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3 Therapiekonzept: Neurologische Berufstherapie

4.1 Auswahl der Patienten

Die Patienten wurden ausschließlich in den Kliniken Schmieder Konstanz rekrutiert.

Die Kliniken Schmieder sind ein Neurologisches Fach- und Rehabilitations-krankenhaus, das sich seit seiner Gründung 1950 ständig erweitert hat und derzeit insgesamt annähernd 1000 Behandlungsplätze anbietet.

Neben dem 1992 eröffneten Klinikstandort Konstanz bestehen weitere Kliniken in Gailingen, Allensbach, Stuttgart und Heidelberg, die sich in ihrem Behandlungsgebot von der Akut-Neurologie und Frührehabilitation bis zur beruflichen Rehabilitation neurologischer Patienten netzwerkartig ergänzen.

Die Kliniken Schmieder Konstanz behandeln überwiegend Patienten der Phase D (vgl. zu einer ausführlichen Diskussion des Phasenmodells: Schönle & Stemmer 2000). Als Phase-D-Patienten werden diejenigen Patienten bezeichnet, die nach Akutbehandlung (Phase A), möglicher Frührehabilitation (Phase B) oder postprimärer Rehabilitation (Phase C) nicht (mehr) schwergeschädigt sind und in ihren Alltags- und Sozialkompetenzen soweit selbständig, dass eine Förderung beruflicher Kompetenz grundsätzlich angezeigt ist.

Alle Patienten, die für die vorliegende Arbeit ausgewählt wurden, waren Patienten der Phase D.

Für die Untersuchung mit der Fragestellung, inwieweit eine möglichst zügige Wiedereingliederung an den bisherigen Arbeitsplatz zu erreichen ist, wurden nur Patienten der Indikationsgruppe I (vgl. 3.5.1) berücksichtigt, die nach einem

Hirnschädigungsereignis arbeitsunfähig wurden, aber über einen Arbeitsplatz verfügen und deren Zeit nach Ereignis in der Regel weniger als 18 Monate beträgt.

Diese Patienten werden im folgenden als Untersuchungsstichprobe zusammengefasst.

Die Zuweisung zur Untersuchungsstichprobe erfolgte durch den jeweils behandelnden Arzt, der nach einer ausführlichen neurologischen Aufnahme-Untersuchung den Patienten in den verschiedenen Therapiebereichen (außer der Neurologischen Berufstherapie: Sprachtherapie, (Neuro)psychologische Therapie, Ergotherapie, Physiotherapie, Physikotherapie, Werk- und Freizeittherapie) zur Behandlung anmeldet. Die Gesamtgruppe der zuweisenden Ärzte umfasste elf Stationsärzte und drei Ärzte in leitender Funktion.

Zuweisung zur Neurologischen Berufstherapie war definiert als die ärztliche Einschätzung, dass die Rückkehr eines Patienten in das Arbeits- und Berufsleben nicht unwahrscheinlich ist, er/sie aber einer speziellen therapeutischen Unterstützung bedarf und häufig die beruflichen Kompetenzen noch abzuklären sind.

Einschlusskriterien für die Untersuchungsstichprobe waren:

• Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes

• Arbeitsunfähigkeit nach Eintritt einer neurologischen Erkrankung

• Dauer der Arbeitsunfähigkeit innerhalb des Zeitraumes von 18 Monaten, in dem die Krankengeld-Fortzahlung gesetzlich geregelt ist

• Teilnahmefähigkeit für die Grunduntersuchung kognitiver Leistungsfähigkeit:

2,5- stündiger Hirnleistungstest (HLT) nach Poser (1983)

Ausschlusskriterien waren:

• Gravierende psychiatrische Erkrankungen

• Alkohol- und anderer Drogenabusus mit Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit

• Neurologische Erkrankungen mit rascher Progredienz

Für die Auswahl der Patienten nicht entscheidend waren körperliche Beeinträchtigungen, die bei neurologischen Erkrankungen v.a. senso-motorische Ausfälle bedeuten.

Um mögliche Einflüsse derartiger Leistungsminderungen auf den Erfolg der beruflichen Wiedereingliederung zu kontrollieren, wurden Störungen der Hand- und Gehfunktionen dokumentiert.

Auch die Beeinträchtigungen kognitiver Leistungsfähigkeit, die z.T. unabhängig von der HLT-Testung (s.o., Einschlusskriterien) diagnostiziert wurden, waren für die Rekrutierung der Untersuchungsstichprobe nicht maßgeblich, wurden aber für eine detaillierte Stichproben-Beschreibung in die Dokumentation aufgenommen.

