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Atemfrequenz, Blutgase, endtidaler Kohlendioxidpartialdruck und Säure-Basen-

4. Diskussion

4.5. Atemfrequenz, Blutgase, endtidaler Kohlendioxidpartialdruck und Säure-Basen-

Die im Wachzustand erhobenen Atemfrequenzen lagen im Mittel bei 137 ± 15,5 (Ketamin) bzw. 153 ± 24,6 (Alfaxalon) Atemzügen/min und zeigten zwischen den einzelnen Individuen eine sehr große Varianz. Damit waren sie im Vergleich zu den Referenzruhewerten eines Kaninchens von 32 - 60 Atemzügen/min stark erhöht (Harcourt-Brown, 2002). Dies ist jedoch eine recht häufig gemachte Beobachtung bei aufgeregten Kaninchen vor der Narkose (Hedenqvist et al., 2002) und wird nicht als pathologisch angesehen.

In der Ketamingruppe lagen die niedrigsten Werte während der Narkose bei 33 ± 16,4 Atemzügen/min, welche damit im unteren physiologischen Bereich lagen. Im Gegensatz dazu zeigten die Tiere anfänglich unter Alfaxalon mit 14 ± 6,9 Atemzügen/min eine deutlich

niedrigere Atemfrequenz und in drei Fällen sogar transiente Atemstillstände innerhalb der ersten fünf bis sieben Minuten der Alfaxaloninfusion. Bei beiden Narkosearten konnte eine leichte Steigerung der Atemfrequenz im Verlauf der Narkose und eine deutlichere Erhöhung 15 Minuten nach Beendigung der Infusion auf 51 ± 19,3 (Ketamin) bzw. 32 ± 6,8 (Alfaxalon) Atemzüge/min beobachtet werden. Der festgestellte Unterschied zwischen Ketamin und Alfaxalon war dabei zu jedem Untersuchungszeitpunkt statistisch relevant.

In allen derzeit vorliegenden Studien zur Anwendung von Alfaxalon beim Kaninchen wird von einer deutlichen Reduktion der Atemfrequenz berichtet. Bei der alleinigen Applikation von 3, 4, 6, bzw. 8 mg/kg Alfaxalon konnte eine markante Bradypnoe, jedoch keine Apnoe festgestellt werden (Gil et al., 2012; Pignon et al., 2013). Beim Einsatz von Alfaxalon in Kombination mit Medetomidin wurden Atemfrequenzen von durchschnittlich 33 ± 7,6 Atemzügen/min (Marsh et al., 2009), in Kombination mit Buprenorphin im Mittel 33 Atemzügen/min erreicht (Grint et al., 2008). Bei einer Alfaxalon-Fentanyl-Droperidol-Anästhesie wurden im Mittel 39 Atemzüge/min gemessen (Tutunaru et al., 2012a), bei einer Alfaxalon-Medetomidin-Ketamin-Narkose (Macha et al., 2012) sogar nur 14. Bei insgesamt drei Studien (Grint et al., 2008; Macha et al., 2012; Tutunaru et al., 2012a) traten kurz nach der Narkoseinduktion transiente Atemstillstände von kurzer Dauer auf.

Auch Ketamin-Medetomidin-Narkosen induzieren in unterschiedlichen Dosierungen beim Kaninchen eine deutliche Atemfrequenzsenkung. Dosen von 15 mg/kg Ketamin und 0,25 mg/kg Medetomidin erzeugten Atemfrequenzen von 52 ± 18,6 Atemzügen/min (Grint and Murison, 2008). Der Einsatz von 25 mg/kg Ketamin und 0,25 mg/kg Medetomidin senkte die Atemfrequenz auf 34 ± 6 Atemzüge/min (Hedenqvist et al., 2001). Bei der intravenösen Gabe von 5 mg/kg Ketamin nach intramuskulärer Applikation von 0,35 mg/kg Medetomidin kam es zu einer relativ hohen Atemfrequenz von 80 - 90 Atemzügen/min (Hellebrekers et al., 1997).

