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Besonderer Auftrag für ein Informations- und Kultur-Spartenprogramm

4. Rechtliche Beurteilung

4.2. Besonderer Auftrag für ein Informations- und Kultur-Spartenprogramm

Mit § 4c ORF-G wurde ein besonderer Auftrag für ein Informations- und Kultur-Spartenprogramm eingeführt, welches gemäß § 3 Abs. 8 ORF-G nunmehr auch ausdrücklich Teil des Versorgungsauftrags ist. Der ORF ist demnach gesetzlich verpflichtet, ein Fernseh-Spartenprogramm zu veranstalten, welches den in § 4c ORF-G definierten Kultur- und Informationsaufträgen sowie weiteren inhaltlichen Anforderungen (z.B. an Aktualität und Qualität des Programms) zu entsprechen hat. Die Veranstaltung eines Informations- und Kultur-Spartenprogramms hat nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit zu erfolgen, wobei der Umfang der Erfüllung des Auftrags an der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Anteil an der Gesamtfinanzierung zu bestimmen sein wird. Die wirtschaftliche Tragbarkeit ist von den zuständigen Organen des ORF zu beurteilen. Die Aufteilung zwischen Informations- und Kulturinhalten ist in den Jahressendeschemen zur Veranstaltung von Spartenprogrammen enthalten, welche vom Generaldirektor zu erstellen und vom Stiftungsrat zu genehmigen sind (§ 21 Abs. 2 Z 2) näher festzulegen (vgl. Erl RV 611 BlgNR XXIV. GP zu § 4c ORF-G).

§ 3 Abs. 8 ORF-G lautet:

„Zum Versorgungsauftrag zählt auch die Veranstaltung eines Sport-Spartenprogramms gemäß § 4b, eines Informations- und Kultur-Spartenprogramms gemäß § 4c sowie die Ausstrahlung eines Fernsehprogramms gemäß § 4d.“

§ 4c ORF-G lautet:

„(1) Der Österreichische Rundfunk hat nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit ein Fernseh-Spartenprogramm zu veranstalten, das insbesondere durch Informations-, Diskussions-, Dokumentarsendungen, Magazine und Übertragungen von Kulturereignissen spezifisch der Erfüllung der Aufträge nach § 4 Abs. 1 Z 1 bis 7, 13, 14, 16 und 17 dient und ein umfassendes Angebot von Sendungen mit Informations- oder Bildungscharakter sowie von Kultursendungen beinhaltet. Das Programm hat aus anspruchsvollen Inhalten (§ 4 Abs. 3) zu bestehen und hohe Qualität (§ 4 Abs. 4) aufzuweisen. Das Programm soll in seiner Ausrichtung insbesondere aktuelle Themen berücksichtigen sowie als Übertragungsplattform für Sendungen dienen, welche bereits in den Programmen nach

§ 3 Abs. 1 ausgestrahlt wurden. Das Spartenprogramm soll sich gleichrangig mit Themen mit Österreich-Bezug wie mit europäischen und internationalen Themen beschäftigen.

(2) Das Programm ist über Satellit zu verbreiten und kann über digitale terrestrische Multiplex-Plattformen verbreitet werden. § 25 Abs. 2 Z 2 AMD-G bleibt unberührt. § 20 Abs. 1 AMD-G ist anzuwenden. Für dieses Programm gelten die Regelungen über die Auftragsvorprüfung (§§ 6 bis 6b). Für die Berechnung der Dauer der höchstzulässigen täglichen Werbezeit ist die Anzahl der täglich ausgestrahlten Programmstunden mit 1 Minute und 45 Sekunden zu multiplizieren. Innerhalb einer vollen Stunde darf der Anteil der Fernsehwerbung 20 vH nicht überschreiten. Unter Stunden sind die 24 gleichen Teile eines Kalendertages zu verstehen.

(3) Wird auf demselben Kanal ein weiteres Programm verbreitet, so ist für eine eindeutige Unterscheidbarkeit insbesondere mittels ständiger Kennzeichnung Sorge zu tragen.

(4) Vor der erstmaligen Ausstrahlung des Informations- und Kultur-Spartenprogramms ist eine Auftragsvorprüfung (§§ 6 bis 6b) durchzuführen.“

[Hervorhebung nicht im Original]

§ 4c Abs. 2 und 4 ORF-G stellen somit klar, dass das Informations- und Kultur-Spartenprogramm erst nach Durchführung einer Auftragsvorprüfung (§§ 6 ff ORF-G) veranstaltet werden darf, da es sich um ein neues Angebot im Sinn von § 6 Abs. 2 ORF-G handelt (hierzu im Detail in Abschnitt 4.4.).

