gleichung ist nur im Spezialfall τΘI geschlossen l¨osbar. Eine N¨aherung l¨aßt sich aber durch eine Reihenentwicklung gewinnen. Um einen sinnvollen Entwicklungspunkt zu finden, kann man zun¨achst τIΘ setzen, d.h. man berechnet diejenige Periode TΘ, die sich allein aufgrund der Schwellenzeitkonstante erg¨abe. Diese ist

TΘ=−τΘ·ln F0−Θ0

VΘ+VI

!

(4.7)

Zur ¨ubersichtlicheren Notation substituieren wir das Argument des Logarithmus:

β := F0−Θ0

VΘ+VI sowie γ := τΘ

τi (4.8)

Es gelten dann die Relationen e

TΘ

τΘ−1 sowie e

TΘ

τI−γ (4.9)

Damit ergibt die Reihentwicklung von Ueff(t) um TΘ Ueff(t) = Ueff(TΘ) + dUeff

dt

t=T

Θ

·(t−TΘ) +. . .

≈ F0−Θ0−VΘβ−1−VIβ−γ+

VΘ

τΘ β−1+VI τI β−γ

·(t−TΘ) (4.10) Einsetzen in Gl. 4.6 und aufl¨osen nach T liefert:

T = TΘ+ VΘβ−1+VIβ−γ+ Θ0 −F0

Vθ

τΘ β−1 +VτI

i β−γ

= −τΘ·

−lnβ+ 1 +

(1−γ)β1−γ(V(F0−Θ0)2 Θ +VI)VI VΘ

VI +γβ1−γ

(4.11)

Aufgrund der rechtsgekr¨ummten Aufladekurve des Membranpotentials ist die so erhal-tene N¨aherung f¨urT immer zu klein; die in Abb. 4.2 eingezeichneten Tangenten illustrieren den Effekt der Reihentwicklung um TΘ.

4.2.2 Stabilit¨ at und Minimumseigenschaft der station¨ aren