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ANDERE AUSGEWÄHLTE TEILQUALIFIZIERUNGEN IM BEREICH ZIVILER SICHERHEIT

Unterrichtungsverfahren und Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe Unternehmer und Angestellte im

Bewachungsge-werbe müssen in Deutschland die Berufszugangs-regelung nach § 34a Gewerbeordnung erfüllen um „gewerbsmäßig Leben und Eigentum fremder Personen“ bewachen zu dürfen. Für selbststän-dige Unternehmer ist eine Unterrichtung in Höhe von 80 Unterrichtseinheiten, für Angestellte 40 Unterrichtungsstunden vorgeschrieben. Eine Sachkundeprüfung muss abgelegt werden, wenn man in den folgenden Aufgabenbereichen tätig werden will:

• „Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr,

• Schutz vor Ladendieben,

• Bewachungen im Einlassbereich von gastge-werblichen Diskotheken.“55

Sowohl die Unterrichtung als auch die Sachkun-deprüfung gelten nur für die gewerbliche Bewa-chung von fremdem Leben und Eigentum. Beide Verfahren werden durch die örtliche IHK durch-geführt und sind die Mindestanforderung für die meisten einfachen Tätigkeiten im Sicherheits- und Bewachungsgewerbe, sodass insbesonde-re die Sachkundeprüfung mit Abstand die weit verbreiteteste Qualifizierung in der Branche ist.56 Allein in Berlin haben 1649 Personen an der Sach-kundeprüfung im Jahr 2014 teilgenommen, am Unterrichtungsverfahren mit 722 Teilnehmern etwas weniger als halb so viel.57 Während Bran-chenverbände wie der BDSW den Gewerbezugang deutlich verschärfen bzw. die Aufsicht über Sicher-heitsunternehmen den Innenbehörden unterstel-len möchten, werden die bestehenden Regelungen von Bundeswirtschaftsministerium und den Indus-trie- und Handelskammern unterstützt.58

Fachkräfte in Notruf- und Serviceleitstellen In Deutschland werden Fachkräfte für sogenann-te Notruf- und Service-Leitssogenann-tellen (NSL) und In-terventionsstellen (IS) von Sicherheitsdienstlei-stern durch die VdS Schadenverhütung GmbH

geprüft.59 In diversen VdS-Richtlinien sind ein-heitliche Prüfkriterien für die Aufgabenbereiche einer Leitenden Notruf- und Fachkraft, einer Notruf- und Service-Leitstellen-Fachkraft, der verantwortlichen Person einer In-terventionsstelle sowie einer Interventionskraft im Alarm- und Interventionsdienst definiert.60 Im NSL-Bereich werden die Prüfungen von VdS selbst durchgeführt; die Abschlüsse zum Mei-ster und zur Service-/Fachkraft für Schutz und Sicherheit werden dabei als gleichwertig zur NSL-Fachkraft angesehen. Für Interventionskräfte ist die erfolgreiche Teilnahme an einer mindestens 24-stündigen Schulungsmaßnahme mit anschlie-ßender Wissensfeststellung durch von VdS be-nannte zuständige Stellen ausreichend. Die Qua-lifizierungen für die NSL schließen die Tätigkeit als Interventionskraft mit ein. Zwischen 2003 und 2012 wurden rund 1700 NSL-Fachkräfte von VdS geprüft, wobei die Zahl der geschulten Inter-ventionskräfte deutlich höher anzusiedeln ist.61

Hafen- und Schiffsicherheit

In der maritimen Sicherheit ist für den Bereich Hafen- und Schiffsicherheit der International Ship and Port Facility Security Code (ISPS Code) seit 2004 maßgeblich, dessen Regelungen in Deutschland durch die für die Häfen zuständigen Bundesländer landesrechtlich umgesetzt wurden.

Für die Gefahrenabwehr auf einer Hafenanlage, in der Schiffe ab 500 BRZ (Bruttoraumzahl) sowie Passagierschiffe in der internationalen Fahrt fest-machen können, ist gemäß ISPS-Code ein spezi-ell geschulter Port Facility Security Officer (PFSO) vom Hafenunternehmen zu qualifizieren und zu benennen. Der PFSO ist für die Erstellung und Umsetzung eines mehrstufigen Gefahrenabwehr-plans zuständig, der von der zuständigen Behör-de Behör-des BunBehör-deslanBehör-des zu genehmigen ist. Er ist verantwortlich für die Umsetzung aller relevanten Sicherheitsmaßnahmen, für die Einweisung und Schulung des Personals in der Hafenanlage und die Koordinierung mit den Sicherheitsverantwort-lichen der einlaufenden Schiffe sowie den

