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Pts-Forschungsbericht igF 15815 Kontinuierliche erFassung der FaserstoFF- oberFlächenladung zur oPtimierung des ausschusseinsatzes bei der PaPiererzeugung

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Academic year: 2022

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Pts-Forschungsbericht igF 15815

Kontinuierliche erFassung der FaserstoFF-

(2)

Kontinuierliche Erfassung der Faserstoff-Oberflächenladung zur Optimierung des Ausschusseinsatzes bei der Papiererzeugung

W. Dietz

Inhalt

Seite

Zusammenfassung...2

Abstract ...3

1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung ...5

1.1 Ausgangssituation ... 5

1.2 Ausschuss und Dynamik des Ausschusses... 5

1.3 Faserstoffladung ... 7

2 Forschungsziel...10

3 Anpassung des Bestimmungsverfahrens zur Online-Messung ...10

4 Messaufbau ...13

5 Testinstallation in einem Werk...15

6 Kontinuierliche Messung der Oberflächenladung und dynamische Prozesscharakterisierung...17

7 Datenbasierte Auswertung ...19

7.1 Datenvorverarbeitung ... 19

7.2 Korrelationsanalyse und Regression... 19

7.3 Dynamische Bilanzierung ... 24

8 Schlussfolgerungen und Optimierungsansätze ...28

8.1 Messaufbau ... 28

8.2 Erfasste Schwankungen und deren Auswirkungen ... 28

8.3 Nutzen einer kontinuierlichen Erfassung der Oberflächenladung... 29

Ansprechpartner für weitere Informationen...31

Glossar...31

Literaturverzeichnis...32

(3)

Zusammenfassung

Zielstellung Ziel des Forschungsprojekts war die Bewertung der kontinuierlich im Prozess der Papierherstellung erfassten Messgröße Faserstoff-Oberflächenladung zur dy- namischen Analyse und Optimierung des Ausschusseinsatzes.

Hintergrund Die Oberflächenladung ist eine Eigenschaft der Fasersuspension, die die Adsor- bierbarkeit und damit die Effizienz von elektrostatisch wirkenden Additiven be- schreibt. Ein Labormessverfahren für Proben aus dem Produktionsprozess wur- de an der Forschungsstelle bereist früher etabliert.

Ergebnisse Eine Messanordnung zur kontinuierlichen Erfassung der Oberflächenladung in Prozessströmen wurde konzipiert, aufgebaut und im Ausschussstrang einer Produktion für nassfeste Spezialpapiere erprobt.

Die kontinuierliche Messung im Chargenbetrieb war technisch realisierbar. Die erreichte Messperiode von 25 min vermag dynamische Effekte in der Stoffaufbe- reitung zeitlich ausreichend aufzulösen. Bei Messwerten im Bereich -50 bis -120 µeq/g wurde der statistische Fehler zu 5–8 µeq/g abgeschätzt. Die Validität ge- genüber der Referenz-Labormethode wurde belegt (R²=0,94).

Bei der Testinstallation wurden deutliche Schwankungen im Ausschussstoff nachgewiesen. Einflussgrößen der Oberflächenladung wurden aufgezeigt. Dass solche Einflüsse nur zum Teil erfassbar waren, unterstrich den Bedarf, die Ober- flächenladung zu messen. Über ein Bilanzmodell wurden für den untersuchten Fall Schwankungen der Oberflächenladung im Wet End prognostiziert, denen Schwankungen in der Nassfestmittel-Adsorption und damit Abweichungen vom angestrebten Nassfestmittel-Gehalt im Papier um 5 % (Variationskoeffizient) in einem Stunden-Maßstab zuzuordnen waren.

Schlussfolgerung Das neue Messverfahren der Oberflächenladung ist als Online-Messung reali- sierbar und besitzt eine hohe Aussagekraft. Die kontinuierliche Messung eröffnet in der industriellen Anwendung ein erweitertes Verständnis der Prozessdynamik und die Möglichkeit zur zeitnahen Diagnose und Vermeidung von additiv-

bezogenen Problemen. Erhebliche wirtschaftliche Potenziale liegen in der Ein- sparung von Nassfestmitteln und anderen funktionalen Additiven, aber auch in der Vermeidung von Abrissen und Ablagerungen, die Produktionsausfälle verur- sachen.

(4)

Danksagung Das Forschungsvorhaben IGF 15815 N der AiF-Forschungsvereinigung PTS wurde im Programm zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie über die AiF fi- nanziert. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen der Papier- und Zulieferindust- rie für die Unterstützung der Arbeiten.

Abstract

Theme Continuous measurement of fibre surface charge to optimize the broke use in paper production

Objective Aim of the research project was the evaluation of a continuous fibre surface charge measuring procedure for dynamic analysis, valuation and optimisation of broke use.

Background Surface charge is a property of fibre suspensions which describes the adsorb- ability and, thus, efficiency of electrostatically acting additives. A laboratory measuring procedure for production samples had already been established at the research institute.

(5)

Results A measuring setup for the continuous detection of surface charges in process flows was designed, built and tested in the broke line of a wet-strength specialty paper production.

The continuous measuring procedure could be technically realised in batch proc- essing. The achieved measuring period of 25 min permits an adequate time reso- lution of dynamic effects of the stock preparation. The statistic error of measure- ments ranging from -50 to -120 µeq/g was estimated at 5-8 µeq/g. The method was validated in comparison to the reference lab method (R²=0.94).

The test installation revealed significant fluctuations in the broke pulp. Surface charge influences could be identified. The fact that these influences could only be measured to some extent underlines the need for surface charge measurement.

Surface charge fluctuations in the wet end were forecasted by means of a bal- ancing model for the studied case. These fluctuations could be associated with variations in wet strength agent adsorption and, thus, a 5 % deviation (variation coefficient) from the desired wet strength agent content of paper, based on an hourly scale.

Conclusion The new surface charge measurement method lends itself for an online imple- mentation that provides high informative value. In industrial application, the con- tinuous monitoring enables a deeper understanding of process dynamics as well as the immediate diagnosis and avoidance of problems related to additives. Con- siderable economic potential lies in the reduced consumption of wet strength agents and other functional additives, but also in the avoidance of web breaks and deposits leading to production losses.

Acknowledge-

ment The IGF 15815 N research project of the research association PTS was funded within the programme of promoting “pre-competitive joint research (IGF)” by the German Federal Ministry of Economics and Technology BMWi and carried out under the umbrella of the German Federation of Industrial Co-operative Re- search Associations (AiF) in Cologne. We would like to express our warm grati- tude for this support.

We would also like to thank the companies involved for supporting the project.

(6)

1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung

1.1 Ausgangssituation

Bedeutung eines konstanten Prozesses

Für den kontinuierlichen Papiererzeugungsprozess ist die Konstanz der Rohstof- fe und der Produktionsbedingungen eine wichtige Voraussetzung, um Prozess- störungen zu vermeiden und hohe Produktionsgeschwindigkeiten zu ermögli- chen. Auch lässt sich nur bei stabilen Produktionsbedingungen der Ressourcen- einsatz genau auf ein kostenoptimales Minimalniveau einstellen. Störeinflüsse und Schwankungen sollten daher erfasst und vermieden oder ausgeglichen wer- den.

Schwankungen durch

Ausschuss

Bei Produktionen mit sonst weitgehend konstanter Rohstoffqualität, also insbe- sondere beim Einsatz von Zellstoff, ist ein vorrangiger Auslöser für Prozess- schwankungen der Ausschusseinsatz. Ausschuss fällt aus verschiedenen Grün- den an verschiedenen Prozessschritten und in wechselnder Menge und Qualität an. Folglich ist auch der Wiedereinsatz typischerweise ungleichmäßig.

Oberflächen-

ladung Zu einer zentralen Eigenschaft von Stoffsuspensionen liegen bislang keine aus- reichenden Erkenntnisse vor: der Faserstoff-Oberflächenladung. Diese spielt ge- rade für die Schwankungen durch den Ausschusseinsatz eine wichtige Rolle. Sie ist Maß der Reaktionsfähigkeit des Faserstoffes.

Mit den Arbeiten von Erhard und Frohberg [1] stellte die PTS erstmals den Nut- zen des Parameters Oberflächenladung zur anwendungsorientierten, quantitati- ven Charakterisierung von Faserstoff-Additiv-Wechselwirkungen unter Beweis.

