• Keine Ergebnisse gefunden

Hubert Ospelt

Im folgenden Beitrag soll der langwierige Weg zum Kunstmuseum Liechtenstein im Kontext der Zentrumsplanung von Vaduz aus raum-planerischer, städtebaulicher, architektonischer wie auch politischer Sicht skizziert werden. Inhaltlich geht es um Bau, Raum und Er -schliessungsstrukturen von Planungen sowie um städtebauliche und architektonische Aspekte von prägenden Einzelprojekten. Angespro-chen werden auch politische Gegebenheiten, sofern sie bei der Umset-zung von Planungen und Projekten von Bedeutung waren. In einem Exkurs wird die Thematik des öffentlichen Raums allgemein und dessen Ausgestaltung, oftmals mit Kunstwerken, besprochen. In einem Aus-blick sollen ein Fazit gezogen und Perspektiven erörtert werden.

In den Anfängen: Prägende Einzelbauten im Zentrum

Während langer Zeit waren Einzelbauten prägend für die Zentrumsent-wicklung von Vaduz: beispielsweise das Verweserhaus, das 1896 sein heutiges Erscheinungsbild erhielt; die von 1869 bis 1873 nach Plänen von Dombaumeister Friedrich von Schmidt, Wien, erbaute neugotische Pfarrkirche; das von 1903 bis 1905 nach Plänen von Gustav Ritter von Neumann, Wien, errichtete Regierungsgebäude; oder der 1933 bis 1934 als Sitz eines englischen Lotterieunternehmens nach Plänen von Archi-tekt Erwin Hinderer, Stuttgart/Schaan, in Stahlskelettbauweise errich-tete Engländerbau, ein erstes Beispiel für «Neues Bauen», einer damali-gen Bewegung für Architektur in Deutschland.

Abb. 1: Alte Landstrasse, Engländerbau, Landesmuseum, ca. 1960.

Abb. 2: Vaduz Zentrum, Rathausplatz, ca. 1936.

Mit dem Rathausprojekt zur Schaffung eines Ortszentrums 1933 wurde mit der Planung und Realisierung des Rathauses durch Architekt Franz Roeckle, Frankfurt a. M./Vaduz, «der Auftakt zur Neu gestaltung eines eigentlichen Vaduzer Dorfzentrums initiiert» (aus:

JBL 114, 2015, S. 228). Erstmals kann von einem Planungskonzept ge -sprochen werden, das über das Bauprojekt hinaus neben der Ausbildung der Aussenräume auch bereits Erweiterungsoptionen aufzeigte, die län-gerfristig zur gewünschten Raumbildung führen sollten. Die Erweite-rung sollte den oberen Rathausplatz räumlich begrenzen, eine heute noch bestehende Baumreihe wurde zur Begrenzung des unteren Rathausplat-zes gepflanzt. Das Konzept hat bis heute grundsätzlich seine Gültigkeit bewahrt und wurde bei den nachfolgenden Planungen und Projekten auf diesem Areal weitgehend respektiert, wobei sämtliche späteren Projekte, wie das Kongresshaus, das Kunsthaus sowie zwei weitere Gemeindepro-jekte, im Bereich des Rathausplatzes scheiterten. Bekanntlich wurde das letzte Projekt zur «Zentrumsentwicklung Rathausumgebung» mit dem Titel «Gnuag Platz för alli» am 15. März 2015 zur Ab stimmung gebracht.

Das Projekt, das in vorbildlicher Weise die bereits mit dem seinerzeitigen Rathausbau angedachte Begrenzung zur Bildung eines oberen und eines unteren Platzes umgesetzt hätte, wurde im Vorfeld der Abstimmung in bekannter Vaduzer Manier verpolitisiert und in der Folge abgelehnt.

Erste Zentrumsplanung in den 1960er-Jahren

1960 wurde erstmals eine Zentrumsplanung für den Bereich Städtle ini-tiiert, die an das Planungsbüro Marti und Kast, Zürich, vergeben wurde.

