• Keine Ergebnisse gefunden

Bedeutung eines konstanten Prozesses

Für den kontinuierlichen Papiererzeugungsprozess ist die Konstanz der Rohstof-fe und der Produktionsbedingungen eine wichtige Voraussetzung, um Prozess-störungen zu vermeiden und hohe Produktionsgeschwindigkeiten zu ermögli-chen. Auch lässt sich nur bei stabilen Produktionsbedingungen der Ressourcen-einsatz genau auf ein kostenoptimales Minimalniveau einstellen. Störeinflüsse und Schwankungen sollten daher erfasst und vermieden oder ausgeglichen wer-den.

Schwankungen durch

Ausschuss

Bei Produktionen mit sonst weitgehend konstanter Rohstoffqualität, also insbe-sondere beim Einsatz von Zellstoff, ist ein vorrangiger Auslöser für Prozess-schwankungen der Ausschusseinsatz. Ausschuss fällt aus verschiedenen Grün-den an verschieGrün-denen Prozessschritten und in wechselnder Menge und Qualität an. Folglich ist auch der Wiedereinsatz typischerweise ungleichmäßig.

Oberflächen-ladung Zu einer zentralen Eigenschaft von Stoffsuspensionen liegen bislang keine aus-reichenden Erkenntnisse vor: der Faserstoff-Oberflächenladung. Diese spielt ge-rade für die Schwankungen durch den Ausschusseinsatz eine wichtige Rolle. Sie ist Maß der Reaktionsfähigkeit des Faserstoffes.

Mit den Arbeiten von Erhard und Frohberg [1] stellte die PTS erstmals den Nut-zen des Parameters Oberflächenladung zur anwendungsorientierten, quantitati-ven Charakterisierung von Faserstoff-Additiv-Wechselwirkungen unter Beweis.

Die Aussagekraft des Parameters wurde auf die Bewertung der Effizienz von Nassfestmitteln unter Praxisbedingungen ausgeweitet [2, 3].

Das vorliegende Forschungsvorhaben setzte sich nun zur Aufgabe, durch konti-nuierliche Messung der Faserstoff-Oberflächenladung eine dynamische Analyse, Bewertung und Optimierung des Ausschusseinsatzes zu eröffnen.

1.2 Ausschussanfall und Dynamik der Ausschussrückführung

Ausschussanfall Ausschuss der Papierproduktion kann zum einen an der Papiermaschine ent-stehen, zum anderen in der Weiterverarbeitung. Nassausschuss bezeichnet eine noch feuchte Papierbahn aus der Sieb- oder Pressenpartie, die ausgesondert wird. Trockenausschuss entsteht in der Trockenpartie und in nachgelagerten Streich- und Ausrüstungsanlagen aus Schneideabfall, Fehlproduktionen oder sonstigen nicht verkaufbaren Produktionschargen.

Wiedereinsatz, Ausschussaufbe-reitung

Um Faserverluste zu vermeiden, werden Nass- und Trockenausschuss in aller Regel wieder eingesetzt. Die Ausschussaufbereitung umfasst die Verfahrenstu-fen Ausschusssammlung, Suspendierung in Pulpern, Entstippung, Dispergie-rung, Reinigung, gegebenenfalls Eindickung und Stapelung.

Nassauschuss, ungestrichener Trockenausschuss, gestrichener Ausschuss und nassfester Ausschuss unterscheiden sich im Aufbereitungsaufwand und werden üblicherweise separat aufbereitet und rückgeführt.

Dynamik durch

Abrisse Bei Bahnabrissen entstehen schlagartig große Ausschussmengen im Ausmaß des gesamten Produktionsmassenstroms. Dies stellt hohe Anforderungen an die Auflöse- und Rückführtechnik [4]. Da nur eine begrenzte Zwischenstapelung des Abrissstoffes möglich ist und dieser sich vom primären Stoffeintrag unterschei-det, ändern sich nach Abrissen zwangsläufig die Eigenschaften des Fertigstoffs.

