• Keine Ergebnisse gefunden

In diesem Abschnitt werden die relevanten Begriffe für die Handhabung flüs-siger Produkte definiert. Es wird erläutert, welche Effekte während des Befül-lungsprozesses auf die Flüssigkeit wirken. Einen Überblick über Dosier- und Abfüllverfahren für allgemeine technische Anwendungen geben VETTER(2002) und DRECHSEL& VETTER(2008). Auf Abfüllprozesse der Getränkeindustrie gehen beispielsweise BLÜML& FISCHER(2009) ein.

2.3.1 Begriffsdefinitionen

Füllen ist in der Norm DIN 8593-2 als Fügeprozess klassifiziert und unter Ord-nungsnummer 4.2 definiert als „Sammelbenennung für das Einbringen von (...) Stoffen (...) in hohle oder poröse Körper“. Präzisierend wird der Begriff Einfüllen unter Ordnungsnummer 4.2.1 als das „Einbringen von gas- bzw. dampfförmi-gem, flüssigem oder festem Stoff in hohle Körper“ definiert. Der Begriff Tränken ist unter Ordnungsnummer 4.2.2 als das „Ausfüllen eines porenhaltigen oder eines aus faserigem Stoff bestehenden Körpers mit einem flüssigen Stoff“ de-finiert (DIN 8593-2). Die Elektrolytbefüllung ist also gekennzeichnet durch Einfüllen und simultan stattfindendes Tränken.

Nach VETTER(2002, S. 2 ff.) fasst der Begriff „Dosieren“ die Abgrenzung der zu dosierenden Komponente aus einem Vorrat, das Fördern des Dosierguts und das Regeln (bzw. das Einstellen) des Sollwertes anhand einer externen Messgröße zusammen. Dieses Begriffsverständnis wird dem weiteren Verlauf der Arbeit zugrunde gelegt.

2.3.2 Beeinflussung der Flüssigkeit durch die Verarbeitung

In Unterabschnitt 2.2.3 wurde gezeigt, dass die Tränkung des Zellstapels maß-geblich von der Viskosität und der Oberflächenspannung der Elektrolytflüs-sigkeit beeinflusst wird. Neben dem Mengenverhältnis von offenkettigen zu zyklischen Carbonaten ist die Viskositätηder Elektrolytflüssigkeit von ihrer TemperaturTabhängig, was von der Andrade-Arrhenius-Beziehung

η(T) =C·eR·TEA (2.13) mit der molaren AktivierungsenergieEA, einer MaterialkonstanteCund der universellen GaskonstanteRbeschrieben wird (SCHENK ET AL. 2014, S. 106).

Mit zunehmender Temperatur nimmt die Viskosität ab, wodurch die Kriechei-genschaften des Elektrolyten positiv beeinflusst werden. Da der Elektrolyt im Befüllungsprozess unterschiedlichen Kammerdrücken ausgesetzt sein kann, ist die Druckabhängigkeit der Viskosität zu betrachten. Steigt der Druckpauf eine Flüssigkeit an, erhöht sich ihre ursprüngliche Viskositätη0auf

η(p) =η0·eα·p (2.14)

mit dem materialabhängigen Druckkoeffizientenα. Die Druckabhängigkeit der Viskosität von Elektrolyten für LIZ wurde noch nicht untersucht. Zykli-sche und ringförmige Kohlenwasserstoffe mit Einfachbindungen (Alkane und Zykol-Alkane) weisen Druckkoeffizienten zwischen 0,0017 und 0,00351/barauf, weshalb die Viskosität erst bei hohen Drücken signifikant ansteigt (WATTER

2015, S. 13 f.). Die Elektrolytflüssigkeit wird zumeist im Unterdruck abgefüllt.

Zudem können in LIZ nicht zuletzt wegen des Berstventils im Gehäusedeckel von Hardcasezellen oder der mechanisch instabilen Folienverpackungen keine Drücke auftreten, die oberhalb von etwa 10 bar liegen (KRITZER& NAHRWOLD

2013, S. 124 f.). Die Druckabhängigkeit der Viskosität wird daher im Folgenden vernachlässigt. Neben der Viskositätηändert sich auch die Oberflächenspan-nungσLGdes Elektrolyten, wenn die Elektrolyttemperatur variiert wird. Diesen Zusammenhang beschreibt die Eötvös-Gleichung

σLG·VM2/3=KE·(Tk−T) (2.15)

mit dem molaren VolumenVM, der kritischen TemperaturTkund der Eötvös-KonstanteKE(SCHENK ET AL. 2014, S. 92). Mit sinkender Temperatur steigt die Oberflächenspannung des Elektrolyten, wodurch sich seine Benetzungseigen-schaften verschlechtern.