Be-Below . Berufliche Aus- und Weiterbildung in der zivilen Sicherheit 39 hörden. In großen Hafenanlagen sind teilweise

mehr als zehn Beauftragte für Gefahrenabwehr beschäftigt, um eine Erreichbarkeit rund um die Uhr zu gewährleisten.62

Auf jedem vom ISPS-Code erfassten deutsch beflaggten Schiff ist außerdem ein Ship Security Officer (SSO) zur Gefahrenabwehr einzusetzen;

jedes Schifffahrtsunternehmen muss seiner-seits einen geschulten Company Security Officer (CSO) für die Gefahrenabwehr benennen. Wäh-rend die mehrtätigen Lehrgänge zum SSO und CSO nur an von der Dienststelle Schiffssicher-heit der Berufsgenossenschaft Verkehr bzw. vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zugelassenen Ausbildungsstätten durchgeführt werden dürfen, werden Schulungen für den PFSO von der zuständigen Länderbehörde individuell geprüft und zugelassen. Der Qualifizierungsbe-darf für PFSOs ist seit 2004/2005 dabei weitest-gehend gedeckt.

Der Einsatz von privaten bewaffneten Sicherheits-diensten auf Seeschiffen unter deutscher Flagge speziell zur Abwehr von Piratenangriffen unterlie-gt seit Dezember 2013 einer gesetzlich geregelten Zulassungspflicht gemäß § 31 Gewerbeordnung.

Die Zulassung von Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen erfolgt durch das Bundesamt für Wirt-schaft und Ausfuhrkontrolle im Benehmen mit der Bundespolizei. Die Verantwortlichkeit für die an-gemessene Auswahl sowie Aus- und Fortbildung des eingesetzten Wachpersonals liegt dabei bei dem Unternehmen selbst (und keiner dafür zu-ständigen Stelle, zum Beispiel einer IHK).63 Die zu unterrichtende Rechts- und Sachkunde ist in der Seeschiffbewachungsverordnung detailliert festgelegt und umfasst die Grundzüge des Rechts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie die relevanten Vorschriften des Gewerberechts, des Bürgerlichen Gesetzbuchs, des Straf- und Ver-fahrensrechts, der Unfallverhütung und der ma-ritimen Gesetze bei einer empfohlenen Mindest-unterrichtungsdauer von 139 Zeitstunden. Nach § 31 GewO sind elf Bewachungsunternehmen zuge-lassen (Stand Mai 2015).64

Passagier- und Gepäckkontrollen an deutschen Flughäfen werden überwiegend von Beschäf-tigten privater Sicherheitsdienstleister im Auf-trag der Bundespolizei vorgenommen. Gesetz-liche Grundlagen hierfür sind insbesondere die europäische Verordnung (EU) 185/2010, das Luftsicherheitsgesetz und die Luftsicherheits-Schulungsverordnung. Die Anforderungen an Aus- und Fortbildung des eingesetzten Personals sind in Kapitel 11.2.1.3. der EU-Verordnung nach Aufgabenbereichen geregelt. Die Kontrolle von Personen, Handgepäck, mitgeführten Gegenstän-den und aufgegebenem Gepäck wird dabei von Luftsicherheitsassistenten durchgeführt. Weiter-hin werden Luftsicherheitskontrollkräfte für die einzelnen Bereiche der Personal- und Warenkon-trolle, Fahrzeugkontrolle sowie Fracht- und Post-kontrolle eingesetzt.

Die Schulung der verschiedenen Personalgrup-pen darf nur durch behördlich zertifizierte Aus-bilder vorgenommen werden, die hierfür auf Inhalte aus einem vorgeschriebenen modularen Schulungssystem zurückgreifen. Schulungs- und Prüfungsinhalte sind Waffen- und Sprengstoff-kunde, Röntgentechnik und -bildanalyse, Strah-lenschutz, Personenkontrollen, Kommunikations- und Deeskalationstraining sowie Rechtskunde und Englisch. Für die einzelnen Aufgabenbereiche sind ebenfalls Mindestschulungszeiten vorgege-ben, sodass ein Vorbereitungslehrgang bis zu mehrere Wochen dauern kann. Die Prüfung wird stets von der zuständigen Luftsicherheitsbehör-de abgenommen, die innerhalb ihrer Dienst- und Fachaufsicht auch Stichproben in der Ausbildung vornehmen kann.65

