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5. Ergebnisse

5.2 Evaluation der Eltern-Kind-Therapiewoche

5.2.3 Patientinnen-Eltern-Paare

5.2.3.1 Bessern sich bestimmte Familien stärker?

In dem Triaden-Rechendesign aus Patienten mit je zwei teilnehmenden Eltern (n = 97 Familien) können mehrere Fragen beantwortet werden. Die wichtigste Frage ist, ob bzw. wie stark die Familienmitglieder (Vater, Mutter, Patientin) in ihren Einschätzungen z.B. der Familienfunktionalität übereinstimmen (H2.1a). Ist der Konsens hoch, dann kann die „Besserung“ durch das Treatment auf Ebene der Familie betrachtet werden. Neben einem stabilen Konsens (über die Zeitpunkte direkt vor und direkt nach dem Treatment hinweg) kann das Treatment aber auch zu mehr Übereinstimmung oder zu weniger Übereinstimmung in der Familie führen.

Wenn sich ein zeitspezifischer Konsens (H2.1b) zeigen lässt (Übereinstimmung vor dem Treatment, die nicht mit derjenigen nach dem Treatment korreliert sind und umgekehrt), dann haben sich einige Familien deutlich mehr gebessert als andere, so dass es lohnt, Prädiktoren des Ausmaßes der Besserung auf Familienebene zu suchen (H2.1b-I).

Die Größe relevanter Prädiktoren des Ausmaßes der Besserung kann mit SPSS durch mittlere Korrelationen berechnet werden. Eine Übersicht über die so geschätzten Varianzquellen gibt Tabelle 5.13. Es gibt größtenteils einen stabilen Familienkonsens („g“), der zwischen 30% und 48% der Varianz ausmacht. Am höchsten ist die stabile Übereinstimmung der drei Familienmitglieder im Summen-Score des Familienbogens (48%).

Für den zeit- und personenspezifischen Konsens wurden die Variablen pro Person und Zeit (Vprä, Vpost, Mprä, Mpost, Kprä, Kpost) jeweils ipsatiert und von den ipsatierten Werten die Inter-Item-Korrelationen für Zeit und Person anhand von Reliabilitätsanalysen ermittelt.

Einen zusätzlichen prätest-spezifischen Konsens, der auf familienspezifische Prädiktoren hinweist, gibt es nicht. Ein zusätzlich durch das Treatment aufgebauter

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89 posttest-spezifischer Konsens, der einige Familien als besonders stark gebessert ausweisen würde, konnte ebenfalls nicht gefunden werden. Damit gibt es keine Hinweise darauf, dass sich in dieser Stichprobe einige Familien mit bestimmten Voraussetzungen stärker bessern als andere. Erwartungskonform gibt es personenspezifische (Mutter, Vater, Patientin) Stabilitäten über die beiden Erhebungszeitpunkte. Am höchsten sind sie für den Belastungsscore des SCL, da hier jede Person ihren eigenen Zustand bewertet – erstaunlich, dass hier überhaupt 34% Familienkonsens besteht („belastetere Familien“ und „weniger belastete Familien“). In der Zuschreibung der Krankheitsursache zeigen die Patientinnen stabile spezifische Varianz in der Zuschreibung auf sich Selbst (44%), die Sucht (39%), die Eltern (35%) oder das Schicksal (31%). Mütter unterscheiden sich ob sie die Ursache über beide Erhebungen konstant eher in finanziellen Problemen (23%) sehen oder nicht und einige Väter halten die Erkrankung eher für einen Schicksalsschlag (30%).

Tabelle 5.13: Schätzung der Varianzanateil durch mittlere Korrelationen (ipsatierte Variablen Person x Zeitpunkt). Vollständige Vater-Mutter-Kind-Triaden. SE: soziale Erwünschtheit; Abw: Abwehr.

Skala

In Tabelle 5.14 wurden die mittleren Korrelationen von Variablen untersucht, die entweder nur vor oder nur nach dem Treatment erhoben wurden. Der Body-Mass-Index aller drei Familienmitglieder korreliert im Mittel zu .13 (p1t = .12), schwach aber über null. Die Übereinstimmung in Zufriedenheit mit und Weiterempfehlung des Treatments sind nicht höher.

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90 Zusammenfassend festhalten lässt sich, dass zwar die Personen unterschiedlich profitieren, die Familien aber nicht. Eine Suche nach Prädiktoren auf Ebene der Familie erweist sich damit als nicht zielführend.

