• Keine Ergebnisse gefunden

B AUFGABENTEILUNG ZWISCHEN BUND, KANTONEN UND GEMEINDEN

1. Stärkung der föderalen Struktur Grundsätzliche Neuordnung der

Aufgabenteilung nach der Jahrtausendwende

Die Beziehungen zwischen den Staatsebenen erfuhren nach der Jahrtau-sendwende nicht nur im Kanton Luzern einen grundlegenden Wandel. Auf Bundesebene erreichte der Prozess mit der Inkraftsetzung der Neugestal-tung der Aufgabenteilung und des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen (NFA) am 1. Januar 2008 einen Höhepunkt. Es handelt sich um eine eigentliche Föderalismusreform; die Philosophie der Aufgaben- und Ausgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden wurde mit ihr grundsätzlich neu gezeichnet.

Stärkung des föderalistischen Systems durch Eigenverantwortung und positive Anreize

Die Arbeiten am Reformprojekt NFA begannen in den frühen 1990er-Jah-ren, als die Eidgenössische Finanzverwaltung erstmals eine Globalbilanz über die direkten und indirekten Zahlungen zwischen Bund und Kantonen und ihre Wirkungen erstellte. Das alte Finanzausgleichssystem war seit 1945 gewachsen und punktuell ergänzt worden und ging von überholten, Fehlan-reize setzenden Prinzipien aus. Zum System gehörten deshalb umfassende Vorschriften und eine rigorose Aufsicht und Kontrolle des Bundes über die Kantone. Im Kanton Luzern hatte das bis 2002 geltende alte Finanzaus-gleichssystem zwischen Kanton und Gemeinden ähnlich wie dasjenige auf Bundesebene funktioniert. In seiner Botschaft über die Totalrevision des Fi-nanzausgleichs (B 108, 25. September 2001) beklagt der Luzerner Regie-rungsrat denn auch die Aushöhlung des Föderalismus, die fortschreitende Zentralisierung und die zunehmende staats- und finanzpolitische Abhängig-keit der Gemeinden vom Kanton und des Kantons vom Bund.

Aufgabenreform sorgt für klare Zuständigkeiten und eine Straffung des Aufgabenportefeuilles

Die neuen Finanzausgleichssysteme auf Bundes- und Kantonsebene besei-tigten die Fehlanreize und Ineffizienzen, die den früheren Regelungen eigen waren. Voraussetzung der Reform war die Neuordnung der Aufgabentei-lung. Sie orientierte sich an verschiedenen Grundsätzen und Prinzipien, die unter anderem aus den Erfahrungen mit der wirkungsorientierten Verwal-tungsführung (WOV) gewonnen worden waren: Die Kreise der Nutzniesser, Zahlungspflichtigen und Entscheidungsträger eines Aufgabengebiets sollen möglichst deckungsgleich sein und die Zuteilung einer Aufgabe auch die Zu-teilung der zugehörigen Ausgabe zur Folge haben – Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung sollen also in einer Hand liegen. Ferner seien Aufgaben

nach Effizienzkriterien zu organisieren und auf die verschiedenen Staatsebe-nen zu verteilen; die Zuständigkeiten sollen möglichst eindeutig, also ent-flochten sein; und Beiträge seien nur an den Kosten einer Leistung, nicht aber an der Finanzkraft des Beitragsempfängers zu bemessen. Bei alledem, vor allem aber beim Finanzausgleich im engeren Sinne, galt es zugleich, die Ver-teilungsgerechtigkeit als politische Zielgrösse nicht aus den Augen zu verlie-ren. Die Reformen mussten grundsätzlich haushaltneutral umgesetzt werden, also ohne Mehrbelastungen für die betroffenen Institutionen.

