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1. Einleitung

1.3. Ziel der Arbeit

Wie in den vorhergehenden Abschnitten eingehend dargestellt, gehen neurologische Erkrankungen und Läsionen des ZNS sehr häufig mit dem Verlust neuronaler Zellen einher.

Zudem ist das Ausmaß der Neubildung von Nervenzellen unter pathologischen Bedingungen, meist verursacht durch eine reduzierte Stammzellproliferation, erniedrigt. In den letzten Jah-ren konnte eine Vielzahl an FaktoJah-ren identifiziert werden, die den komplexen Vorgang der Neurogenese unter physiologischen Bedingungen regulieren. Die vielschichtigen molekularen und zellulären Mechanismen und Zusammenhänge, die zu einer verminderten Proliferation der aNSZ beitragen und infolgedessen zu einer reduzierten Neurogenese im Verlauf neuro-logischer Erkrankungen führen, sind dennoch nur in Ansätzen verstanden. Diese müssen zweifelsohne noch sehr viel eingehender untersucht werden, um letztlich die Voraussetzung für eine gezielte Modulation der Neurogenese im Rahmen einer klinischen Anwendung zu

schaffen. In der Literatur gibt es erste Daten, die darauf hindeuten, dass Entzündungsfaktoren an der Reduktion der Neurogenese unter pathologischen Bedingungen beteiligt sind. Der Wachstumsfaktor TGF-beta1 wird bei Erkrankungen des ZNS im Gehirn in erhöhtem Maße exprimiert und gilt in diesem Zusammenhang als ein wesentlicher Faktor, der zu einer verminderten Stammzellproliferation führt und dadurch die Neurogenese beeinflusst. Es konnte gezeigt werden, dass TGF-beta1 die Proliferation von aNSZ sowohl in vitro als auch in vivo verringert (Wachs et al., 2006). Ein großes Defizit besteht hingegen noch immer um das Wissen über den Einfluss von TGF-beta1 auf die Differenzierung aNSZ. Präliminäre Daten einer DNA-Array-Genexpressionsanalyse TGF-beta1-behandelter aNSZ weisen darauf hin, dass TGF-beta1 möglicherweise die Zellidentität sowie Komponenten der TGF-be- ta1-Signaltransduktion verändert. Die Daten zeigen

 eine verminderte Expression des neuroektodermalen Stammzellmarkers Nestin (Nes)

 eine erhöhte Expression des neuronalen Vorläuferzellmarkers Doublecortin (Dcx)

 eine verminderte Expression des oligodendroglialen Markers Myelin basic protein (Mbp) sowie

 eine verminderte Expression des TGF-beta1-Binderezeptors TGFRII nach TGF-beta1-Behandlung.

Basierend auf den angeführten Vorarbeiten und den präliminären Daten lassen sich nun fol-gende Ziele für die Promotionsarbeit formulieren:

1.) Im ersten Teil der Arbeit soll eine vollständige Auswertung der DNA-Array-Genex-pressionsanalyse TGF-beta1-behandelter aNSZ erfolgen. Hierzu sollen die Ergebnisse des DNA-Arrays zunächst vergleichend den Ergebnissen eines anderen, unter gleichen Beding-ungen durchgeführten Arrays, gegenübergestellt und nachfolgend gemeinsam analysiert wer-den. Durch Realtime-PCR-Analysen soll im Anschluss die veränderte Expression von ausge-wählten Kandidatengenen nach TGF-beta1-Behandlung verifiziert werden. Darüber hinaus soll mithilfe dieser Methode das Expressionsmuster verschiedener Zielgene im zeitlichen Ver-lauf bestimmt werden.

