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Mögliche Auswirkungen einer Weltmarktintegration auf die Innova- Innova-tionssysteme von Schwellenländern Innova-tionssysteme von Schwellenländern

J. Horizontale Subventionen für die Forschung3

10. Experimente mit Entwicklungsparadigmen induzierten Pfadabhängig- Pfadabhängig-keiten und führten zu ( aus heutiger Sicht) ineffizienten Institutionen

3.2.2 Mögliche Auswirkungen einer Weltmarktintegration auf die Innova- Innova-tionssysteme von Schwellenländern Innova-tionssysteme von Schwellenländern

In diesem Abschnitt sollen mögliche Antworten auf die dritte Leitfrage gefun-den wergefun-den, wie eine Weltmarktintegration das NIS eines SL und damit seine Fähigkeit zur Innovation verändert. Die Ausführungen des zweiten Kapitels

1 Vgl. Meyer-Stamer (1997), S.37f.

EFFEKTE DER WEL TMARKTINTEGRATION AUF lNNOV A TIONSSYSTEME 163 haben bereits deutlich gemacht, dass der Regimewechsel von einer binnen-orientierten zu einer außenbinnen-orientierten Entwicklung Rückwirkungen auf ein nationales Innovationssystem haben wird. Dabei wurde bisher nur die quantita-tive Entwicklung des Forschungssektors betrachtet. In diesem Abschnitt sollen nun die qualitativen Ausprägungen eines NIS in die Analyse einbezogen wer-den. Da ein SL in der Ausgangslage nur ein relativ unterentwickeltes NIS hat, stellt sich die Frage, ob die weitere Entwicklung des NIS durch die Liberalisie-rung eher behindert oder stimuliert werden wird. Jedes Land ist ein natürlich Einzelfall, aber einige allgemeine Effekte einer Liberalisierung lassen sich möglicherweise finden. Die Effekte lassen sich in drei Gruppen unterteilen:

a) direkte Effekte auf Basis der EWT

b) direkte Effekte auf Basis des NIS-Ansatzes

c) mögliche indirek te Effekte über das Wirtschaftswachstum a) direkte Effekte der Öffnung nach der EWT

Die ersten Ansatzpunkte für allgemeine Effekte einer Öffnung auf das Innova-tionsverhalten lassen sich auf Basis der EWT identifizieren. Dort führte die Öffnung eines SL zum einen Spezialisierungsdruck gemäß der komparativen Vorteile, ausgelöst durch die geänderten relativen Preise zwischen der inländi-schen Innovation (bzw.Imitation) und dem Investitionsgüterimport.1

1. Infolge der Spezialisierung ist ein Rückgang des F&E-Volumens im SL zu erwarten. Innovation ist nun zu teuer, Imitation (bei Schutz geistigen Eigen-tums) nicht mehr möglich. Im Extremfall wird die inländische private F&E ganz eingestellt. Allerdings ist dieser Prozess nicht zwangsläufig. Die Kon-traktion kann z.B. begrenzt bleiben, wenn Forscher nicht äquivalent in der Produktion eingesetzt werden können. Zudem kann F&E als Input für die Absorption von moderner Technologie erforderlich sein, so dass mit zuneh-menden Importen von modernen Investitionsgütern auch die Nachfrage nach F&E steigt.

2. Auf der anderen Seite besteht nach der Öffnung ein verbesserter Zugang zu ausländischer Technologie. Der Einsatz importierter Güter oder Technolo-gien hat einen direkten Produktivitätseffekt in der Produktion. Und zusätzli-ches mit dem Einsatz der Importprodukte in der Produktion verbundenes Lernen kann auch einen positiven Effekt auf die heimische Wissensakk.u-mulation haben, die Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Absorp-tionsfähigkeit.