Die Gemeinden haben fakultative und obligatorische Aufgaben mit unterschiedlich strenger Regulierung

Nach dem heute geltenden Ansatz wird zwischen Bundes-, Kantons- und Gemeindeaufgaben einerseits und Verbundaufgaben mit geteilten Verant-wortlichkeiten andererseits unterschieden. Die Reformen der letzten Dekade standen im Zeichen des Bestrebens, die Zuständigkeiten zu entflechten und frühere Verbundaufgaben möglichst eindeutig und einheitlich einer der drei Staatsebenen zuzuweisen. Die Gemeinden sehen sich heute konfrontiert mit fakultativen Gemeindeaufgaben (z. B. dem Betrieb eines Schwimmbads), obligatorischen Aufgaben, deren Ausgestaltung im Detail den Gemeinden überlassen wird (z. B. Einbürgerungen), obligatorischen Aufgaben mit Allge-meinverbindlichkeitserklärung, also identischer Ausgestaltung in allen Ge-meinden (z. B. Fürsorge), sowie Gemeinschaftsaufgaben in regionaler Ko-operation mit anderen Gemeinden (z. B. Zivilstandswesen).

2. Finanzreform 2003 Modernes Finanzausgleichssystem im

Kanton Luzern ab 2003

In Antizipation der Bundesregelung führte der Kanton Luzern bereits auf den 1. Januar 2003 ein neues Finanzausgleichssystem ein. Es wird im Detail im Abschnitt D beschrieben. Wie bei der NFA war die partielle Restrukturierung der Aufgabenteilung eine zwingende Voraussetzung bei der Einführung des neuen Systems. Bereits 2003 wurden deshalb in fünf Aufgabenbereichen die Zuständigkeiten und Finanzierungsschlüssel geändert. (Auf den 1. Januar 2008, gleichzeitig mit der Inkraftsetzung der NFA auf Bundesebene, folgte dann der Hauptharst der Aufgabenreform im Rahmen der Finanzreform 08.) Konkret waren die Luzerner Gemeinden zum Jahreswechsel 2002/2003 mit folgenden Veränderungen der Aufgabenteilung konfrontiert:

Volksschulbildung: einheitliche Beiträge pro Schülerin und Schüler

Die Kantonsbeiträge wurden von der Finanzkraft der Gemeinden entkop-pelt. Neu erhielten die Gemeinden pro Schülerin und Schüler einen einheitli-chen Betrag, und zwar nicht mehr nach dem Schulort der Jugendlieinheitli-chen, sondern nach deren Wohnort. Dadurch nahm die Belastung der finanz-schwachen Gemeinden tendenziell zu, diejenige finanzstarker Gemeinden hingegen ab. Zugleich wurde der Bildungslastenausgleich für Gemeinden mit überdurchschnittlichen Schülerzahlen eingeführt.

Berufsbildung als Kantonsaufgabe Die bisher in gemeindlicher Trägerschaft stehenden Berufsschulen wurden vollständig durch den Kanton übernommen. Die Gemeinden, insbesondere die Standortgemeinden der Berufsschulen, wurden dadurch um insgesamt 30 Millionen Franken entlastet.

B: AUFGABENTEILUNG ZWISCHEN BUND, KANTONEN UND GEMEINDEN

Neue Finanzierungsschlüssel beim öffentlichen Verkehr

Die Erhöhung des Kantonsbeitrags an die Kosten des Agglomerationsver-kehrs von 10 auf 20 Prozent entlastete die Agglomerationsgemeinden, die Senkung der Beiträge an den Regionalverkehr von 60 auf 50 Prozent belas-tete die übrigen Gemeinden.

Wirtschaftliche Sozialhilfe Die Finanzierung der wirtschaftlichen Sozialhilfe wurde, mit Ausnahme der-jenigen für Flüchtlinge und Asylbewerber, an die Gemeinden übertragen.

Die Kostenersatzpflicht des Kantons wurde aufgehoben. Sämtlichen Gemeinden entstanden dadurch Mehrkosten im Aufgabengebiet Soziale Wohlfahrt. Sie beliefen sich gemäss Berechnungen im Vorfeld auf insgesamt 22 Millionen Franken.

Bereits 2001 war im Bereich der wirtschaftlichen Sozialhilfe ein Lastenaus-gleichspool zur Entlastung überdurchschnittlich betroffener Gemeinden installiert worden. Der Pool wurde durch den Kanton und die Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Belastung im Bereich Sozialhilfe gespiesen und deckte einen Teil der über dem kantonalen Mittel liegenden Kosten. Obwohl 2003 im neuen Finanzausgleich der Soziallastenausgleich eingeführt wurde, blieb der alte Lastenausgleichspool – mit modifizierten Finanzierungsschlüs-seln und Anspruchsberechtigungen – vorerst erhalten. Mit der Finanzreform 08 wurde er ausgesetzt.