Allen Studien ist gemeinsam, dass keinerlei Atemstillstände festgestellt wurden.

Die in dieser Studie beobachtete Atemfrequenzerniedrigung durch Ketamin befand sich in einem für die Herz-Kreislauf-Situation des Kaninchens ungefährlichen Bereich. Im Gegensatz dazu zeigten Kaninchen unter Alfaxalon deutlich dramatischere Bradypnoen. Dies kann in Kombination mit den aufgetretenen Atemstillständen zu bedrohlichen Hypoxien führen und

macht Sauerstoffzufuhr und eine Sicherung der Atemwege, um ggf. eine manuelle Beatmung durchführen zu können, unverzichtbar.

Die mit 3 mg/kg gewählte Alfaxalondosis zur intramuskulären Narkoseeinleitung könnte in dieser Untersuchung zu hoch gewählt worden sein und hat wahrscheinlich zu einer übermäßigen Anflutung von Alfaxalon im Blut zu Beginn der Infusion geführt. Das könnte auch erklären, warum die Atemstillstände und stärksten Atemfrequenzerniedrigungen zu Beginn der Infusionsnarkose auftraten. Evtl. könnte eine Reduktion der Einleitungsdosis auf 2 mg/kg das Risiko eines Atemstillstandes und die Ausprägung der Bradypnoe reduzieren, wobei allerdings auch die Qualität von Narkoseeinleitung und Narkosetiefe gemindert werden könnte.

Der arterielle Sauerstoffpartialdruck befand sich bei beiden Versuchsgruppen sowohl vor als auch fünf Stunden nach der Narkose in einem physiologischen Bereich bzw. geringgradig unterhalb der angegebenen Referenzwerte von 85 – 91 bzw. 76,2 – 90,6 mmHg (Barzago et al., 1992 bzw. Bonath et al., 1980). Im Verlauf der Anästhesie stieg er allerdings auf ein Vielfaches des Normalwertes an und erreichte bei beiden Narkosearten am Ende der Infusion Höchstwerte von 328,03 ± 100,4 mmHg (Ketamin) und 338,63 ± 119,87 mmHg (Alfaxalon).

Nach Flecknell (2009c) ist eine Erhöhung des arteriellen Sauerstoffpartialdruckes auf 300 - 400 mmHg bei Tieren, die unter Spontanatmung reinen Sauerstoff einatmen, typisch.

Vielmehr sollte beachtet werden, dass die untere physiologische Grenze des Sauerstoffpartialdruckes bei Tieren, die mindestens 40 bis 60% reinen Sauerstoff einatmen, mit 90-112 mmHg deutlich über dem von Tieren liegt, die Raumluft atmen. Darunterliegende Werte sind in diesen Fällen schon als hypoxisch zu bewerten (Flecknell, 2009c). Auch Henke et al. (2005) konnten bei einer Ketamin-Medetomidin-Narkose, bei der eine gewisse Menge Sauerstoff substituiert wurde, Sauerstoffpartialdrücke von 195 bis 323 mmHg nachweisen, die nach Beendigung der Sauerstoffsubstitution wieder deutlich abfielen.

Trotz dieser physiologischen Werte für den Sauerstoffpartialdruck kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gasaustausch während der Narkosen stets problemlos ablief.

Die beiden während der Narkose erhobenen Blutgaswerte stellen leider nur Momentaufnahmen dar und geben die Sauerstoffversorgungslage der gesamten Narkosedauer nicht adäquat wieder. Wie die kontinuierlichen Messungen mit dem Pulsoximeter gezeigt

haben, kam es bei einigen Tieren vorübergehend zu einem sehr starken Abfall der peripheren Sauerstoffsättigung und damit auch zu einem Abfall des arteriellen Sauerstoffpartialdruckes.