3. Mit der ausländischen Technologie wird darüber hinaus auch Wissen impor-tiert, dass über inländische Wissensflüsse von der Produktion in den For-schungssektor gelangen kann. Die Voraussetzung hierfür ist, dass der

Kon-1 Vgl. hierzu auch Katz ( 1999).

takt zwischen der Produktion und der Forschung eng genug ist. Darüber hin-aus können internationale Wissensspillover durch eine Weltmarktintegration nicht nur durch indirekte Kanäle, sondern auch durch direkte Kanäle intensi-viert werden. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die inländischen Forscher nach der Integration in globale Netzwerke eingebunden werden. Indirekte und direkte internationale Wissensspillover erhöhen die Produktivität der Forscher. Im optimistischsten Szenario induziert der Zugang zu ausländi-schem Wissen sogar inländische Innovationsprozesse.

b) Direkte Effekte auf die Funktionsweise des Innovationssystems

Aus der Perspektive des NIS-Ansatzes sind eine Reihe weiterer negativer und positiver Effekt der Weltmarktintegration auf die Funktionsfähigkeit des NIS von SL denkbar. Gegenstand von Effekten können die Industriestruktur, das Verhalten und die Strategien der Unternehmen, das Verhalten und die Strate-gien der öffentlichen Institutionen, die Infrastruktur, die innovationsunterstüt-zenden Institutionen des Beratungs-, Bildungs- und Finanzsystems, die inländi-schen und die internationalen Wissensflüsse sowie die institutionellen Rahmen-bedingungen sein.

aa) Negative direkte Effekte der Weltmarktintegration auf die Funktionsweise desNIS

1. Das von der Weltmarktintegration induzierte neue Spezialisierungsmuster kann auf Branchen beruhen, in denen keine dynamischen komparativen Vor-teile durch Wissensakkumulation - sei es durch F&E oder durch inkorporier-tes Wissen - aufzubauen sind. Hierdurch wird das Potential für eine wissens-basierte Entwicklung vermindert.

2. Im Rahmen der Übernahme von inländischen durch ausländische Unterneh-men kann es zur Schließung inländischer F&E-Abteilungen komUnterneh-men, da sie innerhalb des neuen Unternehmensverbundes relativ ineffizient forschen.

3. Das in der Vergangenheit erworbene tazite Wissen des SL wird im Rahmen des Spezialisierungsprozesses entwertet und muss abgeschrieben werden.

Der aggregierte Wissensstock des Landes verringert sich, und die imitative Forschungskompetenz wird wertlos. Entwertung und Arbeitslosigkeit kön-nen zur Emigration des spezialisierten Humankapitals führen.1 Langfristig reduziert die Spezialisierung aufgrund geringer Beschäftigungsmöglichkei-ten möglicherweise die Bereitschaft zur Investition in Bildung.

4. Die mikroökonomischen Anpassungsprozesse, von denen die EWT abstra-hiert, können einen exit von Unternehmen induzieren, die eine

Knotenfunk-1 Die Spezifität des Humankapital kann somit sowohl positiv als auch negativ auf die For-schungsaktivität wirken. Sie kann eine Reallokation zuungunsten der Forschung verhindern oder zu Arbeitslosigkeit und Emigration führen.

EFFEKTE DER WELTMARKTINTEGRATION AUF INNOVATIONSSYSTEME 165

tion in lokalen Produktionsnetzwerken oder Clustern inne hatten. Die Funk-tionsweise der Produktionsnetzwerke kann dadurch negativ beeinflusst wer-den, und es kommt zu negativen externen Effekte auf andere Unternehmen.

Allerdings wird die Auslese die relativ schwachen Unternehmen treffen, für deren Produkte Substitute aus dem Ausland bestehen.

bb) Positive direkte Effekte der Weltmarktintegration auf die Funktionsweise desNIS

1. Die steigenden Investitionsgüterimporte können sich über Veränderungen in der Produktionsweise der Wirtschaft positiv auf die Nachfrage nach neuem Wissen und spezialisiertem Humankapital aus dem Forschungssektor aus-wirken. In diesem Fall stehen importierte Technologie und lokale Wissens-generierung in einer komplementären Beziehung zueinander.

2. Die bessere Qualität der Importgüter kann eine stärkere Qualitätsorientie-rung der inländischen Unternehmen induzieren und damit die inländische Innovationskultur stärken. Ein derartiges Qualitätsbewußtsein kann auch durch eine zunehmende Exportorientierung ausgelöst werden.