Gemeindeanteil an den Kosten der Sozialversicherungen seit 1992 Die Sozialversicherungswerke werden in der Schweiz einerseits durch Bei-träge der Versicherten, andererseits durch BeiBei-träge der öffentlichen Hand finanziert. Der öffentliche Anteil an der AHV beträgt 20 Prozent, an der IV 50 Prozent. Auch die Ergänzungsleistungen zu AHV und IV (EL), die Verbil-ligung der Krankenversicherungsprämien (IPV) und die Familienzulagen in der Landwirtschaft und für Nichterwerbstätige sind ganz oder teilweise durch öffentliche Gelder finanziert. Einen Teil dieser Kosten trägt der Bund, den Rest tragen die Kantone und Gemeinden.

Der Anteil der Luzerner Gemeinden an den Beiträgen des Kantons war schon in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre mehrmals verändert und dabei tendenziell erhöht worden. Ab 1997 wurde der Luzerner Beitrag an AHV, IV und andere Sozialversicherungen einheitlich hälftig zwischen Kanton und Gemeinden geteilt. Der Gemeindeanteil von 50 Prozent wurde damals auch für die Kosten der Prämienverbilligung eingeführt.

Dafür waren die Gemeinden in den Jahren 1995 und 1996 durch die Abschaffung der altrechtlichen Subvention der Krankenversicherung direkt entlastet worden und hatten durch die neue Prämienverbilligung vor allem indirekt von Minderbelastungen bei den Fürsorge- und Ergän-zungsleistungen profitiert. Zudem war die Arbeitslosenhilfe ab 1997 nicht mehr Sache der Gemeinden.

2003 wurde der Gemeindeanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen von 50 auf 72,5 Prozent erhöht, um die Haushaltneutralität der Finanzre-form 2003 zu gewährleisten. Bereits 2008 wurden die Ansätze erneut geändert: Die Finanzierung von AHV und IV wurde zur Bundesaufgabe und der Gemeindeanteil an den EL wurde von 72,5 auf 70 Prozent, der Anteil an der IPV von 72,5 auf 50 Prozent gesenkt.

Sozialversicherungsbeiträge Um im Total aller Änderungen die Haushaltsneutralität einzuhalten, also keine Mehrbelastung für den Kanton oder die Gemeinden insgesamt zu bewirken, wurde der Gemeindeanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen von 50 auf 72,5 Prozent erhöht. Für die Gemeinden waren Mehrbelastungen von 42 Millionen Franken die Folge.

Die Finanzreform 2003 hatte für die Luzerner Gemeinden erstens eine Ver-schiebung von Belastungen vom Bildungs- in den Sozialbereich zur Folge und brachte zweitens eine Mehrbelastung von finanzschwachen und eine Entlastung von finanzstarken Gemeinden. Die Mehrbelastung der finanz-schwachen Gemeinden wurde aber durch grosszügiger bemessene Finanz-ausgleichsbeiträge und zeitlich befristete Zahlungen zur Deckung des Mittelverlusts mehr als kompensiert (vgl. Abschnitt D).

Kantonalisierung der amtlichen Vermessung

Ebenfalls im Jahr 2003, aber unabhängig von der Finanzreform, trat das neue Geoinformationsgesetz in Kraft. Die amtliche Vermessung wurde damit zur Kantonsaufgabe. Die Gemeinden beziehen heute Vermessungsdienst-leistungen wie Private gegen Gebühr beim Kanton.

Die wirtschaftliche Sozialhilfe sichert das soziale Existenz-minimum – auch für die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft

B: AUFGABENTEILUNG ZWISCHEN BUND, KANTONEN UND GEMEINDEN

3. Neues Gemeindegesetz 2005 2005: Neues Gemeindegesetz stärkt

die Position der Gemeinden

Die Gemeindereform 2000+, das neue Gesetz über den Finanzausgleich und die Ideen und Erfahrungen der wirkungsorientierten Verwaltungsfüh-rung (WOV) – kurz: die gestärkte, aber auch mit mehr Verantwortung ausge-stattete Stellung der Gemeinden insbesondere in der Beziehung zum Kanton – führten zu einem Anpassungsbedarf im Gemeindegesetz. Das alte Gemeindegesetz aus dem Jahr 1962 hatte nicht mehr der Rechtsstellung der Gemeinden in der Staatsverfassung und den Zielsetzungen der Finanz-, Auf-gaben- und Strukturreform entsprochen. Es wurde auf den 1. Januar 2005 totalrevidiert. Unter anderem wurden die Gemeinden angehalten, eine Kos-tenrechnung einzuführen, um die effektiven Kosten ihrer Dienstleistungen transparent auszuweisen.