Im Vergleich zu den am Vortag erhobenen physiologischen Basalwerten sank der arterielle pH-Wert bei beiden Narkosearten leicht ab, wobei am Ende der 60-minütigen Infusions-narkose mit einem pH-Wert von 7,399 ± 0,018 unter Ketamin und 7,375 ± 0,06 unter Alfaxalon die tiefsten Werte gemessen wurden. Ein signifikanter Unterschied zwischen Ketamin und Alfaxalon konnte nicht festgestellt werden und die erhobenen Werte lagen trotz des deutlichen Abfalls innerhalb des von Bonath (1982) mit 7,327 - 7,417 festgelegten und nur geringgradig unterhalb des von Barzago et al. (1992) mit 7,391 - 7,479 abgesteckten Referenzbereiches. Das Vorliegen einer markanten Azidämie konnte folglich nicht festgestellt werden. Wenige Stunden nach Narkoseende konnte eine Normalisierung des pH-Wertes beobachtet werden, der wieder Werte im Basalwertbereich (Ketamin) annahm bzw. im Vergleich dazu sogar geringgradig erhöht war (Alfaxalon).

Bei mehreren Studien zur Ketamin-Medetomidin-Narkose beim Kaninchen, in denen eine Blutgas-Analyse durchgeführt wurde, kam es im Verlauf der Anästhesie aufgrund einer Atemdepression und damit einhergehender Hyperkapnie zu einem deutlichen Abfall des pH-Wertes im Vergleich zu den vor dem Versuch erhobenen Daten (Hedenqvist et al., 2002, 2001; Henke et al., 2005; Murphy et al., 2010). Hochgradige azidotische Zustände konnten auch in diesen Untersuchungen nicht festgestellt werden. In den verfügbaren Arbeiten zur Alfaxalonnarkose beim Kaninchen finden sich leider keinerlei Angaben zum arteriellen pH-Wert. Studien bei Katzen (Muir et al., 2009) und Hunden (Ambros et al., 2008) belegen allerdings einen ähnlichen pH-Wert-Abfall im Verlauf einer Alfaxalonnarkose.

Im Verlauf der 60-minütigen Narkose stieg der arterielle Kohlendioxidpartialdruck sowohl unter Alfaxalon als auch unter Ketamin deutlich an. Die erreichten Werte lagen dabei am Ende der Infusionsnarkose mit 64,65 ± 6,53 mmHg (Ketamin) und 59,37 ± 13,06 mmHg (Alfaxalon) deutlich über den angegeben Referenzwerten für den weißen Neuseeländer von 31,4 - 33, 4 mmHg (Barzago et al., 1992) und 33,4 - 38 mmHg (Bonath, 1982). Es konnten wiederum keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Anästhetika nachgewiesen werden. Obwohl Werte von 60 mmHg teilweise überschritten wurden und nach

Flecknell (2009c) somit eine moderate bis ausgeprägte Hyperkapnie vorlag, konnte nur eine geringgradige respiratorische Azidose festgestellt werden.

Ähnlich wie bei dem arteriellen pH-Wert, finden sich in der Literatur keine Hinweise zur Veränderung des arteriellen Kohlendioxidpartialdruckes beim Kaninchen unter Alfaxalon-narkose. Bei Katzen kam es in therapeutischen Dosen nur zu einer geringen (Muir et al., 2009), bei Hunden hingegen zu einer ausgeprägteren Erhöhung des Kohlendioxid-partialdruckes auf maximal 64,4 ± 11,8 mmHg (Ambros et al., 2008).

Auch Hedenqvist et al. (2001, 2002), Henke et al. (2005) und Murphy et al. (2010) stellten während einer Ketamin-Medetomidin-Narkose eine deutliche Erhöhung des arteriellen Kohlendioxidpartialdruckes fest. Die von ihnen beschriebenen maximalen Kohlendioxid-partialdruckwerte von 51,7 ± 5,7 mmHg (Hedenqvist et al., 2002), 48 ± 3,75 mmHg (Hedenqvist et al., 2001), 50,6 ± 5,5 mmHg (Henke et al., 2005) und 44,3 ± 4,5 (Murphy et al., 2010) lagen dabei jedoch unterhalb der in dieser Arbeit gemessenen Werte.

