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Arbeitsweisen und Arbeitsinhalte beim Outreach

Im Dokument Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit (Seite 187-196)

9 „What the hell is going on here?” 33 Zur Methodik der sozialräumlichen Fallstudien

10 Sozialräumliche Fallstudie zu Jugendarbeit an einem urbanen ‚hot spot‘

10.2 Arbeitsweisen und Arbeitsinhalte beim Outreach

Die Beobachtungen ermöglichen vor allem detaillierte Einblicke in die Ar-beitsweise der JugendarbeiterInnen im öffentlichen Raum, konkrete Verände-rungen im Verlauf des Beobachtungszeitraums hingegen ließen sich schwer erfassen. Die Interaktionen mit Jugendlichen im öffentlichen Raum weisen einen sehr unterschiedlichen Grad an Intensität auf. Bei Erstkontakten oder Kontakten mit weniger gut bekannten Jugendlichen sind die Jugendarbeite-rInnen sehr bemüht, die Jugendlichen nicht zu bedrängen, ihnen nicht lästig zu fallen. Wenn sie diesen Eindruck bekommen, beenden sie Gespräche recht schnell. Im Grunde scheinen die meisten kontaktierten Jugendlichen kein Problem mit der Anwesenheit der JugendarbeiterInnen zu haben, so der Ein-druck in der Beobachtung des Geschehens. Selbst wenn Kontakte abgelehnt bzw. abgebrochen wurden, geschah das von Seiten der Jugendlichen auf höfliche Art und Weise. Die JugendarbeiterInnen insistieren ihrerseits nicht auf Gespräche und überlassen es den Jugendlichen zu bestimmen, wann ein Kontakt beendet ist. Es gibt Kontakte, die sich auf ein kurzes Grüßen und das Wechseln einiger Worte beschränken. Oft verläuft der Kontakt zwischen den JugendarbeiterInnen und den Jugendlichen auf einer scherzhaften Ebene, eher an der Oberfläche, von Seiten der Jugendlichen unverbindlich, aber freund-lich. Es wird deutlich, dass die JugendarbeiterInnen in der Lebenswelt der Jugendlichen zu Gast sind und ihnen gegenüber keinerlei Durchgriffsrechte haben oder haben wollen. Das scheint auch den Jugendlichen bewusst zu sein. Möglicherweise werden durch diese Rahmenbedingung eine Kommuni-kation auf Augenhöhe und punktuelle Gespräche über eher vertrauliche An-gelegenheiten unterstützt.

In der Kommunikation achten die JugendarbeiterInnen sehr darauf, die Grenzen der Jugendlichen zu respektieren. Die Jugendlichen können einen Kontakt, ein Gespräch jederzeit beenden, suchen zum Teil aber aktiv den Austausch mit den JugendarbeiterInnen. Manchmal geschieht das eher zum Zeitvertreib, manchmal dezidiert, um sich Ratschläge und Meinungen abzu-holen. Grundsätzlich ist der Kontakt zwischen den Jugendlichen und den JugendarbeiterInnen von BoS 16/17 von einer durchaus vertrauensvollen Atmosphäre geprägt. Es wurden auch Gespräche beobachtet, in denen Ju-gendliche den JugendarbeiterInnen sehr offen aus ihrem Leben erzählen. Das

deutet darauf hin, dass diese als GesprächspartnerInnen akzeptiert und ge-schätzt werden. Manche der Jugendlichen teilen sich gerne mit, spielen unter Umständen auch mit bestimmten Themen, um interessant zu wirken. Dabei geht es um Unverfängliches wie Sport und Freizeitgestaltung, aber genauso um Schwierigkeiten in Bezug auf Ausbildungs- und Arbeitsplatz, Streitigkei-ten im Freundeskreis, Beziehungsfragen oder Begegnungen mit der Polizei.