Neue Instrumente erzeugen Transparenz über die Entwicklung der Gemeindefinanzen

Eine wichtige Neuerung war die Implementierung von Controlling-Mecha-nismen. Die sieben offiziellen Finanzkennzahlen, wie sie in dieser Publikation für alle Gemeinden ausgewiesen werden, dienen den Finanzverantwortli-chen der Gemeinden als Führungs- und Steuerungsinstrument. Die Bürgerin-nen und Bürger sowie die Aufsichtsbehörden könBürgerin-nen an ihBürgerin-nen die Entwicklung der Finanzhaushalte verfolgen und überprüfen. Werden die Grenzwerte nicht eingehalten, ist der Gemeinderat gesetzlich verpflichtet, mögliche Sanierungsmassnahmen aufzuzeigen.

Änderungen mit Auswirkung auf die Gemeindefinanzstatistik

Die Aufgaben- und Ausgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden wur-de durch das neue Gemeinwur-degesetz nicht tangiert. Einschneiwur-dend – und für die Analyse der Gemeindefinanzstatistik relevant – waren aber die Ände-rung der Abschreibungspraxis und die neue Abgrenzung zwischen der Lau-fenden Rechnung und der Investitionsrechnung.

Abschreibungsrichtlinien: Übergang von degressiver zu linearer Abschreibungspraxis

Mit dem neuen Gemeindegesetz wurde der Übergang von der degressiven zur linearen Abschreibung vollzogen. Nach der alten Regelung beliefen sich die ordentlichen – das heisst obligatorischen – Abschreibungen jährlich auf einen fixen Prozentsatz des gesamten Restbuchwerts des abzuschreibenden Verwaltungsvermögens. Dies bedeutet, dass in Jahren nach grösseren Inves-titionen höhere Abschreibungen getätigt werden mussten als in späteren Jahren. Der Abschreibungssatz betrug bis 1993 8 Prozent des Restbuch-werts. Im Rahmen von Sanierungsmassnahmen wurde er 1994 auf 6 Prozent gesenkt. Während er für Finanzausgleichsgemeinden danach unverändert blieb, hatten die übrigen Gemeinden von 1999 bis 2002 vorübergehend wieder den höheren Abschreibungssatz von 8 Prozent anzuwenden.

Die Anlageobjekte werden nach der erwarteten Nutzungsdauer klassiert

Die neue Regelung sieht lineare Abschreibungssätze in Abhängigkeit der Nutzungsdauer der einzelnen Anlagen vor, die dazu in verschiedene Kate-gorien unterteilt werden. So liegt zum Beispiel die angenommene Nutzungs-dauer von Informatiksystemen bei vier Jahren, von Mobilien bei acht Jahren, von Strassen und Plätzen bei 20 Jahren, von Hochbauten bei 40 und Kanal-netzen bei 50 Jahren. Die Abschreibungssätze liegen zwischen 2 und 25 Pro-zent des Anschaffungswerts. Technische Voraussetzung des neuen Abschreibungsmodus war die Einführung einer Anlagebuchhaltung, wofür den Gemeinden eine Übergangsfrist bis 2009 eingeräumt wurde. Die neue

Die ordentlichen Abschreibungen waren aber schon ab 2005 jährlich rück-läufig. Wenn die Gemeinden ihre Investitionen schneller abschreiben wollen, als die ordentlichen Abschreibungssätze vorsehen, konnten und können sie dies sowohl im alten wie im neuen Regime mittels zusätzlicher Abschreibun-gen tun, sofern kein Bilanzfehlbetrag besteht. Im GeAbschreibun-gensatz zu früheren Jah-ren wird heute aber mit der Anlagebuchhaltung TranspaJah-renz über die tatsächlich vorhandenen Vermögenswerte geschaffen.