Die Messungen des endtidalen Kohlendioxidpartialdrucks zeigten einen Anstieg im Verlauf der Narkose auf maximal 65,6 ± 12,4 mmHg (Ketamin) bzw. 61,4 ± 11,8 mmHg (Alfaxalon) an und ähneln somit sehr stark den im Rahmen der Blutgasanalyse erhobenen Werten für den arteriellen Kohlendioxidpartialdruck. Der endtidale Kohlendioxidpartialdruck entspricht annähernd dem arteriellen und unterscheidet sich nur selten von diesem um deutlich mehr als 3 mmHg. In diesen Fällen kann von einem Ventilations-Perfussions-Missverhältnis und der Entstehung von alveolärem Totraum in der Lunge ausgegangen werden, bei dem aus kohlendioxidreichem Blut nicht genügend CO2 in die Lunge abgegeben wird (Alef and Oechtering, 1995). Da diese Beobachtung in der vorliegenden Studie nicht gemacht werden konnte, können auch an dieser Stelle die bereits bei der Beurteilung der Blutgase herangezogenen Referenzwerte von 31,4 - 33, 4 mmHg (Barzago et al., 1992) und 33,4 - 38 mmHg (Bonath, 1982) verwendet werden. Diese wurden im Verlauf der Narkose immer stärker überschritten und spiegeln sehr gut die bereits beim arteriellen Kohlendioxidpartialdruck dargestellte Hyperkapnie wider. Der endtidale Kohlendioxid-partialdruck sank dementsprechend 15 Minuten nach Beendigung der Infusionsnarkose aufgrund einer erhöhten Atemfrequenz und folglich stärkerer CO2-Abatmung auf 55,6 ± 11,8 mmHg (Ketamin) bzw. 54,8 ± 10,4 mmHg (Alfaxalon). Es muss jedoch beachtet werden, dass

der arterielle Kohlendioxidpartialdruck nur zweimal während der Narkose bestimmt wurde und somit ein Vergleich mit dem endtidalen Kohlendioxidpartialdruck nicht uneingeschränkt möglich ist.

Die arteriellen Bikarbonat-Werte stiegen im Verlauf der Infusionsnarkose deutlich an und erreichten am Ende der Ketaminnarkose Höchstwerte von 39 ± 2,45 mmol/l und am Ende der Alfaxalonnarkose Werte von 36,73 ± 3,47 mmol/l. Die von Barzago et al. (1992) mit 21,3 bis 23,7 mmol/l und von Bonath (1982) mit 16,8 bis 22,8 mmol/l angegebenen Normalwerte wurden dabei deutlich überschritten, ohne dass ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Narkosearten festgestellt werden konnte. Vor der jeweiligen Narkose befanden sich alle Bikarbonatwerte in einem physiologischen Bereich und sanken fünf Stunden nach der Anästhesie annähernd auf das Niveau der Basalwerte zurück.

Hellebrekers et al. (1997) konnten während einer 60-minütigen Ketamin-Medetomidin-Narkose beim Kaninchen nur leichte Anstiege der arteriellen Bikarbonat-Werte auf maximal 24,4 ± 1,3 mmol/l feststellen. Die im Vergleich zu dieser Studie geringer ausgeprägten Bikarbonatveränderungen stehen dabei im Kontext mit einer vergleichsweise schwächeren Hyperkapnie von maximal 49,9 ± 1,6 mmHg.

Wiederum finden sich keinerlei Angaben bezüglich der Bikarbonatveränderungen beim Kaninchen unter Alfaxalonnarkose. Beim Hund konnte jedoch nur eine, im Vergleich zum Basalwert, geringe Erhöhung des Bikarbonatwertes während einer Alfaxalonnarkose festgestellt werden (Ambros et al., 2008). Auch Bösing et al. (2012) konnten bei der Katze nur geringgradige Veränderungen dieses Parameters registrieren.