Immer wieder stellen die JugendarbeiterInnen unter Beweis, dass sie mit jugendrelevanten Themen vertraut bzw. daran interessiert sind, von den Ju-gendlichen mehr darüber zu erfahren, was diese gerade bewegt.

Die Tätigkeit von BoS 16/17 wird, wie durch das beobachtete Gespräch des „Onkels“ (SR1-BP3) offensichtlich wurde, nicht nur von Jugendlichen wahrgenommen, sondern auch von Erwachsenen. Den BoS-MitarbeiterInnen wird dabei eine gewisse Zuständigkeit für die Jugendlichen und den öffentli-chen Raum zuerkannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Tätig-keit von BoS 16/17 als grundsätzlich positiv bewertet wird, da keinerlei ab-lehnende oder feindselige Äußerungen oder Aktionen von Erwachsenen ge-genüber den StreetworkerInnen wahrgenommen wurden. Aber es kann zu Wünschen bzw. Erwartungen von Erwachsenen an die Jugendarbeit kommen, welche sich nicht mit dem Selbstverständnis der BoS-MitarbeiterInnen in Einklang bringen lassen (stärkere Ordnungsfunktion gegenüber Jugendli-chen). Im konkreten Fall grenzten sich die BoS-MitarbeiterInnen deutlich gegenüber den Wünschen des Erwachsenen ab und stellten fest, dass es nicht ihre Aufgabe wäre, „Polizei zu spielen“ (SR1-BP3). Die absolute Mehrheit des Aufeinandertreffens von Erwachsenen und BoS-MitarbeiterInnen im öffentlichen Raum führt aber zu keinerlei direkter Interaktion.

Manche Jugendliche haben einen Begriff davon, was mobile Jugendarbeit ist, selbst wenn sie noch nicht Kontakt zu BoS 16/17 gehabt hatten. Sie ken-nen die mobile Jugendarbeit dann aus anderen Kontexten bzw. Bezirken. Es konnte beobachtet werden, dass sich dieser Umstand durchaus positiv auf eine Kontaktaufnahme durch BoS 16/17 auswirken kann (SR1-BP3).

Die Jugendarbeit ist „unauffällig“ präsent. Sie grüßt, steht bzw. geht her-um, hört zu und ist an allem interessiert, was Jugendliche bewegt. Wenn jemand in die Zielgruppe fällt, aber signalisiert, dass er kein Interesse hat, wird der Kontakt nicht mehr gesucht, darauf wurde in einem Gespräch mit der Beobachterin verwiesen. Wenn jemand eine „unübersehbare Abwehrhal-tung“ gegenüber den StreetworkerInnen hat und offensichtlich keine Kon-taktnahme mag, „soll man das auch nicht strapazieren“ (SR1-BP5). Bei eini-gen Kontakten zog sich die Jueini-gendarbeit mit dem Hinweis, „nicht stören“ zu wollen, nach einer kurzen Begrüßung wieder zurück.

Erstkontakt mit Jugendlichen herstellen

Aus den Beobachtungen erschließt sich nicht eindeutig, nach welchen Krite-rien beim Outreach, im Falle, dass neue Jugendliche anwesend sind, Kontakt aufgenommen wird oder nicht. Die Beobachtungen zeigen, dass den Jugend-lichen jedenfalls kein Kontakt aufgedrängt wird und der Kontaktversuch von ihnen auch nicht als unangenehm erlebt werden soll (Prinzip der Freiwillig-keit). Das konkrete Vorgehen wird zumeist situativ im Subteam entschieden.

Es wäre erwartbar, dass sie gerade dort, wo sich viele unbekannte Jugendli-che aufhalten, länger bleiben, um diese kennenzulernen und Kontakt herzu-stellen. Dies wird aber aus den Beobachtungen nicht ersichtlich, vielmehr entsteht der Eindruck, dass ein Park wieder verlassen wird, wenn keine be-kannten Jugendlichen angetroffen werden. Inwieweit dies eine reflektierte Zurückhaltung darstellt, um Jugendliche in den Parks nicht zu stören oder zu bedrängen, ließ sich aufgrund der Beobachtungen nicht erschließen. Mög-licherweise wird auch besonders nach bekannten Jugendlichen Ausschau gehalten, weil diese als Gatekeeper zu anwesenden Cliquen fungieren bzw.

als solche genutzt werden.

