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4.2 Untersuchungskonzept und -parameter

4.2.1 Allgemeines

4 Experimentelle Untersuchungen zum Tragverhalten des Stützen-Decken-Anschlusses

4 EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN ZUM

TRAGVER-HALTEN DES STÜTZEN-DECKEN-ANSCHLUSSES

4 Experimentelle Untersuchungen zum Tragverhalten des Stützen-Decken-Anschlusses Da in der Praxis häufiger quadratische als runde Stützen zu finden sind, wurde ein praxis-relevanter quadratischer Querschnitt mit einer Querschnittsabmessung von 25 cm x 25 cm für die Versuchskörper gewählt.

Das Anschlusselement aus Leichtbeton (kurz: LC-Element) wird entsprechend der Quer-schnittsabmessung der Stütze zu 25 cm x 25 cm gewählt. Ausgehend von den Systemvor-gaben nach Abschnitt 2.2 ist die Dicke des LC-Elementes auf 10 cm festgelegt. Des Wei-teren wurde in dem LC-Element auf halber Höhe ein Bügel angeordnet, um die stärkere Querdehnung des Leichtbetons aufgrund dessen niedrigeren Elastizitätsmoduls zu verhin-dern und die Tragfähigkeit des LC-Elementes zu steigern (vgl. Abschnitt 3.3). Zur Ver-ringerung der Wärmeverluste wird ein Bügel aus Edelstahl mit einem Durchmesser von 10 mm verwendet. Nach den Rechenvorschriften nach Häupl et al. (2017) ergibt sich für die 1 cm dicke Schicht in dem der Bügel liegt eine mittlere Wärmeleitfähigkeit λ = 2,8 W/(m∙K). Unter Berücksichtigung von Gl. 2–5 ergibt sich eine Gesamtwärmeleit-fähigkeit des mehrschichtigen Aufbaus bestehend aus 9 cm Leichtbeton und 1 cm Leicht-beton mit Edelstahlbügel von λ = 0,53 W/(m∙K). Entsprechend der identifizierten Einbau-Variante nach Abschnitt 2.7 ist im LC-Element eine Rüttelöffnung zur Nachverdichtung der Stahlbetonstütze bzw. eine Vergussöffnung zum Einfüllen des Quellmörtels vorzuse-hen (vgl. Abb. 4-1). Diese wurde mit einem Durchmesser von 75 mm ausreicvorzuse-hend groß gewählt, um übliche Innenrüttler durchführen zu können. Durch den Herstellungsprozess ist das LC-Element an der Unterseite glatt und an der Oberseite rau (vgl. Abb. 4-2). In Abb. 4-1 ist die Einbauhilfe bestehend aus vier GFK-Bewehrungsstäben dargestellt. Mit diesen Stäben kann das LC-Element an der Stützenbewehrung auf der Soll-Höhenlage fixiert werden. Nach Graubner et al. (2018) können aus thermischen Gründen nur GFK-Stäbe verwendet werden, da diese die geringste thermische Leitfähigkeit besitzen. Hierbei wurde das Produkt ComBar der Fa. Schöck Bauteile GmbH mit einem Durchmesser von 18 mm verwendet. Dabei kann der ComBar-Bewehrungsstab gemäß seiner Zulassung keine Druckkräfte übertragen. Im Zuge der experimentellen Untersuchung wird geprüft, ob sich die Verwendung der Einbauhilfe auf die Traglast auswirkt.

Abb. 4-1: Darstellung des LC-Elementes (Geometrie, links und Element inkl. Einbauhilfe, rechts)

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Abb. 4-2: Detailansicht der Oberflächen des LC-Elementes (Unterseite, links und Oberseite, rechts)

Um den Einbau in die Schalung bei üblichen Bautoleranzen zu ermöglichen, ist eine Ver-kleinerung des LC-Elementes notwendig. Daher wurde das Element ab Versuchsreihe 5 der experimentellen Versuche mit 24,4 cm Seitenlänge anstelle von 25 cm ausgeführt.

Der geringere Umfang des Elementes von 97,6 cm gegenüber dem Stützenumfang von 100 cm führt nach der in Abschnitt 2.5.5 durchgeführten Untersuchung zu einer Erhöhung der Einwirkung bei dem Nachweis gegen das Durchstanzen um 0,8 % und kann vernach-lässigt werden. Daher ergeben sich aus der verringerten Breite des LC-Elementes keine relevanten Auswirkungen auf die Deckenstatik.