2.3.3 Phasenumwandlungen

Bei der Befüllung wird die Flüssigkeit einer Umgebung aus Intertgas oder Umgebungsluft ausgesetzt. Es liegt also ein Mehrstoffsystem vor. In einem Mehrstoffsystem ist die Flüssigkeit bestrebt, das Gasvolumen durch Verduns-tung mit ihrem Dampf zu sättigen, bis der Sättigungsdampfdruck erreicht ist.

In isobaren Systemen erhöht Wärmezufuhr die Verdunstungsgeschwindigkeit.

Wird die Flüssigkeit über ihre Siedetemperatur erhitzt, startet im gesamten Flüssigkeitsvolumen der Verdampfungsprozess. Die SiedetemperaturTs(p) eines Stoffes steigt mit wachsendem Druck an, während der dazugehörige Sättigungsdampfdruckps(T)mit steigender Temperatur sinkt (BAEHR& KA

-BELAC2012, S. 181 ff.). Ist für den Phasenübergang die Grenzfläche zwischen flüssiger und dampfförmiger Phase nicht ausreichend, bilden sich im Inneren des Flüssigkeitsvolumens Dampfblasen, die den Phasenübergang durch weite-re Phasengweite-renzflächen unterstützen. DÖRING ET AL. (2012, S. 113) bezeichnet das Sieden einer Flüssigkeit auch als „Blasenverdampfung“. Da der Verduns-tungsprozess an der Flüssigkeitsoberfläche diffusionsgesteuert ist, läuft er im Vergleich zum Sieden langsam ab. Kondensation ist die Umkehrung des Sie-dens; Tauen die Umkehrung des Verdunstens. Bei der Kondensation und beim Tauen erhöht sich ab dem Eintritt in das Nassdampfgebiet der Flüssigkeitsanteil unter Bildung von Flüssigkeitströpfchen (DÖRING ET AL. 2012, S. 114).

Die Bildung von Gasblasen während des Siedens ist eine thermodynamische Form der Blasenbildung. Ein weiterer Mechanismus der Blasenbildung beruht auf der Abnahme der Gaslöslichkeit in der Flüssigkeit. Elektrolytflüssigkei-ten werden typischerweise unter Inertgasatmosphäre produziert und gelagert (BASF 2015). Die umgebenden Gase werden dabei in der Flüssigkeit gelöst.

Die Absorption von Gasen in einer ideal verdünnten Lösung wird durch das Henrysche Löslichkeitsgesetz beschrieben:

yi·p=xi·Hi,LMxp (T,pi) (2.16) Das Produkt aus Molenbruchyides Gasesiim Gasgemisch oberhalb der Flüs-sigkeit und dem Druck pist der Partialdruck des Gases. Dieser Ausdruck entspricht im Gleichgewichtszustand dem Produkt aus dem Stoffmengenanteil xides Gasesiin der Flüssigkeit und dem Henry-KoeffizientenHi,LMxp (T,pi), der die Löslichkeit des Gasesiin einem LösungsmittelLMbeschreibt. Der Henry-Koeffizient hängt von den betrachteten Stoffen, der TemperaturTund dem Partialdruckpides betrachteten Gases in der Umgebung des Lösungsmittels ab. Durch Druckerhöhung kann die Flüssigkeit bei konstanter Temperatur mit mehr Gasmolekülen gesättigt werden. Durch Temperaturerhöhung bei konstan-tem Druck nimmt die Löslichkeit dagegen ab. (LUCKAS& KRISSMANN2013, S. 28 ff.)

Sinkt während der Evakuierung des Zellinnenraums der Partialdruckpieines im Elektrolyten gelösten Gases in der Umgebung, nimmt auch die Löslichkeit der Gasmoleküle innerhalb der Flüssigkeit ab und es bilden sich Blasen.