Gemäss einem 1962 vorgestellten Bericht sah die Planung eine komplett neuartige Bebauungsstruktur, ein neues Verkehrsregime (Äulestrasse mit Gegenverkehr, Städtle als Fussgängerzone) und eine Fussgängerüberfüh-rung vom Städtle ins Äule im Bereich des ehemaligen Marktplatzes vor.

Die Städtleebene wurde als Fussgängerbereich bis zur Äulestrasse aus-gedehnt, was zum heute noch gültigen Konzept der Platz- und Wegbil-dungen führte. Realisiert im Geiste dieser Planung sind zwischenzeitlich das Verkehrsregime (Äulestrasse im Jahr 1998, Fussgängerzone Städtle 2004, diverse Plätze im Zwischenbereich) und einzelne Bauten, wie das Postgebäude und die über eine Brücke verbundene, ursprünglich nicht

vorgesehene Marktplatzgarage in den 1970er-Jahren. Der Platz wurde abweichend vom seinerzeitigen Konzept nicht auf Niveau Äulestrasse, sondern ein Geschoss höher auf dem Deck der Marktplatzgarage vorge-sehen. Die später auf das Gebiet Äule und die Schlosshalde ausgedehnte Zentrumsplanung blieb, abgesehen von gestalterischen Inhalten, auch nach mehreren Revisionen in den Grundzügen erhalten.

Öffentliche und private Ausstellungsbauten am Hangfuss Bevor die Idee für ein Kunsthaus und später für ein Kunstmuseum auf-kam, entstanden öffentliche und private Ausstellungsbauten, die das Zen-trum am Hangfuss prägten. Der Ursprung des Landesmuseums geht auf die Ausstellung von Kulturgütern in Räumlichkeiten auf Schloss Vaduz Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Nach vorübergehender Unterbrin-gung in verschiedenen Gebäuden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fand das Museum im 1954 neu errichteten Gebäude der Landesbank im Städtle für zwölf Jahre Unterkunft. Anfang der 1970er-Jahre bezog das Landesmuseum ein renoviertes historisches Gebäude im Amtsviertel, die ehemalige herrschaftliche Taverne zum Adler, am heutigen Standort, wo es nach Um- und Erweiterungsbauten 2003 neu eröffnet wurde.

Im 1934 errichteten Engländerbau wurden ab den 1950er-Jahren Ausstellungen aus den Fürstlichen Sammlungen, ab den 1970er-Jahren zudem Ausstellungen der Staatlichen Kunstsammlung gezeigt. 2002 wur

-Abb. 3: Broschüre «Ein Zentrum für Vaduz», Modell und Perspektivskizze Zentrumsplanung 1962.

de der Kunstraum Engländerbau eröffnet, der zeitgenössisches Kunst-schaffen aus Liechtenstein und der Region im zweiten Obergeschoss zeigt. Im selben Jahr konnte das 1930 gegründete und 2006 dem Landes-museum zugeteilte PostLandes-museum, das die Geschichte der liechtensteini-schen Philatelie und Post sowie Sonderausstellungen zeigt, im ersten Ge-schoss des Engländerbaus einziehen.

1971 liess der Kunstsammler und Mäzen Robert Altmann von Architekt Ricardo Porro, Kuba, dem Schöpfer der berühmten Kunst-schulen in Havanna, das «Centrum für Kunst und Kommunikation» im Beckagässle in Vaduz errichten, wo von 1974 bis 1979 Ausstellungen stattfanden, die schliesslich aus finanziellen Gründen eingestellt wurden.

Heute wird das Centrum für Kunst zweckentfremdet als Bürogebäude genutzt. Es bleibt zu hoffen, dass das expressive, symbolbefrachtete und bedeutende Gebäude dereinst wieder seiner angestammten Nutzung zugeführt werden kann.