Die Versuchskörper sind mit Bügeln mit einem Durchmesser von 8 mm alle 80 mm bei einer Betondeckung cnom = 40 mm sowie einer Längsbewehrung von 4 Ø 25 oder 4 Ø 14 bewehrt (vgl. Abb. 4-3). Als Bewehrung wurde ein Betonstahl BSt 500 verwendet. Wie in Kapitel 2 gezeigt wurde, darf die Längsbewehrung nicht durch das LC-Element geführt werden und muss somit unterhalb des LC-Elementes enden. Zur Berücksichtigung pra-xisüblicher Bautoleranzen von ≈ 20 mm muss die Längsbewehrung planmäßig 20 mm unterhalb des Anschlusselementes enden. Hierdurch entsteht ein unbewehrter Bereich, dessen Dicke mit a bezeichnet wird. Zugleich ist die Dicke des unbewehrten Bereichs Gegenstand der Untersuchung, da mit zunehmender Dicke eine geringere Tragfähigkeit zu erwarten ist. Die Längsbewehrung wird zu Beginn bis planmäßig a = 25 mm von unten an das LC-Element herangeführt, sodass die Bewehrung bei der genannten Toleranz von 20 mm nicht in direktem Kontakt zu dem LC-Element steht. Ab Versuchsreihe 3 wird der maximale Abstand a = 40 mm (20 mm Soll-Lage plus 20 mm Bautoleranz) untersucht, da die Tragfähigkeit mit zunehmender Dicke des unbewehrten Bereichs abnimmt. In der Decke oberhalb des Anschlusselementes liegt ein gleich großer unbewehrter Bereich vor.

Die Längsbewehrung wird am Fußpunkt der Stütze direkt an die Schalung herangeführt, um einen Kontaktabtrag über die Stirnfläche der Längsbewehrung in das Linien-Kipplager zu ermöglichen, sodass die Bewehrung vollständig aktiviert und die volle Querschnittstragfähigkeit der Stahlbetonstütze gewährleistet bleibt. Zusätzlich wird der Fußpunkt der Stütze mit einem Bügel verstärkt, der einen Querdruck durch eine Querdeh-nungsbehinderung erzeugt. Beide Maßnahmen zusammen führen dazu, dass in allen Ver-suchen kein Versagen im Lastenleitungspunkt am Stützenfuß eintritt.

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Abb. 4-3: Versuchskörpergeometrie mit LC-Element in mm

Ziel der Prüfung ist es, die Querschnittstragfähigkeit der ungestörten Stahlbetonstütze zu erreichen, daher ist die Höhe der Stahlbetonstütze so klein zu wählen, dass keine nen-nenswerten Verformungen nach Th. II. Ordnung auftreten. Zugleich ist die Höhe der Stahlbetonstütze so groß zu wählen, dass sich der Einflussbereich des unteren Lagers und der Einflussbereich der Kontaktzone zwischen der Stahlbetonstütze und dem LC-Element nicht überschneiden. Dabei ist eine Mindestlänge der Stahlbetonstütze nach dem St. Venant’schen Störbereich von mehr als der zweifachen Querschnittsabmessung der Stahlbetonstütze einzuhalten. Die Höhe der Stahlbetonstütze wurde zu 70 cm (≥ 2 ∙ aStütze = 50 cm) gewählt. Um eine direkte Lagerung des LC-Elementes an einer Stahlplatte wegen der tragfähigkeitssteigernden und günstigen Wirkung zu vermeiden, wird die Decke auf der sicheren Seite liegend mit einer Deckenstärke von 20 cm als Teil des Versuchskörpers mit abgebildet. Inklusive LC-Element ein 100 cm langer Stützen-prüfkörper. Das Deckenelement wird hierbei aus einem hochfesten oder ultra-hochfesten Beton mit den gleichen Außenabmessungen ausgeführt wie die Stütze. Die Behinderung der Querdehnung wird im Versuch i. d. R. auf der sicheren Seite liegend vernachlässigt.

Der Bereich der Decke der Versuchsreihe 5 ist in hochfestem Beton ausgeführt und wurde mittels einer Umschnürung (vgl. Abb. 4-4) zur Erzielung eines mehraxialen Druckspan-nungszustandes verstärkt. Hierbei wurden vier Schrauben mit jeweils 100 Nm vorge-spannt, um eine Querdruckspannung von ≈ 10 N/mm2 zu erreichen. Zwischen der Um-schnürung und dem Beton wurden dünne Elastomere platziert, um Beschädigungen durch Spannungsspitzen zu vermeiden. Der hierdurch ggf. erzielte traglaststeigernde Effekt ist geringer als derjenige, der von einer Deckenplatte erzeugt wird und liegt somit auf der sicheren Seite.