Dies erhöht wiederum das Risiko weiterer Abrisse. Wege, um ein Optimum zwi-schen unerwünschten Fertigstoffschwankungen und der notwendigen Aus-schussabarbeitung zu finden, wurden von verschiedenen Seiten vorgeschlagen [5-8].

Dynamik des Trockenaus-schusses

Nicht nur im Abrissfall zeichnet sich die Ausschussrückführung durch starke Schwankungen aus. Auch Trockenausschuss aus nachgelagerten Produktions-schritten fällt diskontinuierlich an. Gleichzeitig entspricht dessen Grundrezeptur nicht unbedingt der aktuellen Produktion an der Papiermaschine. Verschiedene Trockenausschussqualitäten fallen in den Betrieben zwar erst einmal separat an.

Die tatsächliche Zusammensetzung des Ausschussstoffes kann in der Praxis aber nicht mit vertretbarem Aufwand aus den rückgeführten Qualitäten und Mengen bestimmt werden. Gerade bei Betrieben mit stark wechselnden Sorten können so erhebliche Schwankungen der Fertigstoffqualität entstehen, die nicht vorhersehbar und nur zum Teil messbar sind.

Stoffdichte-Schwankungen Ausschusspulper und damit Ausschussstränge arbeiten typischerweise bei einer geringeren Stoffdichte als die primäre Stoffaufbereitung. Folglich kann schwan-kender Ausschusseinsatz Stoffdichteschwankungen im Konstantteil hervorrufen.

Vermieden werden kann dies nach Stand der Technik durch einen Ausschuss-eindicker [4].

Störstoffe Strichbestandteile wie Binder und Dispergiermittel bilden bei der Resuspendie-rung von gestrichenem Ausschuss geladene und ungeladene Störstoffe, die die Wirkung der im Wet End eingesetzten Additive mindern [9–11]. Zur Inaktivierung dieser Störstoffe werden nach Stand der Technik kurzkettige Polyelektrolyte oder anorganische Flockungsmittel als Fixiermittel zugegeben, bevorzugt direkt im Ausschussstrang.

Anionische kolloidale Störstoffe lassen sich durch Titration eines Faserstofffiltrats mit Strömungsstrom-Endpunktbestimmung bestimmen. Die Messgröße wird als kolloidale Ladung, Partikelladung, Ladungsbedarf, kationischer Bedarf oder PCD bezeichnet. Die Messung ist als Labormethode in der Papierindustrie etabliert [12]. Ladungsschwankungen aus dem Ausschuss können durch eine Regelung der Fixiermitteldosierung ausgeglichen werden. Diese bedarf einer Online-Messung des kationischen Bedarfs [13, 14].

Aussage der Störstoff-messung

Kolloidale Störstoffe konkurrieren mit den Faserkomponenten als Bindungspart-ner für Additive. Die Messung der kolloidalen Ladung in Filtraten der Stoffsus-pension liefert daher wichtige Aussagen zu wirkungsmindernden Nebenreaktio-nen der Additive. Sie erlaubt jedoch keine Aussagen zu den erwünschten Haupt-reaktionen zwischen Additiven und Faserkomponenten. Hierzu müssen die La-dungseigenschaften der Faserkomponenten selbst betrachtet werden.

Faser-eigenschaften Denn auch in den Ladungseigenschaften unterscheiden sich die Faserkompo-nenten des Ausschusses vom primären Stoff. Additive konnten die Faserbin-dungsstellen belegen, die Fasern sind zudem durch Trocknung, Weiterverarbei-tung und das Wiederaufschlagen beeinträchtigt. Diese Effekte sind uneinheitlich und führen zu Schwankungen.

