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Bakterielle Infektionserreger

2.3 Infektionskrankheiten von Koi-Karpfen, Prophylaxe und Therapie

2.3.2 Bakterielle Infektionserreger

In einem natürlichen, sauberen, vom Menschen unbelasteten Gewässer können grundsätzlich alle Wasserorganismen eine Lebensmöglichkeit finden. Je stärker aber ein Gewässer mit Nährstoffen belastet wird, desto höher ist der Stoffumsatz und somit der Sauerstoffbedarf der im Gewässer ablaufenden Abbauprozesse. In organisch belasteten Gewässern können Zustände von Sauerstoffmangel auftreten, so dass Sauerstoff liebende Spezies verschwinden, und es bleiben nur noch Spezialisten übrig, die bei geringem Sauerstoffangebot überleben

können (LAMPERT u. SOMMER, 1999). Zu diesen gehören beispielsweise die Wirbellosen Tubifex oder Zuckmückenlarven, aber auch Abwasserpilze und Bakterien (BAUR u. RAPP, 2002). Das führt in einem organisch hochbelastetem Gewässer zu einer starken Entwicklung von Bakterien. In intensiv bewirtschafteten Fischteichen kann die Zahl bei 10.000 bis 10 Millionen Keimen pro Milliliter Wasser liegen (BEHRENDT, 2005).

Vor allem gram-negative, aerob bzw. fakultativ anaerob wachsende Organismen, die organisches Material abbauen und vielfach sehr gut außerhalb des Fischkörpers, also im Wasser, überleben können, spielen bei Krankheitsgeschehen in Fischzuchten eine große Rolle.

Zu ihnen gehören beweglich Aeromonaden, Pseudomonaden und Cythophagaceen.

Aeromonaden sind nach AMLACHER (1992); HOFFMANN (2005) und AUSTIN u.

AUSTIN (2007) fakultativ anaerobe, gramnegative Stäbchen mit oder ohne Motilität. Als Infektionserreger wichtige Spezies sind A. cavae, A. hydrophila u. A. sobria. Systematisch gehören sie zu den beweglichen Aeromonaden und A. hydrophila ist Teil der klassischen Bakterienflora der Oberflächengewässer. Sie können dort in großen Mengen auftreten.

Aeromonaden sind als Saprophyten und fakultative Krankheitserreger bei Süßwasserfischen weit verbreitet. Sie können sowohl von Haut und Kiemen als auch aus Leber, Milz, Niere und Darm isoliert werden (LEBLANC et al., 1981).

Für ihre Fortbewegung besitzen bewegliche Aeromonaden eine polare Geißel. Es handelt sich um gramnegative, an den Enden abgerundete Stäbchen. Zu ihren biochemischen Eigenschaften gehört, dass sie fakultativ anaerob sind und einen heterotrophen oxidativen und fermentativen Stoffwechsel aufweisen. Bei 28 °C liegt ihr Wachstumsoptimum, sie können sich jedoch auch noch bei sehr niedrigen Temperaturen (4 °C) vermehren. Das pH-Optimum liegt zwischen 5,5 und 9,0. Zusätzlich können sie ein Stadium einnehmen, in welchem sie sich nicht anzüchten lassen, aber auch nicht pathogen sind (viable but non-culturable, VBNC-Stadium, RAHMAN et al., 2001). Kommt es aufgrund einer Infektion von Fischen mit A.

hydrophila zu krankhaften Veränderungen, so handelt es sich meist um typische, nicht für den Erreger spezifische Symptome einer bakteriellen Infektion (SCHÄPERCLAUS, 1990). Dazu gehören Hautrötungen und Hautgeschwüre, petechiale Blutungen und Ödeme. Nach AMLACHER (1992) können jedoch auch Ascites, Enteritis und Septikämien auftreten. Die Symptome sind von verschiedenen virulenten Eigenschaften von A. hydrophila abhängig.

Dazu gehören extrazelluläre Produkte, die enzymatische Fähigkeiten aufweisen, Enterotoxine

und Adhäsionsfaktoren (FANG et al., 2004). Stämme von motilen Aeromonaden, die virulente Eigenschaften, wie beispielsweise den Besitz eines Typ 3 Sekretionssystems (TTSS) aufweisen, können Erkrankungen auslösen, während Stämme des Bakteriums ohne diese Eigenschaften apathogen sind (WAHLI et al., 2005).