Im «Liechtensteiner Almanach 1989» bezeichnete Robert Altmann den Bau als ein lesbares Objekt. Er schreibt: «Die Entzifferung einer Anzahl von Zeichen und Formeln könnte schliesslich den tieferen Sinn dieser Architektur liefern, welche einen Ort innerhalb einer Stadt mit Resten spätbarocker Stilrichtungen und Neuentwicklungen hochmoder-ner Technik in greifbarer Nähe von Wäldern, Flüssen und Gebirgen bestimmend auslegt (...). Das, was zu lesen ist, findet sich in einer Form-zusammenstellung von grossem Reichtum an Symbolen und Anspielun-gen auf Mythen der VerganAnspielun-genheit (...).» Gemäss Altmann erdachte sich Ricardo Porro die Figur des Berg-Riesen, der in den frühesten Vorstel-lungen ein sagenhaftes Dasein im Inneren der Gebirge führte. Das Cen-trum für Kunst stellt eine Skulptur dar, eine aus dem Boden ragende Giganten-Hand. «Das Gebäude als Riesen-Hand beschreibt in einem dynamischen Duktus ein Geschehen: das Heraufholen aus dem Urgrund von Erzen, die im Licht sich verwandeln in edles Metall. Feine Goldfä-den umspannen einen gläsernen Kern. Eine Verwandlung hat stattgefun-den (...). Die Nachbildung eines alchemistischen Prozesses führt uns in die Geschichte und Legende von Goldsuchern und Magiern, von Philo-sophen, die wie Paracelsus in diesem Land herumfuhren».1Der

Berg-1 Robert Altmann sen., Die Landschaft in Ricardo Porros Bauweise, in: Liechtenstei-ner Almanach 1989, «Landschaft», S. 221.

Riese wird von Robert Altmann als landschaftsbindendes Element des Kunstwerkes bezeichnet. Das Ausstellungsgebäude kann somit als Gesamtkunstwerk betrachtet werden.

Das Kunsthausprojekt am Rathausplatz

In den 1970er-Jahren wurde das Umfeld des Rathausplatzes erneut zum Ort des Geschehens, nachdem das Kongresshausprojekt an diesem Ort in den 1960er-Jahren aufgegeben worden war. Es entstand der Plan für den Bau eines Kunsthauses, nachdem 1969 Fürst Franz-Josef II. das An-gebot unterbreitet und 1979 nochmals erneuert hatte, etwa 200 Kunst-werke aus seinen Sammlungen für ein Kunsthaus zur Verfügung zu stel-len. Auf der Grundlage eines raumplanerischen Gutachtens im März 1975 stellte die Gemeinde Vaduz ein Grundstück am Rathausplatz zur Verfügung, um dort ein Kunsthaus errichten zu können. Im Dezember 1975 errichteten Gemeinde, Land und die gleichzeitig gegründete Liech-tensteinische Kunstgesellschaft eine Stiftung mit dem Zweck, ein Kunst-haus zu bauen. Die Staatliche Kunstsammlung sollte darin ebenfalls ihre Sammlungsbestände sowie Wechselausstellungen zeigen können. Seit

Abb. 4: Centrum für Kunst, Ansicht vom Beckagässle, 1970er-Jahre. | Abb. 5: Informations-broschüre zum Kunsthaus, 1980, Modellaufsicht, Projekt Architekt von Branca.

1952 waren im Engländerbau, der 1944 vom Land Liechtenstein gekauft worden war, bereits Ausstellungen aus den Kunstsammlungen des Fürs-ten von LiechFürs-tenstein gezeigt worden. Anlass zur Gründung der Staatli-chen Kunstsammlung 1968 war die SStaatli-chenkung eines Konvoluts von zehn Gemälden aus dem 17. bis 19. Jahrhundert durch den Grafen Maurice Arnold von Bendern im Jahr 1967. Ab 1969 wurden die Ausstellungen durch den ersten Konservator Dr. Georg Malin organisiert. Die Fürstli-chen Sammlungen wurden im zweiten Obergeschoss und Werke aus den eigenen Sammlungen resp. Wechselausstellungen, vorzugsweise aus dem 20. Jahrhundert, im ersten Obergeschoss ausgestellt.