3. Im Rahmen des NIS-Ansatzes sind mikroökonomische Wettbewerbseffekte auf das Innovationsverhalten der Unternehmen möglich. Sie können zum Abbau von X-Ineffizienz führen oder den Übergang von rent seeking zu In-novationsstrategien zur Folge haben. Derartige Wettbewerbseffekte wurden unter dem Begriff imports as market discipline-Hypothese in die Industrie-ökonomik eingeführt.1

4. Neben Wettbewerbseffekten sind auch Lerneffekte der Integration auf das Innovationsverhalten denkbar, bei denen die Unternehmen im SL von ihren internationalen Partnern Hinweise zur Reorganisation und Effizienzsteige-rung ihre Forschungsaktivitäten bekommen.

5. Auch im öffentlichen Teil des NIS kann sich aufgrund der verstärkten Kon-kurrenz von Technologieimporten der Wettbewerb um knappe Ressourcen intensivieren. In diesem Fall werden sich die Forschungsinstitutionen um ei-ne Effizienzsteigerung bemühen müssen, der Druck zur strategischen Neu-ausrichtung und Kompetenzsteigerung wächst.

6. Darüber hinaus entsteht durch die Weltmarktintegration Druck auf die Regierung zur Übernahme internationaler Standards bei institutionellen Re-gelungen, z.B. dem Patentrecht oder Qualitätsstandards.

7. Die Weltmarktintegration kann den Zugang von Unternehmensberatungen und anderen Service-Unternehmen erleichtern und hierdurch

nicht-inkorpo-1 Vgl. z.B. Levinsohn (1993).

rierte Wissenstransfers forcieren und die institutionelle Infrastruktur im SL verbessern.

8. Der Zugang zu Kredit und die Institutionen des Finanzsektors können durch FDI im Finanzsektor (z.B. Investment-Fonds, venture capital-Gesellschaf-ten) verbessert werden.

9. Der zunehmende Warenaustausch nach der Weltmarktintegration kann einen Ausbau der Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastrukturen induzieren und damit auch internationale Wissensflüsse erleichtern.

c) Indirekte Effekte einer Weltmarktintegration über das Wirtschaftswachs-tum

Im Szenario des Romer-Modells führt die Integration zu steigenden Wachs-tumsraten. Wenn es infolge der Liberalisierung tatsächlich zu höherem Wirt-schaftswachstum kommt, können sich weitere, indirekte Effekte der Welt-marktintegration auf die Effizienz des NIS ergeben.

1. Das Wachstum kann zur makroökonomischen Stabilisierung beitragen und damit ein innovationsfreundlicheres Umfeld schaffen. Die makroökonomi-sche Stabilisierung verändert die Ergebnisse des Risikokalküls der Unter-nehmen. Gerade unsichere und langfristige Innovationsprojekte werden im Vergleich zu rein defensiven Existenzsicherungsstrategien, Spekulationen oder rent seeking rentabler.

2. In der politischen Sphäre kann nach erfolgreicher Stabilisierung die Auf-merksamkeit der Politik zunehmend auf strukturelle Defizite und eine Stär-kung der institutionellen Rahmenbedingungen gelenkt werden.

3. Das importgetriebene Wachstum infolge einer Öffnung schafft neue Res-sourcen, die in der öffentlichen und privaten F&E eingesetzt werden können.

4. Das wachsende PKE schafft eine anspruchsvollere Inlandsnachfrage, die zu Qualitätsverbesserungen anregt.

Wie die Bilanz der positiven und negativen Effekte einer Weltmarktintegration auf die Fähigkeit eines SL zur Innovation im Einzelfall aussieht, kann an dieser Stelle nicht prognostiziert werden. Dem negativen Spezialisierungseffekt aus der EWT stehen aber zahlreiche mögliche positive Effekte gegenüber, die ihn zumindest teilweise kompensieren können. Wie die Forschungspolitik dazu beitragen kann, die positiven Effekte zu verstärken, wird nun in Anlehnung an die Diskussionen der Abschnitte 2.4.4.2/3 sowie 3 .1.4 diskutiert.

