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1.4. Auswertung

1.4.2. Begrenzung der Tropfengeschwindigkeit

Die Tropfengeschwindigkeit U (nahe der Düse identisch zur Strahlge-schwindigkeit) kann in erster Näherung aus dem BernoulliPrinzip mittels U =p

2∆p/ρ abgeleitet werden. Die Umstellung von Gl. (1.1) liefert jedoch die genauere Relation Abbildung 1.10 zeigt die Geschwindigkeitsmessungen und den Fit der Kurve für die17µmSiliziumdüse. Konstruktionsbedingt lieÿen sich mit dieser Düse und mit DI Wasser langzeitstabil deutlich höhere Drücke verwenden als mit der Edelstahl-düse, hier bis zu 45 bar. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung zwischen den Messdaten und der mit den ermittelten ParameternC1 = 0,5221undC2 = 0,5503 bestimmten Kurve. Aufgrund der guten Interpolation der experimentellen Daten lässt sich Gl. (1.2) mit kalibrierten ParameternC1 undC2 für eine korrekte Vor-hersage der Austrittsgeschwindigkeit des Strahls verwenden.

Erwartungsgemäÿ existiert ein minimal nötiger Druck, um anfänglich einen Flüs-sigkeitsstrahl zu erzeugen. Da bei sehr niedrigen Drücken die Oberächenspan-nung und die Viskosität die kinetische Energie des Strahls überwiegen, würde die Flüssigkeit nur langsam herausieÿen. Es würde sich ein gröÿerer Tropfen bilden, welcher sich schlieÿlich wegen seines eigenen Gewichts ablösen und herunterfallen wird. Experimentell untersucht wurde diese Restriktion unter anderem von Wal-zel [83] und lässt sich als kritische (limitierende) WeberZahl We = ρU2d/σ in Abhängigkeit von der OhnesorgeZahl ausdrücken. Walzel fand einen kritischen Wert von Wekrit = 14,5·Oh0,08, unterhalb dessen sich kein kontinuierlicher Flüs-sigkeitsstrahl formt.

Die obere Grenze der erreichbaren Geschwindigkeit steht im Zusammenhang der Interaktion mit dem umgebenden Gas (typischerweise Luft). Mit zunehmender Strahlgeschwindigkeit bilden sich vermehrt Störungen in der Scherschicht der um-gebenden Luft, weswegen der Einuss ihrer Viskosität nicht mehr vernachlässigt werden kann. Ohnesorge [84] und Haenlein [49] haben zwei qualitative Übergän-ge beschrieben. Oberhalb einer bestimmten Geschwindigkeit beginnt der Flüssig-keitsstrahl Instabilitäten aufzuweisen, die als Zerwellen bezeichnet wurden (in der englischsprachigen Literatur auch häug windinduced regime). Hier ent-wickelt der gesamte Strahl eine wellenähnliche Form quer zur Ausbreitungsrich-tung. Für noch höhere Geschwindigkeiten zerfällt der Flüssigkeitsstrahl bereits schon sehr nahe der Düse gänzlich in einen feinen Tropfennebel, Zerstäuben ge-nannt (engl. atomization). Ersterer Übergang (zum ZerwellenRegime) lieÿ sich

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Abbildung 1.10: Der Zusammenhang zwischen Überdruck und resultierender Tropfengeschwindigkeit lässt sich mit guter Übereinstimmung durch Gl. (1.2) be-schreiben (durchgezogene Linie). Die beiden freien Parameter C1 und C2 werden für jede Düse und Flüssigkeit bestimmt, hier für die 17µm Siliziumdüse und DI Wasser. Die gestrichelten Linien zeigen für die verwendete Düse die theoretischen Geschwindigkeitsgrenzen entsprechend [83] und [84] für eine stabile Bildung eines glatten Flüssigkeitsstrahls in Luft.

von Ohnesorge über einen weiten Parameterbereich mittels der ReynoldsZahl Re =ρU d/µund der OhnesorgeZahl beschreiben, wobei er unter normalem, at-mosphärischen Druck etwa ab einer kritischen ReynoldsZahl Rekrit ≈133·Oh−4/5 stattfand. Der Übergang zum Zerstäuben wurde von diesen Autoren bei einer ReynoldsZahl Rekrit ≈1000·Oh−4/5 beobachtet.

Die gestrichelten Linien in Abb. 1.10 zeigen die entsprechenden unteren und oberen Grenzen für die 17µm Düse. Ein Vergleich mit den experimentell er-reichbaren Geschwindigkeiten zeigt, dass während die untere Grenze10 von etwa

10 Der Datenpunkt bei 1 bar markiert in etwa den experimentell minimal möglichen Druck zur Erzeugung eines Flüssigkeitsstrahls. Experimente mit einem Druck etwas unter 1 bar führten zwar auch noch zu einem Flüssigkeitsstrahl, jedoch beträgt der Fehlerbereich des Manometers0,5 bar. Daher wurde darauf verzichtet, diese Datenpunkt zu berücksichtigen.