1977 wurde ein Projektwettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für den Neubau des Kunsthauses Vaduz ausgeschrieben. Den Wettbe-werb gewann der Münchner Architekt Alexander Freiherr von Branca, der zu jener Zeit mit dem Bau der Neuen Pinakothek in München befasst war und somit eine gute Referenz vorweisen konnte. Den zwei-ten Preis erzielte der Zürcher Architekt Ernst Gisel, der sich mit dem Bau des Liechtensteinischen Gymnasiums bereits einen Namen im Land gemacht hatte. Von Brancas Museumsprojekt entsprach in seiner räum-lichen Disposition sowie der Gestaltung der Ausstellungsräume in besonderer Weise den Erfordernissen der auszustellenden Sammlungen, was wohl entscheidend war bei der Vergabe des ersten Preises. Der Bezug seiner Architektursprache auf die «alpenländische Landschaft»

warf allerdings eher Fragen auf. Gisels Projekt hingegen wurde charak-tervolle architektonische Gestaltung attestiert, konnte aber den musea-len Anforderungen nicht ganz entsprechen. Generell konstatierte die Jury eine Überladung des Programms und in keinem Projekt eine voll-ständig befriedigend gelöste städtebauliche und museumstechnische Aufgabe, weshalb eine Weiterbearbeitung der drei erstprämierten Pro-jekte empfohlen wurde. Zudem wurde von der Jury angeregt, dass die Bauvorschriften der Zentrumsplanung aufgrund der damals vorliegen-den städtebaulichen Erkenntnisse überprüft und die Überarbeitung unter Berücksichtigung der praktischen Realisierbarkeit und auch der politischen Gegebenheiten erfolgen sowie die Programmanforderungen gegebenenfalls reduziert werden sollten.

Bemerkenswert sind die Hinweise auf baurechtliche und politische Problemstellen, die bei diesem Projekt, aber auch bei darauf folgenden Projekten, zum Scheitern resp. ungewollt zu neuen Projekten führten.

Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass der Zielkonflikt zwischen dem

überladenen Programm und der zu geringen Grundstücksfläche kaum lösbar war. Von Brancas Projekt konnte den ursprünglich vorgegebenen oberen Rathausplatz zwar erhalten, hatte den unteren Rathausplatz aber auf eine Gasse reduziert. Gisels Projekt hatte den oberen Rathausplatz ganz aufgegeben, hatte aber mit der Integration eines Fusswegs vom Städtle durchs Museum hindurch, über eine Brücke ins Äule, zumindest eine geniale Idee eingebracht. Die Standortfrage, d. h. die Frage, ob das Umfeld vom Rathausplatz ein geeigneter Platz für das Kunsthaus war oder ob beispielsweise die Baulücke zwischen Engländerbau und Lan-desmuseum – aus topografischer Sicht ideal für Nutzungen mit wenig Taglichtbedarf, aber auch zur Schaffung eines Museumquartiers im Sinne einer Aneinanderreihung musealer Bauten – nicht prädestinierter gewesen wäre, war damals und ist heute noch aktuell. Die Baulücke war übrigens 1971 durch den voreiligen Abbruch eines geschichtlich bedeu-tenden, repräsentativen Gebäudes entstanden. Das 1866 bis 1867 als ers-tes Parlamentsgebäude errichtete sogenannte Ständehaus beherbergte später die Realschule und zuletzt die Landesbibliothek. Der Abriss des Gebäudes war in der Absicht erfolgt, ein Kunsthaus an diesem Ort zu erstellen. Beim Kunsthausprojekt am Rathausplatz stellte sich zudem die Frage, ob ein Museum die adäquate Nutzung für eine Rathauserweite-rung darstellt.