Die verzeichneten Veränderungen des arteriellen pH-Wertes, des arteriellen und endtidalen Kohlendioxidpartialdruckes und des Bikarbonates stehen in einem engen Zusammenhang mit der bei beiden Narkosearten reduzierten Atemfrequenz. Eine Hypoventilation führt zu einem erhöhten Kohlendioxidpartialdruck im Blut. CO2 wird mit Wasser zuerst zu Kohlensäure und anschließend zu Bikarbonat und Wasserstoffionen abgebaut, was einen Abfall des pH-Wertes bewirkt (Müller-Plathe, 1973). Trotz einer vergleichsweise deutlichen Hyperkapnie kam es dabei allerdings zu keiner ausgeprägten respiratorischen Azidose, da diese durch eine Erhöhung der Bikarbonatwerte erfolgreich

durch das Kohlensäure-Bikarbonat Puffersystem kompensiert werden konnte. Durch eine erhöhte tubuläre Bikarbonatrückresorption in der Niere und einer dadurch erhöhten Bikarbonatkonzentration im Plasma (Korbner, 1982) kommt es zu einer vermehrten Bindung von H+-Ionen an das Bikarbonat, womit ein starker pH-Wert Abfall verhindert werden kann.

Die Auswirkungen dieser renalen Kompensationsmechanismen kommen allerdings erst nach einiger Zeit im vollen Umfang zum Tragen (Müller-Plathe, 1973) und erklären die sehr schnellen Veränderungen der Bikarbonatwerte während der Narkose nur zum Teil. Eine, bei Hunden beschriebene, erhöhte Bikarbonatrückresorption durch den Einsatz von Medetomidin (Burton et al., 1998) tritt dagegen deutlich schneller auf. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die Gabe dieses Anästhetikums auch in diesen Versuchen eine erhöhte Bikarbonatkonzentration im Plasma erreicht wurde.

Trotz der sehr unterschiedlich ausgeprägten Reduktion der Atemfrequenz während der Ketamin- bzw. der Alfaxalonnarkose kam es durch die gute Pufferleistung des Blutes, insbesondere durch einen, eventuell durch Medetomidin ausgelösten, erhöhten Bikarbonatgehalt im Blut, zu keinen signifikanten Unterschieden in den Blutgaswerten oder dem Säure-Basen-Status der untersuchten Kaninchen.

4.6. Herzfrequenz und Blutdruck

Sowohl der mittlere als auch der systolische und diastolische arterielle Blutdruck blieben während der gesamten Infusionsdauer sehr stabil und lagen nur geringgradig unter den für Kaninchen physiologischen Werten. Ein Unterschied zwischen beiden Narkosearten konnte nicht nachgewiesen werden. Der mittlere arterielle Blutdruck befand sich während der Narkose mit Tiefstwerten von 70,7 ± 6,1 mmHg (Ketamin) und 68,3 ± 5,3 mmHg (Alfaxalon) nur moderat unterhalb der Referenzwachwerte von 90 - 100 mmHg (Kaplan and Timmons, 1979). Auffällig war, dass der Blutdruck zu Beginn der Infusionsnarkose geringgradig höher war und im Verlauf der Narkose geringfügig und ausgeprägter nach der Antagonisierung des Medetomidins absank. So erreichte der mittlere arterielle Blutdruck fünf Minuten nach Atipamezolapplikation Werte von 55,0 ± 8,78 mmHg (Ketamin) bzw. 58,6 ± 6,7 mmHg (Alfaxalon).