Das vom ORF vorgelegte Angebotskonzept umfasst im Wesentlichen vier Programmsäulen;

dies sind 1. Information, 2. Zeitgeschichte, Zeitgeschehen, Wissenschaft und Bildung, 3. Kultur, Volkskultur, Regionalität und Religion, sowie 4. Bühne für Österreichs Kunst- und Kulturschaffende. Diese vier Programmsäulen sollen entsprechend den Vorgaben in

§ 4c Abs. 1 ORF-G ein umfassendes Angebot von Sendungen mit Informations- und Bildungscharakter sowie von Kultursendungen abbilden und dabei insbesondere Informations- und Diskussionssendungen, Dokumentationen und Magazine sowie Übertragungen von Kulturereignissen umfassen. Ergänzend hierzu soll das Spartenprogramm aber auch das fiktionale Segment mit anspruchsvollen österreichischen und europäischen Autorenfilmen bedienen. Als Beispiele für mögliche Programminhalte nennt der ORF etwa Live- und zeitversetzte Übertragungen von Plenarsitzungen im Nationalrat und Bundesrat, von Enqueten und Sitzungen mit europäischem Bezug, Hintergrundberichte und Analysen zu politischen Themen, Diskussionsrunden und Interviews, Übertragungen von Gesprächsveranstaltungen, Wiederholungen von ORF-Formaten in gut einsehbaren Zeitzonen für Magazine (z.B. Weltjournal, Hohes Haus, Europastudio, Wirtschaftsmagazin Eco, Kulturmontag, u.a.). Geplant sind auch gezielte Themenschwerpunkte, welche in Dokumentationen, Diskussionen, Gesprächsrunden umgesetzt werden sollen. Schließlich sollen Produktionen aus Oper, Theater und Konzerte übertragen werden.

Aufgrund der im Angebotskonzept dargestellten Inhaltskategorien und konkreten Beispiele ist zu schließen, dass das Spartenprogramm dem spezifischen Informations- und Kulturauftrag nach § 4c Abs. 1 ORF-G entsprechen wird. Die Angaben im Angebotskonzept lassen auch vermuten, dass das geplante Spartenprogramm die Anforderungen gemäß

§ 4 Abs. 3 (anspruchsvolle Inhalte) und Abs. 4 ORF-G (hohe Qualität) erfüllen wird. Da vor der tatsächlichen Ausstrahlung eines Programms lediglich eine Prognose anhand der Angaben im Angebotskonzept angestellt werden kann, ist allerdings auch nur eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit der wirksamen Erfüllung dieser Ziele möglich. Das Verfahren der Auftragsvorprüfung unterscheidet sich insoweit nicht von Verfahren zur Erteilung einer Hörfunkzulassung, in welchen Antragsteller etwa glaubhaft zu machen haben, dass sie die fachlichen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen für eine regelmäßige Hörfunkveranstaltung erfüllen. Ungeachtet der grundsätzlichen Amtswegigkeit des Ermittlungsverfahrens trifft in diesen Verfahren den jeweiligen Antragsteller ausdrücklich die Verpflichtung, jene Umstände der Behörde mitzuteilen und in geeigneter Form zu belegen, die der Behörde ein Urteil über die Wahrscheinlichkeit (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 Rz 315) der fachlichen, finanziellen und organisatorischen Eignung des Antragstellers bzw. im vorliegenden Fall der Eignung zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags im Sinne des § 4c Abs. 1 ORF-G ermöglichen. Dem ist der ORF im gegenständlichen Fall nachgekommen. Inwieweit die tatsächliche Umsetzung des geplanten Informations- und Kultur-Spartenprogramms diesen gesetzlichen Vorgaben entspricht, wird gemäß § 36 ORF-G im Rahmen der von der Regulierungsbehörde wahrzunehmenden Rechtsaufsicht zu beurteilen sein.

§ 4c Abs. 1 ORF-G trägt dem ORF zudem auf, in diesem Spartenprogramm aktuelle Themen zu berücksichtigen sowie als Übertragungsplattform für Sendungen zu dienen, die bereits in

den Hauptprogrammen des ORF gemäß § 3 Abs. 1 ORF-G ausgestrahlt wurden. Schließlich soll sich das Spartenprogramm gleichrangig mit Themen mit Österreich-Bezug wie mit europäischen und internationalen Themen beschäftigen.

