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3. Verringerung der Cyclisierungstemperatur

3.3. Auswertung der gemessenen Aktivierungsparameter und ihre

Zur Überprüfung, ob die Cyclisierungsreaktion von 119 und 124a, ähnlich wie beim Naphthalin-System 21, über einen diradikalischen Übergangszustand zu einem diradikal-ischen Zwdiradikal-ischenprodukt mit anschließender stabilisierender Wasserstoffwanderung zum Endprodukt führt, wurden die Aktivierungsparameter: die Aktivierungsenergien Ea, die Aktivierungsenthalpien ΔH, die freien Aktivierungsenthalpien ΔG und die Aktivierungsentropien ΔS der Cyclisierungsreaktion von Alkohol 119 und 124a, bestimmt.

Die Messungen wurden im Bereich von 80 °C bis 105 °C durchgeführt. In Tabelle 17 sind dazu die Edukte, die Produkte mit den dazugehörigen Aktivierungsparametern Ea, ΔH, ΔG und ΔS der Cyclisierungsreaktionen dargestellt. Um gleichbleibende Bedingungen zu schaffen, wurde in allen Fällen DMSO-d6 als Lösungsmittel benutzt. Die hier beschriebenen Cyclisierungsreaktionen sind erster Ordnung. Die Ergebnisse zeigt Tabelle 17. Die Parameter beziehen sich auf Standardbedingungen bei 25 °C.

Tabelle 17 Aktivierungsparameter der thermischen Cyclisierungsreaktion der Alkohole 119 und 124a in DMSO bezogen auf Standardbedingungen bei 25 °C

Edukt Produkt(e) k Ea ΔH ΔG ΔS

(s-1) (kJ/mol) (kJ/mol) (kJ/mol) (j/K•mol)

119 125a 1,5•10-8 109,6 107,1 117,5 -34,8

± 1,5•10-8 ±1,9 ±1,9 ±2,5 ±10,5

125b 2,3•10-9 110,6 108,2 122,2 -47,3

±2,2•10-9 ±1,8 ±1,8 ±2,3 ±9,8

124a 126a 2,3•10-8 104,4 101,9 116,5 -48,9

±1,6•10-8 ±1,3 ±1,3 ±1,7 ±7,0

126b 1,1•10-8 105,5 103,0 118,4 -51,7

±1,1•10-8 ±1,8 ±1,8 ±2,4 ±10,4

Die im Folgenden beschriebenen Produktverteilungen und kinetischen Messungen deuten auf den Radikalmechanismus, analog zum Radikalmechanismus des Naphthalin-Derivates 21 hin. Dieser wurde in den Kapiteln 1.3.2.-1.3.4. genau beschrieben und in Abb. 35 dargestellt.

In Alkohol 119 sind die beiden Substituenten an den beiden Acetyleneinheiten mit dem Phenylring identisch, d.h. das unterschiedliche Cyclisierungsverhalten zu den Benzo[b]fluorenolen 125a,b ist nur davon abhängig, wie die anderen Substituenten an den Acetyleneinheiten die Reaktion beeinflussen. Die eine Seite trägt auch einen Phenylring, während die andere Seite ein Alkylolrest darstellt.

In Abb. 54 sind die Möglichkeiten des Ringschlusses dargestellt.

OH

a) b)

OH

O

a) b)

Abb. 54: Möglichkeiten des Ringschlusses von Alkinol 119 und 124a

119 124a

Dabei trat der Phenylring, der über die Acetyleneinheit mit einem weiteren Phenylring (Reaktionsweg b) verbunden war, wesentlich leichter in die Cyclisierungsreaktion ein, als der Phenylring, der über die Acetyleneinheit mit dem Alkylgerüst (Reaktionsweg a) verbunden war. Durch die unterschiedliche Umgebung der beiden Phenylacetylen-Reste in Verbindung 119 entstanden in den Übergangszuständen 127a,b unterschiedliche Ringspannungen in den neugebildeten Fünfringen.

Dies sieht man an dem Unterschied der freien Aktivierungsenthalpien mit 117,5 kJ/mol für 127a bzw. 122,2 kJ/mol für 127b. Es ergab sich daraus auch ein deutlicher Ausbeuteunterschied von 83,5% für 125a bzw. 13,3% für 125b.

