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6. Lohmannshof

6.3 Bedarfs- und Angebotssituation aus Sicht der Expert/inn/en und

Auch das Pflegezentrum am Lohmannshof ist bereits als Ort der Begegnung im Quartier etabliert (z. B. Treffpunkt des Nachbarschaftsnetzwerks Dorn-berg, Gedächtnistraining).

Die ‚jungen Alten’ haben die Möglichkeit sich regelmäßig im Rahmen einer ZWAR-Gruppe54 zu begegnen (im Evangelischen Gemeindezentrum Wellensiek). Die Kirchengemeinden im Quartier halten ebenso unter-schiedliche Angebote vor und sprechen verschiedene Zielgruppen an (Stu-denten, Familien, ältere Menschen). So finden bei ihnen u. a. Seniorentreffs in regelmäßigen Abständen statt. Darüber hinaus gibt es an der nahe gele-genen Universität viele Bildungsangebote, wie z. B. öffentliche Vortragsrei-hen, Kulturveranstaltungen, ein Seniorenstudium und auch einen wöchent-lichen Trödelmarkt.

Zudem ist die mobile Seniorenarbeit Dornberg (Diakonie) am Lohmanns-hof aktiv und bietet ergänzend zu den Angeboten von ‚Alt und Jung‘ u. a.

Beratungsleistungen an. Die mit einer halben Stelle beschäftigte Mitarbei-terin berät Bürger/innen einmal wöchentlich im Bürgerzentrum des Amtes Dornberg (ca. 2 km entfernt) in sozialen Fragen und zu Fragen ‚Rund um das Alter’ und bietet auch Beratungsbesuche in der Häuslichkeit der älteren Menschen an. Außerdem organisiert sie in Kooperation mit unterschiedli-chen Akteuren der (westliunterschiedli-chen) Bielefelder Quartiere Veranstaltungen für Senior/inn/en, wie z. B. ein Tanzcafé für Menschen mit und ohne Demenz oder auch die ‚Sonntagsfrauen’, ein Begegnungsangebot für alleinstehende Frauen ab 60 Jahren.

6.3 Bedarfs- und Angebotssituation aus Sicht der Expert/inn/en

Während keine Lücken in der stationären und ambulanten Pflege benannt werden, wird der Aufbau eines tagespflegerischen Angebots als sinnvoll er-achtet (E13: 416).

Gewünscht wird auch ein besserer Zugang zu Information, Anleitung, Begleitung und psychosozialer Unterstützung für pflegende Angehörige.

„Aber mit trinken oder mit irgendwas. Oder wie man mit dem vielleicht dann auch umgeht oder wie man vielleicht mit denen ja auch mal irgendwelche Gespräche führt oder so“ (N15: 235-237).

Eine zentrale Anlaufstelle für Fragen rund um die Pflege im Quartier gilt als ideal. Dort sollten Nutzer/innen und ihre Angehörigen individuell beraten werden und darüber hinaus auch Unterstützung bei der Koordination der benötigten Hilfen erhalten.

„Beratung (…) es ist einfach, es muss eine Stelle geben, die das wirklich koordiniert und die das zusammen koordiniert. […] [Dafür] muss es eine zentrale Anlaufstelle geben […]“ (E13: 426-428).

Ein Heim zu einer solchen Anlaufstelle im Quartier zu machen, wirkt schlüs-sig. Als wichtig wird zusätzlich angesehen, dass nicht nur Komm-Strukturen bestehen, sondern ‚proaktive’, aufsuchende Arbeit geleistet wird.

„In einer stationären Einrichtung, im Pflegeheim, da gibt es ja auch in der Regel soziale Mitarbeiter. Ich bin schon der Meinung, dass die für so was (...) dann zu-ständig sind. Dass die nicht unbedingt immer angesprochen werden müssen, son-dern proaktiv auf die Leute zugehen“ (N15b: 473-475).

Gesundheitliche Versorgung: sehr gut

Auch die Möglichkeiten der medizinischen Versorgung am Lohmannshof werden von den Interviewten durchweg als sehr positiv hervorgehoben.

Insbesondere zeigen die Interviews eine starke Verbundenheit und hohe Zufriedenheit mit den Hausärzt/inn/en im Quartier (z. B. N5: 217-218;

N14: 302-303). Auch die Expert/inn/en beurteilen die ärztliche Versorgung am Lohmannshof als sehr gut. Sie betonen, dass diese auch und besonders gut auf den Bedarf älterer Menschen hin ausdifferenziert ist (z. B. E7; E9;

E11). Die gute Versorgungssituation im Quartier ist gepaart mit schnellen Wegen in die Innenstadt; das macht den Lohmannshof zu einem attraktiven Wohnort im Alter.

„Also Ärzte finde ich, sind wir hier ganz gut bestückt. Und man ist ja hier sofort, also ganz schnell in der Stadt auch, nicht. Man hat ja hier keinen weiten Weg. Also das ist natürlich, zum Beispiel in Babenhausen oder Schröttinghausen […] da, also da würde ich zum Beispiel auch gar nicht mehr hinziehen“ (N5: 206-208).

