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Wie Berechnet Man den BedarF richtig?

Im Dokument FORUM-11-2011 (Seite 28-31)

Wie in der Oktoberausgabe detail-liert dargestellt, wird aber ein erheb-licher Teil der Hausärzte zwar der hausärztlichen Versorgung zuge-ordnet, unterscheidet sich jedoch im Leistungsspektrum deutlich von der typischen hausärztlichen Ver-sorgung. Diese „untypischen“ Haus-ärzte zählen in der jetzigen Bedarfs-planung sämtlich zum hausärztli-chen Versorgungsbereich und ver-fälschen so das Bild von der aus-reichenden Versorgung erheblich.

Zieht man in einem Modell die un-typischen Hausärzte aber ab (Ab-bildung 2), wandelt sich das Bild völlig: Die meisten Planungsberei-che sind nun der drohenden Unter-versorgung ausgesetzt. Der De-ckungsgrad der Bedarfsplanung liegt dann meistens zwischen 80 und 100 Prozent. Nur noch wenige Planungsbereiche weisen einen Ver-sorgungsgrad von über 100 Prozent aus und überversorgte Gebiete fi n-den sich gar nicht mehr. Besonders die Ballungsgebiete zeigen einen hohen Anteil an untypischen Haus-ärzten, wie das Beispiel München zeigt. Dieser Planungsbereich er-scheint nun sogar als hausärztlich unterversorgt, das heißt, laut den bestehenden Bedarfsplanungsricht-linien fi ndet man hier nicht genü-gend typisch hausärztlich tätige Ärzte. Das Resultat bestätigt auch die gefühlte Situation in der haus-ärztlichen Versorgung sowohl in ländlichen Regionen als auch in den Großstädten.

Prekäre altersstruktur

Jedoch ist das nicht das einzige Pro-blem. Nicht nur, dass besonders die typischen Hausärzte im Freistaat fehlen, ihre Anzahl wird sich in den kommenden Jahren noch einmal deutlich verringern. Abbildung 3 zeigt die Altersverteilung der typi-schen Hausärzte für das Quartal 1/2009. Danach liegt der Anteil der über 60-Jährigen bereits bei mehr

als 19 Prozent. Die meisten dieser Ärzte werden in fünf Jahren der medizinischen Versorgung nicht mehr zur Verfügung stehen. Auf-fallend ist auch die hohe Zahl an Hausärzten zwischen 55 und 60 Jahren, die voraussichtlich in zehn Jahren nicht mehr praktizieren wer-den. Nicht nur der Anteil der über 60-jährigen Ärzte wird dann zuneh-men, die Gesamtzahl an Hausärz-ten wird sich bis dahin nach unse-ren Hochrechnungen um 13 Prozent verringert haben (Modellrechnung Vergleich mit 2020). Unsere auf den Zugangszahlen junger Medizi-ner basierenden Prognosen deuten darauf hin, dass dieser Schwund mit den heutigen Mitteln nicht auf-zuhalten ist.

Die Zahl der Studienabgänger, die eine Weiterbildung zum Facharzt der Allgemeinmedizin anstreben, stagniert. Der Hausärzterückgang lässt sich so also nicht aufhalten.

Zudem konzentrieren sich die haus-ärztlichen Weiterbildungsassisten-ten vermehrt in den StädWeiterbildungsassisten-ten, wes-halb man eine geringere Bereit-schaft bei der Nachbesetzung länd-licher Praxen erwarten kann.

unterschiedliche leistungsintensität

Eine weitere Schwäche der bishe-rigen Bedarfsplanung besteht da-rin, wie das Leistungsvolumen der Ärzte, das sich individuell ja deut-lich unterscheidet, berücksichtigt wird. Für jeden Mediziner einer Fachgruppe wird die gleiche Leis-tungsmenge – sei es in Form von Fallzahlen oder Umsatz – ange-nommen. Vergleiche zeigen jedoch, dass alleine durch die Zunahme an angestellten Ärzten die Leistungs-intensität pro Arzt abnimmt. Das ist nicht überraschend, da ein nie-dergelassener Praxisinhaber als freier Unternehmer eine andere Leistungsintensität an den Tag le-gen kann als ein auf Stundenbasis

