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Um es nicht unerwähnt zu lassen: Auch von der Doggerbank und aus der östlichen Deutschen Bucht (also Nordsee) wird Sand abgebaut, der ebenso wie in Nordafrika oder Malaysia die Meeresflora und –fauna und das Strömungsverhalten in den Meeren stark beeinflußt. Das heißt: auch beim Thema „Sand“ müssen wir intensiv vor der eigenen Haustüre kehren, um die richtigen Schritte in Richtung Kreislaufwirtschaft gehen zu können.

z.B. ROHSTOFF LITHIUM

Beispiel Chile

Chile ist nach Australien der derzeitig größte Lithium-Produzent. Und Chiles Regierung unter Sebastián Piñera setzt sich vorbehaltlos für die Privatisierung der Lithium-Industrie ein – so, wie er es beim Wasser tut und wie es Pinochet schon beim Kupfer getan hatte.

Und so, wie Deutschland von chilenischem Wasser über die importierten Agrarprodukte profitiert, so beließ die Hamburger Affinerie die meisten Umweltbelastungen in Chile selbst, wenn chilenisches Kupfererz in Hamburg zu hochwertigem Kupfer verarbeitet wurde.

Die Bewohner der nördlichen Atacama-Region mit der größten Kupferminen der Welt (Chuquicamata) erinnern sich sehr genau an die massiven Boden-, Wasser- und Luft-belastungen mit schweren Krankheits- und Todesfolgen für Minen-Arbeiter und Anwoh-ner durch die Arsen- und Schwefeldioxid-Kontamination von Luft und Wasser.

Zwangsläufig wehren sie sich heute gegen den privatisierten Lithium-Bergbau und dessen Belastungen. Anders als zu Pinochets Zeiten lehnt heute allerdings auch die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament von Valparaiso die privilegierte Behandlung der Rohstoffkonzerne durch die Regierung Piñera ab.23

23 La Tercera (Stgo), 24.3.2021: Diputados aprueban proyecto que crea nuevo royalty al cobre y al litio, pero gobierno hace reserva de constitucionalidad. Según el oficialismo, la facultad de crear nuevos tributos está entregada por la Carta Magna exclusivamente al Ejecutivo.

Pese a ello, la iniciativa se aprobó por 91 votos a favor, 36 en contra

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Lithium-Felder in der Atacama-Wüste

und

Protestmärsche gegen die Privatisierung der Salzseen zur Lithium-Gewinnung,

Atacama-Anwohner

Die Proteste der regionalen Bewohner rund um die Salzseen im Norden sind heftig. Denn die Lithium-haltige Salzbrühe (die sog. Sole) wird mit dem Grund-wasser aus grosser Tiefe hochgepumpt. Die Sole wird in großen Verdunstungsbecken aufgefangen und der Sonne überlassen, damit die Sonne das Wasser vertreibt. Am Ende einer langen Abklingphase (bis zu 12 Monate) hat sich ein Salzschlamm gebildet mit etwa 6% Lithium-Anteil.

Nachdem die Anwohner der Atacama-Siedlungen (auch Indigene) die Verwandlung ihres uralten Lebensraumes nun schon einige Jahre beobachten können, formulieren sie ihre Proteste einerseits wegen des Wasserverlustes. Denn diese Wasservernichtung in einer Wüstenregion ist das Todesurteil für die ohnehin spärliche Vegetation und damit auch lebensbedrohend für alle Lebewesen in der Atacama-Region.

Wo vor dem Lithium-Boom noch ein paar Llamas und ein paar Ziegen gehalten wurden, ist auch der widerstandsfähigste Bewuchs verschwunden, selbst die alten, dornigen Algarrobo-Bäume mit Wurzeln, die 50 m Tiefe erreichen, um ans Grundwasser zu gelangen, sind kaum mehr zu finden.

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Lithium-Abklingbecken. Atacama; Färbung zeigt Grad der erreichten

Wasserverdunstung

Atacama mit Schmelzwasser-Bach, und Algarrobo vor dem Lithium-Boom

Verschwunden sind aus den chile-nischen Salzseen auch die Flamingos, weil es für sie keine Salzsee-Krebse als Futter gibt (beides findet sich derzeit noch nebenan in Bolivien).

Die Proteste richten sich aber auch gegen den Extraktivismus des chile-nischen Konzerns SQM (Sociedad Quimica y Minera de Chile), und noch genauer gegen die Anteilseigner an SQM aus Canada und besonders aus China. Die beteiligten chinesischen Unternehmen (vor allem Jiangxi Ganfeng Lithium Co.) exportieren das gewonnene Lithium-Karbonat in erster

Linie nach China zur dortigen Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien.

In Deutschland wird noch immer die Debatte um die Giga-Fabrik von TESLA geführt, dem derzeit einflussreichsten Nutzer solcher Lithium-Ionen-Batterien für seine Auto-Model-le. Schon dort, in Brandenburg, ist erkennbar, dass die TESLA-Produktion ein großes Wasserproblem verursacht (s.o.,S.31). Als nicht besonders nachhaltig, dafür mit Wasservernichtung verbunden zeigt sich in Chile der Rohstoffabbau auch für die TESLA-Autobatterien. Alles in allem lauten die Berechnungen zum Wasserverbrauch für die

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Herstellung einer Lithium-Batterie: 80.000 Liter Wasser!24 Die globalen Transportwege von Chile nach Asien und dann nach Europa machen die Sache nicht besser. Systemische Schwachstellen hängen im Übrigen mit der oligopolischen Dominanz chinesischer und anderer asiatischer Unternehmen in der gesamten Wertschöpfungskette der Lithium-Verarbeitung zusammen (Elektronikkonzerne wie Lenovo; Samsung, LG, Panasonic; aber natürlich auch Batterieproduzenten wie CATL und AES).

Anders als die chilenische Situation unter einer sehr neoliberalen Regierung besteht in Deutschland die Aussicht, dass das außerordentlich umfangreiche Lithium-Lager im Oberrheingraben (Frankfurt-Basel) gut erreichbar und dadurch in den nächsten Jahren deutlich umweltfreundlicher abgebaut werden könnte. 25 Auch würde der Abbau nicht von chinesischen Unternehmen übernommen und die sozialen wie die ökologischen Bedingungen werden nicht vergleichbar sein. Bestehen bleibt natürlich die Frage, ob e-Autos mit Lithium-Batterien dennoch die best mögliche Lösung für falsch gewichtete Prioritäten in der Verkehrspolitik ergeben. Die Städte werden jedenfalls nicht autofreier.

Und überbaute Fläche bleibt überbaute Fläche – ob für einen Diesel oder einen Tesla.

Chile könnte sich beim Thema Mobilität im Übrigen an ganz anderer Stelle auch international hervortun, nämlich mit der Nutzung der Sonnenenergie, die in der Atacama verfügbar ist und wo Chile im Norden mit einem enormen Solar-Turm schon ein wichtiges Zeichen für nachhaltige Energiepolitik gesetzt hat (s.u.,S.65). Mit der Solarenergie läßt sich schließlich grüner Wasserstoff herstellen, der ein sinnvolleres Exportprodukt in den globalen Norden darstellt als Wasser in Form von Obst und Gemüse oder Lithium. Es wäre ein exzellenter Beitrag für Klimaschutz und zur Kreislauf-wirtschaft.