Im Falle von nassfestem Ausschuss kommt eine weitere Störgröße hinzu, die chemische Ausschussaufbereitung. Ausschuss, der aufgrund von Epich-lorhydrinharz-Einsatz nassfest ist, muss unter Einsatz von Aufschlusschemika-lien wie Hypochlorit, Natronlauge und Persulfat bei erhöhten Temperaturen re-suspendiert werden. Dabei werden auch die Fasereigenschaften verändert. Ins-besondere können sich durch Oxidation zusätzliche Carboxylgruppen bilden [15].

1.3 Faserstoffladung

Bedeutung der

Faserladung Die Faserladung bestimmt in hohem Maße die Reaktionsfähigkeit gegenüber den elektrostatisch bindenden chemischen Additiven, und damit die Adsorption und Wirkung dieser Additive [16]. Sowohl die Adsorptionsgeschwindigkeit als auch die Beladung des Faserstoffs mit Additiv wird maßgeblich von der Faser-stoff-Oberflächenladung bestimmt [1, 17].

Der Ladungsbegriff wird uneinheitlich verwendet. Insbesondere ist zu differenzie-ren zwischen Faser-Gesamtladung, Oberflächenladung und Zetapotenzial. Die kolloidale Ladung (s. o.) charakterisiert den Stoff nach Filtration, nicht die Faser-komponenten.

Zetapotenzial Das Zetapotenzial ist ein Maß für den Ladungszustand der Feststoffe in einer Suspension. Für Papierstoffsuspensionen relevantes und für die Labormessung etabliertes Verfahren ist die Faserpfropfenmethode [18, 19].

Die Methode erlaubt eine schnelle und einfache Labormessung. Der Messwert ist ein wertvoller Indikator, als Potenzial jedoch nur ein qualitatives Maß der Oberflächenladung. Das von üblichen Messgeräten erfasste Strömungspotenzial gibt nur angenähert das physikalisch definierte Zetapotenzial wieder. Der Wert ist stark von den Randbedingungen wie Stoffdichte, Leitfähigkeit, Faserdichte im Pfropfen und Elektrodenabstand abhängig [20, 19].

Bedingt durch das Messprinzip ist ein Rückschluss vom Potenzial auf den Gehalt an Oberflächen-verfügbaren Ladungsstellen der Faserkomponenten nicht mög-lich.

Bisherige Untersuchungen zur Verfolgung der Faserstoffreaktivität im Produkti-onsprozess verwendeten das Zetapotenzial als Messgröße [21-23].

Gesamtladung und Oberflächen-ladung

Unter der Gesamtladung wird der Gehalt an anionischen Gruppen des Faser-stoffes verstanden, also an Sulfonsäure- und Carboxylgruppen. Die Gesamtla-dung wird z. B. nach Katz [24] bestimmt und in µmol/g angegeben. Sie schließt die in den Faserporen vorhandenen anionischen Gruppen ein.

Für die meisten elektrostatischen Wechselwirkungen weitaus relevanter ist je-doch die Oberflächenladung. Diese gibt den Gehalt an anionischen Ladungsstel-len wieder, der für hochmolekulare Polyelektrolyte zugänglich ist. Nicht zugängli-che Ladungsstellen sitzen in den Poren der Faserstruktur. Die Oberfläzugängli-chen- Oberflächen-ladung bestimmt das Reaktionsvermögen des Faserstoffs und damit das Faser-stoffpotenzial für eine Reihe von papiertechnologisch wichtigen Aspekten (nach [16]):

Oberflächenladung Gesamtladung

Festigkeit ++ +

Retention +/- 0 Leimung ++ 0

Nassfestigkeit ++ 0

Initiale Nassfestigkeit ++ 0

Neuere Untersuchungen zeigen, dass die vorrangigen Ladungsträger der Cellu-lose, die Carboxylgruppen, zugleich reaktive Gruppen der kovalenten Anbindung von Poly-(Aminoamid)-Epichlorhydrin-Nassfestmitteln sind, die bei erhöhter Temperatur auftritt [25].