Ergebnisse aus Workshop mit dem Verein Wiener Jugendzentren Da diese seltene aktive Kontaktaufnahme mit unbekannten Jugendlichen im Forschungsteam eine gewisse Verwunderung auslöste, wurden diese Beobachungen im Workshop mit den JugendarbeiterInnen der beiden Wiener Einrichtungen zur Diskussion gestellt. Die Diskussionsergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

• Riskant zeigt sich jede als aufdringlich erlebte Art der Kontaktauf-nahme seitens der JugendarbeiterInnen, solche Zugangsweisen be-währen sich in der Praxis nicht und provozieren Ablehnung seitens der Jugendlichen.

• „Mundpropaganda“ unter den Jugendlichen für die Jugendarbeite-rInnen erweist sich als kontaktfördernd.

• Interessen bei den Jugendlichen zu erkennen und anzusprechen hilft beim Herstellen eines Kontaktes. Unterstützend im Erstkontakt sind auch Flyer (über die Einrichtung, über jugendrelevante Themen etc.), die an die Jugendlichen überreicht werden können.

• In der Praxis erweist es sich als besonders schwer, richtig einzu-schätzen, ob eine Situation geeignet ist, eine Gruppe Jugendlicher anzusprechen.

• Essenziell in jedem Kontakt ist Authentizität auf Seiten der Jugend-arbeiterInnen.

• Beim Outreach wird gendersensibel gearbeitet: Die Jugendarbeite-rinnen sprechen vorrangig die Mädchen an. Dies ist insbesondere

beim Kontakt mit Jugendlichen mit spezifischem ethnischen Hin-tergrund von Bedeutung.

• Prinzipiell ist bei Neukontakten zu überlegen, ob auch genug Res-sourcen vorhanden sind, solch neue Kontakte „abzuarbeiten“, d.h.

danach die Zeit zu finden, mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Hier wird dem Prinzip gefolgt: Qualität vor Quantität der Kontakte.

Die JugendarbeiterInnen gehen somit nicht allzu häufig aktiv auf ihnen unbe-kannte Jugendliche zu; die erste Kontaktaufnahme wird auf eine sehr vorsich-tige Annäherung reduziert. Beobachtet wurden bei den begleiteten Outreaches insgesamt zwei Kontaktaufnahmen mit offensichtlich unbekann-ten Jugendlichen: In der ersunbekann-ten dieser Kontakte beginnt ein Jugendarbeiter mit einem der Jugendlichen, den er noch nicht kennt, zu sprechen. Dieser erzählt, dass er aus Afghanistan sei, keine Familie mehr habe, seit zwei Jah-ren in Österreich lebe und Deutsch lerne. Der Mitarbeiter äußert daraufhin, dass er wirklich sehr gut Deutsch spreche; der zweite Jugendarbeiter erklärt parallel zwei anderen unbekannten Jugendlichen, was BoS 16/17 sei und was sie machen. Der älteste der Jugendlichen, er dürfte ca. 17 Jahre alt sein, kün-digt daraufhin an, dass er einmal in der Anlaufstelle vorbeikommen werde wegen einer Bewerbung. Der Jugendarbeiter bestärkt ihn, das solle er ruhig machen, und teilt ihm die Journalzeiten der Einrichtung mit (vgl. SR1-BP8).

In der zweiten beobachteten Kontaktaufnahme treten zwei JugendarbeiterIn-nen an eine Gruppe Jugendlicher heran, die gerade eiJugendarbeiterIn-nen Joint kreisen lassen (vgl. SR1-BP10). Der Vorfall wird in Kapitel 10.3. näher geschildert.