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Abb. 4-4: Umschnürung der Stütze im Bereich der Decke

Die hierin behandelten Stützen werden im Bauwerk planmäßig nur zentrisch beansprucht.

Aufgrund unterschiedlicher Deckenspannweiten und -belastungen können jedoch Biege-momente am Kopf- bzw. Fußpunkt der Stütze auftreten. Normativ wird dies über den Ansatz einer Mindestexzentrizität e0 = 20 mm der Normalkraft für planmäßig zentrisch belastete Querschnitte nach DIN EN 1992-1-1/NA (2013), Abschnitt 6.1(4) berücksich-tigt. In Graubner et al. (2016) konnte gezeigt werden, dass unter Einhaltung definierter Randbedingungen die maximale Exzentrizität in Bauwerken unterhalb dieser Mindestex-zentrizität liegt. Die Versuchskörper werden daher mit einer exzentrischen Normalkraft mit der normativen Mindestexzentrizität von e0 = 20 mm belastet. Nur bei den Versuchs-körpern V1.1 bis V1.5 (Variation der Exzentrizität) und V5.18 bis V5.20 (zweiaxiale Ex-zentrizität) wird davon abgewichen.

Im Zuge des Versuchsprogrammes (siehe Tabelle 4–1) werden die Auswirkungen einer Änderung der Exzentrizität der Belastung, der Betonfestigkeit und des Bewehrungsgrades der Stahlbetonstütze getestet. Die Ausbildung der Decke erfolgt ab Versuchsreihe 2 in hoch- oder ultrahochfestem Beton, um das Versagen unterhalb des Anschlusselementes zu gewährleisten. Entsprechend der Untersuchungen zur Kontaktzone nach Abschnitt 2.7 wird im Zuge einer Versuchsreihe untersucht, wie sich eine zentrale Fehlstelle von 10 cm x 10 cm in der Kontaktzone auf die Traglast auswirkt. Des Weiteren wird zwischen einer liegenden Herstellung und der stehenden Herstellung, entsprechend der Umsetzung in der Baupraxis, unterschieden. Die Art der Belastung wird im Zuge der Versuchsdurchführung nach Versuchsreihe 4 auf Versuchsreihe 5 geändert, eine Erläuterung hierzu ist in Ab-schnitt 4.4.2 zu finden.

Bei näherer Untersuchung des mittleren Normalkraftwiderstandes NRm bei zentrischer Belastung ergibt sich die in Abb. 4-5 in schwarz dargestellte Verteilung über den Stützen-Decken-Anschluss unter Vernachlässigung festigkeitssteigernder Effekte, wie Teilflä-chenpressung oder Umschnürungsbewehrung. Die rot dargestellte Festigkeitssteigerung wird durch eine Umschnürungswirkung der Zusatzbügel erzeugt.

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Abb. 4-5: Mittelwert des Normalkraftwiderstandes (NRm) über die Stützenhöhe ohne Querdruck- oder Quer-zugspannungen (schwarz) und inkl. Erhöhung durch Zusatzbügel (rot), unmaßstäblich

Beginnend von unten gibt es folgende Bereiche:

A NRm = Ac ∙ fcm + As ∙ fsm

B Der Stahl gibt seine Last über Verbundspannungen an den umgebenden Beton ab.

Im Übergangsbereich zwischen „B“ & „C“ folgt ein Sprung, der den Lastabtrag über den Spitzendruck der Längsbewehrung darstellt.

C NRm = Ac ∙ fcm

D NRm = Ac ∙ flcm

E Tragfähigkeit im Bereich der Decke ausreichend hoch (vgl. Abschnitt 2.5.5) Im Idealfall ist die Tragfähigkeit des LC-Elementes unter Berücksichtigung der Rüttelöf-fnung (Bereich „D“) so groß, wie die Tragfähigkeit der Stahlbetonstütze im Bereich „A“.

Hierzu ist die Tragfähigkeit des unbewehrten Bereichs „C“ und des Verbundbereichs „B“

durch eine Querdehnungsbehinderung des Betons durch Zusatzbügel aus Edelstahl zu erhöhen (vgl. Abb. 4-5, rot). Diese dürfen unter Einhaltung der normativen Betondeckung für eine Stahlbetonstütze mit Zugang zu Außenluft 21 cm x 21 cm groß sein. Dabei wird die Interaktion der Zusatzbügel und des LC-Elementes überprüft.