Abgrenzung zwischen Laufender Rechnung und Investitionsrechnung

Neue Vermögenswerte müssen ab einer bestimmten Investitionssumme über die Investitionsrechnung verbucht werden, tiefere Beträge müssen (bis 2004:

können) direkt als laufender Aufwand behandelt werden. Der Grenzwert ist in Abhängigkeit der Gemeindegrösse festgelegt. Beispielsweise mussten bis 2004 in Gemeinden mit bis zu 500 Einwohnerinnen und Einwohnern Ausga-ben ab 20’000 Franken in der Investitionsrechnung figurieren. Weitere Grenzwerte liegen bei Einwohnerzahlen von 1’000, 3’000, 5’000 und 10’000 Personen. In der Kategorie der grössten Gemeinden mussten Ausga-ben ab 200’000 Franken über die Investitionsrechnung gebucht werden.

Hinsichtlich der statistischen Auswertung birgt diese Regelung einige Inter-pretationsschwierigkeiten. Erstens kann die Bevölkerungsentwicklung die Neuzuteilung einer Gemeinde in eine höhere oder tiefere Grössenkategorie bewirken. So kann es vorkommen, dass eine Ausgabe im einen Jahr als lau-fender Aufwand, im anderen als Investition gelten würde. Zweitens lassen die absolut definierten Grenzwerte die Teuerung unberücksichtigt. Im neuen Gemeindegesetz wurden daher mit Geltung ab 2005 die Grenzwerte für alle Gemeindegrössenklassen um ein Viertel erhöht.

Vorläufig keine Umsetzung von HRM2 in den Gemeinden

Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren hat im Januar 2008 das revidierte Handbuch „Harmonisiertes Rechnungsle-gungsmodell für die Kantone und Gemeinden HRM2“ verabschiedet. Die kantonale Rechnungslegung wird per 1. Januar 2012 mit einer Totalrevision des Finanzhaushaltsgesetzes an die neuen Bestimmungen angepasst wer-den. Die kommunale Umsetzung von HRM2 wird hingegen erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund der Erfahrungen des Kantons und in Zusam-menarbeit mit den Gemeinden definiert werden.

B: AUFGABENTEILUNG ZWISCHEN BUND, KANTONEN UND GEMEINDEN

4. Finanzreform 2008 Finanzreform 08 führt die Neuordnung

der Aufgabenteilung fort

Nach ersten Änderungen bei der Einführung des neuen Finanzausgleichs im Jahr 2003 folgte 2008 der Kern der Aufgabenreform mit der Finanzreform 08. Vom Mantelerlass waren verschiedene Gesetze und Verordnungen be-troffen. Die Vorlage enthielt insbesondere die Umsetzung der schweizweiten NFA auf Kantonsebene. Zudem wurden anlässlich des Projekts Gemeindere-form 2000+ die Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden neu geordnet.

Inhaltlich war der Erlass auch mit kleineren Änderungen am kantonalen Fi-nanzausgleich verknüpft. Die Finanzreform 08 verfolgte die Zielsetzung der Einheit von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung weiter. Sie stand allge-mein im Zeichen der Bestrebung, die Aufgabenzuteilung zu entflechten. In verschiedenen Teilprojekten wurden diesbezüglich mehr als 300 Aufgaben überprüft.

Finanzielle Auswirkungen der Revision gemäss Botschaft des Regierungsrats

Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen der Finanzreform 08 zu-sammengefasst. Die Angaben zu den Kostenfolgen für die Gemeinden be-ziehen sich nicht auf statistische Auswertungen einer Wirkungsevaluation, sondern wurden aufgrund der Belastung in früheren Jahren berechnet und in der Botschaft des Luzerner Regierungsrats zum Mantelerlass Finanzreform 08 veröffentlicht (B 183, 13. März 2007). Die Auswirkungen sind indes auch in den statistischen Auswertungen der vorliegenden Publikation im letzten Jahr des Betrachtungszeitraums, 2008, deutlich sichtbar.

Sozialversicherungen Mit der NFA wurden die individuellen Leistungen der AHV und der IV ab 2008 zu Bundesaufgaben, die Beiträge von Kanton und Gemeinden an diese Sozialwerke entfielen. Die Luzerner Gemeinden wurden dadurch um insgesamt 28 Millionen Franken bei der AHV und 36 Millionen Franken bei der IV entlastet. Auch die Ergänzungsleistungen (EL) sowie die individuelle Prämienverbilligung der Krankenversicherung (IPV) wurden neu geregelt.