Die Aussagekraft des Parameters wurde auf die Bewertung der Effizienz von Nassfestmitteln unter Praxisbedingungen ausgeweitet [2, 3].

Das vorliegende Forschungsvorhaben setzte sich nun zur Aufgabe, durch konti- nuierliche Messung der Faserstoff-Oberflächenladung eine dynamische Analyse, Bewertung und Optimierung des Ausschusseinsatzes zu eröffnen.

1.2 Ausschussanfall und Dynamik der Ausschussrückführung

Ausschussanfall Ausschuss der Papierproduktion kann zum einen an der Papiermaschine ent- stehen, zum anderen in der Weiterverarbeitung. Nassausschuss bezeichnet eine noch feuchte Papierbahn aus der Sieb- oder Pressenpartie, die ausgesondert wird. Trockenausschuss entsteht in der Trockenpartie und in nachgelagerten Streich- und Ausrüstungsanlagen aus Schneideabfall, Fehlproduktionen oder sonstigen nicht verkaufbaren Produktionschargen.

(7)

Wiedereinsatz, Ausschussaufbe- reitung

Um Faserverluste zu vermeiden, werden Nass- und Trockenausschuss in aller Regel wieder eingesetzt. Die Ausschussaufbereitung umfasst die Verfahrenstu- fen Ausschusssammlung, Suspendierung in Pulpern, Entstippung, Dispergie- rung, Reinigung, gegebenenfalls Eindickung und Stapelung.

Nassauschuss, ungestrichener Trockenausschuss, gestrichener Ausschuss und nassfester Ausschuss unterscheiden sich im Aufbereitungsaufwand und werden üblicherweise separat aufbereitet und rückgeführt.

Dynamik durch

Abrisse Bei Bahnabrissen entstehen schlagartig große Ausschussmengen im Ausmaß des gesamten Produktionsmassenstroms. Dies stellt hohe Anforderungen an die Auflöse- und Rückführtechnik [4]. Da nur eine begrenzte Zwischenstapelung des Abrissstoffes möglich ist und dieser sich vom primären Stoffeintrag unterschei- det, ändern sich nach Abrissen zwangsläufig die Eigenschaften des Fertigstoffs.

Dies erhöht wiederum das Risiko weiterer Abrisse. Wege, um ein Optimum zwi- schen unerwünschten Fertigstoffschwankungen und der notwendigen Aus- schussabarbeitung zu finden, wurden von verschiedenen Seiten vorgeschlagen [5-8].

Dynamik des Trockenaus- schusses

Nicht nur im Abrissfall zeichnet sich die Ausschussrückführung durch starke Schwankungen aus. Auch Trockenausschuss aus nachgelagerten Produktions- schritten fällt diskontinuierlich an. Gleichzeitig entspricht dessen Grundrezeptur nicht unbedingt der aktuellen Produktion an der Papiermaschine. Verschiedene Trockenausschussqualitäten fallen in den Betrieben zwar erst einmal separat an.

Die tatsächliche Zusammensetzung des Ausschussstoffes kann in der Praxis aber nicht mit vertretbarem Aufwand aus den rückgeführten Qualitäten und Mengen bestimmt werden. Gerade bei Betrieben mit stark wechselnden Sorten können so erhebliche Schwankungen der Fertigstoffqualität entstehen, die nicht vorhersehbar und nur zum Teil messbar sind.

Stoffdichte-

Schwankungen Ausschusspulper und damit Ausschussstränge arbeiten typischerweise bei einer geringeren Stoffdichte als die primäre Stoffaufbereitung. Folglich kann schwan- kender Ausschusseinsatz Stoffdichteschwankungen im Konstantteil hervorrufen.

Vermieden werden kann dies nach Stand der Technik durch einen Ausschuss- eindicker [4].

(8)

Störstoffe Strichbestandteile wie Binder und Dispergiermittel bilden bei der Resuspendie- rung von gestrichenem Ausschuss geladene und ungeladene Störstoffe, die die Wirkung der im Wet End eingesetzten Additive mindern [9–11]. Zur Inaktivierung dieser Störstoffe werden nach Stand der Technik kurzkettige Polyelektrolyte oder anorganische Flockungsmittel als Fixiermittel zugegeben, bevorzugt direkt im Ausschussstrang.

Anionische kolloidale Störstoffe lassen sich durch Titration eines Faserstofffiltrats mit Strömungsstrom-Endpunktbestimmung bestimmen. Die Messgröße wird als kolloidale Ladung, Partikelladung, Ladungsbedarf, kationischer Bedarf oder PCD bezeichnet. Die Messung ist als Labormethode in der Papierindustrie etabliert [12]. Ladungsschwankungen aus dem Ausschuss können durch eine Regelung der Fixiermitteldosierung ausgeglichen werden. Diese bedarf einer Online- Messung des kationischen Bedarfs [13, 14].

Aussage der Störstoff- messung

Kolloidale Störstoffe konkurrieren mit den Faserkomponenten als Bindungspart- ner für Additive. Die Messung der kolloidalen Ladung in Filtraten der Stoffsus- pension liefert daher wichtige Aussagen zu wirkungsmindernden Nebenreaktio- nen der Additive. Sie erlaubt jedoch keine Aussagen zu den erwünschten Haupt- reaktionen zwischen Additiven und Faserkomponenten. Hierzu müssen die La- dungseigenschaften der Faserkomponenten selbst betrachtet werden.

Faser-

eigenschaften Denn auch in den Ladungseigenschaften unterscheiden sich die Faserkompo- nenten des Ausschusses vom primären Stoff. Additive konnten die Faserbin- dungsstellen belegen, die Fasern sind zudem durch Trocknung, Weiterverarbei- tung und das Wiederaufschlagen beeinträchtigt. Diese Effekte sind uneinheitlich und führen zu Schwankungen.

Im Falle von nassfestem Ausschuss kommt eine weitere Störgröße hinzu, die chemische Ausschussaufbereitung. Ausschuss, der aufgrund von Epich- lorhydrinharz-Einsatz nassfest ist, muss unter Einsatz von Aufschlusschemika- lien wie Hypochlorit, Natronlauge und Persulfat bei erhöhten Temperaturen re- suspendiert werden. Dabei werden auch die Fasereigenschaften verändert. Ins- besondere können sich durch Oxidation zusätzliche Carboxylgruppen bilden [15].

1.3 Faserstoffladung

Bedeutung der

Faserladung Die Faserladung bestimmt in hohem Maße die Reaktionsfähigkeit gegenüber den elektrostatisch bindenden chemischen Additiven, und damit die Adsorption und Wirkung dieser Additive [16]. Sowohl die Adsorptionsgeschwindigkeit als auch die Beladung des Faserstoffs mit Additiv wird maßgeblich von der Faser- stoff-Oberflächenladung bestimmt [1, 17].

Der Ladungsbegriff wird uneinheitlich verwendet. Insbesondere ist zu differenzie- ren zwischen Faser-Gesamtladung, Oberflächenladung und Zetapotenzial. Die kolloidale Ladung (s. o.) charakterisiert den Stoff nach Filtration, nicht die Faser- komponenten.

(9)

Zetapotenzial Das Zetapotenzial ist ein Maß für den Ladungszustand der Feststoffe in einer Suspension. Für Papierstoffsuspensionen relevantes und für die Labormessung etabliertes Verfahren ist die Faserpfropfenmethode [18, 19].

Die Methode erlaubt eine schnelle und einfache Labormessung. Der Messwert ist ein wertvoller Indikator, als Potenzial jedoch nur ein qualitatives Maß der Oberflächenladung. Das von üblichen Messgeräten erfasste Strömungspotenzial gibt nur angenähert das physikalisch definierte Zetapotenzial wieder. Der Wert ist stark von den Randbedingungen wie Stoffdichte, Leitfähigkeit, Faserdichte im Pfropfen und Elektrodenabstand abhängig [20, 19].

Bedingt durch das Messprinzip ist ein Rückschluss vom Potenzial auf den Gehalt an Oberflächen-verfügbaren Ladungsstellen der Faserkomponenten nicht mög- lich.

Bisherige Untersuchungen zur Verfolgung der Faserstoffreaktivität im Produkti- onsprozess verwendeten das Zetapotenzial als Messgröße [21-23].