EFFEKTE DER WELTMARKTINTEGRATION AUF INNOVATIONSSYSTEME 167 3.2.3 Empfehlungen für eine wachstumsorientierte Innovationspolitik in

offenen Schwellenländern

Die handels- und forschungspolitischen Empfehlungen aus der EWT- und der NIS-Analyse können grundsätzlich auf die Situation der SL übertragen werden.1 Allerdings muss in Anbetracht der speziellen Situation der SL beachtet werden, dass das Ausland seine wichtige Rolle als dominierende Technologiequelle behalten wird, dass die Effektivität der einzelnen Maßnahmen der Forschungs-politik aufgrund der insgesamt schlechteren Voraussetzungen vermutlich gerin-ger als in IL ist, und dass die staatlichen Kapazitäten für eine konsistente For-schungspolitik nur schwach entwickelt sind, so dass die Umsetzung der For-schungspolitik selbst restringiert ist und einem permanenten Evaluierungspro-zess unterworfen sein sollte. Die Empfehlungen werden in die Bereitstellung von Produktionsfaktoren, in Instrumente zu Förderung der Innovation in Unter-nehmen, in sektorale Schwerpunkte, in die Verbesserung der Rahmenbedingun-gen des NIS und in Maßnahmen zur Stärkung der forschungspolitischen Kom-petenz unterteilt.

a) Bereitstellung von Produktionsfaktoren

Die erste Priorität für die Forschungspolitik für den Aufbau des NIS haben in den meisten SL und NICs der Zugang zu ausländischem Wissen und die Bil-dung von Humankapital.

Der Zugang zu ausländischem Wissen muss durch die Aufrechterhaltung der Weltmarktintegration gewährleistet bleiben. Die Weltmarktintegration sollte sich dabei nicht nur auf Güter, sondern auch auf den Handel mit Dienstleistun-gen, Technologien oder auf FDI beziehen. Der internationale Wissenstransfer sollte durch die Förderung der öffentlichen Forschungskooperation und die Verbesserung der inländischen Wissensdiffusion zwischen Produktion und Forschung erleichtert werden.

Die Verbreiterung der Humankapitalbasis ist die zweite Grundvoraussetzung für den Aufbau von Innovationskompetenz im SL. Dabei sollten sich die Bil-dungsanstrengungen auf die Schul- und auf die berufliche Bildung beziehen.

Zur Verbesserung der Qualität des Bildungsangebotes sollte sich an internatio-nalen best practices orientieren. Wenn die Qualität der inländischen Bildungs-institutionen zu gering ist, sollte auch das ausländische Bildungsangebot zur Verbesserung des Humankapitalangebotes herangezogen werden. Öffentliche Bildungsinvestitionen sind nicht zuletzt deswegen in offenen SL besonders wichtig, da den reduzierten privaten Anreizen zur Bildung infolge der Speziali-sierung entgegengewirkt werden muss.

1 Das hier präsentierte Maßnahrnenbündel lehnt sich eng an die Empfehlungen von Lall zum Aufbau von Innovationskompetenzen in SL an. Lall unterscheidet explizit Maßnahmen, die sich auf Anreize, Kompetenzen, Wissen, Kapital, technische Dienstleistungen und Tech-nologiepolitik beziehen. Vgl. Lall (1992).

b) Förderung der Innovationsbereitschaft und -fähigkeit der Unternehmen Im Zentrum des inländischen Wissensakkumulationsprozesses stehen die Inno-vationsaktivitäten der Unternehmen. In offenen NICs mit einer ausreichenden Humankapitalausstattung sollte der Staat damit beginnen, die privaten Innova-tionsaktivitäten zu stimulieren. Das Innovationsverhalten der Unternehmen kann der Staat direkt und indirekt beeinflussen.

Direkt kann der Staat über finanzielle Instrumente oder institutionelle Rahmen-bedingungen die Innovationsbereitschaft fördern. Finanzielle Anreize kann er durch den Einsatz finanzpolitische Instrumente wie z.B. Abschreibungsmög-lichkeiten oder subventionierte F&E-Kredite setzen. Im institutionellen Bereich sind der funktionsfähige Wettbewerb und das Patentrecht i. w. S. die wichtigs-ten Anreizsysteme zur Innovationsförderung. Da die effiziente Ausgestaltung der Instrumente (wind/all gains bei finanziellen Förderprogrammen, der trade off zwischen Schutz und Offenlegung beim Patentrecht) kompliziert ist, sollte bei der Umsetzung der Instrumente auf internationale Expertise zurückgegriffen werden.