Als nachteilig kann gewertet werden, dass während der vorliegenden Untersuchungen keine Wachwerte erhoben werden konnten. Das gesamte Ausmaß der Blutdruckveränderung und eine evtl. initiale Hypertonie, wie sie bei der Gabe von Medetomidin beschrieben wurde (Savola, 1989), können somit nicht abschließend eingeschätzt werden. Es kann jedoch die Vermutung geäußert werden, dass sich die vasokonstriktorische und blutdrucksteigernde Wirkung des Medetomidins zu Beginn der Narkose in einem etwas höheren Blutdruck widerspiegelt, der dann im Verlauf der Narkose mit einem Absinken des Medetomidinwirkspiegels leicht abfiel. Auch die sehr ähnlichen und moderaten Auswirkungen der Ketamin-Medetomidin- sowie der Alfaxalon-Medetomidin-Narkose auf den Blutdruck sind sicherlich den Wirkungen des Medetomidins zuzuschreiben und maskieren die Unterschiede zwischen dem blutdrucksteigenden Ketamin (Wright, 1982) und den blutdrucksenkenden Eigenschaften des Alfaxalons (Ammer and Potschka, 2010).

Hypotonien wurden auch in anderen Studien zur Anwendung von Ketamin/Medetomidin beim Kaninchen nachgewiesen. Hedenqvist et al. (2002) beobachteten ein maximales Absinken des Blutdrucks auf 57 ± 14 mmHg während einer Narkose mit 15 mg/kg Ketamin und 0,25 mg/kg Medetomidin. Die erhobenen Wachwerte der untersuchten Kaninchen befanden sich dabei bei maximal 74 ± 89 mmHg und lagen somit kaum über denen in dieser Studie nachgewiesenen Werten während der Narkose. Auch bei einer weiteren Studie von Hedenqvist et al. (2001) konnten Wachwerte von maximal 76 ± 9 mmHg und Tiefstwerte während des Narkoseversuches (25 mg/kg Ketamin, 0,25 mg/kg Medetomidin) von 67 ± 5 mmHg belegt werden. Die von Hedenqvist beobachteten Wachwerte erscheinen relativ niedrig, denn sowohl Henke et al. (2005) als auch Kim et al. (2004) konnten deutlich höhere Wachwerte zwischen 80 und 100 mmHg bestimmen. Während der Narkosestudie von Kim et al. (2004) kam es nach der intravenösen Applikation von 0,35 mg/kg Medetomidin und 5 mg/kg Ketamin zu einem deutlich markanteren Abfall des Blutdrucks auf unter 60 mmHg.

Weiterhin stieg der Blutdruck, ganz im Gegensatz zu den Beobachtungen die in der vorliegenden Untersuchung gemacht werden konnten, nach Atipamezolgabe signifikant an.

Auch Alfaxalonmononarkosen haben zumindest bei der Katze deutliche Hypotonien hervorgerufen (Zaki et al., 2009). Dabei wurden niedrigste Werte für den mittleren arteriellen Blutdruck mit 76 ± 6 mmHg (Bösing et al., 2012) bzw. 71 ± 27 mmHg (Muir et al., 2009)

erreicht, wobei beachtet werden muss, dass in den genannten Studien unterschiedliche Dosierungen zum Einsatz kamen.

Zusammenfassend scheinen die erprobten Anästhetikakombinationen nur moderate blutdruckverändernde Eigenschaften zu haben, die v.a. durch die Effekte des Medetomidins geprägt und stabilisiert werden. Der genaue Grund für die deutlich stärkere Hypotonie nach der Atipamezolgabe kann nicht endgültig geklärt werden, jedoch könnte die Aufhebung der Vasokonstriktion des Medetomidins (Savola, 1989) den Blutdruckabfall bewirkt haben. Auch die Bindung des Atipamezol an die α2-Rezeptoren selbst könnte einen deutlichen Blutdruckabfall ausgelöst haben, wie schon bei Hund und Katze beobachtet wurde (Vainio, 1990).

Die Basalwerte der Herzfrequenz lagen im Mittel bei 190 ± 19,1 (Ketamin) bzw. 202 ± 10,4 (Alfaxalon) Herzschlägen/min. Bei beiden Narkosearten wurden zu Beginn der Infusion deutlich niedrigere Frequenzen mit 133 ± 11,8 (Ketamin) bzw. 121 ± 23,7 (Alfaxalon) Herzschlägen/min erreicht, welche über den Verlauf der Anästhesie nur geringgradig anstiegen. Der physiologische Referenzbereich von 130 - 325 Herzschlägen/min (Harcourt-Brown, 2002) wurde somit nicht oder nur geringgradig unterschritten.