Gesamtladung und Oberflächen- ladung

Unter der Gesamtladung wird der Gehalt an anionischen Gruppen des Faser- stoffes verstanden, also an Sulfonsäure- und Carboxylgruppen. Die Gesamtla- dung wird z. B. nach Katz [24] bestimmt und in µmol/g angegeben. Sie schließt die in den Faserporen vorhandenen anionischen Gruppen ein.

Für die meisten elektrostatischen Wechselwirkungen weitaus relevanter ist je- doch die Oberflächenladung. Diese gibt den Gehalt an anionischen Ladungsstel- len wieder, der für hochmolekulare Polyelektrolyte zugänglich ist. Nicht zugängli- che Ladungsstellen sitzen in den Poren der Faserstruktur. Die Oberflächen- ladung bestimmt das Reaktionsvermögen des Faserstoffs und damit das Faser- stoffpotenzial für eine Reihe von papiertechnologisch wichtigen Aspekten (nach [16]):

Oberflächenladung Gesamtladung

Festigkeit ++ +

Retention +/- 0 Leimung ++ 0

Nassfestigkeit ++ 0

Initiale Nassfestigkeit ++ 0

Neuere Untersuchungen zeigen, dass die vorrangigen Ladungsträger der Cellu- lose, die Carboxylgruppen, zugleich reaktive Gruppen der kovalenten Anbindung von Poly-(Aminoamid)-Epichlorhydrin-Nassfestmitteln sind, die bei erhöhter Temperatur auftritt [25].

(10)

Analytik der Oberflächen- ladung

Die Oberflächenladung kann quantitativ über eine Polyelektrolyt-Rücktitration er- fasst werden. Die Methode wurde von Cardwell [26] eingeführt und später insbe- sondere von Wågberg und Ödberg zur Klärung von Faser-Additiv-Reaktions- mechanismen eingesetzt [27]. Da es sich um ein Adsorptionsphänomen handelt, sind zur exakten Beschreibung über mehrere Einzeltitrationen Adsorptionsiso- thermen aufzunehmen. Die Endpunktbestimmung erfolgt mit einem standardi- sierten kationischen Zugabepolymer geringer Polydispersität – üblicherweise Po- lydiallyldimethylammoniumchlorid (Poly-DADMAC) – mit konduktometrischer, photometrischer oder Strömungsstromdetektion [19]. Von Erhard und Frohberg wurde gezeigt, dass sich damit das Reaktionspotenzial gegenüber spezifischen Additiven über Kennzahlen charakterisieren lässt [1, 28].

Analytik in

Praxisstoffen Frühere Untersuchungen zur Oberflächenladung bezogen sich auf Modell- Fasersuspensionen und zielten auf das grundlegende Verständnis der elektro- statischen Faserwechselwirkungen [29, 30]. Die Aufnahme der Adsorptionsiso- thermen durch Polyelektrolyt-Rücktitration ist aufwändig.

An der PTS wurde die Labormethode auf Praxisstoffe angepasst und standardi- siert [31]. Die Oberflächenladung an Faserstoff-Mischungsknoten und bei Zuga- be von Nassfestmitteln in realen Prozessen konnte bilanziert werden [2, 3].

Als Messgenauigkeit wird eine Reproduzierbarkeit von 4 % (Variationskoeffi- zient) abgeschätzt. Die folgende Abbildung zeigt das Messprinzip.

Feinstoff Fasern Anionische Ladung Feinstoff Fasern

Anionische Ladung Kationisches Polymer Kationisches

Polymer

Polyelektrolyttitration

Nicht adsorbiertes Polymer Adsorbiertes Polymer

Nicht adsorbiertes Polymer Nicht adsorbiertes Polymer Adsorbiertes Polymer

Online-

Bestimmung des Faserladungs- zustands

Online-Ausführungen der Zetapotenzial-Messung werden vereinzelt angeboten [32, 33], konnten sich jedoch nicht durchsetzen.

Die Methylenblau-Methode wurde als Online-Messverfahren vorgeschlagen [34].

Sie erfasst allerdings die Fasergesamtladung. Auch dieses Verfahren konnte sich nicht durchsetzen.

Eine Kombination aus Überströmfiltration zur Faserabtrennung mit kontinuierli- cher dynamischer (Rück-)Titration wurde vorgeschlagen [35-37]. Sie sieht in der publizierten Form eine Überschuss-Polymerzugabe im Filtrat vor und bestimmt damit die kolloidale Ladung. Der messtechnische Aufwand ist hoch.

Ein Onlineverfahren für die Oberflächenladung war bislang nicht verfügbar.

(11)

2 Forschungsziel

Ziel Ziel des Forschungsvorhabens war die Bewertung einer kontinuierlich im Pro- zess erfassten Messgröße Faserstoff-Oberflächenladung zur dynamischen Ana- lyse, Bewertung und Optimierung des Ausschusseinsatzes. Neue Potenziale zur Stabilisierung des Herstellungsprozesses sollten offen gelegt werden.

3 Anpassung des Bestimmungsverfahrens auf die Online-Messung

Vorgehen Das Referenzverfahren zur Bestimmung der Oberflächenladung [31] wurde auf die Anforderungen einer betrieblichen Online-Messung angepasst. Zielkriterien waren Richtigkeit, Zeitbedarf einer Messung und Messkosten. Hierzu wurden Laboruntersuchungen durchgeführt.

Die Untersuchungen erfolgten an einem Frischfaser-Modellstoff (Langfaser- Sulfatzellstoff) und an holzfrei gestrichenem Ausschuss aus einer Produktions- anlage.

Adsorptions-

polymer Die im Labormaßstab als Polyelektrolyte eingesetzten Poly-DADMAC-Feinche- mikalien sind in den Mengen, die im Online-Betrieb benötigt werden, nicht wirt- schaftlich einsetzbar. Als Alternativen wurden technische Handelsprodukte mit vergleichbarer Molmasse geprüft.

Mit einem Polyethylenimin und einem Polyvinylamin wurden deutlich höhere Oberflächenladungswerte als mit dem Referenz-Poly-DADMAC bestimmt. Auch zeigte sich eine Drift der Adsorption über die Zeit. Als Ursachen müssen ein stärkeres und langsam fortschreitendes Eindringen der Polymerketten in die Po- renstruktur der Faser angenommen werden, verbunden mit einer Konformation- sänderung. In der Bestimmungszeit von einer Stunde stellte sich das Adsorpti- onsgleichgewicht nicht ein.

Das technische Poly-DADMAC Catiofast CS (BASF) erwies sich dagegen als geeignet für die Bestimmung. Die hiermit ermittelten Werte lagen geringfügig über denen mit der Feinchemikalie gemessenen.

Störstoff-

belastung Der in der Praxis relevante Einfluss von anionischen kolloidalen Störstoffen wur- de untersucht. Hierzu wurden Modelllösungen mit hohem PCD-Wert aus aufge- schlagenem Ausschuss unter Zusatz von Styrolacrylat und Polyvinylalkohol her- gestellt. Diese wurden als Suspensionsmedium der Bestimmungsmethode ver- wendet.

Mit steigender kationischer Belastung fiel die ermittelte Oberflächenladung im Betrag geringfügig ab, bei Ausschussstoff stärker als bei Frischfaserstoff.

(12)

Störstoff- belastung, Fortsetzung

-0 -20 -40 -60 -80

-400 -350

-300 -250

-200 -150

-100 -50

0

Ladungsbedarf des Suspensionsmediums in µeq/l

Oberflächenladung in µeq/g

Frischfaserstoff Ausschussstoff

techn. Poly-DADMAC Labor-Poly-DADMAC

Auch wenn beim Online-Verfahren im ungünstigen Fall Störstoffe nur schlecht aus der Probe abgetrennt werden können und das zur Verfügung stehende Brauchwasser als Suspensionsmedium mit Störstoffen vorbelastet ist, können im Reaktionsansatz kaum die hier betrachteten hohen kationischen Störstoffbelas- tungen auftreten. Insgesamt ist die Frage einer Beeinträchtigung der Bestim- mung durch Störstoffe daher zu vernachlässigen.