Analytik der Oberflächen-ladung

Die Oberflächenladung kann quantitativ über eine Polyelektrolyt-Rücktitration er-fasst werden. Die Methode wurde von Cardwell [26] eingeführt und später insbe-sondere von Wågberg und Ödberg zur Klärung von Faser-Additiv-Reaktions-mechanismen eingesetzt [27]. Da es sich um ein Adsorptionsphänomen handelt, sind zur exakten Beschreibung über mehrere Einzeltitrationen Adsorptionsiso-thermen aufzunehmen. Die Endpunktbestimmung erfolgt mit einem standardi-sierten kationischen Zugabepolymer geringer Polydispersität – üblicherweise Po-lydiallyldimethylammoniumchlorid (Poly-DADMAC) – mit konduktometrischer, photometrischer oder Strömungsstromdetektion [19]. Von Erhard und Frohberg wurde gezeigt, dass sich damit das Reaktionspotenzial gegenüber spezifischen Additiven über Kennzahlen charakterisieren lässt [1, 28].

Analytik in

Praxisstoffen Frühere Untersuchungen zur Oberflächenladung bezogen sich auf Modell-Fasersuspensionen und zielten auf das grundlegende Verständnis der elektro-statischen Faserwechselwirkungen [29, 30]. Die Aufnahme der Adsorptionsiso-thermen durch Polyelektrolyt-Rücktitration ist aufwändig.

An der PTS wurde die Labormethode auf Praxisstoffe angepasst und standardi-siert [31]. Die Oberflächenladung an Faserstoff-Mischungsknoten und bei Zuga-be von Nassfestmitteln in realen Prozessen konnte bilanziert werden [2, 3].

Als Messgenauigkeit wird eine Reproduzierbarkeit von 4 % (Variationskoeffi-zient) abgeschätzt. Die folgende Abbildung zeigt das Messprinzip.

Feinstoff Fasern

Online-Ausführungen der Zetapotenzial-Messung werden vereinzelt angeboten [32, 33], konnten sich jedoch nicht durchsetzen.

Die Methylenblau-Methode wurde als Online-Messverfahren vorgeschlagen [34].

Sie erfasst allerdings die Fasergesamtladung. Auch dieses Verfahren konnte sich nicht durchsetzen.

Eine Kombination aus Überströmfiltration zur Faserabtrennung mit kontinuierli-cher dynamiskontinuierli-cher (Rück-)Titration wurde vorgeschlagen [35-37]. Sie sieht in der publizierten Form eine Überschuss-Polymerzugabe im Filtrat vor und bestimmt damit die kolloidale Ladung. Der messtechnische Aufwand ist hoch.

Ein Onlineverfahren für die Oberflächenladung war bislang nicht verfügbar.

2 Forschungsziel

Ziel Ziel des Forschungsvorhabens war die Bewertung einer kontinuierlich im Pro-zess erfassten Messgröße Faserstoff-Oberflächenladung zur dynamischen Ana-lyse, Bewertung und Optimierung des Ausschusseinsatzes. Neue Potenziale zur Stabilisierung des Herstellungsprozesses sollten offen gelegt werden.

3 Anpassung des Bestimmungsverfahrens auf die Online-Messung

Vorgehen Das Referenzverfahren zur Bestimmung der Oberflächenladung [31] wurde auf die Anforderungen einer betrieblichen Online-Messung angepasst. Zielkriterien waren Richtigkeit, Zeitbedarf einer Messung und Messkosten. Hierzu wurden Laboruntersuchungen durchgeführt.

Die Untersuchungen erfolgten an einem Frischfaser-Modellstoff (Langfaser-Sulfatzellstoff) und an holzfrei gestrichenem Ausschuss aus einer Produktions-anlage.