2.3.4 Blasen in Flüssigkeiten

In Kapitel 5 wird gezeigt, dass während der Elektrolytbefüllung Gasblasen im Zellkörper entstehen. Die Grundlagen zu den dort beobachteten Effekten werden im Folgenden erläutert.

Blasen steigen in Flüssigkeiten durch den Unterschied zwischen den Dichten der FlüssigkeitρLund des GasesρGauf. Der Dichteunterschied bewirkt die Auftriebskraft

FA=4·rB3·π·

3 (ρLρG)g (2.17)

mit dem BlasenradiusrB. Der Auftriebskraft wirkt durch die Viskositätηder Flüssigkeit nach dem Stokes’schen Gesetz eine Widerstandskraft

FW=6·π·rB·η·wB (2.18)

entgegen. Die stationäre Aufstiegsgeschwindigkeit einer Blase in einer ruhen-den FlüssigkeitwBkann mit

wB=2·rB2·g

9η (ρLρG) (2.19)

für kugelförmige, kleine Blasen und BlasenreynoldszahlenRe<1 nach Glei-chung 2.20 angenähert werden.

Re=2·ρG·wB·rB

η (2.20)

Für weitere Informationen zu Zweiphasenströmungen und Modelle mit an-deren Gültigkeitsbereichen wird auf GAUDLITZ(2008) und BRAUER (1971) verwiesen.

Neben ihrer Tendenz, zur Oberfläche aufzusteigen, zeichnen sich Blasen da-durch aus, dass sie sich da-durch Koaleszenz oder Disproportionierung in der Flüssigkeit zusammenschließen. DieKoaleszenzbeschreibt das Verschmelzen von zwei oder mehreren Blasen zu einer Einheit, deren Gesamtoberfläche klei-ner ist als die Summe der einzelnen Blasenoberflächen (DROGARIS1983). Die Koaleszenz beruht auf der Ausdünnung einer Flüssigkeitslamelle zwischen zwei Gasblasen und wird in drei Phasen unterteilt (SCHRAMM2014, S. 18):

1. Unter dem Einfluss von äußeren Kräften bewegen sich zwei Blasen auf-einander zu und bilden zwischen ihnen eine dünne Flüssigkeitslamelle aus, welche den direkten Kontakt der beiden Gasblasen verhindert.

2. Gravitations- und Kapillarkräfte lassen die Flüssigkeit aus der Lamelle abfließen und die Lamelle ausdünnen.

3. Bei Unterschreitung einer kritischen Lamellendicke reißt der Flüssigkeits-film und die beiden Gasblasen verschmelzen.

Nach LEE& FAN (2002, S. 165) wird die Geschwindigkeit der Koaleszenz vornehmlich durch die zweite Phase bestimmt und kann mit der Abflussrate

ds/dtaus einer Flüssigkeitslamelle der Dickesnach ds

dt =8·π·F·s3 2·Ak2·η

(2.21)

mit der auf die Lamelle wirkenden KraftFund der KontaktflächeAk approxi-miert werden. Die Lamelle bildet sich über die Kontaktfläche mit vereinfachend als homogen angenommener Dicke aus, siehe Abbildung 2.8.

Abbildung 2.8: Flüssigkeitslamelle der Dicke s über die Kontaktfläche Akzweier Gas-blasen in einem flüssigen Medium nachKRALCHEVSKY ET AL.(2009) DieDisproportionierungbeschreibt das durch Diffusion hervorgerufene An-wachsen einer Blase. Der Innendruck einer Blase ist größer als der Druck der Umgebung. Die Druckdifferenz zwischen Innendruck und Umgebung∆p be-rechnet sich nach der Laplace-Gleichung:

∆p= 4·σLG

2·rB (2.22)

In kleinen Blasen ist der Druck demzufolge höher als in größeren Blasen. Da die Löslichkeit von Gas in Flüssigkeit nach Gleichung 2.16 druckabhängig ist, besteht zwischen großen und kleinen Blasen ein Konzentrationsgradient, der die Diffusion von Gasmolekülen initiiert. Infolgedessen wächst das Volumen der großen Blase auf Kosten der kleinen Blase an. (FISCHER2001)