Tabelle 5.14: Mittlere Korrelationen der Vater-Mutter-Kind-Triaden für Variablen, die nur zu Prä (vor dem Treatment oder Post (nach dem Treatment) erhoben wurden.

Inhalt Skala Triaden

n

Konsens

nur zu Prä erhoben Körper BMI 89 .129

nur zu Post erhoben Treatment Zufriedenheit 84 .081

Weiterempfehlend 84 .147

In dieser Datenstruktur „vollständiger Triaden“ wurde eine Varianzanalyse mit den Messwiederholungsfaktoren Zeit (Prä-Post) und Person (Mutter-Vater-Patientin) gerechnet, um Veränderungen, die alle Familienmitglieder gleichmäßig angeben (Haupteffekt Zeit), aufzudecken (H2.1c). In Tabelle 5.15 sind die Ergebnisse einiger Skalen des Familienbogens, des Symptomschwerebogens SCL-90-R und des Krankheitsattributions-Fragebogens AFKA dargestellt. Der Summenscore der Familienbögen weist einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Personen auf und ändert sich durch das Treatment unterschiedlich: während die Eltern etwas mehr Konflikte angeben, nehmen die Patientinnen ihre kritische Sicht etwas zurück (Abbildung 5.3). Familienübergreifende Änderungen durch das Treatment in der Einschätzung der Familienbeziehungen (T2-Konsens in Tabelle 5.13) gibt es nicht. Die Familienbogen Kontroll-Skala Soziale Erwünschtheit zeigt ebenfalls einen Interaktionseffekt. Dieser kommt zustande, weil die Soziale Erwünschtheit in den Antworten der Eltern abnahm und die der Patientinnen leicht zunahm. Die psychische und psychosomatische Belastung der Familienmitglieder weist natürlich einen signifikanten Personenunterschied zu Ungunsten der Patientinnen auf. Da die Interaktion von Person und Zeitpunkt signifikant ist, aber der Zeitpunkt keinen Haupteffekt erreicht (Tabelle 5.15), haben sich also nicht alle drei Personen gebessert, sondern (Abbildung 5.3) wohl nur die Patientinnen. Die Krankheitsursache wird nach dem Treatment von allen drei Familienmitgliedern signifikant stärker „der Familie“ zugeschrieben (hier gibt es einen Haupteffekt des Messzeitpunkts), wobei die Patientinnen am deutlichsten und die Väter die Familie am wenigsten verantwortlich sehen (Abbildung 5.3).

Bis auf die Zuschreibung der Krankheitsursache auf die Familie konnte kein

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91 Haupteffekt Erhebungszeitpunkt festgestellt werden.

Tabelle 5.15: ANOVA im 2x3 Messwiederholungsdesign (prä-post; Mutter-Vater-Patientin).Für den Summenscore, der sozialen Erwünschtheit und Abwehr der Familienbögen, den

Gesamtbeschwerdescore GSI des SCL-90-R und der Krankheitsursachen-Zuschreibung Afka.

FB-Skala Quelle F Hypothese

df

Fehler df

p

FB-A Summe Person 10,95 2 79 .001

Prä-Post 0,00 1 80 .959

Person*Prä-Post 7,10 2 79 .001

FB_A SE Person 1,17 2 77 .315

Prä-Post 0,28 1 78 .597

Person*Prä-Post 5,16 2 77 .008

FB_A Abw Person 8,35 2 76 .001

Prä-Post 0,05 1 77 .820

Person*Prä-Post 2,21 2 76 .116

SCL-90-R GSI Person 41,43 2 78 .001

Prä-Post 17,60 1 79 .820

Person*Prä-Post 4,96 2 78 .009

Afka Familie Person 7,35 2 72 .001

Prä-Post 37,00 1 73 .001

Person*Prä-Post 2,25 2 72 .113

Afka Selbst Person 17,61 2 68 .001

Prä-Post 0,00 1 69 .998

Person*Prä-Post 0,64 2 68 .529

Afka Eltern Person 0,42 2 67 .655

Prä-Post 0,09 1 68 .755

Person*Prä-Post 1,74 2 67 .182

Abbildung 5.3: Graphische Darstellung zu der Messwiederholungs-ANOVA in Tabelle 4.10. Für den Summenscore der Familienbögen, den Gesamtbeschwerdescore GSI des SCL-90-R und der Skala Familie der Krankheitsursachen-Zuschreibung. Patientinnen, Mütter Väter