2.) In einem zweiten Schritt soll die geplante Arbeit den Einfluss von TGF-beta1 auf das Zellschicksal aNSZ im Detail analysieren, das heißt sowohl auf zellulärer (Proliferation, Dif-ferenzierung) wie auch auf molekularer Ebene. Die präliminären Daten weisen diesbezüglich auf eine TGF-beta1-induzierte Veränderung der neuralen Stamm- und Vorläuferzellidentität hin, die mit einer Induktion des neuronalen Phänotyps korreliert. Möglicherweise treibt

TGF-beta1 die Zellen von einem neuralen Stammzellphänotyp (Verlust von Nestin) hin zu einem neuronalen Vorläuferzellphänotyp (erhöhte Expression des neuronalen Vorläuferzell-markers Dcx). Diese Hypothese soll im Rahmen der Promotionsarbeit an Zellkulturen aNSZ ausführlich getestet werden. Um Aufschluss über den Einfluss von TGF-beta1 auf das Zell-schicksal zu erhalten, sollen neben mRNA-Untersuchungen auch Expressionsanalysen auf Proteinebene durchgeführt werden. Eine besondere Berücksichtigung soll hierbei das Schick-sal der neuronalen Zellen finden. Des Weiteren soll der potentielle Einfluss von TGF-beta1 auf neu generierte, nicht etablierte Kulturen beurteilt werden.

3.) Ausgehend von der veränderten Proliferation nach TGF-beta1-Behandlung richtet sich ein weiterer Fokus der Arbeit auf die Charakterisierung TGF-beta1-induzierter Veränderungen im Zellzyklus von aNSZ mittels durchflusszytometrischer Analysen. Zu diesem Zweck soll eine FACS-Methode etabliert werden, die es erlaubt, die Anteile der Zellpopulationen in den ver-schiedenen Phasen des Zellzyklus aNSZ zu quantifizieren. Unter Einbezug der Array-Daten sollen Zellzyklusgene, deren Expression durch TGF-beta1 verändert ist, in einer Übersicht zusammengestellt werden. Diese stellen mögliche Zielgene zur Entwicklung pharmakologi-scher Substanzen dar, die das Maß an adulter Neurogenese erhöhen, und damit zur struktur-ellen und funktionstruktur-ellen Verbesserung bei neurodegenerativen Erkrankungen beitragen kön-nen.

4.) Das vorgestellte Projekt dient darüber hinaus der Abklärung und Spezifizierung einer möglichen, funktionellen Rolle TGF-betas. Mittels elektrophysiologischer Untersuchungen soll geklärt werden, ob die neuronal determinierten Zellen nach TGF-beta1-Behandlung elek-trische Eigenschaften von Nervenzellen aufweisen und damit funktionell von Bedeutung sind.

Weiter soll in diesem Zusammenhang die postulierte neuroprotektive Wirkung TGF-betas durch NMR-Analysen an aNSZ überprüft und sein möglicher Einfluss auf Zelltod evaluiert werden.

Die auf diesem Wege gewonnenen Daten sollen einen Beitrag dazu leisten, die Regulation adulter Neurogenese, insbesondere unter pathologischen Bedingungen (in deren Verlauf TGF-beta1 verstärkt exprimiert wird), besser zu verstehen. Gerade im Hinblick auf die Ent-wicklung von Therapeutika ist ein umfassenderes Verständnis darüber, wie verschiedene Fak-toren die Neurogenese im Einzelnen beeinflussen von großer Relevanz, gleichzeitig aber auch unabdingbare Voraussetzung, um das latent vorhandene, körpereigene Regenerationspoten-tial in Zukunft in optimaler Weise therapeutisch nutzen zu können. Ausgehend von neuen

Erkenntnissen könnten gezielt Medikamente entwickelt werden, die basierend auf einer Er-höhung der Neurogeneserate, den neuronalen Zellersatz bei neurodegenerativen Erkrankung-en und damit strukturelle und funktionelle VerbesserungErkrankung-en fördern sollErkrankung-en.

Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss von BrdU auf aNSZ. Wie bereits beschrieben (vgl. 1.1.6.), wird BrdU standardmässig eingesetzt, um in Kombination mit einem Marker für neuronale Vorläuferzellen (Dcx) den Nachweis für Neurogenese bei verschiedenen Bedingungen (z. B. TGF-beta1-Stimulation) zu erbringen. In Studien, in denen BrdU zur Markierung sich teilender Zellen angewendet wird, werden mögliche Wechsel-wirkungen mit anderen Substanzen sowie direkte Einflüsse des Thymidinanalogons auf die jeweiligen Zellen in der Regel aber nicht berücksichtigt. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht daher auch eine Reihe von Untersuchungen, die dem Zweck dienen, die potentiellen Aus-wirkungen einer BrdU-Markierung auf aNSZ in vitro und in vivo zu erfassen. Insbesondere sollen folgende spezifischen Ziele erreicht werden:

1.) Es soll eine mögliche Beeinflussung der Zellproliferation aNSZ durch BrdU sowie ge-gebenenfalls des Zellzyklus mittels durchflusszytometrischer Analysen untersucht werden.

2.) Unter gezielten oligodendroglialen, neuronalen und astroglialen Differenzierungsbeding-ungen soll darüber hinaus der Einfluss von BrdU auf die Differenzierung aNSZ analysiert werden. Hierzu sollen Expressionsanalysen (mRNA: Realtime-PCR) unter Anwendung zell-typ-spezifischer Marker durchgeführt werden, um deren möglicherweise veränderte Expres-sion nach BrdU-Markierung nachzuweisen und die Identität der betroffenen Zellen zu er-mitteln. Anhand dieser Daten soll außerdem geklärt werden, ob BrdU womöglich auch die Neubildung von Nervenzellen beeinflussen kann.

3.) Nach einer ausreichenden Charakterisierung soll weiterhin überprüft werden, ob BrdU Zelltod in aNSZ verursacht. In Vorversuchen, in denen BrdU in Zellkulturen appliziert wurde, wurde beobachtet, dass die BrdU-behandelten Zellen nach einer gewissen Zeit adhärent wer-den. Im Rahmen der vorliegenden Studie sollen an diesem Prozess beteiligte Faktoren identi-fiziert werden.

4.) Darüber hinaus soll der Einfluss von BrdU auf die Proliferation und das Überleben aNSZ in vivo evaluiert werden. Hierfür soll einerseits BrdU direkt in Versuchstiere injiziert werden;

andererseits sollen Zellen, die in vitro mit BrdU markiert wurden, durch eine Transplantation in Versuchstiere eingebracht werden. Im Anschluss soll jeweils eine Quantifizierung erfolgen.

Die Ergebnisse dieses Teilprojekts der vorliegenden Promotionsarbeit sollen ermöglichen, umfangreichere Kenntnisse über die grundlegenden Auswirkungen einer BrdU-Markierung auf proliferierende aNSZ zu erlangen. Ein erweitertes Verständnis der Zusammenhänge soll darüber hinaus dazu beitragen, künftig Effekte, die durch eine BrdU-Markierung verursacht sind, eindeutig von Effekten, die durch die im jeweiligen Versuch applizierten Substanzen (z. B. TGF-beta1) hervorgerufen werden, abzugrenzen. Dies ist insbesondere auch im Hin-blick auf die Untersuchung der Neurogenese von außerordentlicher Wichtigkeit, um die Mög-lichkeit einer Fehleinschätzung von Daten auszuschließen, die im Falle einer Beeinflussung aNSZ durch BrdU gegeben wäre. Der tatsächliche Nachweis einer Wirkung von BrdU auf aNSZ würde deshalb erfordern, dass in letzter Konsequenz andere Methoden zur Markierung der proliferierenden Zellen zum Einsatz kommen, die selbst keinen Einfluss auf das zu unter-suchende System ausüben und somit nicht die Gefahr einer fehlerhaften Einschätzung der Datenlage in sich bergen.