Adsorptions-polymer Die im Labormaßstab als Polyelektrolyte eingesetzten Poly-DADMAC-Feinche-mikalien sind in den Mengen, die im Online-Betrieb benötigt werden, nicht wirt-schaftlich einsetzbar. Als Alternativen wurden technische Handelsprodukte mit vergleichbarer Molmasse geprüft.

Mit einem Polyethylenimin und einem Polyvinylamin wurden deutlich höhere Oberflächenladungswerte als mit dem Referenz-Poly-DADMAC bestimmt. Auch zeigte sich eine Drift der Adsorption über die Zeit. Als Ursachen müssen ein stärkeres und langsam fortschreitendes Eindringen der Polymerketten in die Po-renstruktur der Faser angenommen werden, verbunden mit einer Konformation-sänderung. In der Bestimmungszeit von einer Stunde stellte sich das Adsorpti-onsgleichgewicht nicht ein.

Das technische Poly-DADMAC Catiofast CS (BASF) erwies sich dagegen als geeignet für die Bestimmung. Die hiermit ermittelten Werte lagen geringfügig über denen mit der Feinchemikalie gemessenen.

Störstoff-belastung Der in der Praxis relevante Einfluss von anionischen kolloidalen Störstoffen wur-de untersucht. Hierzu wurwur-den Mowur-delllösungen mit hohem PCD-Wert aus aufge-schlagenem Ausschuss unter Zusatz von Styrolacrylat und Polyvinylalkohol her-gestellt. Diese wurden als Suspensionsmedium der Bestimmungsmethode ver-wendet.

Mit steigender kationischer Belastung fiel die ermittelte Oberflächenladung im Betrag geringfügig ab, bei Ausschussstoff stärker als bei Frischfaserstoff.

Ladungsbedarf des Suspensionsmediums in µeq/l

Oberflächenladung in µeq/g

Frischfaserstoff Ausschussstoff

techn. Poly-DADMAC Labor-Poly-DADMAC

Auch wenn beim Online-Verfahren im ungünstigen Fall Störstoffe nur schlecht aus der Probe abgetrennt werden können und das zur Verfügung stehende Brauchwasser als Suspensionsmedium mit Störstoffen vorbelastet ist, können im Reaktionsansatz kaum die hier betrachteten hohen kationischen Störstoffbelas-tungen auftreten. Insgesamt ist die Frage einer Beeinträchtigung der Bestim-mung durch Störstoffe daher zu vernachlässigen.

Stoffdichte Für die Online-Methode wurden Stoffdichten bis zu 30 g/L mit technischem Poly-DADMAC getestet. Mit steigender Stoffdichte zeigten sich Abweichungen von der Linearität in der Auswerteauftragung. Auch stieg die notwendige Adsorpti-onszeit bis zur Gleichgewichtseinstellung deutlich an.

-0

Oberflächenladung in µeq/g

Frischfaser, SD bis 6,7 g/L Frischfaser, SD bis 30 g/L Ausschuss, SD bis 6,7 g/L Ausschuss, SD bis 30 g/L

Dies kann durch den Zeitbedarf zur homogenen Einmischung begründet werden, wenn die Suspension eine stärkere Eigenflockung und eine höhere Viskosität aufweist. Stoffdichten unter 10 g/L wurden angestrebt, um die Reaktionszeit niedrig zu halten.

Adsorptionszeit Die Adsorptionszeit wurde stufenweise ausgehend von 60 min (Referenzverfah-ren) testweise abgesenkt. Eine Reaktionszeit von 10–20 min erwies sich beim Stoffdichtebereich der Labormethode von 1,6–6,7 g/L auch mit dem technischen Poly-DADMAC als ausreichend lang, um stabile Messungen zu erzielen.