Stoffdichte Für die Online-Methode wurden Stoffdichten bis zu 30 g/L mit technischem Poly- DADMAC getestet. Mit steigender Stoffdichte zeigten sich Abweichungen von der Linearität in der Auswerteauftragung. Auch stieg die notwendige Adsorpti- onszeit bis zur Gleichgewichtseinstellung deutlich an.

-0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80

0 15 30 45 60

Adsorptionszeit in min

Oberflächenladung in µeq/g

Frischfaser, SD bis 6,7 g/L Frischfaser, SD bis 30 g/L Ausschuss, SD bis 6,7 g/L Ausschuss, SD bis 30 g/L

Dies kann durch den Zeitbedarf zur homogenen Einmischung begründet werden, wenn die Suspension eine stärkere Eigenflockung und eine höhere Viskosität aufweist. Stoffdichten unter 10 g/L wurden angestrebt, um die Reaktionszeit niedrig zu halten.

(13)

Adsorptionszeit Die Adsorptionszeit wurde stufenweise ausgehend von 60 min (Referenzverfah- ren) testweise abgesenkt. Eine Reaktionszeit von 10–20 min erwies sich beim Stoffdichtebereich der Labormethode von 1,6–6,7 g/L auch mit dem technischen Poly-DADMAC als ausreichend lang, um stabile Messungen zu erzielen.

-0 -10 -20 -30 -40 -50 -60

Oberflächenladung in µeq/g

Ausschuss Frischfaser Labor-Poly-DADMAC

-0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80

0 15 30 45 60

Adsorptionszeit in min

Oberflächenladung in µeq/g

Ausschuss Frischfaser techn. Poly-DADMAC

Proben-

abtrennung Zur Probenabtrennung wurde die Filtration im Vergleich zur Zentrifugation be- trachtet. Ein Schopper-Riegler-Sieb wurde verwendet. Mit der Poly-DADMAC- Feinchemikalie zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Oberflächen- ladung. Wurde Catiofast CS als Adsorptionspolymer eingesetzt, lagen die Werte bei Probenvorbereitung durch Filtration geringfügig höher.

Ansatzvolumen Labortests mit einem erhöhten Ansatzvolumen von 3 L verliefen erfolgreich.

Messpunkte pro

Isotherme Für eine genaue Bestimmung der Adsorptionsisotherme ist eine hohe Zahl an Messpunkten vorteilhaft; dem steht eine durch den entsprechenden Zeitaufwand bedingte geringe Messfrequenz der Online-Anwendung gegenüber.

Als Kompromiss zwischen Messfrequenz und Genauigkeit wurden für die Onli- ne-Methode vorläufig neben einem Nullversuch (kein Adsorptionspolymer) zwei Dosierpunkte an Adsorptionspolymer pro Isothermenbestimmung festgelegt.

(14)

4 Messaufbau

Aufbauvarianten Varianten eines Messaufbaus wurden vergleichend bewertet:

Variante Vorteile Nachteile

Kontinuierliche Dosierung mit Schlaufenreaktor

• Kontinuierliches Verfah- ren

• Einfacher Aufbau und Ablaufsteuerung

• Hohes Volumen des Durch- flussreaktors notwendig

• Reproduzierbarkeit der Volu- mendosierungen kritisch Kontinuierliche

Dosierung mit Filt- ratprobenehmer als Reaktor

• Kontinuierliches Verfah- ren

• Geringer Additiv- verbrauch

• Kompakter Aufbau

• Ausreichende Reaktionszeit nur bei sehr geringem Volu- menstrom

• Umbau der Filtrationseinheit

• Reproduzierbarkeit der Volu- mendosierungen kritisch Chargenbetrieb

des Reaktors • Nachstellen der Labor- methode

• Definierte Volumina und Verweilzeiten

• Volumendosierungen gut einstellbar

• Chargenverfahren, daher Aufbau und Steuerung auf- wändig

Ein Chargenbetrieb des Reaktors wurde im Fazit als am besten praktikabel er- achtet.

Anlagenaufbau Zur Umsetzung wurde ein 100 L-Reaktor gewählt, bei einer geplanten Befüllung von 20–30 L. Als Ventile dienten pneumatische Quetschventile. Weiter kamen zum Einsatz ein Probenehmer (MCS-1000), ein automatischer Titrator (PCT-20) und ein Filtratprobenehmer (TSS71; alle BTG Instruments). Der Aufbau wurde mit einem Stoffdichte-Sensor und einem Drucksensor für den Reaktorfüllstand bestückt.

CI

Wasser

PI PI

Belüftung Druckleitung Probe

Reaktor

Additiv

Mischer Probe-

nehmer

Filtrat- probe- nehmer

Titrator

(15)

Anlagen-

steuerung Die Anlage wurde über Steuermodule mit zwischengeschalteten Schützen und A/D-Wandlermodule an einen Rechner angeschlossen. Als Steuer- und Auswer- tesoftware kam die Software Genie zum Einsatz.

Folgendes Schema zeigt die Ansteuerfolge für einen Messzyklus:

Filtrat anfordern Mit Probe spülen

Aus Probe Filtrat erzeugen Trübung des Filtrats messen Filtrat zu PCT 20 Probe an TSS71

Reaktor spülen Reaktor mit Fasersuspension

füllen Additiv einmischen Probe mischen

TSS71 spülen Wartezeit

Mit Filtrat spülen Titration PCT 20 spülen

Wartezeit

Optimierung im

Testbetrieb Im Betrieb der Anlage vor Ort wurde der Messaufbaus optimiert:

• Verkürzung der Messzyklusdauer: Die anfängliche Dauer eines Messzyklus war mit 90 min für Nullmessung und zwei Isothermenpunkte (1+2) zu lang im Verhältnis zu dem in etwa einstündigen Pulpertakt. Daher wurde der An- steuerablauf komprimiert. Nach Prüfung wurde zudem auf eine Ein-Punkt- Bestimmung umgestellt (1+1). Damit konnte eine Messperiode von ca. 25 min erzielt werden.

• Verbesserung der Reproduzierbarkeit: Reaktor- und Schlauchspülungen wurden vorgesehen, um Probenreste der Vormessung zu entfernen. Der Spülauslass wurde vor den Filtratprobenehmer (TSS-71) verlegt.

• Dosierung des Poly-DADMAC in den Reaktor anstatt in den Probenehmer.

• Durchmischung im Reaktor: Optimierung durch Änderung der Verrohrung, Erhöhung der Verdünnungswassermenge und zusätzliche Rührblätter.

Die Ansteuerung wurde in zahlreichen Punkten verbessert, u. a. durch bessere Synchronisation zwischen den Anlagenteilen und Anpassung der Titrationszeit an die Additivdosierung.

Anlagen-

einstellungen im Testbetrieb

Folgende Anlageneinstellungen waren nach den Anpassungen festgelegt:

• Adsorptionspolymer technisches Poly-DADMAC (Catiofast CS, BASF)

• Suspensionsmedium Prozesswasser + Brauchwasser

• Adsorptionsansatz 5 L Probe, 40–50 L Verdünnungswasser, Additiv

• Stoffdichte im Ansatz 2,5–5,0 g/L

• Konzentration Polymerlösung 2 g/L

• Reaktionszeit 20 min

(16)

5 Testinstallation in einem Werk

Werk Eine Papiererzeugungsanlage zur Herstellung nassfester gestrichener Spezial- papiere aus Frischfaser wurde ausgewählt, in der in Menge und Qualität

schwankende Ausschusseinträge auftraten. Die Rezeptur bestand vorrangig aus Kurzfaser- und Langfaserzellstoff. Der Wiedereinsatz von gestrichenem und un- gestrichenem Ausschuss schwankte und machte im Mittel 30 % des Stoffdurch- satzes aus.

Vorrangig eingesetzte Additive waren ein Nassfestmittel vom Poly-(aminoamid)- Epichlorhydrin-Typ und ein Retentionsmittel.

Installation Der Messaufbau wurde im Trockenausschussstrang der Produktionsanlage nach dem Entstipper und vor der Stapelbütte installiert. Die Stoffdichte betrug hier ca.

3,5 %. Die Wasserversorgung erfolgte mit Brauchwasser des Werks.

Bild der Anlage Folgendes Bild zeigt die installierte Anlage im Werk. Links ist der Filtratprobe- nehmer zu erkennen, in der Mitte der zylindrische Reaktor, rechts der Steue- rungsrechner und der Schaltschrank.

