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Besonderheiten von Strategien im Waldbau

2.2 Waldbaustrategien

2.2.1 Besonderheiten von Strategien im Waldbau

Da sich die Forstwirtschaft in einigen Merkmalen deutlich von anderen Wirtschaftszweigen unterscheidet, muß auch die Definition von einer forstlichen Managementstrategie an diese Gegebenheiten angepaßt werden. Speidel nennt sieben Eigenarten für Forstbetriebe (SPEIDEL 1984):

1. Die Produktionsdauer

Die Produktionszeit von Holz liegt deutlich über den Produktionszeiten, die für industriell hergestellte Waren gelten. Selbst schnellwachsende Baumarten, die zur

2 Stand der Forschung

Biomassenproduktion genutzt werden (wie die Pappel oder die Weide), haben in als Niederwald genutzten Kurzumtriebsplantagen Umtriebszeiten von zwei bis fünf Jahren (RIEDERICH 1999). Die Wertholzproduktion von Traubeneiche nimmt sogar einen Produktionszeitraum von ungefähr 240 Jahren ein, (NIEDERSÄCHSISCHE

LANDESFORSTVERWALTUNG 1989). Die Anforderungen an Produkte aus dem Wald ändern sich ständig und sind zu Beginn der Produktionszeit oft noch unbekannt. In Europa wurden zum Beispiel zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch zahlreiche Eichen gepflanzt, da diese Baumart ein beliebtes Holz zur Schiffsherstellung lieferte. Gegen Ende des Jahrhunderts löste Eisen das natürliche Material zunehmend ab. Zum Zeitpunkt der Hiebsreife werden diese Bäume nun vollkommen anderen Verwendungen zugeführt.

Die langen Produktionszeiten stellen an die Gültigkeit von Waldbaustrategien die Anforderung, daß sie über Generationen hinweg verfolgt werden müssen, um langfristige Wettbewerbsvorteile sichern zu können. Unter einem mittelfristigen Planungshorizont werden in der Forstwirtschaft in jedem Fall längere Zeitabschnitte verstanden, als sie in anderen Teilen der Wirtschaft üblich sind. In der Regel gilt eine auf die nächsten zehn Jahre bezogene Planung als mittelfristig. Hinzu kommt, daß die Breite der Zeiträume groß ist, die zur Erreichung von Zielen gesteckt werden können. So können einige Ziele, die von der Produktionszeit unabhängig sind (zum Beispiel kundenorientierte Holzbereitstellung) relativ kurzfristig angestrebt werden, andere Ziele (wie eine bestimmte Holzqualität bei einer gegebenen Dimension) sind erst in einem generationenübergreifenden Zeitraum zu verwirklichen.

2. Die Abhängigkeit von den natürlichen Bedingungen

Boden-, Gelände- und Klimabedingungen sowie die Baumartenverteilung sind Fixwerte, auf die durch den Unternehmer mit technischen und wirtschaftlichen Mitteln nur sehr geringer oder gar kein Einfluß genommen werden kann. Waldbaustrategien haben daher nur einen begrenzten Spielraum. Die Änderung von langfristigen Zielen (wie die Änderung der Baumartenzusammensetzung) ist mit erheblichen organisatorischen und ökonomischen Veränderungen verbunden und sollte stets sorgfältig geprüft werden.

Waldumbau ist in diesem Zusammenhang als strategische Neuausrichtung zu verstehen (siehe auch HANEWINKEL 1996).

3. Die Schwierigkeit der Ertragsbestimmung

Das Produktionsmittel Baum ist auch gleichzeitig Produkt, und die Produktreife für verwertbares Holz ist nicht eindeutig definiert, da ein Baum in nahezu jedem Alter genutzt werden kann. Diese Besonderheit macht die Überprüfung, ob eine Strategie zielführend ist, besonders schwierig.