Auch Bakterien aus der Gruppe der Flavobacteriaceen treten als Infektionserreger auf Haut und Kiemen von Fischen auf. Es handelt sich hier ebenfalls um gram-negative stäbchenförmige Bakterien, die auf festen Oberflächen häufig gleitende Bewegungen zeigen.

Da sie oft mit mucösen Oberflächen assoziiert sind, werden sie häufig auch als

„Myxobakterien“ bezeichnet. Als Pathogene sind Fl. bronchiophilum als Erreger der bakteriellen Kiemenerkrankung junger Forellen, Fl. columnare als Erreger der

„Sattelkrankheit“ bei verschiedenen Fischarten sowie von Fl. psychrophilum als Erreger der

„Rainbow trout fry syndrome“ der Brut von Regenbogenforellen zu nennen. Während Fl.

bronchiophilum und Fl. psychrophilum vor allen Regenbogenforellen bei kaltem Wassertemperaturen befallen, treten Ausbrüche mit Fl. columnare bei vielen verschiedenen Fischarten, vornehmlich bei Wassertemperaturen oberhalb 18 °C auf und wurden auch von karpfenartigen Fischen isoliert (ROBERTS, 2001).

Pseudomonaden sind ebenso wie Aeromonaden im aquatischen Milieu weit verbreitet und wirken am saprophytischen Stoffabbau mit (SCHÖNBORN, 1992). Bei Pseudomonaden handelt es sich um gram-negative bewegliche, streng aerobe Stäbchen, und viele Arten produzieren ein grün fluoreszierendes Protein. P. aeruginosa spielt als Infektionserreger bei Menschen und Säugetieren eine zunehmende Rolle (CORNELIS, 2008), und P. fluorescens kann bei Fischen eine hämorrhagische Septikämie hervorrufen (ROBERTS, 2001). Die Erkrankung wurde bereits von PLEHN (1924) bei Spiegelkarpfen beschrieben, tritt aber auch bei vielen anderen im warmen Wasser gehaltenen Fischarten auf und ist im klinischen Bild nicht von Infektionen mit motilen Aeromonaden zu unterscheiden. Begünstigend wirken hohe Wassertemperaturen, hohe organische Belastungen sowie eine zu dichte Haltung der Fische (ROBERTS, 2001).

Trotz Anwesenheit potentieller Krankheitserreger in hoher Zahl im Wasser und auf dem Fischkörper kommt es in der Regel jedoch nicht zu einer Infektion. Auch die Anwesenheit von A. hydrophila oder P. fluorescens führt nicht automatisch zu einem Krankheitsausbruch, sondern dieses wird bestimmt durch die Abwehrlage des Wirtsorganismus sowie

Umweltfaktoren, die das Entstehen einer klinisch inapparenten bzw. apparenten Infektion bestimmen (ROLLE u. MAYR, 1993). Unter normalen Bedingungen reduziert vor allem die Schleimschicht das Ansiedeln von Bakterien auf der Epidermis (CROUSE-EINOR et al., 1985). Auch BEHRENDT (2005) zeigte in ihren Untersuchungen, dass die Epidermis der Karpfen mit ihrer äußeren Schleimschicht ein sensitives System ist und schnell und empfindlich auf Veränderungen der Umwelt reagieren kann. Reaktionen müssen nicht unbedingt makroskopisch und auch nicht zwingend in der Glykokonjugat-Histochemie zu erkennen sein, sondern können sich erst in der biochemischen Analyse am deutlichsten zeigen.

Neben der Rolle als Infektionsbarriere stellt die Haut des Karpfens außerdem durch eingelagerte Sinneszellen, wie dem Seitenlinienorgan, ein Sinnesorgan dar und dient zusätzlich auch der Kommunikation und der Thermoregulation. Im Bereich der Infektionsabwehr, wie oben erwähnt, sowie der Osmoregulation und bei der Fortbewegung spielt der Mukus eine wichtige Rolle (ELLIOTT, 2000). Die Abwehrfunktion beginnt nach BEHRENDT (2005) bereits damit, dass durch die kontinuierliche Sekretion von Mukus die Ansiedelung von Bakterien und Parasiten erschwert wird.

Da der Ausbruch bakterieller Infektionen vielfach durch die Haltungsbedingungen begünstigt wird, sollte therapeutisch zunächst die Umwelt sprich die Wasserwerte wie Sauerstoffgehalt, organische Fracht im Wasser und Besatzdichte optimiert werden. Daran kann sich nach einem erfolgten Resistogramm eine Behandlung mit einem entsprechend wirksamen Antibiotikum anschließen.