Anlagenbetrieb Nach Optimierungen konnte die Messanlage über mehrere Stunden kontinuier- lich betrieben werden. Danach waren jeweils wieder Kontrollen und Eingriffe in die Synchronisation notwendig. Ein vollautomatischer Betrieb wurde vorgezeich- net, im Rahmen der Forschungsarbeiten jedoch nicht umgesetzt.

(17)

Methoden-

validierung Die Ergebnisse des optimierten Messaufbaus wurden mit parallelen Labormes- sungen verglichen. Die Messwerte stimmten im Rahmen der Messgenauigkeit überein.

y = 1,02x R2 = 0,94

-0 -20 -40 -60 -80 -100

-0 -20 -40 -60 -80 -100

Oberflächenladung Labor in µeq/g

Oberflächenladung Online in µeq/g

(18)

6 Kontinuierliche Messung und dynamische Prozesscharakterisierung

Vorgehen Der Messaufbau wurde zur kontinuierlichen Messung der Oberflächenladung über einen Gesamtzeitraum von rund 2,5 Monaten eingesetzt.

Ergebnisse Folgende Abbildung gibt die online erfassten Messwerte wieder. Aufgrund der Optimierungsarbeiten waren Werte nicht über den gesamten Zeitraum verfügbar und auswertbar.

70 69 68 67 66 65 64 38 37 36 35 34 33 32 31 30 4 3 2 -0 1

-20 -40 -60 -80 -100 -120 -140 -160

Zeit in d

Oberflächenladung in µeq/g

Aus dem Kurvenverlauf z. B. bei Tag 67 oder Tag 68 wurde ein statistischer Messfehler von 5-8 µeq/g abgeschätzt. Eine Reproduzierbarkeit des Verfahrens im Onlinebetrieb war im strengen Sinne nicht bestimmbar, da keine gleichblei- bende Probenqualität vorlag. Durch die Optimierungen war die Reproduzierbar- keit am Ende der Aufzeichnungsphase besser als zu Beginn.

Zeitreihendaten Zur Charakterisierung des Prozesses im Zeitverlauf wurden weitere Messgrößen erfasst und im Prozessleitsystem sowie Qualitätsleitsystem verfügbare Daten aufgezeichnet. Die Auslesung erfolgte als 5 min-Mittelwerte.

Im Labor gemessene Qualitätsdaten, darunter die Nasszugfestigkeit, hatten eine niedrigere Messhäufigkeit (maximal ein Mal pro Tambour). Eine Erfassung der wechselnden Ausschuss-Quellen und Qualitäten des Trockenausschusses vor Wiederauflösung war technisch nicht möglich.

Umfang des

Datenbestands Der Datenbestand umfasste schließlich 147 auswertbare Online-Werte der Oberflächenladung, ca. 3000 5-min-Datensätze aus dem Prozessleitsystem so- wie neben anderen Qualitätsparametern 124 Tambour-Messwerte der Nasszug- festigkeit im Endprodukt.

(19)

Charakterisie- rung einzelner Prozesszustände

Zur Charakterisierung verschiedener Prozesszustände im stabilen Betrieb wur- den zudem an 11 Messorten im Prozessverlauf im Labor Stoffdichte, Glühver- lust, pH-Wert, Temperatur, Leitfähigkeit, Zetapotenzial, Gesamtkohlenstoff im Filtrat (DOC), PCD-Wert, Oberflächenladung (Labor) und Trübung der Filtrate bestimmt, zum Teil als Mittelwert mehrerer Probenahmen.

Ausgewählte Ergebnisse zeigt die Profildarstellung. Die nebeneinander stehen- den Balken geben verschiedenen Produktionschargen in jeweils gleicher Rei- henfolge wieder. Wertbeschriftungen sind exemplarisch hinzugefügt.

Nass- ausschuss Trocken-

ausschuss 6

Pulper MiB 8

NFM

Retentionsmittel 11

1 3 4 5

7

PCD µeq/l

Zetapotenzial mV

Oberflächenladung µeq/g

pH

Leitfähigkeit

-310 -280 -37 -46

-940 -800 -620 -450

-10 -1400

-39

-15 -1600

-37 -32 -24-29 -25

-22 -15 -16 -12

-40

-59 -48

-70 -60 -46

-59

-38 -61 -36

-75 -76 -43

7,6 7,8 8,1

11,7

7,0 8,3

10,5 11,4 10,3

8,2

1660 1440 3930

1360 1880

1290 3280 2260

1380

Betriebsversuche In Zusammenarbeit mit dem Anlagenbetreiber wurde der Prozess der Wieder- auflösung von nassfestem Ausschuss variiert, um die Wirkung auf die Oberflä- chenladung zu ermitteln. Der Energieeintrag der Ausschuss-Entstippung wurde gesteigert, indem die Anzahl der Entstipperzyklen erhöht wurde.

(20)

7 Datenbasierte Auswertung

7.1 Datenvorverarbeitung

Vorverarbeitung der Zeitreihenda- ten

Die Zeitreihendaten wurden aus den Exportdateien des Prozessleitsystems und den Loggerdateien zusätzlicher Messgeräte in ein einheitliches Datenformat um- gewandelt. Alle Zeitreihen wurden an ein 5-Minuten-Raster angepasst. Tam- bourbezogene Qualitätsgrößen wurden dem vorhergehenden Rasterpunkt zuge- ordnet.

Die Daten wurden mittels Häufigkeitsverteilungen und Trenddarstellungen auf Ausreißer geprüft. Invalide Einzeldaten und Zeitbereiche instabiler Produktion wurden entfernt. Ursachen ungewöhnlicher Werte wurden mit dem Anlagen- betreiber geklärt.

Transferzeiten Transferzeiten im Prozess wurden über Volumina und Volumenströme der Stoff- linien entlang des Stoffweges berechnet. Als zeitlicher Bezugspunkt wurde der Poperoller gewählt, so dass den Papierqualitätsgrößen keine Transferzeit zuzu- weisen war.

Ort/Zulauf Zeit bis Poperoller in min Stoffauflauf 0,2 Mischbütte 21,6 Frischstoff-Vorratsbütte 30,9

Vorratsbütte Trockenausschuss 60

Trockenausschuss-Pulper 218 Oberflächenladungs-Messung,

nach Ausschussentstipper 63 Zeitversetzte Mit-

telwertbildung Die einzelnen Prozessdaten-Zeitreihen wurden folgend in ihrem Zeitbezug über die berechneten mittleren Transferzeiten verschoben, damit Ursachen und Fol- gen innerhalb der Datenzeilen einander zugeordnet sind. Für die Auswertetabel- le (ZvM-Tabelle) wurden so zeitversetzte Mittelwerte gebildet.

7.2 Korrelationsanalyse und Regression

Vorgehen Eine Korrelationsmatrix diente dazu, Zusammenhänge innerhalb der Prozessda- ten sowie Korrelationen mit der Oberflächenladung auf der einen Seite und der Nassfestigkeit auf der anderen Seite aufzuzeigen.

Für die paarweise Korrelation wurden die Pearson-Korrelationskoeffizienten R berechnet, in einer Matrix dargestellt und nach Stärke der Korrelation zusätzlich farblich hinterlegt (von R=1: rot, stark positive Korrelation über R=0: farblos, kei- ne Korrelation zu R= -1: blau, stark negative Korrelation). Auch wurden die Irr- tumswahrscheinlichkeiten p berechnet.