4. Die Produktion von forstlichen Dienstleistungen und die Bereitstellung einer forstlichen Infrastruktur

Unter diesen Punkt fällt auch die zunehmende Bedeutung der Multifunktionalität der Wälder (siehe zum Beispiel SPELLMANN, HILLEBRANDUND CORNELIUS 2001, SPELLMANNETAL. 2004

oder WAGNER 2004). Bei der Entwicklung einer Waldbaustrategie muß eine große ökologische und soziale Verantwortung im Umgang mit dem Wald wahrgenommen werden. Viele Produkte und Leistungen aus dem Wald sind nicht oder nur schwer substituierbar (zum Beispiel Luftfilterwirkung, Bereitstellung eines einzigartigen Lebensraums, Angebot eines Erholungsraums...). Vor diesem Hintergrund hängt eine Waldbaustrategie mehr als Strategien anderer Wirtschaftszweige von gesellschaftlichen Aspekten und öffentlicher Wahrnehmung ab.

5. Die Bewertung einzelner Bestände und des gesamten Forstbetriebs Wirtschaftlichkeitsurteile haben nur Zwischenurteilscharakter, da ihre Kalkulation von einigen unbekannten (weil zukünftig festgelegten) Faktoren abhängt. So sind zum Beispiel Geldwertänderungen oder Verfahrensänderungen für die langfristige Bewertung essentiell, aber nicht 100%ig vorhersagbar. Es stellt sich somit auch immer die Frage, auf welcher Grundlage Entscheidungen über Maßnahmen getroffen werden können, mit denen gewisse Strategien verfolgt werden sollen. Zum Beispiel ist beim Umbau von Reinbeständen in ungleichaltrige Mischbestände zwar mit einer Minderung des Risikos von Kalamitäten und damit auch mit geringerem Ertragsausfall zu rechnen, allerdings ist der Waldumbau nicht kostenneutral umzusetzen. Beim Umbau von gleichaltrigen Fichtenbeständen zu ungleichaltrigen Mischbeständen sinkt zum Beispiel langfristig der Ertrag (JACOBSEN, MÖHRINGUND WIPPERMANN 2004).

6. Der Kapitalumschlag und der hohe Eigenkapitalanteil

Der Kapitalumschlag (Definition siehe Glossar) ist mit 30 bis 80 Jahren im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen besonders lang. Außerdem ist zu bedenken, daß Kapital (das größtenteils aus Eigenkapital besteht) langfristig im Produktionsmittel Baum, das gleichzeitig Produkt ist, gebunden wird. Auf Fremdkapital wird selten zurückgegriffen, da die durchschnittliche Rentabilität des Eigenkapitals geringer als die Verzinsung von Fremdkapital ist. Kalamitäten und eine Veränderung des Marktes können auf die aktuelle Nutzung, wie auf die langfristige Nutzungsplanung wesentlichen Einfluß nehmen. Daher ist eine gut kalkulierte Risikoverteilung essentiell.

7. Die große Flächenausdehnung, Standortsgebundenheit

Die große Flächenausdehnung führt dazu, daß Organisations- und Kommunikationsprobleme auftreten können. Eine geeignete Unternehmensstrategie bezieht diese Besonderheit mit ein. Zudem sind Forstbetriebe örtlich stark gebunden, Expansionsstrategien sind immer mit der Pacht oder dem Ankauf von Grundbesitz verbunden.

Eine Unternehmensstrategie, die langfristigen, richtungsweisenden Charakter haben soll, muß demnach die bedingte Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen berücksichtigen und über Generationen hinweg verfolgt werden, um langfristige Wettbewerbsvorteile sichern zu können. Dabei bleibt es nicht aus, daß sich eine Unternehmensvision und Unternehmenskultur entwickelt, die tradiert und modifiziert wird.

2 Stand der Forschung

Hier paßt die Vorstellung einer aus der Unternehmung emergenten (MINTZBERG, AHLSTRAND UND LAMPEL 2002) oder formierten (von selbst entstandenen) Unternehmensstrategie (siehe KIRSCH 1997) mit stark evolutionärem Charakter gut zu der gängigen Entstehung von forstlichen Strategien.