Das Projekt von Branca wurde nach dem Wettbewerbsverfahren jedenfalls weiterentwickelt. Die Finanzierung war durch 1980 geneh-migte Mittel von Land Liechtenstein und Gemeinde Vaduz wie auch durch private Mittel gesichert. Im Laufe der frühen 1980er-Jahre geriet das Projekt in politische Schwierigkeiten. Der sogenannte «Kunsthaus-fall» weitete sich zur Staatsgerichtshof-Affäre aus. Das Projekt wurde 1987 aufgegeben, nachdem etwa vier Millionen Franken an Planungs-kosten angefallen waren. Das fürstliche Angebot, die Sammlungen zur Verfügung zu stellen, wurde seither nicht mehr erneuert. 1988 stellte Georg Malin resigniert fest: «Das Kunsthaus Vaduz ist in politischer, kultureller und architektonischer Hinsicht wohl eines der bedeutendsten und grössten Vorhaben in der Geschichte des Fürstentums Liechten-stein. Kurz vor der Realisierungsphase kam das Projekt in die Mühle der Vaduzer Kommunalpolitik, wo es in unerklärbarer Weise in dörflichen Zänkereien demontiert wurde. Grössere Kontraste kann man sich kaum denken: Ein bedeutungsarmer und kulturell beinahe bracher Kleinstaat vertut die Chance, dank der Grosszügigkeit seines Staatsoberhauptes

Franz Josef II. von und zu Liechtenstein Standort einer der wichtigsten privaten Kunstsammlungen zu werden» (zitiert nach Arno Waschkuhn, Politisches System Liechtensteins, LPS 18, Vaduz 1994, S. 218).

Wie einem Interview zum 90. Geburtstag von Georg Malin im Liechtensteiner Vaterland vom 6. Februar 2016 zu entnehmen war, erfreut ihn zwar das realisierte Kunstmuseum, das er als einen klassi-schen, guten Bau bezeichnet. Die verpasste Chance mit der Fürstlichen Sammlung, die im nicht realisierten Kunsthaus mit den weltberühmten Rubensbildern eine zentrale Rolle gespielt hätte, schmerzt ihn aber heute noch. Die Fürstliche Sammlung ist seit 2004 im Liechtenstein-Museum im Gartenpalais Liechtenstein in Wien beheimatet. 2012 wurde der Museumsbetrieb mit fixen Öffnungszeiten eingestellt. Ein Teil der Sammlung ist seit 2013 im neu renovierten Stadtpalais Liechtenstein in Wien zu sehen. Es verbleibt somit die Hoffnung, dass eines Tages zumindest ein substanzieller Teil der Sammlung an geeigneter Stelle, idealerweise in der bereits angesprochenen Baulücke zwischen Englän-derbau und Landesmuseum, die nach einem Bodentausch mit dem Land nun dem Fürstenhaus gehört, eine Heimat finden könnte. Dies entsprä-che wohl Georg Malins Intention, wenn auch auf zwei Museen verteilt.

Projekt- und Ideenwettbewerbe in den 1980er-Jahren

In den 1980er-Jahren entstanden die aus Projektwettbewerben hervor-gegangenen Bauten der Landesbank im Äule (Arge Architekten Boss/Ospelt, Vaduz) und anschliessend im Städtle (Architekten Bar-getze & Partner, Vaduz). Beide Bauten können insofern als Bausteine der Zentrumsplanung betrachtet werden, als sie mittels Schaffung von öffentlichen Plätzen zu den Platzfolgen im Zentrum beitrugen.

1986 gewann der Tessiner Architekt Luigi Snozzi, Locarno, mit dem Projekt «Polis» den städtebaulichen Ideenwettbewerb zur Neuge-staltung des Regierungsviertels und 1987 den anschliessenden Projekt-wettbewerb für das Landtagsgebäude. «Baust du einen Weg, ein Haus, ein Quartier, dann denke an die Stadt», war dabei Snozzis Leitgedanke.