(21)

Korrelations-

matrix Der folgende Ausschnitt aus der Korrelationsmatrix gibt Korrelationen mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit p<0,1 wieder.

p<0,1 NFM spez Srke spez Retentions mittel NaOH Temp. Mischtte pH SW Mahlgrad Formation Feuchte Tambour Flächen masse roh Geschwindig- keit Anteil Trocken-AS Anteil Nass-AS Menge llstoff Stoffdichte SW Nasszug- festigkeit Oberflächen- ladung

NFM spez * 0,56 0,20 0,25 -0,30 -0,26 0,25 0,58 -0,16

Stärke spez * -0,18 0,18 -0,80

Retentionsmittel *

NaOH * 0,25 -0,48

Temp. Mischbütte -0,18 0,25 * -0,68 -0,23 -0,24 -0,37 0,33 0,61 -0,58 0,28 -0,61

pH SW -0,68 * 0,29 0,24 0,17 -0,36 -0,30 0,47 0,40 0,42

Mahlgrad -0,23 0,29 * 0,22 0,23

Formation 0,56 * -0,31 0,36 -0,18 -0,35

Feuchte Tambour 0,20 -0,24 0,24 0,22 * 0,24 -0,17 -0,20 0,29 0,28 Flächenmasse roh -0,48 -0,37 0,17 0,23 -0,31 0,24 * -0,32 0,21 0,38

Geschwindigkeit 0,25 0,33 -0,36 0,36 -0,17 -0,32 * -0,21-0,73-0,54 -0,56 Anteil Trocken-AS-0,30 0,61 -0,30 -0,18 -0,20 * -0,22 -0,42 -0,25

Anteil Nass-AS-0,26 0,18 -0,21 -0,22 * 0,21

Menge Füllstoff -0,58 0,47 0,29 0,21 -0,73-0,42 * 0,53 -0,43 0,51

Stoffdichte SW 0,25 0,40 0,28 0,38 -0,54 0,21 0,53 * 0,17

Nasszugfestigkeit 0,58 -0,80 0,28 -0,35 -0,43 * -0,44

Oberflächenladung-0,16 -0,61 0,42 -0,56 -0,25 0,51 0,17 -0,44 *

Diskussion Es zeigen sich einige auf den ersten Blick plausible Korrelationen:

• spezifische Nassfestmittel-Dosierung (NFM spez) mit der Nasszugfestigkeit (R=0,58)

• spezifische Nassfestmittel-Dosierung (NFM spez) mit dem Formationswert (R=0,56). Ein höherer Formationswert gibt eine stärkere Flockung wieder.

Andere Korrelationen sind erst aus der Prozessführung heraus erklärbar, so z. B.

die Korrelation zwischen Anteil an Trocken-Ausschuss und Temperatur (Temp.

Mischbütte). Mit höherem Ausschusseinsatz ist auch der Energieeintrag in das Stoff-Wasser-System höher. Auch ein Zusammenhang zwischen spezifischem Stärkeeinsatz und Nasszugfestigkeit fällt auf. Der Zusammenhang zwischen pH im Siebwasser und Temperatur ist vermutlich auf wechselnde spezifische Frischwassermengen zurückzuführen, z. B. nach Stillständen.

Die Oberflächenladung im Ausschussstrang wurde im Betrag (positive Werte) verarbeitet. Es fallen zwei Korrelationen auf, mit der Temperatur (R=-0,61) und mit der PM-Geschwindigkeit (R=-0,56), die jedoch nicht ohne weiteres interpre- tierbar sind.

(22)

Einzelkorrelatio-

nen Die folgenden Streudiagramme zeigen ausgewählte Paarkorrelationen innerhalb der erfassten Zeitreihendaten.

R2 = 0,34

0 2 4 6 8 10 12 14 16

0 0,5 1 1,5 2

NFM spez.

Nasszugfestigkeit

R2 = 0,01

0 2 4 6 8 10 12 14 16

0 10 20 30 40

Anteil Trockenausschuss

Nasszugfestigkeit

R2 = 0,19

0 2 4 6 8 10 12 14 16

0 20 40 60 80 100 120 140

Oberflächenladung in µeq/g

Nasszugfestigkeit

Wie vorab dargestellt, korreliert die Nasszugfestigkeit im Endprodukt mit der Nassfestmittel-Dosierung. Keine signifikanten Paarkorrelationen mit der Nass- zugfestigkeit zeigten sich für den Anteil an Trockenausschuss und für die Ober- flächenladung im Ausschuss.

Das Fehlen signifikanter Paarkorrelationen bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Zusammenhang fehlt. Dieser kann vorliegen, aber es spielen weitere Einflüsse eine Rolle.

VIF-Auswertung:

Vorgehen Zusammenhänge innerhalb des Datensatzes wurden weiter in Anlehnung an das Verfahren des Varianzinflationsfaktors (Variance Inflation Faktor, VIF) unter- sucht. Das Verfahren dient zum Screening und zur Prüfung auf Multikollinearität;

eine gezielte Modellbildung erfolgte im Anschluss.

Ein Parametersatz wurde ausgewählt, der keine trivialen Paarkorrelationen ent- hält. Beispielsweise wurde die Zugfestigkeit herausgenommen, da sie mit der Nasszugfestigkeit stark korrelierte.

Dann wurde das Bestimmtheitsmaß R² von linearen Regressionen berechnet, bei dem jeder Parameter jeweils durch alle anderen Parameter als Regressoren modelliert wird. Der Varianzinflationsfaktor nach VIF = 1 / (1 – R²) wurde nicht berechnet, da das Bestimmtheitsmaß ein verbreitetes Gütemaß ist und der VIF keine weitere Information enthält.

(23)

VIF-Auswertung:

Ergebnis In der Tabelle steht jede Spalte für einen Parameter und sein Modell. Im oberen Tabellenteil ist das Bestimmtheitsmaß R² zusammen mit Statistikwerten ange- geben, im unteren Teil die standardisierten Regressionskoeffizienten der Modell- inputs. Letztere sind Maß für das Gewicht der Regressoren im Modell. (Einzelne Angaben sind zur Anonymisierung ausgelassen.)

NFM spez Srke spez Temp. Mischbütte pH SW Formation Flächen masse roh Geschwindig- keit Anteil Trocken-AS Anteil Nass-AS Menge llstoff Nasszug- festigkeit Oberfchen- ladung

Anzahl Werte 104 104 104 104 104 104 104 104 104 104 104 104 53 40 104 Mittelwert 0,82 0,01 0,15 45,7 8,21 14,2 77,2 50,5 820 25,4 9,53 2,84 10,2 11,7 74,9 Stabw 0,29 0,00 0,07 2,85 0,26 0,5 3,07 8,18 26,4 3,24 4,07 1,88 1,74 1,83 19,1 0,76 0,93 0,94 0,98 0,84 0,88 0,81 0,88 0,96 0,85 0,94 0,84 0,91 0,97 0,85 NFM spez 0,00 0,06 -0,04 -0,01 0,02 0,22 -0,04 0,15 0,08 -0,04 0,01 0,08 0,16 -0,02 0,17

0,21 0,00 0,06 0,52 0,60 0,00 0,08 0,86 -0,15 -0,99 -0,04 0,35 -0,29 0,21 0,12 Stärke spez-2,52 1,13 0,00 -0,51 0,34 1,76 2,78 2,42 1,14 2,68 0,36 -0,14 1,11-2,03 1,22 Temp. Mischbütte-0,12 1,57 -0,09 0,00-1,49 0,07 -0,32-1,81 0,03 2,07 0,05 -1,01 0,36 -0,27 -0,81 pH SW 0,02 0,21 0,01 -0,17 0,00 -0,04 -0,32 -0,28 -0,08 0,25 -0,02 -0,11 0,19 -0,01 0,11 Formation 0,58 0,00 0,07 0,02 -0,09 0,00 0,51 0,06 0,17 -0,26 -0,03 0,55 0,40 -0,07 0,24

-0,04 0,02 0,05 -0,03 -0,27 0,20 0,00 -0,36 -0,19 0,14 -0,04 0,01 -0,31 0,24 -0,08 Flächenmasse roh 0,21 0,36 0,06 -0,25 -0,34 0,03 -0,52 0,00 -0,19 0,45 -0,03 -0,43 -0,25 0,18 -0,51 Geschwindigkeit 0,48 -0,28 0,12 0,02 -0,40 0,42 -1,20 -0,86 0,00 0,32 -0,20 -0,89 -0,86 0,66 -1,07 Anteil Trocken-AS-0,05 -0,38 0,06 0,26 0,27 -0,13 0,18 0,41 0,07 0,00 0,00 0,19 0,00 0,08 0,38 Anteil Nass-AS 1,19 -1,10 0,56 0,48 -1,26 -0,97-4,17 -1,86 -3,07-0,11 0,00 -0,05-2,32 2,63 -1,39 Menge Füllstoff 0,13 0,16 0,00 -0,15 -0,14 0,34 0,01 -0,47 -0,22 0,22 0,00 0,00 -0,19 0,04 -0,48

0,37 -0,20 0,04 0,08 0,37 0,36 -0,71 -0,40 -0,31 0,00 -0,06 -0,29 0,00 0,40 -0,42 Nasszugfestigkeit-0,14 0,43 -0,24 -0,18 -0,05 -0,21 1,71 0,90 0,73 0,46 0,19 0,17 1,23 0,00 0,57 Oberflächenladung 0,28 0,06 0,03 -0,12 0,15 0,15 -0,13 -0,56 -0,27 0,46 -0,02 -0,48 -0,29 0,13 0,00

Diskussion Mit R² = 0,76 bis 0,98 ließen sich alle Parameter innerhalb der Auswahl gut bis sehr gut aus den anderen verwendeten Parametern modellieren. Die damit be- legte hohe Multikollinearität ist charakteristisch für eine geregelte Produktion. Sie erschwert die kausale Interpretation von datenbasierten Auswertungen.