Indirekt kann der Staat den Zugang der Unternehmen zu den Produktionsfakto-ren Wissen, Humankapital und Sachkapital verbessern:

Die Bedeutung des Zugangs zu ausländischem Wissen wurde bereits betont.

Aber auch der Zugang zu inländischem Wissen muss verbessert werden, um eigene Kompetenzen zu entwickeln. Das Vertragsrecht und die Rechtsspre-chung müssen so ausgestaltet sein, dass sie die Aufnahme von Unternehmens-kooperationen gewährleisten. Darüber hinaus muss das Wissens- und Dienst-leistungsangebot der öffentlichen Forschungseinrichtungen verbessert werden.

Hierzu muss auch, aber nicht nur, der Umfang der öffentlichen Forschungs-ausgaben gesteigert werden. Vor allem muss die Effizienz der Forschung durch den Einsatz neuer Anreiz- und Kontrollsysteme aus den IL erhöht werden.

Darüber hinaus müssen die Schwerpunkte der Forschungsförderung stärker an der inländischen Nachfrage nach Wissen ausgerichtet werden, und der Wis-senstransfer der öffentlichen Institute muss institutionalisiert werden. Ange-wandte Forschung sollte in SL gegenüber der Grundlagenforschung bevorzugt werden, sofern ein crowding out privater Aktivitäten vermieden werden kann.

Die gezielte Förderung lokal begrenzter Kompetenzzentren sollte keine Priorität haben, wenn die lokale Wissensbasis nicht groß genug ist und die institutionel-len Rahmenbedingungen für effiziente Wissensflüsse nicht gegeben sind.

Allerdings kann auch aus Kostengründen die lokale Konzentration durch den von Infrastrukturausgaben gefördert werden.

Auch auf die Verbesserung des Bildungsangebots wurde weiter oben bereits eingegangen. Über die dort skizzierten Maßnahmen hinaus muss die Mobilität des Humankapitals und des damit verbundenen taziten Wissens erleichtert wer-den.

EFFEKTE DER WEL TMARKTINTEGRATION AUF [NNOV ATIONSSYSTEME 169 Da die Finanzmärkte in SL insbesondere bei der Versorgung von KMU und jungen Unternehmern mit Kapital nicht die Leistungsfähigkeit der Finanzmärkte von IL besitzen, muss der Staat finanzielle Programme zur Innovationsförde-rung bereitstellen und die Rahmenbedingungen des Finanzmarktes so anpassen, dass Risikokapital aus dem Ausland zufließen kann. Die Erfahrung aus IL zeigt, dass der Staat dabei Verdrängungseffekte gering halten muss, die Programme sollten so ausgerichtet sein, dass Erfahrungsgewinn der Innovationsförderung bei privaten Banken möglich ist.

Um die Innovationskultur der Unternehmen zu stärken, muss schließlich die Verbreitung Management-Know How über Innovationsprozesse gefördert wer-den. Hierzu kann der Staat in Ergänzung zu oder in Kooperation mit Unter-nehmensberatung und Kammern und Verbänden Service-Institutionen etablie-ren.

c) Sektorale Schwerpunktsetzung1

Die gezielte Förderung sektoraler Forschungs- und Technologieschwerpunkte ist ein umstrittenes Element des forschungspolitischen Instrumentariums. In SL könnten die Gefahren eines für eine wissensbasierte Entwicklung ungünstiges Spezialisierung sektorale Maßnahmen geboten erscheinen lassen. Allerdings sind sektorale Schwerpunkte im Rahmen der NIS-Ansatzes in den Bereichen zu setzen, in denen ein Land bereits einen kompetitiven Vorteil hat. In SL bedeutet dieses i. d. R. eine Fokussierung aufressourcennahe Bereiche. Wenn eine sekto-rale Politik betrieben werden soll, so sollte sie also auf den Ausbau von Kom-petenzen in den Branchen setzen, die in technologischer Hinsicht „nahe" an der natürlichen Ressourcenbasis sind. Danach könnte sukzessive die Entwicklung von Industrien, die durch backward- oder forward-linkages zu den natürlichen