Dazu wurde die berufstherapeutische Dokumentation (vgl. 9 Anhang Dokumentationsblatt Berufstherapie) genutzt, für die aus den jeweiligen Fachabteilungen Informationen gesammelt werden, inwiefern Leistungen in den Bereichen visuelle Wahrnehmung, Raum, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Exekutivfunktionen und Sprache als Folge der Hirnschädigung beeinträchtigt sind.

Diese Daten werden grundsätzlich in drei Schweregradsabstufungen (leicht, mittel, schwer beeinträchtigt) erhoben.

Für die vorliegende Arbeit, bei der diese Daten lediglich der Beschreibung der Stichprobe dienten, jedoch nicht - wie die Daten des Hirnleistungstests (s. 4.2.1) - statistisch weiterbearbeitet wurden, wurden die Informationen unter dem Gesichtspunkt Störung vs. keine Störung zusammengefasst.

Für die Auswahl nicht entscheidend war weiter die Berufsgruppenzugehörigkeit.

Diese sollte jedoch über die Nennung der einzelnen Berufsbezeichnung hinaus erhoben werden, um mögliche Einflüsse auf Erfolg oder Scheitern der beruflichen Wiedereingliederung kontrollieren zu können. Für die Gruppenbildung bot folgende Einteilung der Bundesagentur für Arbeit eine erste Orientierung (vgl. Abbildung 13):

Berufskategorien (nach: Bundesanstalt für Arbeit, 2002)

Ausbildungsberufe, betriebliche Ausbildung

Berufe mit geregelten Ausbildungsgängen

an beruflichen Schulen, in Betrieben und Verwaltungen

Berufe, die ein Studium an Fachhochschulen voraussetzen

Studiengänge

Tätigkeitsbereiche 1. Material verarbeiten 2. Zusammenbauen,

montieren 3. Gestalten

4. Bedienen und überwachen von Maschinen und Anlagen

5. Bebauen und züchten 6. Untersuchen und messen 7. Gestalten von

Medienprodukten und Zeichnen

8. Bedienen und Beraten 9. Wirtschaften

10. Sichern, in Ordnung halten

11. Versorgen und betreuen

Tätigkeiten im Bereich 1. Naturwissenschaft und

Technik

11. Künstlerisches und Gestalten 12. Journalistik

6. Gesellschafts- und Sozialwissenschaften 7. Sprach- und Kulturwissenschaften, Kunst u. Gestaltung 9. Lehrämter

Abbildung 13 Übernommen wurde die Einteilung in

(i) Ausbildungsberufe mit betrieblicher Ausbildung

(ii) Berufe mit Ausbildungsgängen an beruflichen Schulen, in Betrieben und Verwaltungen, sowie Berufe, die ein Studium an Fachhochschulen voraussetzen

(iii) Studiengänge

Ergänzt wurde diese Einteilung durch eine Unterscheidung, die aus der Perspektive der Neurorehabilitation mögliche Behinderungen bei der beruflichen Wiedereingliederung in zwei Hauptgruppen fasst:

Zusammengefasst wurden zunächst Berufe, für die körperliche Fähigkeiten als grob- oder feinmotorische Leistungen neben anderen Fähigkeiten notwendig sind zur Berufsausübung und als konkrete Arbeitsplatzanforderung bestehen (Beispiel: Das Berufsbild der Krankenpflegerin schließt grobmotorische Fähigkeiten wie Lagern und Betten eines Patienten und feinmotorische Anforderungen wie Spritzen verabreichen und Verbände legen ein. Dennoch bestehen in Einzelfällen Arbeitsplatz-beschreibungen, nach denen eine Krankenpflegerin v.a. organisatorische Aufgaben oder lehrende Funktionen zu erfüllen hat).

In eine zweite Gruppe wurden diejenigen Berufe eingeteilt, zu deren Ausübung körperliche Fähigkeiten nicht unabdingbar und vielmehr kognitive Fähigkeiten entscheidend sind. Diese Gruppe wurde weiter danach differenziert, ob die beruflichen Anforderungen technisch-naturwissenschaftliche Fähigkeiten betreffen oder eher soziale Aspekte beinhalten bzw. bei Studienabsolventen eine geisteswissenschaftliche Fachausrichtung.

Auch hier waren für die Gruppenzuteilung die individuellen Anforderungen am Arbeitsplatz des einzelnen Patienten maßgeblich.

4.2 Verwendete Untersuchungsverfahren zur Erhebung kognitiver