(24)

PLS-Modellierung der Nassfestig- keit

Die Nasszugfestigkeit wurde dann nach dem PLS-Verfahren („partial least squares“), einem Verfahren der linearen Regression, modelliert. Bei einer Vor- auswahl von 18 Inputs aus dem Bereich der Prozessführung wurde ein Be- stimmtheitsmaß R² von 0,82 erzielt. Folgende Abbildung zeigt die Loadings der Inputvariablen.

2 4 6 8 10 12 14 16 18

-0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1

Variable

Loadings

NFM spez

Stärke spez

Temperatur pH-SW

Flächen- masse Geschw

Menge Trocken-AS

Menge Nass-AS

Menge Füllstoff

Stoffdichte SW

Oberflächen- ladung

Angesichts eines Datenbestands von 115 Datensätzen war jedoch zu vermuten, dass das hohe Bestimmtheitsmaß mit 18 Inputs durch Overfitting erzielt wurde.

Nach manueller „stepwise“-Reduktion des Input-Satzes auf drei Parameter ergab sich noch ein Bestimmtheitsmaß von R²=0,34. Bis auf das Einbeziehen der spe- zifischen Nassfestmittel-Dosierung war die Parameterselektion nicht zwingend.

Das Hinzunehmen der Oberflächenladung brachte in keinem Schritt eine signifi- kante Verbesserung der Modellgüte.

Diskussion Die Ergebnisse der Korrelationsanalyse und der Modellierung müssen mit Zu- rückhaltung bewertet werden, denn die Multikollinearität im Datenbestand über- lagert die Auswertbarkeit. Maßgeblich für die Ausprägung der Nassfestigkeit sind sortenbedingte Einstellungen. Diesen gegenüber lässt sich der Einfluss der Oberflächenladung nicht mit ausreichender Signifikanz herausarbeiten.

Zur Prüfung direkter Einflüsse wurde ein Betriebsversuch daher bei einer Sorte durchgeführt.

(25)

Betriebsversuch

Entstippung Folgende Abbildung zeigt die Wirkung eines um ca. 20 % erhöhten Energieein- trags bei der Entstippung auf die Oberflächenladung. Die Oberflächenladung fiel dabei von ca. -85 auf -110 µeq/g ab.

-0 -20

-40

-60

-80 -100

-120

-140

21:00 00:00 03:00 06:00 09:00 12:00 15:00 18:00

Oberfchenladung in µeq/g

stärkere Entstippung

7.3 Dynamische Bilanzierung

Vorgehen Über ein Bilanzmodell wurde die Oberflächenladung an den wichtigen Reakti- onsstellen des Konstantteils statisch sowie im Zeitverlauf prognostiziert. Damit konnte der Einfluss der schwankenden Faserstoff-Oberflächenladung im Aus- schuss-Strang auf das Wet End abgeschätzt werden.

Aufbau des

Bilanzmodells Ein Bilanzmodell wurde erstellt. Im Schema sind die als Blöcke zusammenge- fassten Prozessstufen dargestellt. Die Orte der Kalibriermessungen sind als nummerierte Kreise zugeordnet.

Former Pulper

SW Reaktion

NFM NFM Refiner Trocken-AS

Misch- bütte

Gautsch- bruch Nass-AS

Rückführung

Papier- 4 bahn

6 7

3 8

5

Als Massenstromkomponenten wurden Feststoffe, Asche und Faserstoff- Oberflächenladung beziehungsweise Additivladung vor Zugabe mitgeführt. Das

(26)

Misch- und

Trennregeln Für die physikalischen Massenströme wurde eine Massenbilanzierung hinterlegt.

Die Trennung am Sieb erfolgte über fest eingestellte Retentionswerte.

Oberflächenladungsströme wurden analog zu Massenströmen gemischt [2] so- wie am Sieb im Verhältnis zum Faserstoff aufgetrennt.

Prozessregel

NFM-Zugabe Die Adsorption von Nassfestmittel an den Faserstoff wurde über eine Langmuir- Isotherme angenähert [38, 39]. Die Berechnung geht davon aus, dass eine Ad- sorption des Epichlorhydrinharz-Nassfestmittels an die Faser die anionische Oberflächenladung der Faser um den Betrag der adsorbierten kationischen La- dung reduziert [2].

Für zwei produzierte Sorten wurde das Adsorptionsgleichgewicht berechnet. Die relative Beladung qrel des Faserstoffs mit Nassfestmittel wurde definiert als der Anteil der Oberflächenladung des Faserstoffs, der durch Adsorption belegt ist.

Die Langmuir-Gleichung wurde wie folgt formuliert:

qrel = K·ln

1+K·ln mit

K Konstante

ln Gleichgewichtskonzentration in Lösung (n = nicht adsorbiert), ausgedrückt durch die Nassfestmittel-Ladung, in µeq/L

Die Isotherme wurde so angepasst, dass die nach Mischbütte bilanzierten La- dungen mit den gemessenen bestmöglich übereinstimmen.

Verwendete

Isotherme Die Konstante K wurde zu 0,0007 L/µeq bestimmt. Neben der Isotherme ist der Anteil des zugesetzten Nassfestmittels, der an die Faser adsorbiert, dargestellt.

0%

20%

40%

60%

80%

100%

0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 14.000 Ladungskonz. NFM in Lösung in µeq/l

Adsorption (rel. Beladung)

Kalibrierwerte Langmuir-Isotherme Anteil NFM adsorbiert

Prozessregel Refiner/

Entstipper

Die Refiner- und Entstipperwirkungen auf die Oberflächenladung wurden als konstante Faktoren abgebildet.

(27)

Vergleich von Messwerten und Modellergebnis- sen

Für zwei Sorten mit deutlich unterschiedlicher Nassfestmitteldosierung wurden dann die Messergebnisse der Oberflächenladung an verschiedenen Prozessor- ten mit den Modellwerten verglichen.

µeq/g

Sorte Nr. 1

NFM spez. (WS) 0,85%

Anteil NFM adsorbiert 45%

relative Beladung 24%

-60 -50 -40 -30 -20 -10

0 Trockenaussch. Nassausschuss nach Refiner nach NFM Mischbütte Stoffauflauf

P 7 P 6 P 3 P 4 P 5 P 8 Messwerte

Modell

Sorte Nr. 2

NFM spez. (WS) 1,45%

Anteil NFM adsorbiert 46%

relative Beladung 35%

-60 -50 -40 -30 -20 -10 0

Diskussion Da die gleichen Daten zur Kalibrierung verwendet wurden, ergibt sich erwar- tungsgemäß eine insgesamt gute Übereinstimmung. Eine im Modell betragsmä- ßig geringere Ladung zeigte sich an der Messstelle P4 „nach NFM“. Hier muss angenommen werden, dass kurz nach der Dosierung die Adsorption noch nicht vollständig ist. Im Modell wurde vereinfachend eine Adsorption nur an der Do- sierstelle berechnet.

Als Ursache dafür, dass die Adsorption sich erst in der Mischbütte vollständig ausprägt, ist anzunehmen, dass mit den weiteren Stoffkomponenten zusätzliche Bindungsstellen (Ladungen) eingebracht werden, die eine weitere Adsorption ermöglichen. Die Adsorptionszeit allein dürfte nicht maßgeblich sein: Polyelektro- lyte ziehen typischerweise innerhalb 1–3 min auf die Faser auf [17, 39].

