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Anforderungen im Lehrberuf

Im Dokument DIPLOMARBEIT. Titel der Diplomarbeit (Seite 40-43)

4 Der Beruf LehrerIn

4.2 Anforderungen im Lehrberuf

Anforderungen beschreiben „die in einem Beruf auszuführenden Aufgaben und Tätigkeiten“

(Eckert et al. 2013: 194) und scheinen gerade im Lehrberuf äußerst zahlreich zu sein. Nach-dem LehrerInnen, die an einer österreichischen allgemeinbildenden höheren Schule (AHS) oder berufsbildenden mittleren und höheren Schule (BMHS) unterrichten in einem Dienstver-hältnis zum Bund stehen, haben sie sich an zahlreiche Gesetze und Verordnungen zu halten, die u.a. ihre Tätigkeit definieren. So regelt etwa das Schulorganisationsgesetz (SchOG BGBl.

Nr. 242/1962) die äußeren, organisatorischen Belange aller Schularten sowie „die Aufgabe der österreichischen Schule“:

41 Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, Guten und Schönen durch einen ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unter-richt mitzuwirken. Sie hat die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforder-lichen Wissen und Können auszustatten und zum selbsttätigen Bildungserwerb zu erziehen.

Die jungen Menschen sollen zu gesunden, arbeitstüchtigen, pflichttreuen und verantwortungs-bewußten Gliedern der Gesellschaft und Bürgern der demokratischen und bundesstaatlichen Re-publik Österreich herangebildet werden. Sie sollen zu selbständigem Urteil und sozialem Ver-ständnis geführt, dem politischen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sowie befähigt werden, am Wirtschafts- und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil zu nehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mit-zuwirken. (SchOG § 2. (1))

Das Schulunterrichtsgesetz (SchUG BGBl. Nr. 472/1986) regelt die „innere Ordnung des Schulwesens als Grundlage des Zusammenwirkens von Lehrern, Schülern und Erziehungsbe-rechtigten als Schulgemeinschaft“ (§ 2) und somit auch die Aufgaben der LehrerInnen. Ge-mäß § 17 (1) haben LehrerInnen „in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgeset-zes) zu erfüllen“. Weiters haben LehrerInnen „entsprechend dem Lehrplan der betreffenden Schulart“ und „unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler und der äußeren Gege-benheiten“

• den Lehrstoff des Unterrichtsgegenstandes dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu ver-mitteln,

• eine gemeinsame Bildungswirkung aller Unterrichtsgegenstände anzustreben,

• den Unterricht anschaulich und gegenwartsbezogen zu gestalten,

• die Schüler zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten,

• jeden Schüler nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen,

• durch geeignete Methoden und durch zweckmäßigen Einsatz von Unterrichtsmitteln den Er-trag des Unterrichtes als Grundlage weiterer Bildung zu sichern und durch entsprechende Übungen zu festigen. (SchUG § 17. (1))

Darüber hinaus sind LehrerInnen verpflichtet, anhand verschiedener Arten der Leistungsfest-stellung die Beurteilung der Leistung der SchülerInnen vorzunehmen (SchUG § 18. (1)), und sie haben gemäß § 51. (1) „das Recht und die Pflicht, an der Gestaltung des Schullebens mit-zuwirken“ und neben den ihnen

obliegenden unterrichtlichen, erzieherischen und administrativen Aufgaben […] erforderlichen-falls die Funktionen eines Klassenvorstandes, Werkstätten- oder Bauhofleiters, Kustos, Fachko-ordinators sowie eines Mitgliedes einer Prüfungskommission zu übernehmen, an den Lehrer-konferenzen teilzunehmen und erforderliche Fort- und Weiterbildungsangebote zu besuchen.

(SchUG § 51. (2))

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Obwohl diese auszugsweise Aufstellung bereits die sehr umfangreichen Aufgaben verdeut-licht, kommen noch Vorschriften hinzu, die die Leistungsbeurteilung oder Abhaltung von Prüfungen regeln (wie etwa die Leistungsbeurteilungsverordnung und diverse Prüfungsver-ordnungen). LehrerInnen müssen diese zahlreichen Vorschriften nicht nur kennen, sondern auch in ihrer täglichen Arbeit umsetzen. Allein die Fülle dieser Regelungen legt nahe, dass es sich bei der eigenständigen Umsetzung um einen individuellen Entwicklungsprozess handelt, indem jede Lehrperson in selbständiger Arbeit die vielen Aufgaben umzusetzen versucht und sich dabei idealerweise immer wieder fragt, ob es ihr/ihm gelungen ist und wie man bestimm-te Aspekbestimm-te dieses Handelns in Zukunft verbessern kann. Ebenso verdeutlicht der Auszug, wie anspruchsvoll die Aufgaben sind, wie etwa die Forderung, SchülerInnen „zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten“ oder jene nach Individualisierung, d.h. die SchülerInnen zu den „ihren Anlagen entsprechenden besten Leistungen“ zu führen.

Es verwundert daher nicht, dass der Beruf und die Aufgaben von LehrerInnen nicht nur als schwierig, sondern gelegentlich geradezu als „unmöglich“ bezeichnet werden (vgl. Herzog und Makarova 2014: 83). Die vielschichtigen Aufgaben werden daher oft unter bestimmten Leitbildern zusammengefasst. Folgt man der Selbstwahrnehmung von LehrerInnen werden gerne metaphorische Vergleiche angestellt, wie beispielsweise Bilder der Lehrperson als GärtnerIn, ZirkusdirektorIn, VerkäuferIn oder DirigentIn. Fragt man LehrerInnen nach der Größe, die über die Qualität ihrer Berufsarbeit entscheidet, nennen sie oft das Leitbild der LehrerInnenpersönlichkeit, das Konzept der „geborenen“ Pädagogin/des „geborenen“ Päda-gogen, die/der als „Lebens- und Kulturideal“ auf die SchülerInnen einwirkt (vgl. Herzog und Makarova 2014: 84f.) . Diese Perspektiven wurden in der Forschung von sozialwissenschaft-lichen Rollenerwartungen abgelöst, wie etwa jener der Vermittlerin/des Vermittlers zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren. Die Bestimmung diverser Rollen führt unweigerlich aber auch zu Rollenkonflikten und einem heterogenen Berufsbild. Gleichzeitig fordern Politik und Wirtschaft in Folge von Globalisierung und kultureller Heterogenität laufend Anpas-sungsprozesse. So sollen LehrerInnen stärker differenzieren und gleichzeitig Inklusion betrei-ben. Durch Standardisierung und Ökonomisierung im Schulwesen sollen Leistungen aber auch besser messbar und vergleichbar werden (vgl. Cramer 2014: 181ff.).

Bieri (2006), der in seiner Untersuchung ebenso einen Anstieg der Forderungen an die Lehr-kräfte konstatiert, macht gesellschaftliche Veränderungsprozesse dafür verantwortlich. Sieht sich die Gesellschaft mit einer neuen Herausforderung überfordert, wird diese auf die Schule abgewälzt:

Im Dokument DIPLOMARBEIT. Titel der Diplomarbeit (Seite 40-43)