Grad der Versorgung der jetzigen Bedarfsplanung für Hausärzte

Quelle: KVB Abbildung 1

Stadt- und Landkreise Bayern 2010 ≤ 80 Prozent

≤ 100 Prozent ≤ 120 Prozent > 120 Prozent

Grad der Versorgung modellhaft berechnet unter Berücksichtigung nur der typischen Hausärzte

Quelle: KVB Abbildung 2

Stadt- und Landkreise Bayern 2010 ≤ 80 Prozent

≤ 100 Prozent ≤ 120 Prozent > 120 Prozent

sollte man bei der zukünftigen Be-darfsplanung genauso berücksich-tigen wie die zunehmende Bedeu-tung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und deshalb die Anzahl der behandelnden Ärzte im Ver-hältnis zur Einwohnerzahl nach oben korrigieren.

tiefgreifender Wandel scheint unvermeidlich

Ähnliche Ergebnisse sind auch im fachärztlichen Bereich zu erwarten.

Dazu laufen gerade Analysen zur Identifikation von versorgungsglei-chen Gruppen innerhalb der fach-ärztlichen Gebiete. Die flächende-ckende Versorgung wird im heute bekannten Umfang bei den beste-henden Rahmenbedingungen nicht mehr lange bestehen können. Zwar werden Maßnahmen zur Abmilde-rung des Negativtrends etabliert und mit Nachdruck weiterentwi-ckelt. Einen Wandel der heute be-kannten Versorgungslandschaft können sie aber nicht verhindern, höchstens im Sinne einer bestmög- lichen Versorgung gestalten.

Dr. Roman Gerlach, Dr. Martin Tauscher (beide KVB)

30 35 40 45 50 55 60 65 70

Altersverteilung der „typischen“ Hausärzte in Bayern im Quartal 1/2009

Quelle: KVB Abbildung 3

Anzahl der Ärzte

Alter in Jahren 100

200 300 400

0

Kriterien zur identifikation der typischen hausärztlichen Versorgung

„Typische Hausärzte“ erfüllen alle fünf Muss-Kriterien und mindes-tens zwei der Kann-Kriterien in einem Quartal:

Muss-Kriterien, die ein Arzt alle erfüllen muss, um als „typischer Hausarzt“ identifiziert zu werden:

„ mehr als 200 Fälle

„ zehn oder mehr Hausbesuche

„ ein GKV-Praxisumsatz von mehr als 30.000 Euro

„ alle Mindestkriterien bei vier definierten Arzneimittelgruppen werden erfüllt*

„ Verordnungskosten je Patient betragen mindestens 33 Prozent des Mittelwerts bei Hausärzten

Kann-Kriterien, von denen ein Arzt mindestens zwei von fünf er- füllen muss, um als „typischer Hausarzt“ identifiziert zu werden:

„ geringerer Fallwert (ohne Leistungen zu Unzeiten) als 90 Euro

„ die Versichertenpauschale macht mindestens 30 Prozent des Gesamtumsatzes aus

„ mindestens ein Fall mit Lungenfunktionsdiagnostik

„ höchstens 30 Prozent der Patienten suchten im gleichen Quartal noch einen zweiten Hausarzt auf

„ mindestens 40 Prozent der Patienten wurden auch im Vorquartal behandelt

*Folgende vier Arzneimittelgruppen wurden identifiziert: Antidiabetika (AA10), Diuretika (AC03), Beta-Adrenozeptor-Antagonisten (Betablocker) (AC07), Mittel mit Wirkung auf das Renin-Angio- tensin-System (AC09). Erforderlich ist, dass die Ärzte einen Teil ihrer Patienten mit den aufge- führten Arzneimittelgruppen versorgen. Das Verordnungsvolumen je Arzt soll mindestens ein Fünftel des mittleren Anteils aller Hausärzte betragen.

nach hoch- rechnungen wird sich im Freistaat die gesamtzahl der hausärzte bis zum Jahr 2020 um 13 Prozent verringern.

Im Dokument FORUM-11-2011 (Seite 28-31)