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Beendigung und Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit und

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2. Strategie, Ziele und arbeitsmarktpolitische Handlungsfelder

2.5. Handlungsfelder und Aktivitäten

2.5.1. Beendigung und Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit und

Mit seiner strategischen Grundausrichtung und den Handlungsfeldern trägt das Jobcenter als kommunale Einrichtung zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie Münster 203041 in den Themenfeldern Arbeit und Wirtschaft, Bildung sowie gesellschaftliche Teilhabe und Gender bei:

• Gelebte gesellschaftliche Teilhabe ist in Münster für alle selbstverständlich.

• Die Stadt Münster setzt sich dafür ein, die Quote der ALG II/SGB II-Empfängerinnen und -Empfänger bis 2030 kontinuierlich zu senken.

• Alle Menschen gehen ihrer Qualifikation entsprechend einer „Guten Arbeit“ nach. In-klusive und faire Beschäftigungsmöglichkeiten sind ausreichend vorhanden.

2.5.1. Beendigung und Vermeidung von Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug

Die Personengruppe der Langzeitleistungsbeziehenden und Langzeitarbeitslosen er-streckt sich über alle definierten Zielgruppen: Jugendliche, Ältere, Menschen mit Behinde-rung und gesundheitlichen Einschränkungen, (Allein-)Erziehende sowie Menschen mit Migrationsvorgeschichte und Fluchthintergrund. Entsprechend sind die Ursachen für Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug vielschichtig; oftmals kommen auch verschiedene Faktoren zusammen und bedingen sich gegenseitig, wie zum Beispiel schwierige persönliche Rahmenbedingungen und gesundheitliche Belastungen. Zudem zeigt die Erfahrung, dass die Chance auf eine dauerhafte und existenzsichernde Beschäf-tigung mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit und des Leistungsbezuges weiter sinkt – ein Kreislauf, den es zu durchbrechen gilt, um einerseits das Risiko materieller und fi-nanzieller Teilhabedefizite für die Betroffenen zu mindern und andererseits brachliegende Potenziale für den Arbeitsmarkt zu aktivieren beziehungsweise zu reaktivieren. Nicht zu

41Vgl. Vorlage V/0515/2018: Global nachhaltige Kommune NRW - Nachhaltigkeitsstrategie Münster 2030.

41 Langzeitleistungsbezug

vergessen sind darüber hinaus die Leistungsberechtigten, die einer Beschäftigung nach-gehen, deren Einkommen aber - zum Teil auch bei einer Vollzeitstelle - nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt für die Bedarfsgemeinschaft existenzsichernd zu bestreiten.

So individuell und komplex die Ursachen und Risiken für Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug sind, so individuell und ganzheitlich müssen auch die Angebote und Maßnahmen für die betroffenen Menschen sein. In den meisten Fällen gilt es insbe-sondere, niedrigschwellig anzusetzen und die Menschen in einem längerfristigen Prozess in ihren Rahmenbedingungen und ihrer Person zu stärken und darüber an den Arbeits-markt heranzuführen. Um Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug zu vermei-den, sind auch präventive Maßnahmen wichtig. Diese ergeben sich aus den übrigen Hand-lungsfeldern des Jobcenters (zum Beispiel Ausbildung und Qualifizierung). Das Augen-merk liegt hierbei auch auf den Personen, die aufgrund der Coronakrise hilfebedürftig ge-worden sind.

Öffentlich geförderte Beschäftigung

Erhebliche personelle Ressourcen sowie Mittel aus dem Eingliederungsbudget, kommu-nalen Finanzen und weiteren Förderprogrammen wurden durch das Jobcenter in den letz-ten Jahren in den Ausbau der öffentlich geförderletz-ten Beschäftigung (ögB) investiert, seit Inkrafttreten des Teilhabechancengesetzes zum 01.01.2019 vorrangig in die Instrumente Paragraph 16e und 16i SGB 2. Auch im Jahr 2021 plant das Jobcenter der Stadt Münster, öffentlich geförderte Beschäftigung in größtmöglichem Umfang zu realisieren und die Leis-tungsberechtigten darüber an eine ungeförderte Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt heranzuführen (siehe hierzu die Anlage 5). Dabei besteht ein Nachbesserungsbedarf hin-sichtlich ögB von Frauen, die bislang nur einen Anteil von 23 Prozent aller ögB-Teilneh-menden ausmachen. Das Jobcenter plant, künftig Frauen noch gezielter anzusprechen und geeignete ögB-Stellen zu akquirieren. Weiterhin wird künftig das Augenmerk darauf liegen, die Verlängerung befristeter ögB-Stellen sowie Übergänge in ungeförderte Be-schäftigung zu erwirken. Dadurch freiwerdende Fördermittel sollen dann für neue ögB-Stellen eingesetzt werden. Da Beschäftigungen oder Maßnahmen im Rahmen der ögB sich in der Regel über mehrere Jahre erstrecken, muss das Jobcenter bei der Realisierung von Förderfällen die Mittelbindungen (Verpflichtungsermächtigungen)42 im Auge behal-ten, um auch für die Folgejahre Handlungsfähigkeit in anderen Förderfeldern zu erhalten.