· Ressourcen verbunden sind, erwogen werden. Darüber hinaus sollte der Aufbau einer Mindestausstattung an Kompetenzen in sogenannten general purpose-Technologien, ebenfalls in Verbindung mit den bestehenden Vorteilen erwogen werden.

d) Rahmenbedingungen des N/S

Die absolute Mindestanforderung an den Staat ist es allerdings, bestehende Hindernisse zur Innovation ausräumen. Zu den zu beseitigenden Hindernissen gehören insbesondere makroökonomische oder politische Instabilität, Institutio-nen, die zu Korruption und rent seeking beitragen sowie ein gesellschaftliches Klima, das unternehmerisches Handeln bestraft.

1 Andere selektive Schwerpunkte können von der Forschungspolitik in geografischer Hin-sicht (Kompetenzzentren, s.o.) oder in Hinblick auf die Natur der staatlich geförderten For-schungsaktivitäten (z.B. Entwicklungskompetenz statt Grundlagenforschung) gesetzt wer-den.

e) Forschungspolitische Kompetenz

Um die Entwicklung des NIS zu fördern, muss aufgrund des systemischen Charakters von Innovationsprozessen an vielen Hebeln zugleich angesetzt werden. Isolierte Maßnahmen werden ineffektiv bleiben, wenn andere Engpässe bestehen bleiben. Daher ist eine umfassende Strategie zur Entwicklung des NIS und damit zwangsläufig eine Stärkung der forschungspolitischen Kompetenz für den Ausbau eines NIS erforderlich. Für den Einzelfall muss eine dezidierte Analyse der individuellen Engpässe erfolgen, um forschungspolitische Priori-täten ableiten zu können.

Die bisherige Analyse bezog sich allein auf die Möglichkeiten und Instrumente der Forschungspolitik in offenen NICs. In Abschnitt 3.2.2 wurde kurz darauf hingewiesen, dass die Forschungspolitik die Unternehmen beim Übergang von einer geschlossenen zu einer offenen Ökonomie unterstützen sollte. Denn mit einem von der Wirtschaftspolitik eingeleiteten Paradigmenwechsel und seinen Anpassungsprozessen müssen komplementäre forschungs- und technologie-politischen Maßnahmen einher gehen, um die gesamte Struktur des Innova-tionssystems an das neue Paradigma anzupassen.

Die Minimalanforderung an die Forschungspolitik ist, dass die alten, für das System der Importsubstitution entwickelten Institutionen neu ausgerichtet werden. Zusätzliche Maßnahmen zur strategischen Beratung der Unternehmen, zur Stärkung der Absorptionsfähigkeit bezüglich des Wissens aus dem Ausland, zur Stärkung der lokalen Wissensflüsse und zur Verbesserung des Zugangs zu Kredit zur Finanzierung der betrieblichen Restrukturierung sind in einer sich öffnenden VW ebenfalls erforderlich, um den Anpassungsprozess zu erleich-tern.

Die Erforschung der NIS von SL steht erst am Anfang ihrer Entwicklung. Die Effekte des „Schocks" einer außenwirtschaftlichen Öffnung auf das NIS eines SL sind noch nicht erforscht worden, hier besteht Forschungsbedarf. Eine derartige Untersuchung ist nur an einer Fallstudie möglich. Mit einer derartigen Fallstudie können mögliche Liberalisierungseffekte identifiziert werden, die möglicherweise auch auf andere Länder übertragbar sind.

Die EWT und der NIS-Ansatz liefern wichtige Ideen als Input für die Analyse der möglichen Wirkungen einer Öffnung in SL. Daher sollten EWT und NIS nicht als Konkurrenz zueinander begriffen werden. Die EWT ist ein Baustein des NIS-Ansatzes. Die Welt der NIS ist facettenreicher und komplexer, aber auch realitätsnäher. Im nächsten Abschnitt werden nun die Ergebnisse der theoretischen Erörterung (in Form von Hypothesen als Antworten auf die vier Leitfragen) zusammengefasst sowie die empirische Überprüfung der Hypothe-sen im Rahmen einer Fallstudie erläutert werden.

ZUSAMMENFASSUNG DER HYPOTHESEN 171

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