Prägendes städtebauliches Element war eine Hangfussbebauung, die bestehende historische und neu geplante Einzelbauten wie das Land-tagsgebäude klammerartig einrahmte. Eine offene Galerie im Hochpar-terre der Hangbebauung sollte als Durchgangsloggia der repräsentativen

öffentlichen Erschliessung dienen. Dieses städtebauliche Konzept, das in einem auf das Projekt abgestimmten Überbauungsplan verankert wurde, ist bis heute wegweisend. Das unmittelbar neben dem Regierungsge-bäude angeordnete LandtagsgeRegierungsge-bäude konnte nach Ablehnung des Finanzbeschlusses an einer Volksabstimmung im März 1993 so nicht realisiert werden.

Bauten im Regierungsviertel

Das 1998 aus einem Wettbewerb hervorgegangene und 2003 fertigge-stellte Landesmuseum (Architekten Brunhart Brunner Kranz, Balzers) war das erste Bauvorhaben, das im neu konzipierten Regierungsviertel realisiert wurde. Die historischen Bauten, nämlich das Landesmuseum und das Verweserhaus, wurden umgebaut und nehmen heute kulturge-schichtliche Ausstellungen auf. Hangseitig wurden sie mit einem neuen Erweiterungsbau für die naturkundlichen Sammlungen verbunden. Die-ser wurde abweichend vom Konzept der vorgesehenen

Hangfussbebau-Abb. 6: Wettbewerb Regierungsviertel, 1987, Projekt Polis, Architekt Snozzi.

ung in den Schlosshang hineingebaut, wobei lediglich Stützmauern in Erscheinung treten, wie sie auch in der Nachbarschaft vorhanden sind.

2008 konnte das aus einem Wettbewerb hervorgegangene Landtagsge-bäude (Architekt Göritz, Hannover) als weiterer Baustein des Regie-rungsviertels eröffnet werden. Mit dem hangseitigen Verwaltungstrakt wurde eine erste Etappe der Hangfussbebauung gemäss ursprünglichem Konzept realisiert. Der Anschluss an die kaschierte Hangbebauung des Landesmuseums tritt nun als Bruchstelle in Erscheinung.

Das 2005 aus einem Wettbewerb hervorgegangene und 2009 fertig-gestellte Archivgebäude (Kaundbe Architekten, Vaduz) war das dritte Bauvorhaben im neu gestalteten Regierungsviertel. Es besteht aus einer Hangbebauung, die nahtlos an den Verwaltungstrakt des Landtagsge-bäudes anschliesst und so dem ursprünglichen Konzept entspricht.

Eine letzte Erweiterung dieser Bebauung kann in Zukunft das städtebauliche Konzept zum Abschluss bringen. Wenn es im Vergleich mit dem ursprünglichen Projekt «Polis» von Architekt Snozzi auch nicht aus einem Guss ist und wesentliche Elemente wie die offene Gale-rie fehlen, so muss die Zusammenführung von drei Projekten in ein Ganzes doch positiv gewürdigt werden. Der Vorschlag des Verfassers dieses Beitrags in den 1990er-Jahren, die Hangfussbebauung anschlies-send an das Landesmuseum nach Norden in der Schlosshalde bis zum Beckagässle auszudehnen, fand zwar im Richtplan der Zentrumsplanung ansatzweise Aufnahme, wurde aber nicht weiterverfolgt. Aus raumpla-nerischer Sicht wurde zudem eine Chance vertan, auf der Krone der Hangfussbebauung zentrumsnah wertvollen Wohnraum zu schaffen.

Ideenwettbewerbe Äule und Städtle

1991 gingen aus den Ideenwettbewerben Areal Äule und Areal Städtle neue städtebauliche Konzepte (Architekt Hubert Ospelt, Vaduz) hervor, die anschliessend Niederschlag in der Zentrumsplanung fanden. Im Äule ging es um eine städtebauliche Gesamtkonzeption im Bereich Markt-platzgarage und Schulareal, wobei Vorschläge für Bauten der Landesver-waltung, der Landesbibliothek und des Landgerichtes sowie für eine Pri-marschule und den Saalbau zu entwickeln waren. Im Städtle ging es um eine städtebauliche Gesamtkonzeption im Bereich zwischen Rathaus-gasse und PostRathaus-gasse, wobei Vorschläge für die Rathauserweiterung mit