An deutschen Flughäfen sind 17 Unternehmen tätig, die mit insgesamt 8976 Luftsicherheits-assistenten operative Passagier- und Gepäck-kontrollen durchführen (Stand Januar 2015).66 Inspektionen der EU haben zuletzt erhebliche Mängel bei den Luftsicherheitskontrollen an ei-nigen deutschen Flughäfen aufgedeckt. In der Folge hat die Kommission Deutschland vor dem Gerichtshof der EU verklagt, weil Deutschland an Luftsicherheit

einigen Flughäfen nicht alle Maßnahmen der Luft-sicherheit gemäß europäischem Recht regelmä-ßig überprüft hat.67

IT-Sicherheit und Sicherheitstechnik

Im IT-Bereich existieren praktisch keine öf-fentlich-rechtlich geregelten Aus- und Weiter-bildungsberufe für auf Sicherheit spezialisierte Fachkräfte. Sicherheit wird als Querschnittsthe-ma in vielen Bereichen der InforQuerschnittsthe-mationstechnik verstanden und entsprechend in der Ausbildung vermittelt. So gibt es in den anerkannten Ausbil-dungsberufen im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik keine eigenständige Fachrichtung und auch kein Profil zum Thema Sicherheit.68 Im Bereich der Weiterbildung wur-de von Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Fach-verbänden sowie der Fraunhofer-Gesellschaft ein mehrstufiges bundeseinheitliches IT-Weiter-bildungssystem entwickelt, das Fachkräfte nach ihrer Qualifikationsebene in Spezialisten (fach-liche Weiterqualifizierung mit Zertifikat ohne IHK-Abschluss) und strategische sowie operative Professionals (IHK-Abschlüsse auf Bachelor-Ni-veau) unterteilt. Auf Ebene der Spezialisten sind darin Zertifizierungen als Sicherheitstechniker/

in und IT-Sicherheitskoordinator/in vorgesehen.

Das 2002 eingeführte und 2010 überarbeitete Qualifizierungsmodell wurde am Markt jedoch nur wenig angenommen und ist auf Ebene der Spezialisten heute praktisch irrelevant.69 Abseits der wachsenden Zahl an spezialisierten Studien-gängen existiert eine Vielzahl an Industriezertifi-katen auf nationaler und internationaler Ebene, darunter auch diverse Sicherheitszertifikate.70 Ein technologieneutrales Ausbildungsprofil mit dem Schwerpunkt IT-Sicherheit als öffentlich ge-regelter Aus- oder Weiterbildungsabschluss ist

Experten zufolge auch wenig sinnvoll und wird auf absehbare Zeit nicht existieren.

Ähnlich wie im IT-Bereich sind auch in den Elek-tro- und Metallhandwerken sicherheitstechnische Inhalte in verschiedene Aus- und Weiterbildungs-berufe integriert. Ein erster Versuch, elektrische und mechanische Elemente der Objektsiche-rung in einem Weiterbildungsberuf zu vereinen, war die bundeseinheitliche Fortbildung zum/zur

„Geprüfte/n Schließ- und Sicherungstechniker/

in“, die 2006 eingeführt und von der Handwerks-kammer Erfurt maßgeblich mitentwickelt worden war. Ziel war es, Fachkräften neben sicherheits-technischen Kenntnissen im Metall- und Elektro-handwerk auch Fähigkeiten in der Projektplanung und -leitung zu vermitteln. Der Handwerkskam-mer Erfurt zufolge wurde der Abschluss am Markt jedoch nicht angenommen und ist in der Praxis heute irrelevant.

Im Zuge der Digitalisierung wachsen dabei die Schnittmengen mit der Informationstechnik. Zu-letzt hat der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) die Schaffung eines Ausbildungsberufs „Sicherheitstechniker“ gefor-dert, um insbesondere den Qualifizierungsbedarf für Fachplaner und Facherrichter der Sicherheits-technik besser decken zu können. Hintergrund sind die wachsende digitale Vernetzung und damit einhergehende Verschmelzung von Elek-tromechanik und Informationstechnik, die dem Verband zufolge in den bestehenden Ausbil-dungsberufen in der Elektrotechnik nur unzurei-chend abgebildet werden. Die Entwicklung des neuen Berufsbilds, das auf der Ausbildung zum Elektroniker für Gebäude und Infrastruktursy-steme aufbauen soll, wird seit Sommer 2014 von einem Arbeitskreis vorangetrieben.71

Below . Berufliche Aus- und Weiterbildung in der zivilen Sicherheit 41