Durch den Leistungsausbau bei den EL und die Verringerung von Bundessub-ventionen bei EL und IPV entstanden den Gemeinden Mehrkosten. Diesen standen Einsparungen bei der wirtschaftlichen Sozialhilfe und den Heimen (EL) sowie eine Reduktion der Kostenbeteiligung der Gemeinden an den EL sowie bei der IPV gegenüber (vgl. Box auf S. 23). Insgesamt wurden die Gemeinden bei den EL um 6 Millionen Franken entlastet, bei der IPV hinge-gen um 11 Millionen Franken belastet.

Heimwesen, Betagten- und Behindertenpflege

Grosse Mehrbelastungen von je 35 Millionen Franken sowohl für den Kan-ton als auch für die Gemeinden ergaben sich gemäss den vorgängigen Berechnungen aus dem Rückzug des Bundes aus der Heimfinanzierung (Bau- und Betriebsbeiträge an Wohnheime, Werk- und Tagesstätten). Die Verantwortung der Gemeinden bei der Bereitstellung von stationären, teil-stationären und ambulanten Angeboten für Betagte und Pflegebedürftige wurde ausgeweitet. Auch die Finanzierung von Spitex und Mahlzeitendienst wechselte in die Obhut der Gemeinden, was zusätzlich Mehrkosten von 6 Millionen Franken verursachte.

Änderungen in den Funktionen Gesundheit und Soziale Wohlfahrt insgesamt

Zusammen mit weiteren, kleineren Anpassungen (Kantonalisierung der Familienzulagen in der Landwirtschaft, Mehrbelastungen für die Gemeinden im Bereich der wirtschaftlichen Sozialhilfe, Kantonalisierung der Fleisch- und Lebensmittelkontrollen) wurden die Gemeinden im Jahr 2008 in den Aufga-benbereichen Gesundheit und Soziale Wohlfahrt im Total entlastet. Die Auf-wendungen gingen deutlich zurück, zugleich verringerten sich aber auch die Erträge in diesen Funktionen, sodass sich die Nettobelastung insgesamt nur leicht reduzierte – die zusätzlichen Belastungen aus der Finanzreform 2003 waren von grösserer Bedeutung gewesen als diejenigen aus der Finanzre-form 2008.

Kanton zieht sich aus der Finanzierung von Alters- und Pflegeheimen zurück

Innerhalb dieser Aufgabengebiete kam es dagegen zu einer tiefgreifenden Umschichtung: Der Bereich Sozialversicherungen verlor stark an Gewicht, während die Pflege- und Betreuungsangebote sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bezüglich der Verantwortlichkeiten der Gemeinden an Bedeutung gewannen. Diese Anpassungen sind als Teil eines längerfristigen Prozesses zu verstehen. Bereits 1993 wurden die Staatsbeiträge an die Baukosten von Alters- und Pflegeheimen deutlich reduziert und ab 1995 nur noch Gemein-den gewährt, deren Steuerfuss höchstens 0,40 Einheiten unter dem Maximal-steuerfuss lag. 1998 wurden die Staatsbeiträge an die Alters- und Pflegeheime schliesslich vollständig gestrichen. 1992 und 1993 investierten die Luzerner Gemeinden brutto 44,3 beziehungsweise 37,2 Millionen Fran-ken in Alters- und Pflegeheime, während der langjährige Schnitt über die ge-samte Betrachtungsperiode der Gemeindefinanzstatistik bei 23,6 Millionen Franken lag.

Änderungen in den Funktionen Bildung sowie Kultur und Freizeit insgesamt

Im Bildungs-, Kultur- und Freizeitbereich wurde das Ausgabenwachstum auf Gemeindeebene seit der Jahrtausendwende insgesamt gebremst. Neben der Umgestaltung der Finanzierungsschlüssel trugen dazu auch die seit dem Schuljahr 2004/2005 rückläufigen Schülerzahlen bei. Das Aufgabenporte-feuille der Gemeinden wurde gestrafft: Sie übernehmen heute grössere finanzielle Verantwortung im Volksschulbereich sowie bei den Sonderschu-len. Dagegen wechselten die nachobligatorische Bildung und einige Aufga-ben im Kulturbereich in kantonale Obhut.