Situativ entschieden wird von den StreetworkerInnen, wie viele Personen des Teams sich an einer (ersten) Kontaktaufnahme mit Jugendlichen beteili-gen, manchmal wird kurz hierüber miteinander beraten. In manchen Fällen wird auch generell gegen eine Kontaktaufnahme entschieden, bei einer Be-obachtung wurde etwa der Beobachterin erläutert, dass einer von zwei im Park anwesenden Jugendlichen bislang immer eine „unübersehbare Abwehr-haltung“ gegen die StreetworkerInnen an den Tag gelegt habe, sodass von einer Kontaktaufnahme Abstand genommen werde (SR1-BP5). In dieser Situation wird erneut deutlich, wie sehr die BoS-MitarbeiterInnen bemüht sind, niemandem im öffentlichen Raum durch ihre Arbeit lästig zu fallen.

Ein Vorteil der flexiblen Streetworkeinsätze ist, dass sich die mobile Ju-gendarbeit an geänderte Raumnutzungen der Jugendlichen anpassen kann, dies wird durch die unterschiedliche Aufenthaltszeit in den einzelnen Parks ersichtlich. Durch die unregelmäßige Präsenz im Park sind die Jugendarbeite-rInnen für die Jugendlichen dort allerdings nicht verlässlich erreichbar, dies kann im konkreten Kontext aber durch den Journaldienst in der Anlaufstelle ausgeglichen werden. Das städtische Gefüge mit kürzeren bzw. leichter zu überwindenden Distanzen erweist sich dabei als vorteilhaft, mobile

Jugend-arbeit in kleineren ländlichen Gemeinden steht hier vor anderen Herausforde-rungen (vgl. hierzu auch die sozialräumliche Fallstudie in Kap. 11).

Kontakte erhalten und festigen

Ist ein Erstkontakt gelungen, gilt es diesen zu erhalten bzw. für künftige Kon-takte förderliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Hierzu ist Vertrauen nötig und dieser Vertrauensaufbau erweist sich in der Praxis oft als zeitintensiv bzw. braucht ein langsames Annähern. Die JugendarbeiterInnen diskutierten untereinander beispielsweise, dass sie evtl. das Zielgruppenalter bei Mädchen etwas heruntersetzen sollten, damit der Kontaktaufbau bei Eintritt der Puber-tät bereits so weit gefestigt ist, dass sich die Mädchen bei Bedarf an die Ju-gendarbeit wenden (SR1-BP1).

Ritualisiert ist offenbar die Begrüßung bekannter Jugendlicher mittels Handschlag bzw. „Abklatschen“. Es passiert damit eine explizite persönliche Begrüßung jeder einzelnen bekannten Person. Gegenüber ihnen unbekannten Jugendlichen hingegen verzichten die JugendarbeiterInnen in der Regel auf diesen Händedruck, teilweise vermutlich auch gegenüber bekannten Jugend-lichen, wenn unklar ist, ob die JugendarbeiterInnen willkommen sind, wie sich in nachfolgendem Beispiel andeutet.

Die MitarbeiterInnen kennen viele Jugendliche beim Namen und passen sich der jeweiligen Situation an. Wenn die Jugendlichen auf die Interaktions-angebote der JugendarbeiterInnen nicht einsteigen, wird die Kontaktaufnah-me kurz erläutert („wollten nur kurz Hallo sagen“) und dadurch in gewisser Weise eine mögliche Störung ‚entschuldigt‘ oder abgeschwächt („wollen euch nicht länger stören“), dann ziehen sich die JugendarbeiterInnen zurück.