Ähnliche Herzfrequenzveränderung unter Alfaxalon/Medetomidin wurden auch in einer Studie von Marsh et al. (2009) festgestellt, bei der durchschnittlich 151 ± 29 Herzschläge/min aufgezeichnet wurden. Bei anderen Kombinationsanästhesien mit Alfaxalon wurden teilweise höhere mittlere Herzfrequenzen von 213 (Macha et al., 2012), 198 (Tutunaru et al., 2012a) bzw. 228 (Grint et al., 2008) Herzschlägen/min beobachtet.

Ein moderater Effekt auf die Herzfrequenz konnte auch für Ketamin/Medetomidin in zahlreichen Studien und unterschiedlichen Dosierungen nachgewiesen werden. Bei Hedenqvist et al. (2002) traten mittlere Herzfrequenzen von 157 ± 27 Herzschlägen/min auf.

Bei Henke et al. (2005) beliefen sich diese minimal auf 129 ± 18 und bei Murphy et al. (2010) im Mittel auf 213 Herzschläge/min. Nach intravenöser Gabe von 0,35 mg/kg Medetomidin und 5 mg/kg Ketamin konnte allerdings eine etwas stärkere Bradykardie von durchschnittlich unter 100 Herzschlägen/min verzeichnet werden (Kim et al., 2004), was mit der angewandten Applikationsweise im Zusammenhang stehen kann.

Sowohl die Absenkung der Herzfrequenz als auch der mit durchschnittlich 70 mmHg nur sehr moderat veränderte Blutdruck befanden sich bei beiden getesteten Narkosen in einem klinisch tolerablen Bereich. Ob allerdings eine verminderte Gewebsperfusion vorlag, was durch die Erhöhung des systemischen Gefäßwiderstandes zu vermuten ist, kann allerdings aufgrund fehlender Überwachung des Herzminutenvolumens nicht nachgewiesen werden.

Die sehr ähnlichen Auswirkungen auf Blutdruck und Herzfrequenz deuten auf eine vergleichbare Beeinträchtigung sowohl durch Ketamin als auch durch Alfaxalon hin.

Dennoch muss beachtet werden, dass die starken Wirkungen des Medetomidins, das bei beiden Narkosearten in gleicher Dosierung zum Einsatz kam, diese Kreislaufwirkungen stark geprägt habt und Unterschiede zwischen Ketamin und Alfaxalon somit evtl. überdeckt worden sind.

4.7. Sauerstoffsättigung

Die Sauerstoffsättigung blieb bei den Tieren, die 100% Sauerstoff einatmeten und keinen Atemstillstand als Antwort auf die elektrische Stimulation zeigten, in einem physiologischen Bereich von über 96% (Barzago et al., 1992). Bei drei von fünf Versuchen mit einer Sauerstoffsupplementation von weniger als 100% kam es, von dem verwendeten Anästhetikum unabhängig, zu einem kritischen Abfall der Sauerstoffsättigung auf bis zu 39%.

In anderen Studien konnte beim Kaninchen eine ausreichende Sauerstoffsättigung unter Alfaxalonnarkose durch adäquate Sauerstoffsubstitution aufrechterhalten werden (Grint et al., 2008; Marsh et al., 2009). Fehlte diese, konnten während einer Fentanyl-Droperidol-Alfaxalon-Narkose stark erniedrigte Sättigungswerte von bis zu 42% verzeichnet werden (Tutunaru et al., 2012a, 2012b). Ähnliche Befunde konnten während Ketamin-Medetomidin-Narkosen erhoben werden. So fiel in einer Studie von Williams und Wyatt (2007) der SpO2 – Wert ohne Sauerstoffsubstitution auf unter 80%, in Untersuchungen von Hellebrekers et al.