Berufsbildung, Sonderschulung Nachdem 2003 bereits die in Trägerschaft der Gemeinden stehenden Be-rufsschulen in kantonale Hoheit übertragen worden waren, entfielen ab 2008 auch die Gemeindebeiträge an die Fachmittelschulen, insgesamt rund 13 Millionen Franken. Wie bereits im Heimwesen zog sich die Invalidenver-sicherung auch aus der Finanzierung der Sonderschulen zurück. Die prog-nostizierten Mehrkosten von 42 Millionen Franken wurden hälftig auf Kanton und Gemeinden verteilt.

Zuständigkeiten und Finanzierungsschlüssel im Bildungsbereich seit 1992

Schon im Laufe der 1990er-Jahre hatte der Kanton im Sinne einer klaren Aufgabenteilung vermehrt Zuständigkeiten im Volksschulbereich an die Ge-meinden delegiert und dafür sein Engagement auf der Sekundarstufe II (Be-rufsbildung, Gymnasien) verstärkt. So wurden im Volksschulbereich der Schulpsychologische Dienst und die Schülertransporte zu Gemeindeaufga-ben erklärt (1993), die Kantonsbeiträge an die Lehrerbesoldungen mehrmals reduziert (1993, 1997) und die Gemeindebeiträge für Kantonsschülerinnen

B: AUFGABENTEILUNG ZWISCHEN BUND, KANTONEN UND GEMEINDEN

und Kantonsschüler im Pflichtschulalter erhöht (1993). Die kantonalen Inves-titionsbeiträge an den Bau und die Ausstattung von Schulhäusern wurden zudem 1993 reduziert, 1995 auf finanzschwache Gemeinden beschränkt und 1998 vollständig abgeschafft. Ab 1993 wurden die Staatsbeiträge an die Besoldungsaufwendungen für Kindergärtnerinnen und Kindergärtner nach den gleichen Regelungen wie für die Volksschule ausgerichtet. Im Ge-genzug übernahm der Kanton nach und nach die Kosten der nachobligato-rischen Bildung. 1993 war dies bei den Kantonsschulen der Fall, nach der Jahrtausendwende folgten die Berufs- (ab 2003) und Fachmittelschulen (ab 2008). Mit dem neuen Gesetz über die Berufsbildung und die Weiterbildung, das 2006 in Kraft trat, wurde die Stossrichtung erneut bestärkt. Neu stand auch das Brückenangebot 10. Schuljahr unter kantonaler Aufsicht, da es sich um ein Element der Sekundarstufe II und damit der nachobligatorischen Bil-dung handelt. Die Änderungen erfolgten haushaltneutral: Der Wegfall der Gemeindebeiträge an das 10. Schuljahr wurde durch die Erhöhung der

und Kantonsschüler im Pflichtschulalter erhöht (1993). Die kantonalen Inves-titionsbeiträge an den Bau und die Ausstattung von Schulhäusern wurden zudem 1993 reduziert, 1995 auf finanzschwache Gemeinden beschränkt und 1998 vollständig abgeschafft. Ab 1993 wurden die Staatsbeiträge an die Besoldungsaufwendungen für Kindergärtnerinnen und Kindergärtner nach den gleichen Regelungen wie für die Volksschule ausgerichtet. Im Ge-genzug übernahm der Kanton nach und nach die Kosten der nachobligato-rischen Bildung. 1993 war dies bei den Kantonsschulen der Fall, nach der Jahrtausendwende folgten die Berufs- (ab 2003) und Fachmittelschulen (ab 2008). Mit dem neuen Gesetz über die Berufsbildung und die Weiterbildung, das 2006 in Kraft trat, wurde die Stossrichtung erneut bestärkt. Neu stand auch das Brückenangebot 10. Schuljahr unter kantonaler Aufsicht, da es sich um ein Element der Sekundarstufe II und damit der nachobligatorischen Bil-dung handelt. Die Änderungen erfolgten haushaltneutral: Der Wegfall der Gemeindebeiträge an das 10. Schuljahr wurde durch die Erhöhung der