Solche Situationen wurden mehrfach beobachtet: Bei einem Outreach wurden beispielsweise zwei Burschen und zwei Mädchen (ca. 16 Jahre) angetroffen, wobei jeweils ein Bursche und ein Mädchen miteinander redeten. Die Ju-gendarbeiterInnen begrüßten die Jugendlichen – allerdings ohne Händeschüt-teln – und fragen sie, was sie machen. Die Jugendlichen grüßten grinsend zurück und antworteten, dass sie hier sitzen, aber „man jetzt hier eine Park-karte braucht“ (SR1-BP5). Daraufhin erwiderten die JugendarbeiterInnen lachend, dass sie nicht weiter stören wollen. Dies war eine der ganz seltenen Beobachtungen, wo die Jugendlichen in einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe angetroffen wurden. Das Gespräch verlief freundlich und humorvoll, die Jugendlichen scherzten mit den JugendarbeiterInnen. Ihre Antworten deuten aber an, dass sie an einem Gespräch nicht interessiert waren, sondern offenbar lieber miteinander weiter flirten wollten. Die Botschaft wurde von den JugendarbeiterInnen verstanden, diese zogen sich sensibel zurück.

Eine Strategie zur Weiterführung des Kontaktes dürfte sein, den Jugendli-chen, die im Outreach getroffen werden, interessante Angebote in der

An-laufstelle anzubieten, beispielsweise den Schnittraum bzw. das Tonstudio (SR1-BP9).

Zuhören und interessiert sein an allem, was Jugendliche bewegt – und darüber Beziehung aufbauen

Die beobachteten Gespräche von und mit männlichen Jugendlichen drehten sich häufig um Sport, insbesondere Basketball, Boxen, Fußball (SR1-BP2).

Der ‚idealtypische‘ männliche Mitarbeiter hat von allen Sportarten zumindest so viel Ahnung, dass er „mitreden“ und sich austauschen, sein Interesse an den Hobbies der (männlichen) Jugendlichen bekunden und vermitteln kann.

Es gab nur eine sportlich konnotierte Interaktion mit einem ca. 12-jährigen Mädchen, das auf einem Skateboard heran gerollt kam (SR1-BP4). Die bei-den männlichen Jugendarbeiter lobten und bestärkten das Mädchen in Bezug auf ihre Freizeitbeschäftigung, gaben ihr sportliche Tipps und zeigten ihr Tricks auf dem Skateboard. Die Jugendarbeiter sprachen ihr Talent zu und es kann angenommen werden, dass sich dadurch das Mädchen in ihren sportli-chen Fähigkeiten bestärkt und motiviert sah. Das Mädsportli-chen ließ sich auf das

„Training“ ein und versuchte, vorgeführte Tricks nachzuahmen, was ihr nach wenigen Versuchen auch gelang.

Andere Themen wurden in den Gesprächen faktisch weitaus seltener auf-gegriffen, mehrfach waren allerdings berufliche bzw. ausbildungsbezogene Fragestellungen Gesprächsgegenstand, damit kann ebenfalls Vertrauen und Nähe aufgebaut werden. So erzählte ein älterer Jugendlicher bzw. vermutlich bereits junger Erwachsener einer Mitarbeiterin von seiner Arbeit in einer Bar, über seinen beruflichen Alltag, seine Kollegen, die Gäste. Die Mitarbeiterin hörte ihm zu und stellte immer wieder Fragen zu den Arbeitszeiten, dem Gehalt, etc. Während des Gespräches gesellte sich noch ein junger Mann Anfang/Mitte Zwanzig dazu und erzählte, dass ihm die Arbeit am Bau auf die Nerven ginge und er Probleme mit seinem Chef habe. Deshalb habe er sich bei einer Firma beworben, die Waffen produziert, er könne wahrscheinlich dort anfangen. Die beiden JugendarbeiterInnen problematisierten im Ge-spräch, ob eine Waffenproduktionsfirma ein adäquater Arbeitsbereich für ihn sei. Wie sich bei einem späteren Treffen herausstellt, begann der junge Mann dennoch dort zu arbeiten (SR1-BP2; SR1-BP4, SR1-BP9).