(1997) sogar auf durchschnittlich 78%. Bei ausreichender Sauerstoffversorgung war es möglich im Mittel Werte von 96% zu messen (Grint and Murison, 2008).

Nach den negativen Erfahrungen mit einer unzureichenden Sauerstoffversorgung wurde in dieser Versuchsreihe bei allen weiteren Versuchen die Sauerstoffzufuhr auf 100% erhöht und somit die in diesem Zusammenhang aufgetretenen Schwierigkeiten vermieden. Aufgrund dessen und unter Berücksichtigung der vorliegenden Literatur ist für keine der erprobten Anästhetikakombinationen ein Verzicht auf Sauerstoffzufuhr ratsam.

Die durch den Sauerstoffmangel bewirkten teils schwerwiegenden Probleme werden unter Punkt 4.12. erörtert.

4.8. Elektrolyte

Die Natriumwerte befanden sich an jedem der vier Blutentnahmezeitpunke in einem für Kaninchen physiologischen Bereich von 138 - 158 mmol/l (Evans, 2009) und schwankten nur minimal im Verlauf der jeweiligen Narkosen und danach. Zwischen den beiden getesteten Anästhetikaregimes konnte kein signifikanter Unterschied ermittelt werden. Diese Beobachtung lässt darauf schließen, dass das aufgrund seiner großen Bedeutung für den osmotischen Druck sehr empfindliche Natrium-Steuerungssystem durch beide Narkosearten weitestgehend ungestört blieb.

Sowohl bei Ketamin als auch bei Alfaxalon kam es zu einem deutlichen Abfall der Kalium-Werte, die am Ende der Infusionsnarkose einen Tiefstwert von 3,36 ± 0,23 mmol/l (Ketamin) bzw. 3,41 ± 0,21 mmol/l (Alfaxalon) erreichten und dabei unterhalb des mit 4 bis 6 mmol/l angegebenen Referenzbereiches lagen (Evans, 2009). Fünf Stunden nach Infusionsende konnten wieder annähernd physiologische Werte erreicht werden, wobei allerdings die Basalwerte weiterhin unterschritten wurden. Beide Narkosearten hatten einen ähnlichen Einfluss auf die Kalium-Wert-Veränderungen.

Hypokaliämie während der Anästhesie ist vor allem beim Menschen intensivst untersucht und erforscht worden, war aber auch schon Gegenstand von Untersuchungen in der Versuchstierkunde und beim Hund (Robbins and Pratt, 1936; Wong et al., 1973). Viele Anästhetika wie Barbiturate, Ether, Halothan und Thiopeton führen während der Narkose zu einer verminderten Zelldepolarisation, wodurch es zu einem verringerten Kationenaustausch

und damit auch zu einer verminderten Kaliumkonzentration im Blut kommt (List, 1967;

Wong et al., 1973). Da sowohl Ketamin als auch Alfaxalon zu einer reduzierten Erregungsfähigkeit von Zellen führen (Ammer and Potschka, 2010; Starke, 2013a), könnten sie damit ursächlich zu einer Hypokaliämie beitragen.

Auch eine insulininduzierte Blutzuckersenkung kann zu einem reduzierten Kaliumwert führen (Leak and Starr, 1962). Bei Ketaminstudien am Kaninchen konnten allerdings Hyperglykämien festgestellt werden (Sponheimer, 2010) und auch Medetomidin führt zu einer Erhöhung der Blutglukose und nicht zu einer Hypoglykämie (Sinclair, 2003). Alfaxalon

Auch eine insulininduzierte Blutzuckersenkung kann zu einem reduzierten Kaliumwert führen (Leak and Starr, 1962). Bei Ketaminstudien am Kaninchen konnten allerdings Hyperglykämien festgestellt werden (Sponheimer, 2010) und auch Medetomidin führt zu einer Erhöhung der Blutglukose und nicht zu einer Hypoglykämie (Sinclair, 2003). Alfaxalon