Individuelles Coaching

Ein wesentlicher Bestandteil der ögB ist eine ganzheitliche sozialpädagogische Betreuung (Coaching) im Vorfeld und während der Beschäftigung sowie bei Bedarf auch im An-schluss an die ögB bei Übergang in eine ungeförderte Arbeit. Mit dem Coaching hat das Jobcenter der Stadt Münster bereits im Rahmen der mittlerweile ausgelaufenen Förder-programme für Langzeitarbeitslose und Soziale Teilhabe sehr positive Erfahrungen ge-sammelt, da es dazu beiträgt, Abbrüche zu verhindern, und somit die Nachhaltigkeit der Beschäftigung fördert.

42Als Verpflichtungsermächtigung bezeichnet man eine im Haushaltsplan veranschlagte Ermächtigung, die es der Ver-waltung ermöglicht, Verpflichtungen einzugehen, die erst in späteren Haushaltsjahren zu Ausgaben bzw. Auszahlungen führen.

Auch unabhängig von ögB haben sich im Maßnahmenportfolio des Jobcenters modulare Coachingangebote etabliert, die die Leistungsberechtigten individuell bei der Stärkung ih-rer persönlichen und lebenspraktischen Kompetenzen, aber auch bei der Berufswegpla-nung und der Arbeitsuche sowie nachgehend bei Arbeitsaufnahme unterstützen. Diese Angebote (zum Beispiel das mobile Fallclearing, das Intensivcoaching für Langzeitleis-tungsbeziehende und die Maßnahme „Horizont“ für lebensältere Leistungsberechtigte mit Migrationsvorgeschichte) werden 2021 fortgeführt bzw. neu in das Maßnahmenportfolio des Jobcenters aufgenommen.

Sozialräumliche und weitere niedrigschwellige Angebote

Um Barrieren gegenüber dem Jobcenter abzubauen, die Leistungsberechtigten im wörtli-chen Sinne aus ihren Sozialräumen abzuholen und in die Beratung des Jobcenters auf-zunehmen, gibt es mittlerweile in allen Stadtbezirken niedrigschwellige Kontakt-, Informa-tions- und Beratungsangebote in Form offener Sprechstunden, zum Teil für spezielle Ziel-gruppen, wie Alleinerziehende und Jugendliche. Die Sprechstunden finden in der Regel in den Räumen der Netzwerkpartner/-innen des Jobcenters statt. Beispiele sind das Jobcen-ter Café für (Allein-)Erziehende im Begegnungszentrum 37 Grad in Hiltrup und eine Sprechstunde im Stadtteilbüro der Arbeiterwohlfahrt in Coerde.

Nach dem Motto „die Menschen dort abholen, wo sie sind“ bietet auch die Migrationsbe-auftragte des Jobcenters Information und Beratung in Sprachkursen und anderen Ange-boten und Einrichtungen an (zum Beispiel Sportkurse für Frauen mit Migrationsvorge-schichte und Veranstaltungen von Migrantenselbstorganisationen).

Durch die coronabedingten Kontaktbeschränkungen haben diese Angebote, die von der persönlichen Begegnung leben, in Absprache mit den Netzwerkpartner/-innen größtenteils nicht stattfinden können. Die Wiederaufnahme ist jedoch geplant, sobald die Umstände und Verordnungen es zulassen.

Kommunale Eingliederungsleistungen

In Umsetzung des politischen Auftrags43 hat das Jobcenter der Stadt Münster die flankie-renden Beratungs- und Unterstützungsangebote der kommunalen Eingliederungsleistun-gen weiter gebündelt und optimiert (siehe hierzu auch die Vorlage V/0664/2018). Die fol-genden Angebote werden in Kooperation mit den entsprechenden Trägern realisiert:

• Durchführung eines Modellvorhabens für die Zielgruppe der leistungsberechtigten Menschen mit Migrationsvorgeschichte, das die Instrumente Paragraph 45 SGB 3 (für Themen mit beruflichem Bezug) und Paragraph 16a SGB 2 (psychosoziale Beratung) miteinander verzahnt. 2021 erfolgt eine Analyse verbunden mit der Prüfung der Über-führung zu einem Regelverfahren.