-0 -10 -20 -30 -40 -50 -60

Oberflächenladung in µeq/g

Ausschuss Frischfaser Labor-Poly-DADMAC

-0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80

0 15 30 45 60

Adsorptionszeit in min

Oberflächenladung in µeq/g

Ausschuss Frischfaser techn. Poly-DADMAC

Proben-abtrennung Zur Probenabtrennung wurde die Filtration im Vergleich zur Zentrifugation be-trachtet. Ein Schopper-Riegler-Sieb wurde verwendet. Mit der Poly-DADMAC-Feinchemikalie zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Oberflächen-ladung. Wurde Catiofast CS als Adsorptionspolymer eingesetzt, lagen die Werte bei Probenvorbereitung durch Filtration geringfügig höher.

Ansatzvolumen Labortests mit einem erhöhten Ansatzvolumen von 3 L verliefen erfolgreich.

Messpunkte pro

Isotherme Für eine genaue Bestimmung der Adsorptionsisotherme ist eine hohe Zahl an Messpunkten vorteilhaft; dem steht eine durch den entsprechenden Zeitaufwand bedingte geringe Messfrequenz der Online-Anwendung gegenüber.

Als Kompromiss zwischen Messfrequenz und Genauigkeit wurden für die Onli-ne-Methode vorläufig neben einem Nullversuch (kein Adsorptionspolymer) zwei Dosierpunkte an Adsorptionspolymer pro Isothermenbestimmung festgelegt.

4 Messaufbau

Aufbauvarianten Varianten eines Messaufbaus wurden vergleichend bewertet:

Variante Vorteile Nachteile

Kontinuierliche Dosierung mit Schlaufenreaktor

• Kontinuierliches Verfah-ren

• Einfacher Aufbau und Ablaufsteuerung

• Hohes Volumen des Durch-flussreaktors notwendig

• Reproduzierbarkeit der Volu-mendosierungen kritisch

• Kompakter Aufbau

• Ausreichende Reaktionszeit nur bei sehr geringem Volu-menstrom

• Umbau der Filtrationseinheit

• Reproduzierbarkeit der Volu-mendosierungen kritisch Chargenbetrieb

des Reaktors • Nachstellen der Labor-methode

• Definierte Volumina und Verweilzeiten

• Volumendosierungen gut einstellbar

• Chargenverfahren, daher Aufbau und Steuerung auf-wändig

Ein Chargenbetrieb des Reaktors wurde im Fazit als am besten praktikabel er-achtet.

Anlagenaufbau Zur Umsetzung wurde ein 100 L-Reaktor gewählt, bei einer geplanten Befüllung von 20–30 L. Als Ventile dienten pneumatische Quetschventile. Weiter kamen zum Einsatz ein Probenehmer (MCS-1000), ein automatischer Titrator (PCT-20) und ein Filtratprobenehmer (TSS71; alle BTG Instruments). Der Aufbau wurde mit einem Stoffdichte-Sensor und einem Drucksensor für den Reaktorfüllstand bestückt.

Anlagen-steuerung Die Anlage wurde über Steuermodule mit zwischengeschalteten Schützen und A/D-Wandlermodule an einen Rechner angeschlossen. Als Steuer- und Auswer-tesoftware kam die Software Genie zum Einsatz.

Folgendes Schema zeigt die Ansteuerfolge für einen Messzyklus:

Filtrat anfordern Mit Probe spülen

Aus Probe Filtrat erzeugen Trübung des Filtrats messen Filtrat zu PCT 20 Probe an TSS71

Testbetrieb Im Betrieb der Anlage vor Ort wurde der Messaufbaus optimiert:

• Verkürzung der Messzyklusdauer: Die anfängliche Dauer eines Messzyklus war mit 90 min für Nullmessung und zwei Isothermenpunkte (1+2) zu lang im Verhältnis zu dem in etwa einstündigen Pulpertakt. Daher wurde der An-steuerablauf komprimiert. Nach Prüfung wurde zudem auf eine Ein-Punkt-Bestimmung umgestellt (1+1). Damit konnte eine Messperiode von ca. 25 min erzielt werden.