Indem etwa ein Drittel des Spartenprogramms aus Wiederholungen aktueller Sendungen aus dem ORF-Hauptprogramm zu früheren Zeiten bestritten wird, kann nicht nur den in

§ 4c Abs. 1 ORF-G umgesetzten Publikumswünschen nach Wiederholungen einzelner Magazine und Formate in früheren Zeitzonen entsprochen werden, zugleich wird das Spartenprogramm dadurch zum Teil auch dem Anspruch gerecht, aktuelle Themen zu berücksichtigen. Andererseits ist auch eine Verwertung des ORF-Archivs geplant, dies insbesondere in der Programmsäule Zeitgeschichte/Zeitgeschehen. Die im Angebotskonzept beispielhaft genannten Sendungen bzw. Themen (Übertragungen von Enqueten und Sitzungen von maßgeblichem europäischem Belang, Hintergrundberichte und Analysen auch zur Förderung des Verständnisses für europäische Integration im Kontext der österreichischen und europäischen Lebenswirklichkeit, die in der Programmsäule „Kultur, Volkskultur, Regionalität und Religion“ zu thematisierende Wechselbeziehung „Europa und Wir“, oder der europäische Kultur- und Autorenfilm) lassen ebenfalls annehmen, dass neben österreichspezifischen Themen, gleichrangig europäische und internationale Themen aufgegriffen werden sollen.

Inhaltlich hat das Informations- und Kultur-Spartenprogramm – abgesehen von jenen inhaltlichen Anforderungen, die im Rahmen jeder Auftragsvorprüfung gemäß § 6b Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 Z 3, 4 und 6 ORF-G zu prüfen sind – zudem spezifisch der Erfüllung der in

§ 4 Abs. 1 Z 1 bis 7, 13, 14, 16 und 17 ORF-G niedergelegten Ziele zu dienen. Nicht zuletzt durch diese inhaltlichen Vorgaben wird der Charakter des gegenständlichen Angebots als Spartenprogramm für Informations- und Kulturthemen bestimmt.

§ 4 ORF-G definiert den öffentlich-rechtlichen Kernauftrag und lautet hinsichtlich der hier relevanten Aufträge wie folgt:

„(1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Gesamtheit seiner gemäß § 3 verbreiteten Programme und Angebote zu sorgen für:

1. die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen;

2. die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens;

3. die Förderung der österreichischen Identität im Blickwinkel der europäischen Geschichte und Integration;

4. die Förderung des Verständnisses für die europäische Integration;

5. die Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft;

6. die angemessene Berücksichtigung und Förderung der österreichischen künstlerischen und kreativen Produktion;

7. die Vermittlung eines vielfältigen kulturellen Angebots;

[…]

13. die Verbreitung und Förderung von Volks- und Jugendbildung unter besonderer Beachtung der Schul- und Erwachsenenbildung;

14. die Information über Themen der Gesundheit und des Natur-, Umwelt- sowie Konsumentenschutzes unter Berücksichtigung der Förderung des Verständnisses über die Prinzipien der Nachhaltigkeit.

[…]

16. die Information über die Bedeutung, Funktion und Aufgaben des Bundesstaates sowie die Förderung der regionalen Identitäten der Bundesländer;

17. die Förderung des Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge; […]“

Wie sich zudem aus § 4 Abs. 1 letzter Absatz ORF-G ergibt, hat der ORF durch die Veranstaltung eines Informations- und Kultur-Spartenprogramms den zuvor aufgezählten Aspekten des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags zu dienen, ohne dadurch von seiner

Verpflichtung entbunden zu sein, diese Aufgaben auch im Rahmen der gemäß

§ 3 Abs. 1 ORF-G veranstalteten Hauptprogramme zu erfüllen. Einer Auslagerung des öffentlich-rechtlichen Auftrags auf Spartenprogramme ist dadurch eine klare Schranke gesetzt, was im Übrigen auch der ORF nicht in Frage stellt.

Der ORF hat in seinem Angebotskonzept (S. 15) in einer Übersichtstabelle veranschaulicht, welche Inhaltskategorien des geplanten Spartenprogramms jeweils der Erfüllung der zuvor genannten, im öffentlich-rechtlichen Kernauftrag liegenden Ziele gemäß § 4 Abs. 1 ORF-G dienen. Darüber hinaus konnte der ORF in seinem Angebotskonzept mittels beispielhafter Aufzählung konkreter Programminhalte plausibel darlegen, dass das Spartenprogramm zur Erfüllung dieser Ziele beitragen kann. Es lagen auch keine Anhaltspunkte für die KommAustria vor, die diesbezüglichen Ausführungen des ORF in Zweifel zu ziehen.

Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass das vom ORF vorgelegte Angebotskonzept für ein Informations- und Kultur-Spartenprogramm den inhaltlichen Anforderungen gemäß § 4c Abs. 1 iVm § 4 Abs. 1 ORF-G entspricht. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass die Veranstaltung eines Informations- und Kultur-Spartenprogramms, inklusive eines Teletext-Angebotes, im Unternehmensgegenstand des ORF nach

§ 2 Abs. 1 Z 1 ORF-G liegt. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem gesetzlichen Auftrag für ein solches Sparten-Fernsehprogramm gemäß § 4c ORF-G sowie dessen Verankerung im Versorgungsauftrag nach § 3 Abs. 8 ORF-G.