Abbildung 1.11: Hochgeschwindigkeitsaufnahme unterhalb der Düse (Bildrate:

88 kfpsund Belichtungszeit:369 ns). Die Tropfen bewegen sich von links nach rechts (die Bilder sind um 90 gedreht). Der Flüssigkeitsstrahl verlässt eine26µm Silizi-umdüse bei etwa 47 m s−1, was eine OhnesorgeZahl Oh ≈ 0.023 und eine kri-tische ReynoldsZahl Rekrit ≈ 950 ergibt, wobei die eingestellte ReynoldsZahl Re ≈ 1200 beträgt. Während andere Experimente mit diesem Düsendurchmesser und dieser Geschwindigkeit bei einer einzelnen Düse einen glatten Flüssigkeitsstrahl zeigten, so führt die Nähe weiterer Strahlen (nicht im Bildausschnitt; identische Strahlparameter; Abstand etwa 150µm) zu einem Übergang hin zu einer wellen-ähnlichen Verformung quer zur Ausbreitungsrichtung. Dennoch war es möglich, den Zerfallsprozess akustisch bei einer Frequenz von 590 kHz in monodisperse Tropfen zu kontrollieren.

7 m s−1 (∆p ≈ 1 bar) relativ gut nachvollzogen werden kann, die obere Gren-ze von etwa 51 m s−1 (∆p ≈ 16 bar) um etwa den Faktor zwei überschritten wurde. In einem Einzelexperiment11 bei etwa 75 bar konnte bei Geschwindig-keiten von bis zu 120 m s−1 und akustischer Anregung noch ein stabiler Zer-fall in monodisperse Tropfen beobachtet werden (siehe Abb. 1.4d). Daraus lässt sich schlieÿen, dass in dem vorliegenden Experiment die Geschwindigkeitsgrenze nicht durch die Zerwelleninduzierte Instabilität gegeben ist, sondern vielmehr durch eine technische Begrenzung des Aufbaus. Die maximale Strahlgeschwin-digkeit entspricht einer ReynoldsZahl von Re ≈ 2000, was in etwa zweiein-halb mal gröÿer als Rekrit ≈ 850 ist. Für diesen erweiterten Stabilitätsbereich kann allerdings angenommen werden, dass die Geometrie der Düse, insbesonde-re die Länge des letzten rohrähnlichen Abschnittes, von groÿer Bedeutung ist.

Es wurde durch die Experimente von McCarthy und Molloy [34] gezeigt und

11 Oberhalb eines Druckes von50 barsteigt die Gefahr der Zerstörung der Düse.

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Abbildung 1.12: Erreichter Geschwindigkeitsbereich mit der 17µm Siliziumdü-se und der 26µm Siliziumdüse mit mehreren Mikrobohrungen unter Verwendung von DI Wasser, gezeigt als OhnesorgeZahl gegen ReynoldsZahl. Beide Düsen überschreiten die in der Literatur angegebene Grenze zum ZerwellenRegime. Die Übergänge zum Zerwellen und Zerstäuben sind entsprechend [84] als gestrichelte Linien eingezeichnet.

ebenfalls in [85] beschrieben, dass sich durch Änderung der Düsenlänge die Form des austretenden Flüssigkeitsstrahls zwischen einem glatten, stabähnlichen und einem gestörten Zustand ändern lieÿ. Eine Optimierung der Düsengeometrie für MikroFlüssigkeitsstrahlen bzgl. eines möglichst schnellen und gleichzeitig stabilen Strahls scheint möglich [47], wie auch durch das vorliegende Experiment bestätigt. Weitere Informationen über den Strahlzerfall unter Anlegen einer exter-nen akustischen Störung im Zerwellen- und insbesondere im ZerstäubenRegime würden an dieser Stelle notwendig sein, sind jedoch mit dem vorliegenden Aufbau nicht umzusetzen.

Im Fall von angrenzenden Strahlen (aus weiteren Düsen) zeigte sich eine Querbe-wegung der gesamten Tropfenkette, die wohlmöglich aufgrund der durch die zu-sätzlichen Strahlen verursachten Verwirbelungen in der Luft begünstigt wird (sie-he Abb. 1.11). Jedoch erfolgte der Zerfall immer noch in monodisperse Tropfen,

wobei es wahrscheinlich ist, dass die Querbewegung eine Koaleszenz begünstigt.

Mithin ist das Vorkommen dieser weiteren Instabilität nicht notwendigerweise eine Limitierung der Methode zur Erzeugung monodisperser Tropfen, bedarf je-doch im konkreten Anwendungsfall einer genaueren Untersuchung.

Abschlieÿend wird in Abb. 1.12 ein Überblick des untersuchten Parameterraums gegeben, ähnlich zu dem in [84] zu ndenden Nomogramm. Dieser beinhaltet den Übergang zum Zerwellen und zum Zerstäuben jeweils als diagonale Linien. Die horizontalen Linien mit Symbolen bilden die in den vorliegenden Experimenten erreichten Geschwindigkeiten ab, in dem monodisperse Tropfen erzeugt wurden.

Beide Düsenvarianten überschreiten deutlich den Übergang ins Zerwellen, jedoch wiesen sie stets einen stabilen varikosen Strahlzerfall auf.