Um zu studieren wie sich die Reaktivität und das Produktverhältnis veränderte, wurde der Phenylring, der an der Acetyleneinheit mit Alkylgerüst saß, durch einen Anisylrest ersetzt.

Mit den bisher aus den Naphthalin-Derivaten gewonnenen Erkenntnissen sollte sich nun die Seite des Alkylgerüstes stärker an der Cyclisierungsreaktion beteiligen. Tatsächlich beteiligte sich der Anisylring (Reaktionsweg a) stärker an der Cyclisierungsreaktion als der ersetzte Phenylring in Verbindung 119. Das Produktverhältnis blieb zwar für 126a und 126b mit 63,1% zu 34% stärker auf der Seite des Benzo[b]fluorenols 126a, jedoch sieht man, dass mit Eintritt des Anisylringes die Ausbeute an Benzo[b]fluorenol 126b zunahm. Dabei

beschleunigte der Anisylring nicht nur seine eigene Ringbildung, sondern auch die Cyclisierungsreaktion des benachbarten Phenylringes. Das wurde eindrucksvoll durch die bei 70 °C beginnende Cyclisierungsreaktion von 124a im Vergleich zu 75 °C bei Verbindung 119 demonstriert. Daher war die freie Aktivierungsenthalpie von 116,5 kJ/mol bei der Bildung von 126a auch die geringste gemessene freie Aktivierungsenthalpie. Genau wie beim Naphthalin-System wurde auch im Verhältnis der Anisylring stärker in die Cyclisierungs-reaktion einbezogen als der Phenylring. In der gemischtaromatischen Verbindung 124a entschied über das Produktverhältnis zum einen, wie leicht sich der Aromat sich von Radikalen angreifen ließ. Da das Benzylradikal als Elektrophil angesehen werden kann, wurde bei der gemischtaromatischen Verbindung 124a der elektronenreichere Anisylring stärker angegriffen als der Phenylring der Verbindung 119. Zum anderen war die Ringspannung in den Übergangszuständen 140a bzw. 140b entscheidend. Beide Effekte zusammen bewirkten, dass das Produktverhältnis für 126a und 126b 63,1% zu 34% betrug.

Die Werte für ΔH lagen im Bereich von 101,9–108,2 kJ/mol dicht bei einander, so dass sie sich durch einen diradikalischen Übergangszustand (analog zum Übergangszustand 60) (Abb.

35) erklären ließen. Die Werte für ΔS lagen zwischen -34,8 und -51,7 j/K• mol. Wie bei einer Cyclisierungsreaktion zu erwarten war, handelte es sich dabei um negative Zahlenwerte.

Da das Benzyl-System im Vergleich zum Naphthalin-System unsymmetrisch gebaut ist, kann man hier die Entropieänderung aufgrund der aromatischen Sustituenten nicht so einfach diskutieren.

3.4. Berechnung der Geometrie des Benzylsystems

Die nachfolgenden Berechnungen von Strukturen und Energien wurden mit Mopac2000 (AM1) voroptimiert und abschließend mitGaussian03 mit UBLYP/6-31G*

berechnet. In Abb. 55 wird der energetische Verlauf der Cyclisierungsreaktion des Alkohols 119 nur bis zum ersten diradikalischen Zwischenprodukt beschrieben, da dieser Schritt wie beim Naphthalin-Derivat 21 der geschwindigkeitsbestimmende Reaktionsschritt sein sollte.

Es wurden die Aktivierungsenthalpien von 127a und 127b bzw. die Reaktionsenthalpien von 128a und 128b relativ zu Alkohol 119 bei 25 °C berechnet.

OH

H

OH

H OH OH

.

OH

. .

. .

. .

119 S = 0 kJ/mol

127a 127b

128a 128b S = 50,6 kJ/mol

S = 59,7 kJ/mol S = 88,4 kJ/mol

S = 98,8 kJ/mol . ΔH

RK Abb. 55: Berechnete (UBLYB/6-31G*) energetische Verhältnisse der Cyclisierungsreaktion von 119

Ein Vergleich der berechneten Aktivierungsparameter und der Ergebnisse der kinetischen Messungen ist in Tabelle 18 dargestellt.