Auch die gute Erreichbarkeit des Ärztehauses am Bültmannshof mit seinen weiteren fachärztlichen Angeboten wird in den Interviews hervorgehoben (N14: 328-335).

Eine qualitative Einschätzung des therapeutischen Angebotsspektrums im Quartier fällt den Befragten am Lohmannshof ebenso schwer, wie den Interviewten an den anderen Modellstandorten. Konkrete Bedarfslagen werden in den Interviews nicht greifbar.

Allerdings ist die Physiotherapiepraxis, in der zahlreiche Physiotherapeuten arbeiten, für mobilitätseingeschränkte Menschen aufgrund ihrer Hanglage schwer zu erreichen und die nächstgelegene ergotherapeutische Praxis be-findet sich weit außerhalb des Quartiers (N14: 229-231):

„Das [die ergotherapeutische Praxis] ist mir für mich zu weit weg. Da hätte ich schon gerne jemanden hier. Hätte ich keinen Rollator wäre das für mich kein Prob-lem“ (E3: 623-624).

Reichhaltiges Spektrum an Begegnungsmöglichkeiten, aber teilweise geringe Nutzung

Die Befragten berichten von den vielfältigen Begegnungs- und Engage-mentmöglichkeiten für ältere Menschen im Quartier. In den Interviews wird insbesondere der Nachbarschaftstreff ‚Schöne Zeiten’ mit seinen zahlrei-chen Aktivitäten, wie z. B. das Backen der Kartoffelpuffer oder Waffeln, her-vorgehoben. Auch das Pflegezentrum und das dort angebotene Gedächt-nistraining ist beliebt (z. B. N5, N6; E7, E16).

In mehreren Interviews verdichten sich jedoch auch die Aussagen, dass einige der Angebote und engagierten Gruppen im Quartier zu früheren Zei-ten stärker frequentiert wurden.

„Da waren auch die Männer dabei. Da waren […] bis zu 40. Und jetzt? Was sind sie? Zwölf Leute“ (N14: 278-279).

„Ähm, nur es [das vorhandene Angebot] wird wenig angenommen“ (N6: 132).

Die aktuell eher geringe Nutzung und Beteiligung an den bestehenden Ini-tiativen im Quartier wird unterschiedlich zu erklären versucht. Bereits im ersten Abschnitt haben wir mit einem Zitat darauf verwiesen, dass vormals gut besuchte Angebote ‚aus Altersgründen’ verwaisen. Vorstellungen und Möglichkeiten der Beteiligung verändern sich im höheren Alter und es fehlt den Gruppen und Angeboten ‚der Nachwuchs’ (E3: 51-53).

Auch scheinen nicht alle Bevölkerungsgruppen im Lohmannshof gleich-ermaßen von den Angeboten angesprochen bzw. erreicht zu werden.

„Das kann natürlich auch ein Grund sein, dass da an gewissen Veranstaltungen nicht so teilgenommen wird, weil (...) vielleicht aus kulturellen Sachen oder so. Oder weil […] Der Türke mit Migrationshintergrund mehr in der Familie, ne, Kommunikation abläuft“ (N15b: 111-115).

Die passgenaue Ausrichtung von Angeboten an die Interessen und den Be-darf der Lohmannshofer wird auch von Expert/inn/en als unerlässlich betont (z. B. E16: 203-221). Wie sich dieser konkreter ausmacht, das konnte im Rahmen unserer Befragung nicht geklärt werden.

„Zum Beispiel, wir haben ja auch dieses Netzwerkfrühstück und da […] wurde ja auch schon sehr viel für geworben. Also stand auch in der Zeitung und so. Und dann denke ich immer, hier sind so viele Leute, die hier wohnen. Warum kommt da nicht mal einer? Dann gehen Sie mal unten in Kirchdornberg hin, [wenn] im Gemeindehaus, das Frühstück für junge Senioren ist. Da kriegen Sie kaum noch einen Platz“ (N15: 35-39).

Umfangreiche, aber ausbaufähige Netzwerke und Kooperationen

Die Expert/inn/en beschreiben eine rege Zusammenarbeit der Anbieter pflegerischer und sozialer Leistungen im Quartier Lohmannshof. Die regel-mäßig stattfindenden Arbeitskreise und Netzwerktreffen können als Indika-tor für gut etablierte Austauschstrukturen gesehen werden (z. B. E7, E16;

N6). Über die Qualität der Vernetzung mit den zahlreichen Ärzt/inn/en und Therapeuten im Quartier geben die Interviews keine Hinweise. Dies lässt sich auch so interpretieren, dass diese Akteure vermutlich bislang noch we-nig eingebunden sind.

Es wird aber auch deutlich, dass die Abstimmung und Entwicklung quar-tiersnaher und vernetzter Versorgungsstrukturen den Akteuren Schwierig-keiten bereitet. Die Experten reflektieren kritisch, dass die Anbieter am Lohmannshof noch zu sehr in ihren eigenen Strukturen denken, sich nur bedingt absprechen und teilweise lieber ein ‚eigenes’ Angebot etablieren als zu kooperieren (z. B. E7; E16; N6).