• Verbesserung der Reproduzierbarkeit: Reaktor- und Schlauchspülungen wurden vorgesehen, um Probenreste der Vormessung zu entfernen. Der Spülauslass wurde vor den Filtratprobenehmer (TSS-71) verlegt.

• Dosierung des Poly-DADMAC in den Reaktor anstatt in den Probenehmer.

• Durchmischung im Reaktor: Optimierung durch Änderung der Verrohrung, Erhöhung der Verdünnungswassermenge und zusätzliche Rührblätter.

Die Ansteuerung wurde in zahlreichen Punkten verbessert, u. a. durch bessere Synchronisation zwischen den Anlagenteilen und Anpassung der Titrationszeit an die Additivdosierung.

Anlagen-einstellungen im Testbetrieb

Folgende Anlageneinstellungen waren nach den Anpassungen festgelegt:

• Adsorptionspolymer technisches Poly-DADMAC (Catiofast CS, BASF)

• Suspensionsmedium Prozesswasser + Brauchwasser

• Adsorptionsansatz 5 L Probe, 40–50 L Verdünnungswasser, Additiv

• Stoffdichte im Ansatz 2,5–5,0 g/L

• Konzentration Polymerlösung 2 g/L

• Reaktionszeit 20 min

5 Testinstallation in einem Werk

Werk Eine Papiererzeugungsanlage zur Herstellung nassfester gestrichener Spezial-papiere aus Frischfaser wurde ausgewählt, in der in Menge und Qualität

schwankende Ausschusseinträge auftraten. Die Rezeptur bestand vorrangig aus Kurzfaser- und Langfaserzellstoff. Der Wiedereinsatz von gestrichenem und un-gestrichenem Ausschuss schwankte und machte im Mittel 30 % des Stoffdurch-satzes aus.

Vorrangig eingesetzte Additive waren ein Nassfestmittel vom Poly-(aminoamid)-Epichlorhydrin-Typ und ein Retentionsmittel.

Installation Der Messaufbau wurde im Trockenausschussstrang der Produktionsanlage nach dem Entstipper und vor der Stapelbütte installiert. Die Stoffdichte betrug hier ca.

3,5 %. Die Wasserversorgung erfolgte mit Brauchwasser des Werks.

Bild der Anlage Folgendes Bild zeigt die installierte Anlage im Werk. Links ist der Filtratprobe-nehmer zu erkennen, in der Mitte der zylindrische Reaktor, rechts der Steue-rungsrechner und der Schaltschrank.

Anlagenbetrieb Nach Optimierungen konnte die Messanlage über mehrere Stunden kontinuier-lich betrieben werden. Danach waren jeweils wieder Kontrollen und Eingriffe in die Synchronisation notwendig. Ein vollautomatischer Betrieb wurde vorgezeich-net, im Rahmen der Forschungsarbeiten jedoch nicht umgesetzt.

Methoden-validierung Die Ergebnisse des optimierten Messaufbaus wurden mit parallelen Labormes-sungen verglichen. Die Messwerte stimmten im Rahmen der Messgenauigkeit überein.

y = 1,02x R2 = 0,94

-0 -20 -40 -60 -80 -100

-0 -20 -40 -60 -80 -100

Oberflächenladung Labor in µeq/g

Oberflächenladung Online in µeq/g

6 Kontinuierliche Messung und dynamische Prozesscharakterisierung

Vorgehen Der Messaufbau wurde zur kontinuierlichen Messung der Oberflächenladung über einen Gesamtzeitraum von rund 2,5 Monaten eingesetzt.

Ergebnisse Folgende Abbildung gibt die online erfassten Messwerte wieder. Aufgrund der Optimierungsarbeiten waren Werte nicht über den gesamten Zeitraum verfügbar und auswertbar.