Dynamische Bilanzierung:

Vorgehen

Mit dem Modell wurde nun prognostiziert, in welchem Maße sich die gemesse- nen Schwankungen der Oberflächenladung im Ausschussstrang in den Gesamt- stoff fortpflanzen. Hierzu wurden die Zeitreihendaten der gemessenen Oberflä- chenladung, der Nassfestmitteldosierung und des Ausschussanteils sequentiell im Modell eingestellt und die Prognoseergebnisse aufgezeichnet. Die Oberflä- chenladung im Frischfaserstoff wurde als konstant angenommen.

(28)

Modellergebnisse Folgendes Diagramm zeigt die Trends der Modellierung im Zeitverlauf.

-140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0

0 20 40 60 80 100

Datensatz

Oberflächenladung in µeq/g

0,0%

0,5%

1,0%

1,5%

2,0%

2,5%

3,0%

Nassfestmittel-Dosierung Wiksubstanz spezifisch P 7 OFL Trockenaussch. gemessen

P 5 OFL Mischbütte prognostiziert NFM-Dosierung spez.

Die Oberflächenladung im Trockenausschuss betrug in Mittelwert und Standard- abweichung -75 ± 18 µeq/g. In der Mischbütte prognostiziert wurden

-38 ± 7 µeq/g. Dabei werden die Schwankungen auch durch die variierenden Einstellungen der Nassfestmitteldosierung und des Ausschussanteils beeinflusst.

Werden diese beiden Größen im Modell konstant gehalten, verursachen die Schwankungen der Oberflächenladung im Trockenausschuss Schwankungen in der Mischbütte mit einer Standardabweichung von 3,5 µeq/g. Dies entspricht ei- nem Variationskoeffizienten von 9 %. Der Variationskoeffizient für den adsorbier- ten Anteil an Nassfestmittel ergab sich zu 5 %.

Diskussion Der Anteil an zugegebenem Nassfestmittel, der in den Untersuchungen entspre- chend der Abnahme der Oberflächenladung adsorbierte, erscheint mit Werten um 46 % gering. Literaturangaben für Modellsysteme liegen bei knapp 50 % bei 0,5 % spezifischer Dosierung [39] bis zu nahe vollständigem Aufziehen bei bis zu 1 % spezifischer Dosierung [38]. Die zugrunde liegenden Effekte werden in einem weiteren Forschungsvorhaben der PTS [40] untersucht.

Die Schwankungen der Oberflächenladung in der Mischbütte von 9 % übertra- gen sich nicht proportional auf den adsorbierten Anteil an Nassfestmittel (Schwankung nur 5 % bei fixer spezifischer Nassfestmittel-Dosierung). Der im ersten Ansatz proportionale Effekt einer mit steigender Oberflächenladung höhe- ren Beladbarkeit des Faserstoffs nivelliert sich dadurch, dass die Nassfestmittel- Konzentration in Lösung gleichzeitig durch die Adsorption abfällt und hierdurch die Adsorptionsneigung abgeschwächt wird.

Die Schwankungen der Adsorption an die Faser um 5 % bedeutet eine Streuung des Gehalts an Nassfestmittel im Papier im Verhältnis zum angestrebten Wert in gleichem Maße.

(29)

8 Schlussfolgerungen und Optimierungsansätze

8.1 Messaufbau

Online-Messung

und Messaufbau Die Ergebnisse zeigten: Eine Online-Bestimmung der Oberflächenladung von Faserstoffsuspensionen in der Papierherstellung ist technisch machbar und lie- fert valide Ergebnisse. Die im Testaufbau erreichte Reproduzierbarkeit von 5-8 µeq/g ist ausreichend genau, um Schwankungen signifikant nachzuweisen.

Vor dem Hintergrund einer typischen Dynamik von Stoffaufbereitungssträngen mit Variationen im Stundenmaßstab vermag die erreichte Messperiode von 25 min dynamische Effekte ausreichend zeitlich aufzulösen.

Erkenntnisse zum Messverfah- ren

Als Ausgangspunkt für einen industriellen Einsatz der Onlinemessung wurden Erkenntnisse zur Gestaltung, zu Einstellungen und zu Randbedingungen eines Online-Messverfahrens für die Faserstoff-Oberflächenladung zusammengestellt.

Als wichtigste Aspekte sind zu nennen:

• Technisches Poly-DADMAC ist als Überschuss-Polyelektrolyt geeignet.

• Die Faserstoffabtrennung ist über eine Siebfiltration möglich.

• Ein Chargen-Betrieb der Adsorptionsreaktion ist machbar und reproduzierba- rer ausführbar als ein kontinuierlicher Durchflussbetrieb.

• Bei einer Stoffdichte im Reaktor unter 10 g/L ist eine Adsorptionszeit von 10–

20 min ausreichend.

• Eine Isothermen-Bestimmung mit Nullpunkt und einem Polyelektrolyt-

Titrierpunkt (1+1) ist in der Praxis ausreichend genau. Eine Messperiode von 20–25 min ist somit erzielbar.

Basierend auf den Erkenntnissen können ein entsprechendes Messgerät und ei- ne darauf basierende Regelung industriell entwickelt werden.

8.2 Erfasste Schwankungen und deren Auswirkungen

Schwankungen der Oberflächen- ladung

Im Ausschussstrang einer Anlage zur Herstellung von nassfesten, gestrichenen Spezialpapieren wurden deutliche Schwankungen der Oberflächenladung nach- gewiesen. Exemplarisch konnte der Einfluss des Energieeintrags an einem Entstipper auf die Oberflächenladung belegt werden. Einflüsse waren zum Teil online nicht fassbar – dies unterstreicht die Wichtigkeit einer Onlinemessung der Faserstoff-Oberflächenladung.

Als weitere Einflüsse auf die Oberflächenladung in der Ausschusssuspension sind aus Laborversuchen und Theorie abzuleiten:

• die Oberflächenladung des dem Ausschuss zugrunde liegenden Faserstoffs

(30)

Auswirkungen auf die Nass- festmittel- Adsorption

Nach vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass die Oberflächen- ladung maßgeblich für die Adsorption von Nassfestmittel und damit für die Aus- prägung der Nassfestigkeit im Papier verantwortlich ist [1, 17, 25]. Bedingt durch die Überlagerung mit Sorteneinstellungen konnte ein Einfluss der Oberflächenla- dung im Ausschussstrang auf die Wirksamkeit des Nassfestmittels in vorliegen- der Arbeit statistisch nicht belegt werden.

Aus den erfassten Schwankungen im Ausschuss wurden unbeabsichtigte

Schwankungen der Oberflächenladung im Gesamtstoff und damit Abweichungen vom angestrebten Nassfestmittel-Gehalt im Papier um 5 % (Variationskoeffi- zient) prognostiziert. Dies belegt ein erhebliches Optimierungspotenzial, das sich durch die Messung der Faserstoff-Oberflächenladung eröffnet.

8.3 Nutzen einer kontinuierlichen Erfassung der Oberflächenladung

Transparenz im Herstellungspro- zess

Die kontinuierliche Messung der Faserstoff-Oberflächenladung ermöglicht Pa- pierfabriken, die den Stoffströmen inneliegenden Reaktionspotenziale gegenüber chemischen Additiven transparent zu machen. Es wird möglich, Ausmaß und Ursachen von Schwankungen der Additiveffizienz aufzuklären und Probleme zeitnah zu diagnostizieren.

Nutzen bei der Herstellung nass- fester Papiere

Dies bedeutet für den Ausschusseinsatz bei der Herstellung nassfester Papiere:

• Wenig reaktive Ausschussqualitäten und de- oder reaktivierende Aufberei- tungsbedingungen können identifiziert werden. Entsprechende Gegenmaß- nahmen können ergriffen werden, wie etwa eine gezielte Vergleich-

mäßigung, eine Anpassung der Aufbereitung (Mahlung, Auflösebedingun- gen) oder auch eine Vermeidung minderer Ausschussqualitäten bei hoch- wertigen Produktsorten.

• Weitergehend wird eine Anpassung von Prozessgrößen möglich, die eine verminderte Faserstoffreaktivität ausgleichen. Letztlich ist dies durch eine Regelung zu verwirklichen.

• Damit können Überdosierungen zum Abfangen von Schwankungen vermie- den werden. Die Dosierung lässt sich dynamisch auf ein kostenoptimales Minimalniveau einstellen.

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