• Vor-Ort Sprechstunde der Suchtberatung an den verschiedenen Standorten des Job-centers seit August 2019. Im Rahmen der coronabedingten Kontaktbeschränkungen wird diese aktuell bei Bedarf telefonisch durchgeführt. Dieses Angebot soll auf der Ba-sis der bis jetzt erlangten Erfahrungen weiter optimiert werden.

• Budgetberatung als präventives Beratungsangebot im Vorfeld originärer Schuldnerbe-ratung. Im Rahmen der coronabedingten Kontaktbeschränkungen wird dieses Bera-tungsmodul bei Bedarf telefonisch angeboten und durchgeführt. Es hat sich jedoch

43Siehe den Ratsantrag A-R/0027/2017.

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gezeigt, dass eine Beratung in einem solch sensiblen Themenfeld am besten im per-sönlichen Kontakt erfolgt. Vollständig etablieren konnte sich das Angebot daher noch nicht. Der Bedarf ist aber gegeben, so dass das Angebot auch künftig weiter vorgehal-ten und entwickelt wird.

Teilqualifizierung / modulare Qualifizierung

Die Integrationschancen arbeitsloser Menschen steigen generell durch ein erhöhtes Qua-lifikationsniveau. Gleichzeitig fühlen sich Menschen mit größerer Arbeitsmarktferne nicht selten von längeren Qualifizierungsmaßnahmen bzw. einer mehrjährigen Ausbildung überfordert. Durch Teilqualifizierung, das heißt einzeln belegbare, in sich abgeschlossene und zertifizierbare Qualifizierungsmodule, die mittelfristig auch den Erwerb eines vollwer-tigen Berufsabschlusses ermöglichen, können An- und Ungelernte an den ersten Arbeits-markt herangeführt werden. Dies ist ein wesentlicher Aspekt für das Jobcenter sich im Rahmen des regionalen Ausbildungskonsens NRW an einem Modellprojekt zum Ausbau der Teilqualifizierung bzw. modularen Qualifizierung zu beteiligen und bei dessen Gestal-tung intensiv mitzuwirken. Dabei stehen zunächst fünf Modellberufe im Fokus, für die ein besonders hoher Bedarf gesehen wird.44 Von dem Projekt sollen neben arbeitslosen Men-schen auch Arbeitnehmende in Beschäftigung profitieren, um über eine höhere Qualifizie-rung ein höheres Einkommen und dadurch die Beendigung der Hilfebedürftigkeit zu errei-chen.

Besondere Zielgruppen: Menschen ohne festen Wohnsitz

Die Gruppe der Menschen ohne festen Wohnsitz bildet eine Minderheit unter den Leis-tungsberechtigten, hat aber in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Konkret quantifizieren lässt sich diese Entwicklung allerdings nicht, da die Zielgruppe in sich sehr heterogen ist (von Menschen, die bereits jahrelang auf der Straße leben bis hin zu Perso-nen in verdeckter Wohnungslosigkeit) und sich daher nicht systematisch erfassen lassen lässt. Gemein ist allen Leistungsberechtigte ohne festen Wohnsitz, dass sie (häufig mul-tiple) Vermittlungshemmnisse aufweisen und oftmals sozial ausgegrenzt und stigmatisiert werden. Das Jobcenter bietet bereits seit langem, unter anderem auch im Zusammenwir-ken mit Trägern, einzelne Förderangebote für den Personenkreis an. Für 2021 ist im JiJ Mitte-Süd ein Projekt geplant, in dem Leistungsberechtigte ohne festen Wohnsitz verstärkt angesprochen werden sollen. Erreicht werden soll dies unter anderem durch regelmäßige Gesprächstermine mit festen Ansprechpartner/-innen des Jobcenters sowie verstärkte Zu-sammenarbeit mit den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und weiteren relevanten Netzwerkpartner/-innen. Ergänzt wird dies durch geeignete Angebote, wie die „Job-Brü-cke“, die obdachlosen und wohnungslosen Menschen Arbeitsgelegenheiten in verschie-denen Bereichen bietet, oder die Maßnahme Tagelöhner (eine ausführliche Darstellung findet sich in der Anlage 6).

44Maschinen- und Anlagenführer/-in, Fachkraft im Gastgewerbe, Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Kli-matechnik, Fachlagerist/-in und Verkäufer/-in.

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