Beziehungen wurden nur im Rahmen einer Beobachtung zum Gesprächs-thema, als eine „unerwiderte Liebe“ eines Burschen vorbeiging und die ande-ren Jugendlichen dem Jugendarbeiter den Hintergrund erklärten. In dieser Interaktion vermittelte die Jugendarbeit, es wäre besser, sich nach Alternati-ven umzusehen, wenn das Mädchen nicht wolle (SR1-BP8).

Materielle & räumliche Ressourcen erschließen sowie attraktive Freizeitevents realisieren

Eine konkrete Ressource ist die Anlaufstelle von BoS 16/17 mit Computern und anderen Angeboten, die von den Jugendlichen genutzt werden können.

Das Tonstudio kann manchmal ein „intro“ für ein stärkeres Nutzen der Ju-gendeinrichtung als solches sein. Ein etwa 16-18-jähriger Jugendlicher er-zählte den MitarbeiterInnen, dass er gerade in einem Aufnahmestudio gewe-sen sei, das sehr teuer war, er beklagte sich, dass der Inhaber des Studios ihm gegenüber unfreundlich gewesen sei. Daraufhin informierten ihn die Jugend-arbeiter, dass er nach einer kurzen Einschulung bei BoS das Tonstudio nutzen könne (SR1-BP9).

Bei einem von Jugendlichen am Platz initiierten Open Air- Benefizkon-zert zur Unterstützung von Überschwemmungsopfern am Balkan machten die Jugendlichen durch den erfolgreichen Projektabschluss die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und leisteten einen praktischen, solidarischen Beitrag. Die mobile Jugendarbeit unterstützte hierbei, indem BoS 16/17 die offizielle Veranstalterrolle und damit -verantwortung übernahm und an den Vorberei-tungen wie auch vor Ort „präsent und engagiert“ mitarbeitete. Offensichtlich wurde dieses Anliegen der Jugendlichen relativ unkompliziert von BoS 16/17 aufgegriffen, die Genehmigungen eingeholt und Haftungen übernommen sowie das Equipment organisiert. Die Betonung darauf, dass BoS 16/17 nach außen die Veranstalterrolle innehatte, legt im Umkehrschluss nahe, dass nach innen die Jugendlichen weiterhin eine tragende Rolle hatten. Zum Beispiel übernahm ein Bursche die Film- und Audioaufnahmen vor Ort. Er wurde dabei von BoS 16/17 über die Bereitstellung von technischem Equipment unterstützt.

Die Jugendlichen nutzen die mobile Jugendarbeit als Ressource, wenn es darum geht, derartige Ideen in die Tat umzusetzen. Dabei nehmen die Ju-gendarbeiterInnen den Jugendlichen nicht alle Aufgaben aus der Hand, denn auch qualifizierte Tätigkeiten bleiben im Aufgabenbereich von Jugendlichen (Film- und Tonaufnahmen bei Event, Interviews führen). Die Einrichtung nimmt eine Mittlerrolle zwischen den Jugendlichen einerseits und verschie-denen Stakeholdern des öffentlichen Raums andererseits ein, federt Hierar-chien zwischen Ämtern o.ä. und den Jugendlichen ab und unterstützt bei rechtlichen Fragestellungen oder auch bei der Kontrolle des Veranstaltungs-bereiches. Die Möglichkeiten (auch für minderjährige Jugendliche) werden damit erweitert. Die Jugendlichen können ein Projekt von der Idee bis zur Umsetzung durchführen, Projektarbeit, Eventmanagement, technische Fertig-keiten, PR-Arbeit, ehrenamtliches Engagement (Benefiz) erproben. Sie ler-nen auf Bedürfnisse ihrer jeweiligen KooperationspartnerInler-nen einzugehen, beginnend bei den anderen beteiligten Jugendlichen über die UnterstützerIn-nen bei BoS 16/17 bis zu den relevanten Stakeholdern im öffentlichen Raum,

die dabei ins Spiel kommen (Veranstaltungspolizei, etc.) (SR1-BP0). Anzu-merken ist, dass diese Wirkungen im konkreten Fall nur eingeschränkt direkt beobachtet wurden, sie wurden in der Analyse eher als Wirkmöglichkeiten erschlossen.