der Option Saalneubau, für ein Hotel und weitere Bauten sowie für Platz- und Freiraumgestaltungen zu entwickeln waren. Realisiert sind zwischenzeitlich im Äule die Primarschule mit der Saalerweiterung und ein Bankgebäude an der Marktplatzgarage, im Städtle das Kunstmuseum und diverse Bauten in dessen Nachbarschaft sowie einzelne Ersatzbau-ten an der Schlosshalde. Das Rathausareal harrt als wesentliches Element der Zentrumsplanung nach wie vor seiner Vollendung.

Das Kunstmuseum und die Hilti Art Foundation

1996 gab es eine neue Initiative zum Bau eines Kunstmuseums. Der Standort war auf dem ehemaligen BVD-Areal vorgesehen, zentral zwi-schen Städtle und Äulestrasse gelegen. Das Bauwerk sollte grösstenteils durch Private finanziert werden. Für die Durchführung der Baumass-nahmen wurde vom Staat, von der Gemeinde Vaduz und von privaten Geldgebern eine Stiftung «zum Bau eines Kunstmuseums in Liechten-stein» gegründet, die dem Land das Gebäude nach seiner Fertigstellung übergeben sollte. Die Staatliche Kunstsammlung sollte das Kunstmu-seum nach seiner Fertigstellung mit staatlichen Mitteln betreiben. Das

Abb. 7: Richtplan Städtle, Axonometrie Gebäude, 1997, Arge Ospelt / Bargetze.

Konzept wurde noch 1996 vom Landtag genehmigt. Im ersten Halbjahr 1997 wurde mit der Überarbeitung der Zentrumsplanung Städtle, also des Bereichs zwischen Post- und Rathausgasse, die planungsrechtliche Grundlage für das beabsichtigte Projekt erarbeitet (Arge Architekten Hubert Ospelt / Bargetze & Partner, Vaduz). Die Überarbeitung wurde aus dem städtebaulichen Konzept abgeleitet, das aus dem vorangegange-nen Ideenwettbewerb «Städtle» hervorgegangen war. Neue Elemente der Überarbeitung waren streng orthogonal ausgerichtete Bauten sowie die entsprechende Gliederung mit gestaffelter Gebäudeabwicklung an der Äulestrasse. Das geplante Museum war in seinem groben Umriss bereits festgelegt und auf das Programm abgestimmt.

1998 wurde ein Projektwettbewerb für den Neubau des Kunstmu-seums Liechtenstein ausgeschrieben. «(...) als gutes Museum mit liech-tensteinischem und internationalem Ausstellungsbezug zu einer ver-stärkten Identität des Landes in kulturellen Fragen beitragen», lautete die Aufgabe der Stiftung zur Errichtung eines Kunstmuseums in Liechten-stein. Ein Kunstmuseum in eine Sonderbauordnung einzupassen und da-bei keine Einsprachen zu provozieren, hiess es auch noch etwas pragma-tischer formuliert. Für die Architekturschaffenden war es in erster Linie eine Auseinandersetzung mit dem Licht, wie es der Schweizer Zeit schrift

1998 wurde ein Projektwettbewerb für den Neubau des Kunstmu-seums Liechtenstein ausgeschrieben. «(...) als gutes Museum mit liech-tensteinischem und internationalem Ausstellungsbezug zu einer ver-stärkten Identität des Landes in kulturellen Fragen beitragen», lautete die Aufgabe der Stiftung zur Errichtung eines Kunstmuseums in Liechten-stein. Ein Kunstmuseum in eine Sonderbauordnung einzupassen und da-bei keine Einsprachen zu provozieren, hiess es auch noch etwas pragma-tischer formuliert. Für die Architekturschaffenden war es in erster Linie eine Auseinandersetzung mit dem Licht, wie es der Schweizer Zeit schrift