Oberflächenladung in µeq/g

Aus dem Kurvenverlauf z. B. bei Tag 67 oder Tag 68 wurde ein statistischer Messfehler von 5-8 µeq/g abgeschätzt. Eine Reproduzierbarkeit des Verfahrens im Onlinebetrieb war im strengen Sinne nicht bestimmbar, da keine gleichblei-bende Probenqualität vorlag. Durch die Optimierungen war die Reproduzierbar-keit am Ende der Aufzeichnungsphase besser als zu Beginn.

Zeitreihendaten Zur Charakterisierung des Prozesses im Zeitverlauf wurden weitere Messgrößen erfasst und im Prozessleitsystem sowie Qualitätsleitsystem verfügbare Daten aufgezeichnet. Die Auslesung erfolgte als 5 min-Mittelwerte.

Im Labor gemessene Qualitätsdaten, darunter die Nasszugfestigkeit, hatten eine niedrigere Messhäufigkeit (maximal ein Mal pro Tambour). Eine Erfassung der wechselnden Ausschuss-Quellen und Qualitäten des Trockenausschusses vor Wiederauflösung war technisch nicht möglich.

Umfang des

Datenbestands Der Datenbestand umfasste schließlich 147 auswertbare Online-Werte der Oberflächenladung, ca. 3000 5-min-Datensätze aus dem Prozessleitsystem so-wie neben anderen Qualitätsparametern 124 Tambour-Messwerte der Nasszug-festigkeit im Endprodukt.

Charakterisie-rung einzelner Prozesszustände

Zur Charakterisierung verschiedener Prozesszustände im stabilen Betrieb wur-den zudem an 11 Messorten im Prozessverlauf im Labor Stoffdichte, Glühver-lust, pH-Wert, Temperatur, Leitfähigkeit, Zetapotenzial, Gesamtkohlenstoff im Filtrat (DOC), PCD-Wert, Oberflächenladung (Labor) und Trübung der Filtrate bestimmt, zum Teil als Mittelwert mehrerer Probenahmen.

Ausgewählte Ergebnisse zeigt die Profildarstellung. Die nebeneinander stehen-den Balken geben verschiestehen-denen Produktionschargen in jeweils gleicher Rei-henfolge wieder. Wertbeschriftungen sind exemplarisch hinzugefügt.

Betriebsversuche In Zusammenarbeit mit dem Anlagenbetreiber wurde der Prozess der Wieder-auflösung von nassfestem Ausschuss variiert, um die Wirkung auf die Oberflä-chenladung zu ermitteln. Der Energieeintrag der Ausschuss-Entstippung wurde gesteigert, indem die Anzahl der Entstipperzyklen erhöht wurde.

7 Datenbasierte Auswertung

7.1 Datenvorverarbeitung

Vorverarbeitung der Zeitreihenda-ten

Die Zeitreihendaten wurden aus den Exportdateien des Prozessleitsystems und den Loggerdateien zusätzlicher Messgeräte in ein einheitliches Datenformat um-gewandelt. Alle Zeitreihen wurden an ein 5-Minuten-Raster angepasst. Tam-bourbezogene Qualitätsgrößen wurden dem vorhergehenden Rasterpunkt zuge-ordnet.

Die Daten wurden mittels Häufigkeitsverteilungen und Trenddarstellungen auf Ausreißer geprüft. Invalide Einzeldaten und Zeitbereiche instabiler Produktion wurden entfernt. Ursachen ungewöhnlicher Werte wurden mit dem Anlagen-betreiber geklärt.

Transferzeiten Transferzeiten im Prozess wurden über Volumina und Volumenströme der Stoff-linien entlang des Stoffweges berechnet. Als zeitlicher Bezugspunkt wurde der Poperoller gewählt, so dass den Papierqualitätsgrößen keine Transferzeit zuzu-weisen war.

Ort/Zulauf Zeit bis Poperoller in min Stoffauflauf 0,2 Mischbütte 21,6

Ort/Zulauf Zeit bis Poperoller in min Stoffauflauf 0,2 Mischbütte 21,6