Tabelle 18 Experimentelle und berechnete Bestimmung der Aktivierungsparameter der thermischen Cyclisierungsreaktion der Alkohole 119 und 124a in DMSO bezogen auf Standardbedingungen bei 25 °C

Edukt Übergangs- experimentell/ ΔH ΔG ΔS zustand berechnet (kJ/mol) (kJ/mol) (j/K•mol)

119 127a experimentell 107,1 117,5 -34,8

berechnet 88,4 109,5 -70,7

127b experimentell 108,2 122,2 -47,3

berechnet 98,8 117,4 -62,6

124a 129a experimentell 101,9 116,5 -48,9

berechnet 86,9 110,3 -78,7

129b experimentell 103,0 118,4 -51,7

berechnet 92,8 114,6 -72,8

Man sieht hieran, dass alle drei Aktivierungsparameter ΔH, ΔG und ΔS im experimentellen wie auch im berechneten Fall mit den jeweiligen diradikalischen Übergangs-zuständen der Cyclisierungsreaktion übereinstimmen. Diese werden nochmals in Abb. 56 dargestellt. Die Übereinstimmung zwischen Experiment und Berechnung ist nicht ganz so gut wie beim Naphthalin-Derivat 21. Die Abweichung der ΔH -Werte zwischen Experiment und Rechnung ist für den Übergangszustand 127a mit 18,7 kJ/mol am größten, während die Abweichung für den Übergangszustand 127b mit 9,4 kJ/mol am geringsten ist. Die für die Reaktionsgeschwindigkeit wichtigen ΔG-Werte liegen in Experiment und Berechnung gut beieinander. Die Abweichungen streuen hier nur im Bereich 8 kJ/mol für Übergangszustand 127a bis zu nur 3,8 kJ/mol für Übergangszustand 129b. In den Alkoholen 119 und 124a steckt eine wesentlich größere Beweglichkeit als in Verbindung 21, welche sich auch in der schwierigeren und langwierigeren Berechnung von Struktur und Energie widerspiegelt.

In Abb. 56 werden die wichtigen Bindungsabstände und Bindungswinkel der Über-gangszustände 127a, 127b, 129a und 129b dargestellt und in Tabelle 19 aufgelistet.

Abb. 56: Geometrien der Übergangszustände 127a,b und 129a,b

a b c d

e f g

α β

127a

γ

a b

c d f e g

α β

127b

γ

a b

c d e f g

α β

129b

γ

a b c d

e f g

β α

129a

γ

Tabelle 19 Bindungslängen und Bindungswinkel der Übergangszustände 127a,b und 129a,b

Übergangs- Bindungslängen/Å a b c d e f g

zustand Bindungswinkel/° α β γ

127a 1,4295 1,3075 1,5645 1,3285 1,3995 1,4495 2,428

145,5 128,0 102,7

127b 1,4285 1,3165 1,5665 1,3225 1,4005 1,4505 2,371

146,7 127,0 102,6

129a 1,4285 1,3095 1,5585 1,3315 1,4005 1,4505 2,395

144,8 126,9 102,5

129b 1,4285 1,3175 1,5645 1,3235 1,3975 1,4495 2,377

146,4 127,3 102,6

Besonders interessant an den Übergangszuständen ist der Winkel γ mit durchschnittlich 102,6 °. Dieser Winkel stimmt viel besser mit einem sp3-hybridisierten C-Atom überein, als mit einem sp2-hybridisierten C-Atom, aus dem Übergangszustand 60 des Naphthalin-Systems. Daher kam auch die Absenkung der Cyclisierungstemperatur um ca.

30 °C im Vergleich zum Naphthalin-System. Weiterhin ist der Atomabstand g zu erwähnen.

Man erkennt, je früher der Übergangszustand ist, je größer der Atomabstand in den Übergangszuständen 127a und 127b bzw. 129a und 129b ist, desto geringer ist die freie Aktivierungsenthalpie.

3.5. Vergleich der nucleophilen Addition von Acetyliden und