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Auslegung des Prozesses: Parametrisierung

8.2 Konzept und Überblick

8.3.4 Auslegung des Prozesses: Parametrisierung

Im zweiten Auslegungsschritt werden die Werte der Prozessparameter aller Basisaktivitäten festgelegt. Die Software unterstützt den Anwender, indem soweit wie möglich Minimal-, Fix- oder Maximalwerte sowie Auswahlbereiche angezeigt werden.

Quantitative Eingrenzung der Wertebereiche

Für die Auslegung des Prozesses ist es von besonderem Interesse, mit wie vielen Teilvolumina die Flüssigkeit zu welchen Zeitpunkten in die Zelle dosiert werden kann. Ein Teilvolumen kann erst dann dosiert werden, wenn in der Zelle ein mindestens gleich großes Volumen frei ist. Es wird im Folgenden geschildert, wie Teilvolumina und Zeitpunkte ermittelt werden.

Das maximal in einem Schritt dosierbare Elektrolytvolumen ist entweder durch den zur Verfügung stehenden Totraum der Zelle oder durch Randbedingungen des Dosiersystems begrenzt. Muss mehr Elektrolyt dosiert werden, als es in

einem Schritt möglich ist, wird das gesamte ElektrolytvolumenVgeszu gleichen Teilen aufnDosierschritte mit einem jeweiligen DosiervolumenVdos,iverteilt:

Vdos,i= Vges

n (8.1)

IstVdos,ikleiner als das Totvolumen, verbleibt nach der Dosierung vonVdos,1 ein RestvolumenVRest ungefüllt. Sobald so viel Elektrolyt vom Zellkörper aufgenommen wurde, dass das freie Volumen im Zellgehäuse ausreicht, um eine weitere Teilmenge aufzunehmen, kann der zweite Befüllungsschritt zum Zeitpunktt2beginnen. Abbildung 8.1 illustriert, wie die Zeitpunkte, zu denen Teilvolumina dosiert werden können, ermittelt werden. Die Kurve resultiert aus der Berechnung des in den Zellstapel aufgenommenen Elektrolytvolumens nach Lucas-Washburn:

V(t) =K·t0,5·AEQ (8.2) Der EinzugsquerschnittAEQwird in Abhängigkeit des Zelltyps festgelegt und berücksichtigt alle Einschränkungen durch Elemente zur Isolierung und Fi-xierung des Zellstapels. Das Beispiel geht von vier Dosierschritten aus. Die Volumina der einzelnen Dosierschritte werden unter Berücksichtigung von VRestauf der Hochachse der Volumenaufnahme angetragen. Die Schnittpunkte der Teilvolumina mit der Kurve zeigen, zu welchen Zeitpunktent1=0 bist4

die Teilvolumina dosiert werden können. Das erste TeilvolumenVdos,1wird zum Zeitpunktt1=0 dosiert. Entsprechende Berechnungsvorschriften sind in den Tabellen des Tools hinterlegt. Der initiale Wert der PermebilitätK=2mm/s0,5

kann vom Anwender angepasst werden. Das Lucas-Washburn-Modell wur-de ausgewählt, da sich alle bisherigen Veröffentlichungen zur Benetzbarkeit von Zellkomponenten darauf beziehen. Zudem ist der langfristige Verlauf der Tränkung – also das asymptotische Verhalten der Kurven – für die Berechnung der Dosierzeitpunkte nicht relevant. Wie in Unterabschnitt 2.2.3 diskutiert und in Abbildung 5.13 illustriert, bildet das Lucas-Washburn-Modell den initialen Anstieg des Benetzungsverlaufs mit hinreichender Genauigkeit ab. In Kapitel 5 wurde die Anwendbarkeit des Modells durch die hohen erzielbaren Bestimmt-heitsmaße gezeigt.

Neben der Berechnung, wann Elektrolyt-Teilvolumina dosiert werden können, unterstützt das Tool den Anwender, indem es überprüft, ob im Dosiersystem

Abbildung 8.1: Grafische Darstellung des Vorgehens zur Ermittlung der Dosierzeit-punkte für Teilvolumina bei Befüllung in mehreren Schritten

ein laminarer Strömungszustand vorliegt. Wird die kritische Reynoldszahl überschritten, werden Hinweise eingeblendet.

Qualitative Ermittlung von Tendenzen

Bei der Elektrolytbefüllung stellt sich das Problem, dass die Wirkung der meis-ten Parameter auf den Prozess nicht in quantifizierter Form bekannt ist. Die Software soll dem Anwender, sofern ein Parameter nicht quantifiziert werden kann, eine Tendenz zur Festlegung vorgeben. Die qualitativen Zusammenhänge zwischen den Prozesselementen sind in den BFD in Kapitel 6 dokumentiert. Im Folgenden wird geschildert, wie Erkenntnisse aus den BFD-Diagrammen in die Auslegungsmethodik überführt werden.

Im ersten Schritt wird die Schnittmenge ermittelt, die sich aus den beeinflussba-ren Eigenschaften der Anlagenkomponenten in den bdd und den Vorgabe- und Flussgrößen in den BFD ergibt. Diese werden als Einstellgrößen bezeichnet. Als Zielgrößen werden die Bestandsgrößen gewählt, die die Masse des Elektrolyten in den zwei Phasen flüssig und gasförmig sowie in dessen Position (Totvo-lumen, Zellkörper und Seitenflächen) beschreiben. Da Elektrolytverluste zu vermeiden sind, wird auch die Verlustrate als Zielgröße betrachtet. Im nächsten Schritt wird ermittelt, ob die Zielgrößen in den einzelnen Hauptaktivitäten möglichst hoch (1) oder niedrig (-1) sein sollen. Das Ergebnis ist in Tabelle A.2

in der Spalte „Vorgabe“ aufgeführt. Anschließend wird anhand der Polarität der kausalen Beziehungen ermittelt, ob die Zielgröße gleich- oder gegengerichtet mit den einzelnen Einflussgrößen verknüpft ist. In den mit „Tend.“ gekenn-zeichneten Spalten ist verzeichnet, ob die Einstellgröße hoch oder niedrig zu parametrieren ist, um die Zielgröße in die erforderliche Richtung zu beein-flussen. Die Einflussgrößen sind mit mehreren Zielgrößen verknüpft. Bei der Parametrisierung der Einflussgrößen entstehen Zielkonflikte, da eine Änderung einer Einflussgröße manche Zielgrößen positiv, andere aber negativ beeinflusst.

Es muss ermittelt werden, welche Zielgrößen für die Parametrierung der Ein-stellgrößen ausschlaggebend sind. Zur Gewichtung der Zielgrößen wird die Methode „Paarweiser Vergleich“ nach LINDEMANN(2009, S. 328) angewendet.

Die Gewichtung der Größen ist in Tabelle A.2 in der Spalte „Gewichtung“ an-gegeben. Basierend auf der Gewichtung kann ermittelt werden, nach welchen Tendenzen die Einstellgrößen für jede Hauptaktivität nach aktuellem Stand der Erkenntnisse gewählt werden sollten. Die Empfehlungen sind in den Zeilen

„Tendenz zur Parametrisierung“ von Tabelle A.2 angegeben. Im Auslegungstool sind die ermittelten Tendenzen hinterlegt, sodass dem Anwender automatisch Parameter vorgeschlagen werden, die sich am vorteilhaften Rand des zulässigen Wertebereichs befinden.