Bei einem Outreach erzählte ein Mitarbeiter, dass das Volleyballnetz im-mer wieder verschwunden sei und die mobile Jugendarbeit daher „der Stadt“

bereits vorgeschlagen hätte, ein permanentes Netz zu fixieren, wobei dies bis dahin nicht realisiert wurde. Nicht ersichtlich wird, ob dies auf Initiative der jugendlichen NutzerInnen an die Stadt herangetragen wurde, oder ob die mobile Jugendarbeit hier „eigeninitiativ“ war. Auch die Absicht zu einem gemeinsamen Kinobesuch wurde durch die mobile Jugendarbeit bei den Jugendlichen deponiert; es konnte allerdings im Rahmen der Fallstudie nicht beobachtet werden, ob dieses Angebot tatsächlich umgesetzt wurde.

Bei persönlichen Problemen beraten und unterstützen sowie spezialisierte Hilfe vermitteln – Vernetzungsarbeit

Beispiele für umfassendere Unterstützung oder auch Beratung waren im Rahmen der Beobachtungen nur vereinzelt auszumachen: Bei einem Outreach eröffnete ein etwa 22-jähriger das Gespräch mit „Ich brauche eh euren Rat“ (SR1-BP2). Er wäre im Dilemma, ob er eine Lehre beginnen oder sich als Tontechniker selbstständig machen solle. Jugendliche wenden sich den Beobachtungen zufolge an die JugendarbeiterInnen, wenn sie Fragen rund um Ausbildung, Weiterbildung und berufliche Veränderungen haben.

Die Jugendarbeit wird genutzt, um konkrete Informationen zu bekommen, sich ohne konkrete Änderungsabsicht Ärger von der Seele zu reden oder beispielsweise auch, um bei einer anstehenden Entscheidung durch das Ge-spräch mit den JugendarbeiterInnen zu einer Klärung zu kommen.

Bei einem Outreach berichtete ein Jugendarbeiter der Beobachterin, dass sie manchmal Jugendliche zu Gerichtsterminen begleiten und ihnen dabei zur Seite stehen. Diese Tätigkeiten waren allerdings im Rahmen der sozialräum-lichen Fallstudie, die einen anderen Beobachtungsfokus hatte, nicht direkt beobachtbar.

Rund um die begleiteten Outreaches kam es auch zu Kontakten mit Ko-operationspartnern, konkret mit der von den Kinderfreunden im Bezirk ange-botenen Parkbetreuung für eine jüngere Zielgruppe. Es zeigte sich ein kolle-giales Klima zwischen den MitarbeiterInnen der Parkbetreuung und den BoS-JugendarbeiterInnen. Über die Art der Zusammenarbeit und eventuellen fachlichen Austausch zwischen den beiden Angeboten ließen sich im Rah-men der Beobachtung aber keine Erkenntnisse gewinnen (SR1-BP4). Dar-über hinaus gibt es eine Kooperation zwischen BoS 16/17 und Spacelab (Ein-richtung zur Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen) in Form

gemeinsa-mer Streetworkeinsätze. Ein solcher konnte ebenfalls nicht direkt beobachtet werden, sondern erschloss sich über die Erzählung eines Spacelab-Mitarbeiters in der Anlaufstelle, der immer wieder mit auf Outreach geht (SR1-BP3). Angesichts der oben geschilderten mehrfachen Gespräche mit Jugendlichen rund um das Thema Arbeit scheint diese Kooperation gewinn-versprechend.

Genderspezifische Impulse

Im Rahmen der Gespräche einer Mitarbeiterin mit der Beobachterin wurde

Im Rahmen der Gespräche einer Mitarbeiterin mit der Beobachterin wurde

Im Dokument Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit (Seite 187-196)

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